Obraz4 (6)

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die Harry sich schon lange wiinscht, von der er schon lange getraumt hat. Es ist cin wenig spat, und wahrscheinlich sind wir alle ein bifichen miide. Wir wollen darum hier erst ein wenig ausruhen und uns starken."

Aus einer Wandnische nahm er drei Glaschen und eine kleine drollige Flasche. nahm eine ldeine exotische Schach-tel aus farbigen Hólzern, schenkte aus der Flasche die drei Glaschen voll, nahm aus der Schachtel drei diinne, lange, gelbe Zigaretten, zog aus der seidenen Jacke ein Feuerzeug und bot uns Feuer. Jeder von uns rauchte nun, in seinem Sessel zuriickgelehnt, langsam seine Zigarette, dereń Rauch dick wie Weihrauch war, und trank in kleinen langsamen Schluckeri die herbsiifie, wunderlich unbekannt und fremd schmeckende Fliissigkeit, die in der Tat unendlich bele-bend und begliickend wirkte, ais werde man mit Gas gefiillt und verliere seine Schwere. So saGen wir, rauchten in kleinen Ztigen, ruhten, nippten an den Glasern, fiihlten uns leicht und froh werden. Dazu sprach Pablo gedampft mit seiner warmen Stimme:

„Es ist mir eine Freude, lieber Harry, Sie heut ein wenig be-wirten zu diirfen. Sie sind oft Ihres Lebens sehr iiberdrussig gewesen. Sie strebten fort von hier, nicht wahr? Sie sehnen sich danach, diese Zeit, diese Welt, diese Wirklichkeit zu verlassen und in eine andre, Ihnen gemaCere Wirklichkeit einzugehen, in eine Welt ohne Zeit. Tun Sie das, lieber Freund, ich ladę Sie dazu ein. Sie wissen ja, wo diese andre Welt verborgen liegt, daC es die Welt Ihrer eigenen Seele ist, die Sie suchen. Nur in Ihrem eigenen Innem lebt jcne andre Wirklichkeit, nach der Sie sich sehnen. Ich kann Ih nen nichts geben, was nicht in Ihnen selbst schon existiert, ich kann Ihnen keinen andern Bildersaal óffnen ais den Ih-rer Seele. Ich kann Ihnen nichts geben, nur die Gelegen-heit, den Anstofi, den Schliissel. Ich helfe Ihnen Ihre eigene Welt sichtbar machen, das ist alles.“

Er griff wieder in die Tasche seiner bunten Jacke und brachte einen runden Taschenspiegel heraus.

„Sehen Sie: so haben Sie sich selbst gesehen!“

Er hielt mir das Spiegelchen vor die Augen (ein Kindervers fiel mir ein: „Spiegelein, Spiegelein in der Hand“), und ich sah, ctwas zerflossen und wolkig, ein unheimliches, in sich selbst bewegtes, in sich selbst heftig arbeitendes und garen des Bild: mich selber, Harry HaLler, und innen in diesem Harry den Steppenwolf, einen scheuen, schónen, aber ver-irrt und geangstigt blickenden Wolf, die Augen bald bose, bald traurig glimmend, und diese Wolfsgestalt floG in unab-lassigcr Bewcgung durch Harry, so wie in einem Strome ein NebenfluG von andrer Farbę wólkt und wiihlt, kampfcnd, leidvoll, einer im andern fressend, voll unerlóster Sehn-sucht nach Gestaltung. Traurig, traurig blickte der flic-Gende, halbgestaltete Wolf mich aus den schonen scheuen Augen an.

„So haben Sie sich selbst gesehen”, wiederhohe Pablo sanft und steckte den Spicgel wieder in die Tasche. Dankbar schloG ich die Augen und nipptc am Elixier.

„Wir haben nun ausgeruht“, sagte Pablo, „wir haben uns ge-starkt und haben ein wenig geplaudert. Wenn ihr euch nicht mehr mude fuhlt, dann will ich euch jetzt in meinen Guckkasten fuhren und euch mein kleines Theater zeigen. Seid ihr einverstanden?“

Wir erhoben uns, lachelnd ging Pablo voran, óffnete eine Tur, zog einen Vorhang beiseite, und da standen wir im rundcn, hufeisenfórmigen Korridor eines Theaters, genau in der Mitte, und nach beiden Seiten hin ftihrte der gebo-gene Gang an sehr vielen, an unglaublich vielen schmalen Logentiiren voriiber.

„Das ist unser Theater”, erklarte Pablo, „ein vcrgniigtes Theater, hoffentlich werdet ihr allerlei zu lachen finden.” Dabei lachte er laut auf, nur ein paar Tóne, aber sie durch-fuhren mich heftig, es war wieder das helle, fremdartige Lachen, das ich schon vorher von oben gehórt hatte.

„Mein Thcaterchen hat so viele Logentiiren, ais ihr wollt, zehn oder hundert oder tausend, und hinter jeder Tur er-wartet euch das, was ihr gerade sucht. Es ist ein hiibsches Bilderkabinett, lieber Freund, aber es wurde Ihnen nichts niitzen, es so zu durchlaufen, wie Sie sind. Sie wiirden Jurch das gehemmt und geblendet werden, was Sie ge-wohnt sind, Ihre Persónlichkeit zu nennen. Ohne Zweifel haben Sie ja langst erraten, daG die Uberwindung der Zeit, die Erlósung von der Wirklichkeit, und was immer fur Na-men Sie Ihrer Sehnsucht geben mógen, nichts andres be-deuten ais den Wunsch, Ihrer sogenannten Persónlichkeit ledig zu werden. Sic ist das Gefangnis, in dem Sie sitzen.

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