Optische Schieblehre

background image

Elektor

5/99

Bei Projektarbeiten am Studiengang
Optoelektronik der FH Aalen entstand
die Idee, eine hochpräzise optische
Schieblehre mit möglichst einfachen
und kostengünstigen Bauteilen zu rea-
lisieren. Wir wollen in Elektor diese
interessante Applikation vorstellen
(ohne auf eine konkrete Schaltung ein-
zugehen). Ein besonderer Augenmerk
soll auf dem interessanten Zeilen-
sensor TSL401 liegen.

D

A S O P T I S C H E

P

R I N Z I P

Wie kann man das Meßprinzip einer
Schieblehre auf optischem Weg reali-
sieren? Ein wesentliches Konstrukti-

onsmerkmal einer Schieblehre sind die
parallel geführten Backen, durch die es
keine Rolle spielt, wo man den zu ver-
messenden Gegenstand in die Schieb-
lehre hält. In die Optik übersetzt heißt
das, man muß den Gegenstand mit
parallelen Lichtstrahlen abtasten. Par-
allele Strahlen erhält man, wenn man
eine möglichst kleine, punktförmige
Lichtquelle in den Brennpunkt einer
Sammellinse bringt. Als Punktlicht-
quelle eignet sich am besten eine Laser-
diode (inklusive Regelschaltung aus
einem Laserpointer). Da eine einfache
Sammellinse aufgrund von Linsenfeh-
lern keinen exakt parallelen Strahlen-
gang erzeugt, benötigt man ein Lin-

Die interdisziplinäre

Kombination von

Optik und Elektronik

eröffnet für viele Auf-

gaben verblüffend

einfache Lösungs-
ansätze. Ein gutes

Beispiel ist die Opti-

sche Schieblehre, die
wie ihr mechanisches

Vorbild hochpräzise,

aber auch schnell und

vor allem berührungs-

frei mißt.

24

Von Prof. Dr. Albrecht Kettler

Optische Schieblehre

Berührungslose Messung mit

Laser und Zeilensensor

COMPUTER & PERIPHERIE

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sensystem. Wir haben
ein Mikroskopokular
verwendet, ein Tubus
eines kleinen Fernglases dürfte eben-
falls den Zweck erfüllen.
Anstelle des Maßstabs der Schieblehre
tritt ein optischer Sensor in Form einer
Dioden- oder CCD-Zeile, auf die das
Meßobjekt einen Schatten mit den
exakten Außenmaßen wirft. Bild 1
zeigt den Meßaufbau im Vergleich zur
“normalen” Schieblehre.

Z

E I L E N S E N S O R

T S L 4 0 1

CCDs erfordern meist mehrere
Betriebsspannungen, komplexe Steu-
ersignale und eine analoge Nachverar-
beitung des Ausgangs-
signals. Im Gegensatz
dazu liefern die Zeilen-
sensoren von Texas
Instruments direkt ein
verwertbares Aus-
gangssignal, begnügen sich mit einer
einfachen 5 V Versorgung und benöti-
gen zur Ansteuerung nur zwei Logik-
signale. Eine geeignete und mit etwa
20 DM preisgünstige Diodenzeile ist
die TSL401, deren Aufbau in Bild 2
dargestellt ist.
Der TSL401 besitzt 128 in einer Reihe
angeordnete Fotodioden (die bei circa
780 nm Wellenlänge am empfindlich-
sten sind) und ist in der Lage, 256
Graustufen aufzulösen. Jedes Pixel hat
eine Größe von 63,5 µm ⋅ 50 µm (h⋅b)
mit einem Abstand von 63,5 µm von
Zentrum zu Zentrum (400 dpi). Jeder
der 128 Fotodioden ist ein Ladungsver-

stärker zugeordnet, der
die fotoelektrisch
erzeugte Ladung sam-

melt. Die gesammelte Ladung ist pro-
portional zum Lichtstrom, der auf den
Pixel auftrifft, und zur Integrationszeit.
Die Integrationszeit ist die Zeit zwi-
schen zwei aufeinanderfolgenden
Lesevorgängen. Jedes Sensorelement
kann durch einen MOS-Schalter mit
dem Ausgangsverstärker verbunden
werden. Die Ansteuerung der einzel-
nen Schalter erfolgt sequentiell durch
ein im Baustein enthaltenes (digitales)
Schieberegister. Zum Starten eines
Lesevorgangs wird eine logische Eins
an den Eingang SI gelegt, der mit einer
steigenden Taktflanke des CLK-Signals
in das erste Element des Schieberegi-

