DAS POLITISCHE SYSTEM IN ÖSTERREICH
1. Der Parlamentarismus, 2. Parteien, 3. Sozialpartnerschaft. 4. Politische Kontrolle, 5. Österreichische Regierungsformen seit 1955
Die Verfassung - Die Verfassung ist die rechtliche Grundordnung eines Staates und bestimmt, wer die Macht ausübt und Recht spricht.
1945 wurde in Österreich die Bundesverfassung nach dem Stand von 1933 in Kraft gesetzt. Es ist eine Verfassung, in der die Gewaltentrennung in - gesetzgebende (Legislative) Gewalt: Nationalrat und Landtage, - vollziehende (Exekutive) Gewalt: Bundespräsident, Bundesregierung, Landesregierungen, Staatliche Verwaltungsapparat
- richterliche (Judikative) Gewalt: Verfassungs-, Verwaltungsgerichtshof, Rechnungshof, Bezirks- u. Landesgericht vollzogen wird.
Der Parlamentarismus - Repräsentative parlamentarische Demokratie. Wie in anderen Demokratien erfolgt auch in Österreich die politische Willensbildung und Konfliktregelung durch Repräsentanten (Abgeordnete) im Parlament. Legitimiert wird die repräsentative parlamentarische Demokratie durch die Existenz von mehreren Parteien (siehe nächstes Kapitel) und die Durchführung von regelmäßigen Wahlen auf der Grundlage des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes.
Geschichte des Parlamentarismus - Bis 1918 war das Parlament gegenüber dem Kaiser und der nur ihm verantwortlichen Regierung relativ machtlos. In der 1. Republik wurde die Regierung von der Parlamentsmehrheit bestimmt, der Nationalrat nach einem Verhältniswahlrecht zusammengesetzt.
Seit 1929 wird nach einer Verfassungsreform der Bundespräsident vom Volk gewählt (Präsidiales System). Der Bundespräsident erhielt das formale Recht, den Bundeskanzler und die Bundesregierung zu bestellen und zu entlassen.
In der Zweiten Republik wurde die Verfassungsstruktur der 1. Republik übernommen. 1971 und 1992 wurde das Wahlrecht geringfügig geändert.
Unechtes Zweikammersystem - Österreichs Parlamentarismus ist ein unechtes Zweikammersystem.
- Nationalrat (direkt gewählt), - Bundesrat ( indirekt von den Landtagen bestellt ) . Die Gesetzgebung des Bundes übt der Nationalrat gemeinsam mit dem Bundesrat aus.
Der Nationalrat besteht aus 183 Abgeordnete, die vom Volk (alle Männer und Frauen über 19 Jahre ca. 70 % der Bevölkerung mit öst. Staatsbürgerschaft und nicht von der Wahl aufgrund z.B. bestimmter Verbrechen od. Handlungsunfähigkeit ausgeschlossen sind) gewählt werden. Das Wahlrecht ist gleich, geheim, persönlich und unmittelbar. - Gleich = jeder Wähler hat eine Stimme,
- Geheim = mit Wahlzelle und Wahlurne, -Persönlich = keine Stellvertretung , - Unmittelbar = direkte Wahl der Abgeordneten.
Aufgabe des Nationalrates (NR):
Neben der Hauptversammlung (Plenum) gibt es im NR Ausschüsse, in denen Fachleute der Parteien vertreten sind:
- Hauptausschuß: zuständig für Beratung der eingebrachten
Gesetzesanträge
Festsetzung von z.B. Bahn-, Posttarife usw.
- Unterausschuß (des Hauptausschusses):
stellt eine Verbindung zwischen NR und der
Bundesregierung dar.
Bleibt auch bei der Auflösung des NR sowie
außerhalb der Sitzungsperioden bestehen.
- Immunitätsausschuß:
Beschließt die Auslieferung eines Mitgliedes des NR
an öffentliche Gerichte.
- Finanz- und Budgetausschuß
- Landesverteidigungsausschuß
- Unterrichtsausschuß usw.
Der Nationalrat ist zuständig für die Beschlußfassung von Bundesgesetzen, deren Antrag in den einzelnen Ausschüssen vorbereitet wird. Zur Annahme eines Gesetzes genügt eine einfache Mehrheit bei einer Mindestanwesenheit von einem Drittel der Abgeordneten. Verfassungsgesetze benötigen 2/3 Ja- Stimmen.
NR-Abgeordnete besitzen Immunität.
