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wesentlich erleichterte”. Die Kelten prttgten mit ihren Stempeln nach der altbewflhrten Hammer-AmboB-Methode. AJIgemein Bekanntes" soli der Vollstandigkeit halber hier wiederholt werden: Der VorderseitenstempeI war in einen meist holzemen Pflock, der heute AmboB genannt wird, eingelassen, der Riickseitenstempel wurde frei gefilhrt. Der Schrdtling - das noch rohe Metallstilck - wurde (vielleicht sogar vorgegliiht) auf den Vorderseiten-stempel aufgelegt, der Riickseitenstempel wurde daraufgesetzt, und mit einem oder mehreren Ham-merhieben erfolgte die Pragung der Miinze. Der frei gefuhrte Oberetempel war bei dieser Prigeart stfir-ker beansprucht und wurde daher leichter bescha-digt, auch der Unterstempel wieś freilich bei allzu langem Gebrauch Schaden auf. Trotzdem wurde meist so lange mit beiden Stempeln weitergepragt, bis sie bildlos geworden waren (vgl. etwa die boi-schen Muschelstatere 511 ff. oder Pragungen der Ostkelten, zum Beispiel 1286 ff., aber auch in Gallien ist diese Eigenheit bekannt - siehe dazu etwa 257).

Di esc Weiterbenutzung der Stempel bis hin zur Bildlosigkeit diirfte ihren Grund dar in haben, daB zwar in diesen Miinzstatten die fur die Pragung selbst notwendigen Personen wohl vorhanden, die fiir den Stempelschnitt verantwortlichen Kiinstler aber nicht am Ort waren. Waren namlich Stempel-schneider greifbar gewesen, hatten diese, wie bei anderen Beispiel en ersichtlich, spatestens nach dem Auftreten mehrerer groBerer Stempelschaden Aus-besserungen durchgefuhrt, die - wie GObl in zwei grundlegenden Arbeiten iiberzeugend darstellen konnte" - unter Ausnutzung der Stempelbeschadi-gung bis hin zu Bildneuschópfungen fiihren konnte (meistens sind diese neuen Bilder das Endprodukt zahlreicher Umschnittc -- vgl. etwa den Frontalge-sichtstyp bei den Norikern - hier 881 ff.). DaB bei diesen Umschnitten hauptsachlich keltisches Gedan-kengut („Modisches" oder Religióses) in den Stempel eingetieft wurde, zeigen die Miinzen.

Anders ais in der griechisch-rómischen Welt, wo die Miinzpragung einer strengeren staatlichen Kon-trolle unterlag und die nicht mehr gebrauchten Stempel vermutlich vernichtet bzw. eingezogen werden muBten - deshalb sind kaum Einrichtungen der Miinzstatten und Pr8gestempel erhalten fin-det man immer wieder Prdgestempel aus der kclti-schen Welt* oder auch andere zur Miinzherstellung notwendige Gerate und Werlczeuge”. Ein erst vor kurzem ais solcher identifizierter Riickseitenstem-pcl, der fiir die Herstellung von Kleinmiinzen des Gurina-Typs gedient hat, gibt uns Einblick in die mit-unter ausgercifte Technik der Stempelherstellung -zumindest im norischen Kónigreich. Auf diesem Riickseitenstempel wurde nicht nur auf der Schlag* seite durch eine Markierung die richtige Aufsetz-richtung angezeigt (Shnlich wie bei unseren heuti-gen Gummistempoln durch den in den Griff einge-lassenen MetallknopO, sondern es wurde auch mit technischer Raffincsse in den etwa kleinfinger-groBen Bronzestempel innen, gleich unter der ()ber-flflche der Schlag- und der Prligeseite, jeweils ein kurzer, schmaler Kupferkern eingelassen, der ein elastischeres Prligen ermoglichen sollte11,

Mit dieser Methode und mit derartigen Werk-zeugen wurden also Miinzen aus Gold, Silber und Bronze geprltgt. Daneben gab es auch gegosseiu- Miin-zen, die vor allcm in Zentral- und Nordgallicn sowie im Gebiet der heutigen Schweiz im Umlauf waren. Sie entstanden durch Abdriicke in Tonfor-men, die zu einer Art GuBbaum zusammengesetzt und mit relatie minderwertigem, heute fSlschlicher-weise ais Potin” bezeichnetem Materiał ausgegossen wurden. Nach Erkalten des Gusscs wurde die GuB-form zerschlagen, danach konnten die Miinzen an den Stegen auseinandergebrochen werden. Noch heute lassen sich an den meisten dieser Potin-GuBmiinz.cn - von denen einer der groBten Horte in Ziirich entdeckt wurde* - die haufig nicht sehr sorgfdltig entfemten GuBzapfen erkennen.