sters übernommen
wird. Nach der ersten
Taktflanke wird SI wie-

der auf logisch Null gebracht. Die über-
nommene logische Eins wird durch die
folgenden Taktflanken durch das Schie-
beregister geschoben und schaltet
nacheinander die gesammelten Ladun-
gen der einzelnen Pixel auf den Aus-
gangsverstärker. Der Ausgangsverstär-
ker ist ein Sourcefolger, daher ist am
Ausgang (AO) ein externer Pulldown-
Widerstand von 330 Ω erforderlich. Die
Ausgangsspannung beträgt 0 V (kein
Licht) bis 3,5 V (gesättigt).
Der TSL401 kann mit einer Pixelfre-
quenz von maximal 2 MHz betrieben
werden, eine gesamte Zeile läßt sich
also mehr als 15.000mal in der
Sekunde lesen. Damit lassen sich
sogar Teile vermessen, die einfach
durch die Optik fallen. Das Datenblatt
des Zeilensensors ist im Internet unter
www.ti.com/sc/docs/folders/analog/ts401.html
verfügbar.

25

Elektor

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Paralleler Strahlengang

Kollimator

Meßobjekt

990043 - 11

Diodenzeile

TSL401

(128 Pixel)

Laser-

Diode

1

Bild 1. Die Versuchs-
anordnung der opti-
schen Schieblehre im
Vergleich zum mecha-
nischen Modell.

Pixel 1

Integrator

Reset

Sample/

Output

Pixel 2

Switch Control Logic

128-Bit Shift Register

Pixel 3

Pixel 128

Output

Amplifier

Analog

Bus

Gain
Trim

990043 - 12

A0

V

DD

R

L

(External

Load)

3

4

6,7

CLK

2

SI

Q1

Q2

Q3

Q128

1

2

Bild 2. Innenaufbau
des Zeilensensors
TSL401.

Anzeige

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C P L D

S T A T T

µ C

Statt von einem Mikro-
controller wird der Zei-
lensensor von einem
CPLD angesteuert.
Hier bietet sich der schon in Elektor
11/94 (samt Experimentierplatine)
beschriebene CPLD-Baustein
ispLSI1016 von Lattice an. Der
ispLSI1016 besitzt mit 64 Makrozellen
ausreichend Ressourcen, um die
Ansteuersignale für die Zeile zu erzeu-
gen und gleichzeitig eine Schnittstelle
zum PC zu realisieren. Bild 3 beweist
die zentrale Rolle des programmierten
Logikbausteins. Und: Man benötigt
kein spezielles Programmiergerät, son-
dern kann die entworfene Logik direkt
über den Parallelport des PCs in den
Baustein laden. Da mit
dem Downloadkabel

sowieso eine Verbin-
dung des Logikbau-
steins zum PC besteht,
wickelt man prakti-
scherweise auch die
Ausgabe der Meßdaten

über dieses Kabel ab. Dazu müssen
allerdings das Downloadkabel und die
ispLSI-Experimentierplatine ein wenig
modifiziert werden. Infos über das
CPLD und Entwicklungstools gibt es
auf der Homepage von Lattice:
www.latticesemi.com.

A

N S T E U E R L O G I K U N D

S

C H N I T T S T E L L E Z U M

P C

Das gesamte Logikdesign wurde voll-
synchron realisiert, alle Register mit
einem “Masterclock” von 16 MHz

getaktet. Asynchrone
Eingangssignale wer-

den durch FlipFlops in den Takt einge-
bunden. Aus dem Systemtakt wird
auch der 2-MHz-Pixeltakt für den
TSL401 abgeleitet, so daß eine
Pixelclockperiode aus acht Phasen
besteht. Dadurch können die zur Ver-
arbeitung eines Pixels notwendigen
Signale mit einer Genauigkeit von 1/8
der Pixelclockperiode synchronisiert
werden.
Die Logik innerhalb des ispLSI Bau-
steins gliedert sich in die folgenden
Module, wie sie in Bild 4 dargestellt
sind:

SYNCHRO
Die Steuersignale MODE und SCLK,
mit denen der PC das serielle Lesen
der Daten steuert, sind asynchron zum
Masterclock des ispLSI. Diese Signale
werden daher zunächst über D-
Flipflops synchronisiert.

