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Generation Taschengeld

In Kooperation mit

Wir denken, wir hätten uns von unseren Eltern abgenabelt. Doch wir sind viel mehr und länger
abhängig, als uns das recht ist.
Von Kathrin Hartmann

Letztens habe ich das gemacht, von dem ich dachte, das geht, wenn man erwachsen und voll

berufstätig ist. Ich bin in das Geschäft gegangen, in dessen Schaufenster dieser schöne Wintermantel
hing, ich brauchte einen und ich wollte diesen haben, er war nicht mal wahnsinnig teuer. Dann kam

die Nachzahlung für die Stadtwerke und schon war mein Konto wieder kurz vor Sperrung. Meine
Mutter- Danke, Mama! - hat mir dann den Mantel spendiert. Ich habe mich sehr darüber gefreut - vor

allem war ich erleichtert.
Und dann beschlich mich wieder das ungute Gefühl, dass es mir offenbar noch immer nicht gelungen

ist, ein vom Geld meiner Eltern unabhängiges Leben zu führen. Und das, obwohl ich seit 13 Jahren
ausgezogen bin und schon lange arbeite. In meinem Alter hatten meine Eltern zwei Kinder, ein Auto

und ein Haus. Meine Eltern sind nicht reich, sie hatten damals das Haus längst nicht abbezahlt - aber
dafür einen Beruf mit Garantie bis zur Rente, mit dem das möglich war. Diese Zeiten sind vorbei. Und

es gibt genügend junge Leute, die noch bis weit über 30 vom Geld ihrer Eltern abhängig sind.
Die ihr Auto noch über Papas Versicherung laufen lassen müssen, der sich dann über die Strafzettel

aufregt, die ihm ins Haus flattern. Paare, die zusammen ziehen, sind darauf angewiesen, dass die
Eltern die Kaution bezahlen oder eine Waschmaschine. Junge Eltern sind froh, wenn die glücklichen

Großeltern den Kinderwagen übernehmen. Manche können ohne die Unterstützung der Eltern gar kein
eigenes Leben führen. Solche, deren Beruf es ist, sich von einem Praktikum zum nächsten zu hangeln

oder bei denen sich Zeitverträge mit Arbeitslosigkeit abwechseln. Die selbst mit drei Jobs das Studium
nicht bezahlen können, weil es Semestergebühren gibt. Die nach dem Studium keine Arbeit finden

und keine Wahl haben, als in der Firma der Eltern anzufangen, obwohl sie das nicht wollen.
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Die plötzlich ihren Job verlieren und vielleicht sogar wieder in ihr Kinderzimmer ziehen müssen. Es
klingt paradox, aber man könnte glauben, je selbstständiger man wird, desto abhängiger ist man

eigentlich. Wie kann man es da schaffen, Unabhängigkeit zu erreichen? Sich ein Selbstwertgefühl zu
bewahren? Und wie geht man mit Konflikten um, wenn man Dankbarkeit zeigen muss und erpressbar

ist? Darf man es sich verbitten, dass sich die Eltern in die Lebensplanung einmischen, obwohl sie's
bezahlen?
Lohnt es sich, sich halb kaputt zu arbeiten, bloß weil man von den Eltern kein Geld nehmen mag?
Liebe NEON-Leser, kennt ihr diese Situation? Und wie geht ihr damit um?


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