Beziiglich der Herstellung der Schrotlinge, der fiir die Miinzpragung gebrauchten rohen Plattchen also, bieten ebenfalls die Fundę gute Einblickc in die dabei angewandte Technik der Kelten. Die relativ friihe Entdeckung von sogenannten „Tiipfel-plaftęn"57 hat die Forschung einen bedeutenden Schritt weitergebracht. Es sind das kleine, rechtecki-ge Platten aus Ton, in die in noch weichem Zustand durch einen vome abgerundeten Gegenstand gleich groBe Mulden eingetieft wurden. Vermutlich hat man das zerkleinerte und nach dem Ausbringungs-gewicht abgewogene Miinzmetall (Gold, Silber, Aes) in diese kleinen Gruben gelegt und dann die ganze Platte - oder mehrere tibereinandergeschich-tet - in einen Brennofen montiert. Unter Hitzeein-wirkung wurde das Metali geschmolzen, das nach dem Herausnehmen beim Erkalten eine leicht gewdlbte Oberfliiche erhielt, sodaB ein beidseits gewólbter, ideał fur die PrMgung geformter Schrót-ling fertig war.

Hin und wieder scheint es auch andere Metho-den zur Schrotlingshcrstellung gegeben zu haben, wie die rechteckigen Silbermiinzen der sogenannten Tectosagen (vgl. hier 182 ff.) beweisen: Dort hatte man von in der gewlinschten Starkę gcschmiedeten Silberstangen Plattchen abgesagt und zu Miinzen ausgepragt*.

Eine ahnliche Methode diirfte meines Erachtens auch bei den kleinen Goldwcrten der Boicr ange-wandt worden sein, wie die jiingsten Fundę von gcschmiedeten Goldstaben im Durchmesser von Achtel- bzw. Drittelstatcren beweisen*.

DaB es in den meist halb-privaten oder privatcn Miinzprageanstalten nicht immer ganz ehrlich zuging, bcweiscn die vielen mit unedlem Metali gefiitterten Gold- und Silbermiinzen sowie die fiir diese Falschungsvorhaben vorbereiteten Bronze-schrotlinge". Den Beniitzern freilich waren solchc Methoden bekannt, wie die zahlreichen Prufhiebe' -die von manchen „Uberinterpreten" auch ais „heili-ge Handlungen an Miinzen" gedeutet werden -beweisen.

Datierungsprobleme

Dem Archaologen und Historiker, der sich mit der klassischen Antike befaBt, sind Miinzen fast immer eine willkommene Hilfe bei der exaktcn Datierung von Grabungsergebnissen oder geschicht-lichen Befunden, denn die Miinzen der Griechen und Romer kdnnen mitunter auf wenige Monate genau datiert werden. Ganz anders ist die Aus-gangssituation bei den Keltenmiinzen: Bei ihnen ist die Numismatik fast immer auf die Hilfe der Archaologen angewiesen; nur diese kónnen die vie-len, kaum einstufbaren Pragungen aufgrund von begleitendem, besser datierbarem Fundmaterial (wie Schmuck, Keramik u. a.) zeitlich eingrenzen. Gliicksfalle, daB eine keltische Miinze in einem klar datierten Kontext zutage kommt, sind allerdings auGerst selten. Daher ist es nicht verwunderiich, daS selbst heute noch in vielen Bereichen die Datierung keltischer Miinzen umstritten ist.