PIXCNTR
Das Modul PIXCNTR zählt die Pixel
und erzeugt die Steuersignale SI und
PIXCLK für den TSL401. Der TSL401
wird permanent mit einer Pixelfre-
quenz von 2 MHz ausgelesen. Kern des
Moduls ist ein 10-bit-Zähler, der mit 16
MHz getaktet wird. Die oberen sieben
Bit (C0-C6) sind der eigentliche
Pixelzähler, die unteren drei (PH0-PH2)
unterteilen eine Pixelperiode in acht
Intervalle und werden bei der Detek-
tion von Hell/dunkel-Kanten vom
Modul EDGE_SM genutzt, um bei
jedem Pixel das Einschwingen des Aus-
gangssignals des TSL401 abzuwarten.

EDGE_SM
Das einlaufende, vom Komparator
(LM311) in Binärform gebrachte
“Videosignal” (PIX_IN) des TSL401
wird einem Kantendetektor zugeführt,
der Hell/dunkel- beziehungsweise
Dunkel/hell-Übergänge erkennt. Die
Phaseninformation der Signale
PH0...PH2 legen fest, wann innerhalb
der Pixelclockperiode das binäre Signal
ausgewertet wird. Auf diese Weise
kann man das Einschwingverhalten
des Videosignals berücksichtigen. Bei
jeder Kante wird ein Kantenzähler
(E0–E2) um eins erhöht und der
Zählerwert dem Modul EDG_BUF
zugeführt.

EDG_BUF
Dieses Modul übernimmt bei jeder
neuen Kante den Stand des
Pixelzählers. Bis zu vier Kantenpositio-
nen können gespeichert werden. Das
Messen der Kantenpositionen wird
vom Steuerrechner über das Signal
MODE gestartet. Nach der Messung
werden die Kantenpositionen vom
Steuerrechner (PC) über die parallele
Schnittstelle Bit für Bit gelesen, die ein-
zelnen Datenbits über den Anschluß
SDO ausgegeben und vom Signal
SCLK getaktet. Messung und Daten-

26

Elektor

5/99

V

CC

Diodenzeile TSL401

(128 pixel)

SI

pix

Komparator

Schwellwert-

Einstellung

CLK

(2MHz)

Takt

16MHz

ISPN

MODE

SCLK

SDO

SDI

parallele Schnittstelle

Download-

Kabel

CPLD

ispLSI1016

(64 Makrozellen)

990043 - 13

3

Bild 3. Das Blockschalt-
bild der Versuchsan-
ordnung zeigt das
Zusammenwirken von
Optik und Elektronik.

36

mode

mode_in
sclk_in

mode

sclk

m_clk

33

sclk

26

TSL_sig

11

main_clk

from PC

thresholded output signal
from line sensor

from PC

System clock (16MHz)

SYNCHRO

pix_in

EDGE_SM

EDGE_SM

clk

clk

ph2

ph1

ph0

mode
sclk
e0
e1
e2
c0
c1
c2
c3
c4
c5
c6
start

clk

clr

ph0
ph1
ph2

c0
c1
c2

e0
e1
e2

sout

990043 - 14

c3
c4
c5
c6

start

SI

pixclk

PIXCNTR

9

sdo

serial output data (to PC)

27

sdo

28

sdo

"Start Integration"

pixelclock

4

Bild 4. Die für die Aus-
wertung des “Videosig-
nals” notwendigen
logischen Funktionen
im CPLD.

background image

übertragung erfolgen nacheinander in
mindestens zwei Leseperioden des
TSL401, also 128 µs.

D

A S

R

E C H N E R P R O G R A M M

Die Software zum Lesen der Meßwerte
wurde unter DOS in Turbo Pascal
erstellt, der Zugriff auf den Parallelport
direkt über die entsprechenden I/O-
Register durchgeführt.
Während das Logikdesign ein sehr
schnelles Messen zuläßt, wird die
tatsächlich erreichbare Meßgeschwin-
digkeit durch die vergleichsweise
langsamen Portzugriffe bei der
Datenübertragung bestimmt. Tests auf
einem Pentium166 ergaben eine Zeit
von 192 µs bei Messung von zwei Kan-
ten und 256 µs bei vier Kanten. Bild 5
schließlich zeigt die Monitordarstel-
lung einer von der Versuchsanord-
nung im Titelbild erfaßten 5-mm-LED
mit Angabe von minimalen, maxima-
len sowie (an der Cursorposition) aktu-
ellen Durchmesser.

