Foucault und der Diskurs






Foucault setzt in seinen Überlegungen voraus, "daß in jeder Geselllschaft die Produktion des Diskurses zugleich kontrolliert, selektiert, organisiert und kanalisiert wird [...]"' (Foucault74, S.7). Dies wird erreicht durch sogenannte Prozeduren, deren Aufgabe die Regelung und Reglementierung des Diskurses sind, aber auch gleichzeitig den Diskurs als solches erst definieren helfen, ihn erst greifbar machen. Von drei möglichen Ausschließungssystemen, die Foucault vorschlägt um den Diskurs zu definieren (Foucault wählt hier die Merkmale Verbot, Ausgrenzung des Wahnsinns und Wille zur Wahrheit), sind die folgenden beiden besonders interessant.
Die erste Reglementierung ist die Prozedur der Ausschließung, manifestiert beispielsweise in der Form des Verbots. Mit ihr werden Tabus möglich, Umstände eingeordnet, Rechte dem sprechenden Subjekt zugewiesen. Doch ist dies nur eine sehr eingeschränkte Sicht und bezieht sich hauptsächlich auf die Eingrenzung eines Themengebiets. DennVerbote bzw. der Ausschluß und die Reglemetierung erzeugen einerseits Begehren andererseits auch Macht (vergl. Foucault74, S.8), ja ist sogar dies manchmal der Grund und der Inhalt eines Diskurses. Ein Problem in der Begriflichkeit wird hier schon offenbar: Macht ist allgemein eine Voraussetzung für das Aussprechen von Verboten. Doch ist hier eher die Rede von dem Verbot, den Rahmen des Diskurses zu verlassen. Dies bewirkt eine klare Trennung der Diskurse und steckt sozusagen den Spielraum ab, indem man diesen Diskurs führen kann. Indem man das jedoch tut, besitzt man eine eigene Gewalt über die Dinge und übt damit Macht aus. Foucault formuliert dies so: "Denn der Diskurs [...] ist nicht einfach das, was das Begehren offenbart (oder verbirgt): er ist auch Gegenstand des Begehrens; und der Diskurs - dies lehrt uns immer wieder die Geschichte - ist auch nicht bloß das, was die Kämpfe oder die Systeme der Beherrschung in Sprache übersetzt: es ist dasjenige, worum und womit man kämpft; er ist die Macht, deren man sich zu bemächtigen sucht" (Foucault74, S.8). Mit dem Verbot wird also eingeschlossen, was zu einem Diskurs gehört, andererseits aber auch ausgeschlossen, was nicht per definitionem dazugehört. Auch kann, und das sagt er explizit, all das, was unter den Begriff Begehrlichkeit und Macht fällt, selbst zum Thema eines Diskurses werden.
Das zweite Ausschließungsprinzip verortet Foucault in dem, so wie er es bezeichnet, Willen zur Wahrheit. Darunter ist zu allererst nicht der Wille einer absoluten Wahrheit zu verstehen, der als eine Art Instanz darüber entscheidet, was als wahr und was als falsch zu hat, sondern ist vielmehr, und das wird in seiner Abhandlung sehr deutlich herausgestellt, als ein Facettenreichtum, eine Findung auf mehreren Ebenen zu verstehen. Historisch betrachtet ist die Geschichte, die mit diesem Willen über die Jahrhunderte verbunden ist, damit "eine Geschichte der Ebenen der Erkenntnisgegegstände, eine Geschichte der Funktionen und Positionen des erkennenden Subjekts, eine Geschichte der materiellen, technischen, instrumentellen Investitionen der Erkenntnis" (Foucault74, S.13). Anders ausgedrückt: es gibt nicht die eine, sondern viele Wahrheiten. Und diese hängen ab von dem Subjekt und unterliegen dem Wandel in der Zeit. Wofür steht nun jedoch der Wille zur Warhheit bzw. was verbirgt sich hinter diesem Begriff?
Zieht man den Titel des Buches zu rate, so wird klar, daß Foucault versucht, eine Ordnung in die Thematik des Diskursbegriffes herbeizuführen. Ordnung bedeutet jedoch gleichzeit auch Abgrenzung und Kategorisierung, schließlich werden ja Auschließungssysteme vorgeschlagen und keine Definitionen der Form "ein Diskurs ist ..." gegeben. Daher ist der Begriff der Wahrheit, meiner Meinung nach, mit dem Modell des Wahr-Falsch-Fetisch der Strukturalisten verknüpft, die eine Einordnung der Dinge aufgrund der dichotomen Einordnung der Dinge in wahr oder falsch anstreben. Wahrheit bedeutet in diesem Fall eine Zugehörigkeit zum Diskurs, Falschheit eine Abgrenzung zu ihm. Das dieser Vorgang nicht absolut sein kann, zeigt das Modell der Erkenntnisgegenstände.
Abgesichert wird dieser Wille zur Wahrheit durch Praktiken der Wissensbewahrung und Wissensverteilung bzw. der "Art und Weise", in der das Wissen in einer Gesellschaft eingesetzt wird, in der es gewertet und sortiert, verteilt und zugewiesen wird"(Foucault74, S.13). Der Diskurs erfährt dadurch eine ständige Aktualisierung, Weiterentwicklung aber auch eine Festigung. Foucault gibt jedoch zu bedenken, und damit knüpft er an den Machtgedanken im Zusammenhang mit dem Ausschließungssystem in Form des Verbots an, daß bei einer institutionellen Anwendung oder Wissensbewahrung, dieser Wille zu Wahrheit dazu verwendet werden kann bzw. dazu tendiert, "auf die anderen Diskurse Druck und Zwang auszuüben" (Foucault74, S.13).




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