Werdegang eines Bundesgesetzes:
Vorparlamentarischer Bereich:
Gesetzesantrag: durch die Bundesregierung (Regierungsvorlage)
durch Mitglieder des Nationalrates
(mind. 8 Abgeordnete) und des Bundesrates
durch Volksbegehren (mind. 100.000 Unterschriften)
Ausarbeitung eines Entwurfes
Beschluß des Ministerrates, den Entwurf als
Regierungsvorlage einzubringen
Parlamentarischer Bereich
1. Lesung im NR: Bekanntmachung Gesetzesantrages im NR
Weitere Behandlung in Ausschüssen
2. Lesung im NR: Gesetzesantrag gelangt wieder in das Plenum.
Debatte über das Gesetz
3. Lesung im NR: Gesetz wird beschlossen oder abgelehnt
Bundesrat kann Einspruch gegen das Gesetz erheben (Vetorecht)
Wenn der NR 'Beharrungsbeschluß' fast, wird Einspruch
des Bundesrat unwirksam
Bundespräsident unterzeichnet das verfassungsmäßige Zustandekommen
des Gesetzes
Bundeskanzler unterzeichnet das Gesetz + zuständiger Minister
Verlautbarung: Durch die Verlautbarung im Bundesgesetzblatt
tritt das Gesetz in Kraft.
Der Bundesrat
Die Mitgliederzahl schwankt und wird nach jeder Volkszählung (alle 10 Jahre) festgesetzt. Die Abgeordneten werden nicht direkt gewählt, sondern von den Landtagen entsandt. Ihre Aufgabe ist es, das Interesse der Länder bei Gesetzen des Bundes zu wahren.
Die Bundesversammlung
Sie wird aus den Abgeordneten des Nationalrates und des Bundesrates gebildet. Aufgaben:
- Angelobung des Bundespräsidenten
- Erhebung der Anklage bzw. Absetzung des Bundespräsidenten
Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt und wird alle 6 Jahre gewählt, wobei eine einmalige Wiederwahl möglich ist. Kandidieren darf, der im Wahljahr das 36. Lebensjahr überschreitet. Bei der Wahl des Bundespräsidenten besteht Wahlpflicht, er wird unmittelbar und geheim vom Volk gewählt.
Aufgaben des Bundespräsidenten:
- Ernennung und Entlassung der Bundesregierung, - Einberufung und Auflösung des Nationalrates, - Abschluß von Staatsverträgen, - Vertretung des Volkes nach außen, - Beglaubigung von Gesandten, - Begnadigung
- Oberbefehl über das Bundesheer, - Notverordnungsrecht
Verantwortlich ist der Bundespräsident dem Volk, rechtlich der Bundesversammlung.
Er kann wegen Verfasungsverletzung angeklagt und abgesetzt werden.
Bund - Länder
Die Gesetzgebung und Verwaltung wird in Österreich zwischen Bund und Ländern geteilt (Bundesstaatlicher Charakter). Die Rechtsprechung ist dem Bund vorbehalten.
Die Bundesregierung
Mit den Verwaltungsgeschäften des Bundes, die nicht dem Bundespräsidenten zukommen, sind der Bundeskanzler und die Bundesregierung betraut.
Der Bundeskanzler ist in der Regel der Obmann der stärksten Partei.
Die Bundesregierung umfaßt neben dem Bundeskanzler den Vizekanzler, die Bundesminister und die Staatssekretäre. Sie wird aufgrund der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse gebildet.
In Koalitionsregierungen wird in der Regel der Vizekanzler vom Parteiführer der kleineren Regierungspartei gestellt.
Vizekanzler, Bundesminister und Staatssekretäre bilden zusammen den Ministerrat.
Jeder Bundesminister steht einem Ministerium voll verantwortlich vor.
Die Bundesverwaltung
Die Verwaltung ist grundsätzlich weisungsgebunden. Obwohl in Österreich ein formal von parteipolitischen Gesichtspunkten unabhängiges Berufsbeamtentum verfassungsrechtlich verankert ist, herrscht durch die Personalhoheit des Ministers oft ein parteipolitisches Naheverhältnis im Beamtenapparat vor.
Länder und Gemeinden
Nach der Verfassung hat Österreich einen Bundesstaatlichen Charakter. Die gesetzgebende Körperschaft eines Bundeslandes ist der Landtag. Hier herrscht das Einkammernsystem (im Gegensatz zum Bund). Gegen eines vom Landtag beschlossenen Gesetz kann die Bundesregierung wegen Gefährdung der Bundesinteressen Einspruch erheben. (Hier kann aber der Landtag einen Beharrungsbeschluß fassen = Einspruch der Bundesregierung wird wirkungslos).
Die vom Landtag gewählte Landesregierung übt die Vollziehung der Landesgesetze ihres Bundeslandes aus.
Sie besteht aus Landeshauptmann, seinem Stellvertreter und Landesräten.
Der Landeshauptmann, das oberste Verwaltungsorgan des Bundeslandes, ist politisch dem Landtag verantwortlich.
