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"1a Installateur Woess" <1awoess@hild.at>
Sozialdemokratie in Österreich
Mit dem Zusammenbruch der Revolution von 1948 scheiterten auch dir
Bemühungen des Wiener  Allgemeinen Arbeitervereins , die
Lebensverhältnisse der Arbeiter zu verbessern. Die verstärkte Industrialisierung
der sechziger Jahre führte zu einer immer größer werdenden Proletarisierung
in den Ballungsgebieten. Erst die liberalen Gesetze der sechziger Jahre, wie z.B.
das Vereins- und Versammlungsgesetz, ermöglichten eine erste politische
Betätigung der Arbeiter. Im Dezember 1867 entstand der  Erste Allgemeine
Wiener Arbeiterbildungsverein , die Keimzelle der Sozialdemokratischen
Partei Österreichs.
Durch Schaffung von Selbsthilfevereinen, Konsumgenossenschaften und
anderen Unterstützungsvereinen milderte die Arbeiterschaft die ärgste Not in
ihren Reihen. Es entwickelten sich zwei soziale Richtungen zur Lösung der
sozialen Frage:
"  Staatshilfler unter Ferdinand Lassalle
forderten Eingreifen des Staates zum Schutze der Arbeiterschaft;
waren für eine Gesamtreform der Gesellschaft;
forderten allgemeines, gleiches, geheimes, direktes Wahlrecht;
"  Selbsthilfler unter Hermann Schulze-Delitsch
Arbeiter können auch ohne Staatshilfe Spar- und Konsumvereine
sowie Produktionsgenossenschaften gründen;
Lösung der sozialen Frage durch genossenschaftliche Selbsthilfe
lehnten parteipolitische Tätigkeit ab
Die Anhänger Lassalles setzten sich durch und entschieden sich für eine
österreichische Arbeiterbewegung internationalen Charakters. Sie verfassten
das  Manifest an das arbeitende Volk , das zwei Hauptforderungen stellte:
das demokratische Prinzip und das allgemeine Wahlrecht. Der damalige
Innenminister Karl Giskra lehnte jedoch ab, mit den Delegierten darüber zu
verhandeln.
Einige Wochen später wurde ein Arbeiterverbrüderungsfest in Wien verboten.
Im Juli 1870 wurden die Arbeiterbildungsvereine mit schon 14 000 Mitgliedern
verboten. Arbeiterführer und Mitglieder wurden des Hochverrats angeklagt.
Mit dem großen Bankenkrach von 1873 begann eine schwere Wirtschaftskrise
mit 35 000 Arbeitslosen allein in Wien. Am Tiefpunkt angelangt, wurde der Ruf
der Arbeiter nach einem Einigungskongress immer stärker. Er fand schließlich
in Neudörfl statt, das damals zu Ungarn gehörte.
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An diesem Gründungskongress der österreichischen Sozialdemokratie am 5.
und 6. April 1874 nahmen 74 Delegierte als Vertreter von 25000 Arbeitern teil.
Ein Parteiprogramm wurde ausgearbeitet und durch die Wiener Neustädter
Zeitung  Gleichheit veröffentlicht.
Diese Zeitung erschien zum ersten Mal am 11. April 1974 mit dem Untertitel
 Organ der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Österreich .
Ein Auszug aus dem Parteiprogramm:
 Die österreichische Arbeiterpartei erstrebt in Anschluss an die Arbeiterbewegung
aller Länder die Befreiung des arbeitenden Volkes von der Lohnarbeit und der
Klassenherrschaft durch Abschaffung der modernen privatkapitalistischen
Produktionsweise. Sie erstrebt an deren Stelle die gemeinschaftliche, staatlich
organisierte Produktion der Güter.
GRUNDSÄTZE:
Selbstbestimmungsrecht der Völker
gemeinsames Streben nach materieller Befreiung
brüderliches Zusammenwirken
FORDERUNGEN:
allgemeines, gleiches, direktes Wahlrecht ab dem 20. Lebensjahr
Presse-, Vereins-, Versammlungs- und Koalitionsfreiheit
Trennung der Kirche vom Staat und der Schule von der Kirche
Obligatorischer Unterricht in den Volksschulen
Unentgeltlicher Unterricht in öffentlichen Lehranstalten
Errichtung der Volkswehr statt der stehenden Heere
Unabhängigkeit der Richter, unentgeltliche Gerichtsverfahren
Einführung des Normalarbeitstages, Abschaffung der Kinderarbeit
Abschaffung indirekter Steuern
Einführung einer einzigen, direkten Einkommenssteuer
Staatliche Förderung des freien Genossenschaftswesens
Nach dem Neudörfler Parteitag erfolgten Verhaftungen der Arbeiterführer und
die Auflösung der Arbeiterbildungsvereine, was den erst begonnenen
Parteiaufbau stark hemmte. Erst Mitte der achtziger Jahre trat VIKTOR ADLER
mit der österreichischen Sozialdemokratie in Verbindung.
