RÜCK-KOPPLUNG
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4/2000
Elektor
Die Geschichte
der Elektronik (14)
Am Anfang der berühmten zwanziger Jahre feierte der noch sehr
junge Film erste Triumphe, er war bis dahin jedoch stumm geblie-
ben. Man konnte zwar bewegte Bilder und Töne getrennt
voneinander aufzeichnen, ein schwieriges Problem war jedoch die
Synchronisation. Die Amerikaner Lee de Forest und Th. W. Case
waren überzeugt, dass das Problem nur in den Griff zu bekommen
war, wenn man Bild und Ton auf einem gemeinsamen Medium
unterbrachte. Sie entwickelten 1923 ein Aufzeichnungsverfahren,
das völlig neue Wege beschritt. Auf dem Film wurde seitlich vom
Bild eine schmale Spur für den Ton reserviert und bei der Auf-
nahme abhängig vom Tonsignal geschwärzt. Bei der Wiedergabe
wurde die Tonspur von einer Glühlampe mit konstanter Helligkeit
durchleuchtet. Das Licht wurde so gebündelt, dass es durch die
Tonspur hindurch auf eine Fotozelle fiel. Die Fotozelle wandelte
die Helligkeits-Schwankungen in elektrische Signale um; sie wur-
den verstärkt und von Lautsprechern als Ton wiedergegeben.
Eine mindestens ebenso wichtige Neuerung, die zu dieser Zeit
zwar noch in den ersten Anfängen steckte, die aber später enorme
gesellschaftspolitische Bedeutung gewinnen sollte, ist das Fern-
sehen. Zu Beginn der zwanziger Jahre waren alle technologischen
Voraussetzungen geschaffen, um Nipkows Idee vom elektrome-
chanischen Fernsehen zu verwirklichen. In verschiedenen Län-
dern wurden Laborversuche mit dem Ziel durchgeführt, daraus
ein brauchbares, leicht zu handhabendes System zu entwickeln.
Schon 1924 konnte man im physikalischen Institut der Universität
Leipzig einen eindrucksvollen Versuchsaufbau besichtigen. Im
März 1925 stellte der schottische Erfinder und Fernsehpionier
John Logie Baird in London sein elektromechanisches TV-System
vor, das Bilder innerhalb eines Gebäudes übertrug. Man sah das
Gesicht einer Bauchrednerpuppe, vermutlich, weil sie den Bela-
stungen durch die grellen, glühend heißen Scheinwerfer besser
gewachsen war als eine lebende Versuchsperson. Eine Demon-
stration des Systems vor der Londoner Royal Society fand im
Januar 1926 statt. Die versammelten Mitglieder ließen sich von
der neuen Technik jedoch nicht überzeugen. Trotzdem konnte
Baird noch einige Erfolge für sich verbuchen: Im Jahr 1926 gelang
es ihm zum ersten Mal, TV-Signale aufzuzeichnen und wiederzu-
geben. Dazu verwendete er eine Wachsscheibe mit einem Durch-
messer von 25 cm als Speichermedium. Die erste interkontinen-
tale Fernsehübertragung in die USA wurde von Baird mit einem
Kurzwellensender durchgeführt, und auch mit dem Farbfernsehen
beschäftigte er sich schon. Für die erste Farbübertragung wurden
drei Nipkow-Scheiben verwendet, denen Filtergläser in den
Primärfarben vorgesetzt waren.
gd
Glühlampe
Ton
Lautsprecher
Lichtschwankungen
Fotozelle
Filmstreifen
mit Tonspur
tonfrequente Spannungsschwankung
versterker
Verstärker
Rolle mit Film
Anzeige
Tonwiedergabe beim Lichtton-Verfahren
Bildempfänger mit Nipkow-Scheibe von J. L. Baird, ca. 1930.
Bei Bairds System wurde das Bild vertikal abgetastet.