Die Gemeinden bilden die unterste Ebene der demokratischen Willensbildung: Seit 1994 wurde die Möglichkeit geschaffen, die Wahl des Bürgermeisters direkt und unabhängig von der Wahl des Gemeinderates durchzuführen.
Aufgaben der Gemeinden:
- Örtliche Sicherheitspolizei, - Erhaltung von Straßen, Plätzen und Brücken, - Gesundheits-, Bau- und Feuerpolizei, - Errichtung und Erhaltung von Pflichtschulen usw.
In den Landtagen und Gemeinderäten kommen Beschlüsse auf ähnliche Weise wie im Parlament zustande . Anträge werden Ausschüssen zugewiesen, dort behandelt, geändert, verworfen bzw. im Plenum beschlossen.
Die Parteien
Im ausgehenden 19. Jahrhundert entstanden in Österreich die modernen Massenparteien. Meist schlossen sich Gleichgesinnte und sozial Gleichgestellte zusammen und bauten feste Organisationen auf. Die Mitglieder waren durch ein gemeinsames politisches Programm und durch ein gemeinsames kulturelles Leben, gegenseitige Unterstützung usw. verbunden.
Monarchie ab 1867
In der Monarchie kam es zum Funktionswandel der Parteien: In der Monarchie hatten die politischen Parteien ein erkämpftes und gewährtes Mitspracherecht. Das Parlament war das Vertretungsorgan des Volkes gegenüber dem Monarchen.
1. Republik
In der Republik wurden die Parteien selbst zum Träger der politischen Willensbildung und das Parlament zum obersten Willensbildungsorgan des Staates.
Zwischen den beiden Großparteien (Christlichsoziale und Sozialdemokraten) kam es in der 1. Republik zu großen Gegensätzen, die sogar mit Waffengewalt ausgetragen wurden (Heimwehr und Schutzbund).
2. Republik
In der 2. Republik kam es zur Zusammenarbeit der Führungen (Koalitionen auf politischer Ebene und Sozialpartnerschaft auf der wirtschaftlichen Ebene).
Wandel der Wähler und der Parteien
Die Parteien umfaßten Jahrzehnte hindurch feste gesellschaftliche Gruppen. Sie wurden daher auch als Klassen- und Weltanschauungsparteien bezeichnet.
Ab den siebziger Jahren wurde die Wählerschaft der Parteien heterogener und die ideologischen Gegensätze schwächer.
Die Ursache liegt in der Veränderung der Gesellschaftsstruktur und des Einsatzes der Medien. Es entstand eine 'neue Mittelschicht' (Beamte und Angestellte). Aus dieser Gruppe kommen die Wechsel- bzw. Nichtwähler. Erfolgte früher die politische Bewußtseinsbildung vorwiegend durch Herkunft und Berufsmilieu, so geschieht dies heute zunehmend durch die Massenmedien.
Geschichte und heutige Stellung der einzelnen im Parlament vertretenen Parteien:
Die Sozialdemokratische Partei (SPÖ)
1888/89 wurde die Sozialdemokratische Arbeiterpartei von Victor Adler gegründet. Die geistige Grundlage bildete der Sozialismus.
1934 wurde die Sozialdemokratische Partei verboten.
1945 wurde diese als Sozialistische Partei wieder gegründet und führt seit
1991 wieder den Namen Sozialdemokratische Partei.
1971 erreichten die Sozialisten unter Bruno Kreisky die absolute Mehrheit im NR
1983 Verlust der absoluten Mehrheit im NR
Die Sozialdemokratische Partei ist in Landes-, Bezirks- und Lokalorganisationen gegliedert.
Ihr höchstes willensbildendes Organ ist der Bundesparteitag, der alle zwei Jahre einberufen wird.
Seit 1988 ist Dr. Franz Vranitzky Parteivorsitzender. Seit 1997 Mag. Viktor Klima
Auszug aus dem Parteiprogramm von 1978:
- Eintreten für die Demokratie - Ablehnung jeder Art von Diktatur
- Ziel ist die freie Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit ...
- Gerechte Verteilung des Ertrages der gesellschaftlichen Arbeit
- Gleichberechtigung der Geschlechter, Anerkennung der Mutterschaft
als soziale Leistung
Der Sozialismus ist eine internationale Bewegung, in der Menschen unter anderem auf Grund humanistischer Wertvorstellungen für eine bessere Gesellschaft zusammenwirken.
Die Österreichische Volkspartei (ÖVP)
1887 wurde die Christlichsoziale Partei von Karl Lueger gegründet.In weiterer Folge vereinigte diese Partei vor allem Kleinbürger und Bauern, aber auch Adelige. Die geistige Grundlage war der Konservativismus und der Katholizismus.