Bei den Miinzdatierungen gibt es zwei wissen-schaftliche „Lager" mit extrem unterschiedlichen Ansatzen. Ihre Vertreter, die entweder zu einer friihen oder zu einer spaten Datierung neigen, haben fur ihre Oberlegungen einen gemeinsamen Ausgangspunkt, und zwar den Umstand, daB sich die gesamte keltische Miinzpragung von griechi-schen oder romischen Vorbildem herleitet. So wurden zum Beispiel die Tetrad rachmen und Goldstatę re der Makedonenherrscher Philippus II. (359-336 v. Chr.) und Alexander 01. (336-323 v. Chr) imiticrt - die keltischen Sóldner hatten diese Mun-zen ais Ldhnung erhalten und mit nach Hause gebracht aber auch andere Pragungen der griechi-schen, vor allem der sizilischen Welt sowie Denare der Romischen Republik. Fast alle Vorblider lassen sich sehr genau datieren, womit fiir ihre keltischen Nachbildungen ein lerminus post quem gegeben ist. Strittig ist allerdings der Zeitraum bis zum Einsct-zen der )eweiligen keltischen Imitationen. Es geht also um die Frage, wie lange es vom Entstehen des griechischen bzw. romischen Originals bis zum Ein-setzen der ersten Imitation gedauert haben konnte. Die „Friihdatierer" behaupten, es waren nur einige wenige Jahrc gewesen, die Anhanger der Spatdatie-rung vermuten, der Zeitraum, der zwischen der Ausgabe der Originalmiinze und dem Einsetzen der keltischen Imitation anzusetzen ist, hStte wenigstens ein halbes Jahrhundert gedauert. Wenn also schon der Ansatz fiir den Pragebeginn so unterschiedlich beurteilt wird, wundert es nicht, daB bei der zeitli-chen Einordnung der Nachfolgeserien noch grdBere Abweichungen entstehen. Lediglich Ober das Ende der keltischen Miinzpragung herrscht mehr oder weniger Eimgkeit: Es ist meist durch die Eroberung des jeweiligen Gebietes durch das rOmische Imperium bedingt, die sich rclativ genau festlegen laGt.

Fiir die Festlegung einer intemen Prageabfolge gelten grundsatzlich drei Kriterien: 1. Die inhalłliche und itłlittitche Entfcrnung vom Original erfolgt schrittweise durch Um- und Neuschnitte der Stempel: Zunichst werden die Legenden und die mit ubemommenen Beizeichen der Originale abgewan-delt, da sie fiir den des Schreibens unkundigen keltischen Graveur nur schwer nachvollziehbar bezie-hungsweise sogar unverstandlich sind. In weiterer Folgę kommt es zu Veranderungen in den Bildcm der Vorder- und Riickseiten, die anfangs kaum merkbar, aber in den Endphasen so gravierend sein kdnnen, daB man ohne Kenntnis der dazwischen liegenden Entwicklungsstufen manchmal nicht mehr imstande wire, das einstige Vorbild festzu-stellenc. Ais Grundmaxime fur eine inteme zeitliche Abfolge gilt demnach: Je „verwilderter", also „keltischer", das Miinzbild aussieht, desto spater ist die Pragung einzuordnen.

2.    Ein weiteres Datierungskriterium ist die Qua-litat des Mlinzmetalles. Da die keltische Welt in ihrem Geldwesen die gleiche Entwicklung durchmachen muBte wie etwa die der Griechen und Romer, hatte auch sie unter inflationaren Tendenzen zu leiden, die sich einerseits in der Metallzusanunensetzung, zum anderen im Munzgewicht bemerkbar machten. Goldmiinzen wurden zunachst mit Silber und anderen Metallen „gestreckt": Die urspriinglich aus purem Gold hergestellten Miinzen entwickelten sich ii ber solche aus BlaBgold zu Pragungen aus schlech-tem Silber; Silberpragungen wiederum wurden von Serie zu Serie mit Kupfer bzw. Zinn verschlechtert und „endeten" im sogenannten Potin*', einem fast nur mehr aus Zinn bestehenden Metali mit gering-sten Silberbeimengungen. Die ohnehin relatie spiit anzusetzenden gepragten Kupfermiinzen schlieB-lich wurden in einer sehr minderwertigen Legie-rung gegossen. Auch hier gilt also, daB mit der Ent-fernung vom Original die Verschlechterung des Metalles - mitunter sogar dramatisch - zunahm.

3.    Die - manchmal iiberraschend einheitlichen -Durchschnittsgewichte der Miinzen nehmen aufgrund der eben angesprochenen inflationaren Ent-wicklungen ebenfalis von Serie zu Serie beinahe unmerklich. insgesamt und uber einen langeren Zeitraum gesehen jedoch sehr deutlich ab. Daher darf man - unter Berikksichtigung mdglicher Feh-lerquellen - generell feststellen, daB auch das geringer werdende Durchschnittsgewicht von Seri-

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