Viktor Adler wurde 1852 in Prag in eine gutbürgerliche Familie geboren,
die bald nach Wien übersiedelte. Er studierte Medizin und kam als junger
Arzt Ende der siebziger Jahre mit der Not vieler Arbeiterfamilien in
Berührung. Politisch frühzeitig für liberale Strömungen interessiert,
gehörte er dem Deutschnationalen Verein an, schied aber 1885 aus
dieser Bewegung aus, als diese einen antisemitischen Weg einschlug.
Nun wandte er sich der Sozialdemokratie zu.
Auf dem Hainfelder Parteitag gelang Viktor Adler die Einigung der
sozialistischen Richtungen. Er fand vom 30.12.1888 bis zum 01.01.1889 statt.
110 Delegierte aus allen Kronländern nahmen die von Viktor Adler verfasste
 Prinzipienerklärung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs an.
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Diese Erklärung beinhaltete das Streben der Arbeiterpartei, das Volk von
rassen-, nations- und geschlechtsbedingten Nachteilen sowie den Fesseln der
ökonomischen Abhängigkeit zu befreien. Anstatt des zur damaligen Zeit
herrschenden Einzelbesitzes an Produktionsmitteln sei der Übergang der
Arbeitsmittel in den gemeinschaftlichen Besitz der Gesamtheit anzustreben. Nur
dieser Vorgang könne die Arbeiterklasse aus der Sklaverei der
Kapitalistenklasse befreien.
Somit sei das eigentliche Programm der Sozialdemokraten, das Proletariat
politisch zu organisieren und es geistig und physisch kampffähig zu machen.
Zu den Forderungen gehörten
" die Beseitigung aller Fesseln der freien Meinungsäußerung
" das allgemeine gleiche und direkte Wahlrecht
" ein lückenloses und ehrliches Arbeiterschutzgesetz
" unentgeltlicher Unterricht
" Trennung von Staat und Kirche
" Erklärung der Religion als Privatsache eines jeden
Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei war geboren und nach ersten
Wahlerfolgen im Jahre 1897, die der Partei 14 Mandate im Abgeordnetenhaus
einbrachten, wurde 1899 das Brünner Programm veröffentlicht, das die
Umbildung der Monarchie in einen demokratischen Bundesstaat autonomer
Völker forderte, wie es schon der junge Jurist Karl Renner in seinen
verschiedenen Schriften immer wieder vorgeschlagen hatte.
Nach der Einführung des allgemeinen Wahlrechts wurden die Sozialdemokraten
mit 87 Mandaten bereits zweitstärkste Fraktion im Reichsrat.
Das weitere Wachstum wurde jedoch durch harte Nationalitätenkämpfe in den
Jahren 1907 bis 1911 gehemmt, die zur Spaltung der Sozialdemokratie führten.
Während des zweiten Weltkriegs gewann die revolutionäre  Linke , die sich um
den Verein  Karl Marx bildete, an Einfluss und setzte sich für das
Selbstbestimmungsrecht der Nationen und den sofortigen Friedensschluss ein.
Am 30. Oktober 1918 nimmt die  Provisorische Nationalversammlung die
vom Sozialdemokraten Karl Renner ausgearbeitete  Provisorische Verfassung
an; am 12. November 1918 wird die Republik  Deutsch-Österreich ausgerufen.
In der Zeit zwischen dem 1. Und 2. Weltkrieg werden die Sozialdemokraten zur
stärksten Partei und schließen eine Koalition mit den Christlich-Sozialen und
führen unter anderem den 8-Stunden-Tag ein, was die Situation der Arbeiter
verbessert.
Im Jahre 1927 schießen in Schattendorf Frontkämpfer auf die Schutzbündler der
Sozialdemokraten. Die Attentäter unter den Frontkämpfern werden jedoch
später freigesprochen, was zu einem Aufstand der Arbeiterschaft führt. Der
Justizpalast wird in Brand gesteckt; bei Zusammenstößen mit der Polizei
werden 85 Menschen getötet und 600 verletzt.