I

N F O I M

I

N T E R N E T

Einzelheiten zum Projekt zusammen
mit dem kompletten Logikdesign und
einem Pascal Programm zum Lesen
der Kantenpositionen können von den

Internet-Seiten des Stu-
diengangs Optoelek-
tronik an der FH Aalen heruntergela-
den werden. Die Adressen sind:
www.fh-aalen.de/sgo/elektor1.htm
www.fh-aalen.de/sgo/lars/files/episplsi.pdf
Wer über keinen Zugang zum Internet
verfügt, kann die Software samt
Datenblatt des Zeilensensors, einer
Hardwarebeschreibung des CPLD-
Boards (in pdf) sowie weitere Informa-

tionen auch kostenlos
bei der Redaktion erhal-

ten. Schicken Sie dazu eine leere PC-
Diskette mit einem ausreichend (!)
frankierten Rückumschlag an die

Elektor-Redaktion
- Schieblehre -
Süsterfeldstr. 25
52072 Aachen

(990043)rg

27

Elektor

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Bild 5. Screendump
einer erfaßten LED.

Optoelektronik-
Ingenieur

Ein interessanter Beruf mit Zukunft

Das hier vorgestellte Anwendungsbeispiel zeigt das für die Opto-
elektronik typische Zusammenwirken der Fachgebiete Optik, Elek-
tronik und Informatik. Die Lenkung des Lichts als Energie und
Informationsträger ist Aufgabe der Optik. Die Ansteuerung der
Sensoren erfordert Wissen über die Funktionsweise optoelektro-
nischer Bauelemente und die Beherrschung von Analog- und
Digitalelektronik. Zur Steuerung des gesamten Systems und zur
Auswertung der Meßergebnisse werden Kenntnisse der Informa-
tik benötigt. Ein Optoelektronik-Ingenieur muß also Wissen aus
vielen Gebieten zusammenbringen, und er muß vor allem in Syste-
men denken können. Eine anspruchsvolle Tätigkeit, die aber sehr
abwechslungsreich ist und viel Spaß macht.

Optoelektronik als Studium

Die faszinierenden Eigenschaften des Lichts in Verbindung mit
moderner Elektronik machen die Optoelektronik zu einer der
bedeutendsten Zukunftstechnologien. Optoelektronik-Ingenieure
werden heute von vielen Firmen gesucht. Als eigenständiges Stu-
dienfach ist die Optoelektronik eine vergleichsweise junge Diszi-

plin. Seit 1991 kann man Optoelektronik an der Fachhochschule
Aalen studieren. Andere Hochschulen bieten Optoelektronik als
Vertiefungsrichtung an. Aufbaustudiengänge wie Lasertechnik und
Technische Optik sind ebenfalls anzutreffen.
Das Studium an der FH Aalen umfaßt acht Semester, von denen
sechs an der Hochschule verbracht werden. Zwei praktische Stu-
diensemester werden in Industriebetrieben absolviert. Typisch für
das Studium ist die fachübergreifende Arbeitsweise und die enge
Verzahnung von Theorie und Praxis. Den Abschluß des Studiums
bildet die Diplomarbeit ,die an der Fachhochschule oder im indu-
striellen Umfeld angefertigt werden kann.
Optoelektronik-Ingenieure arbeiten als Systemingenieure und Pro-
jektleiter in Forschung, Entwicklung und Fertigung. Auch für Ser-
vice und Vertrieb anspruchsvoller optoelektronischer Kompo-
nenten und Systeme werden Optoelektronik-Ingenieure benötigt.
Nähere Informationen über das Studium der Optoelektronik gibt
es beim

Sekretariat Optoelektronik
Frau Eiberger
Fachhochschule Aalen
Heinrich Rieger Straße 22/1
73430 Aalen
Tel.: 0 73 61 / 5 68 - 0 oder 5 68 - 2 32
FAX: 0 73 61 / 5 68 - 2 25
Internet :www.fh-aalen.de/sgo/opage1.htm

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