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Am 18. Mai 1930 werden die Heimwehren gezwungen, sich im  Korneuburger
Eid zum Faschismus zu bekennen. Danach, im Jahre 1933, schaltet Kanzler
Dollfuß das Parlament aus und proklamiert die autoritäre Führung der
Staatsgeschäfte.
Am 12. Februar 1934 dringen Polizeibeamte in das Linzer Parteiheim der
Schutzbündler ein, die sich zu Wehr setzen. Ein neuerlicher Aufstand gegen den
Faschismus bricht los. In Wien wird der Karl-Marx-Hof vom Bundesheer
beschossen. Nachdem der Aufstand brutal niedergeschlagen worden war, wird
die Sozialdemokratie verboten und ihre Führung großteils verhaftet.
Am 12. März 1938 marschiert Hitler in Österreich ein und verkündet den
Anschluss.
Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939.
Nach dem 2. Weltkrieg beginnt eine Ära des Wiederaufbaus und
Wirtschaftswunders, in der Politiker über Parteigrenzen hinweg gemeinsam für
Wohlstand und Österreichs Souveränität arbeiten.
Am 27.April wird die  Provisorische österreichische Staatsregierung durch
Karl Renner und Leopold Kunschak ausgerufen. Die Republik ist
wiederhergestellt.
Auch die SPÖ wird im April 1945 neu gegründet. Neuer Bundespräsident wird
Karl Renner und neuer Parteivorsitzender Adolf Schärf.
Nach dem Tod Karl Renners im Dezember 1950 wird Theodor Körner neuer
Bundespräsident.
Am 15. Mai 1955 erhält Österreich mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages
seine volle Souveränität wieder.
Am 1.Jänner 1956 tritt das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz in Kraft, ein
großes Ereignis zugunsten der Arbeiterschaft.
Im Mai 1957 wird Bruno Pittermann neuer Parteivorsitzender.
Im Mai 1965 wird Franz Jonas zum Bundespräsidenten gewählt.
Ein Jahr danach, im April 1966 scheidet die SPÖ nach 21 Jahren der
Zusammenarbeit mit der ÖVP aus der Regierung aus, was sie aber keinesfalls
schwächt. Mit dem neuen Parteivorsitzenden Bruno Kreisky (ab 1967) gelingt
der SPÖ im Jahre 1970 der Wahlsieg mit einer relativen Mehrheit.
Bruno Kreisky wird in der Aufbruchsphase der siebziger Jahre für eine ganze
Generation zum Symbol der Modernisierung und Weltoffenheit.
Eine international schlechte wirtschaftliche Lage führt in Österreich zu
Modernisierungen und wirtschaftlichen Reformen.
Im Juni 1974 wird Rudolf Kirchschläger Bundespräsident.
Ab 1975 tritt die 40-Stunden-Woche in Kraft.
Nach weiteren Wahlsiegen und Ausbau der absoluten Mehrheit bildet der neue
Bundeskanzler Alfred Sinowatz im April 1983 eine Koalitionsregierung mit der
FPÖ. Im selben Jahr wird Sinowatz noch zum Parteivorsitzenden.
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Am 16. Juni 1986 wird Franz Vranitzky Bundeskanzler.
Nach der Wahl von Jörg Haider zum FPÖ-Obmann löst Vranitzky die  Kleine
Koalition zwischen SPÖ und FPÖ auf.
Im Jänner 1987 kommt es wieder zur  Großen Koalition zwischen SPÖ und
ÖVP.
Am 11. Mai 1988 wird Vranitzky zum neuen Parteivorsitzenden.
1990 stirbt Bruno Kreisky.
Ab 1991 heißt die SPÖ  Sozialdemokratische Partei Österreichs statt
 Sozialistische Partei Österreichs .
Im Juni 1994 stimmen 66 Prozent der Bevölkerung für den von der SPÖ
befürworteten Beitritt zur EU, der 1995 verwirklicht wird.
Im Jänner 1997 tritt Franz Vranitzky als Bundeskanzler zurück, dessen
Nachfolger in beiden Ämtern Finanzminister Viktor Klima wird.
©1999 Bertold Wöss
Quellen:
SPÖ-Archiv @ http://www.spoe.at/archiv/
Lehrbuch  NEUZEIT , Verlag Ferdinand Hirt, ISBN 3 7019 8205 8


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