Die Christlichsoziale Partei spiele nach dem Zerfall der Monarchie bis 1934 (Beginn des Ständestaates) die führende Rolle. 1934 löste sich die Partei auf.1945 wurde die Österreichische Volkspartei die Nachfolgeorganisation der Christlichsozialen.
1945-1970 stellte die ÖVP als stärkste Partei den Bundeskanzler (Figl, Raab, Klaus),1970-1986 Oppositionspartei
1987 Koalitionspartei, Sie setzt sich aus drei Bünden (Bauern,- Wirtschafts-, und Arbeiter- und Angestelltenbund), drei Teilorganisationen (für Frauen, Senioren und Jugend) und aus neun Landesorganisationen zusammen.
Ihr höchstes Organ ist der Bundesparteitag, der alle drei Jahre tagt.
Bundesparteiobmann ist zurzeit Dr. Wolfgang Schüssel.
Auszug aus dem Programm der ÖVP von 1972, in dem sie sich als 'Partei der fortschrittlichen Mitte' bezeichnet.
- Freie Wirtschaft, die aber auf den Umweltschutz und die sozial ,Schwächeren Bedacht zu nehmen hat ('Ökosoziale Marktwirtschaft'),- Persönliches Eigentum,- Eintreten für wirksame Landesverteidigung,- Bekenntnis zur Demokratie mit Ausdruck des Mehrparteiensystem als Garantie der geistigen politischen Freiheit,- Errichtung einer partnerschaftlichen Gesellschaft
Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ bzw. F)
Die geistigen Wurzel der Partei sind der Liberalismus und der Nationalismus. 1956 entstand die Freiheitliche Partei aus dem 1949 gegründeten Verband der Unabhängigen (VdU),1983 - 1986 waren die Freiheitlichen unter ihrem Obmann Norbert Steger an der Regierung beteiligt.Seit 1986 ist Dr. Jörg Haider Bundesparteiobmann.
Auszug aus dem Parteiprogramm von 1985:
- Bekenntnis zur demokratischen Republik Österreich ,- Werte des Volkstum und der Heimatliebe sollen hochgehalten werden,- Berücksichtigung der Familie,- Gegen Parteibuchwirtschaft, Proporz,- Für Sauberkeit und Ehrlichkeit in der Politik.
Die 'Grüne Alternative'
1983 wurde die 'Grüne Alternative' zum ersten Mal in das Parlament gewählt.
Sie entwickelte sich aus Bürgerinitiativen und Umweltschutzbewegungen sowie aus der alternativen Bewegung (Alternative stehen der vorherrschenden Wirtschaftsweise ablehnend gegenüber)
Die Grünen haben keine straff organisierte Organisation und keinen Parteivorsitzenden, sondern einen Bundessprecher.
Das Liberale Forum
1993 entstand durch die Abspaltung mehrerer Abgeordneter von der FPÖ das Liberale Forum.
Das Liberale Forum versteht sich als Vertreter des Liberalismus in Politik, Wirtschaft und Kultur und will in diesen Bereichen die Freiheit des einzelnen verwirklichen. Gründerin und Vorsitzende ist Dr. Heide Schmidt.
Die Kammern
In Österreich wird das politische Leben auch von den wirtschaftlichen Interessensverbänden ( der Arbeitnehmer, Unternehmer, Bauern) bestimmt.
Fast jeder Österreicher ist Mitglieder eines Wirtschaftsverbandes.
Es gibt zwei Gruppen von wirtschaftlichen Interessensvertretungen:
- Gesetzliche Interessensvertretungen = Kammern , Kammern = 'Körperschaften öffentlichen Rechts' ; wie : Arbeiterkammer (für Arbeiter und Angestellte) , Wirtschaftskammer (für Selbständige), Landwirtschaftskammern (für Bauern). In den Kammern gibt es eine Pflichtmitgliedschaft je nach Berufsausübung; Es werden Wahlen durchgeführt
Die Kammern sind politisch in Fraktionen gegliedert - freiwillige Organisationen = freiwillige Mitgliedschaft wie: ÖGB (Österr. Gewerkschaftsbund) mit 15 Fachgewerkschaften, VÖI (Vereinigung Österreichischer Industrieller)
Die Sozialpartnerschaft
Ein besonderes Kennzeichen des politischen Systems Österreichs ist die Sozial- und Wirtschaftspartnerschaft. (Zusammenarbeit zwischen Arbeit-nehmerorganisation und Unternehmerorganisation). Das oberste Ziel der Partnerschaft ist die Aufrechterhaltung des sozialen Friedens und ein Wachstum der Wirtschaft.
Gründung der Sozialpartnerschaft - In Erkenntnis der Tatsache, daß der Abzug der Besatzungsmächte nur zu erreichen sein würde, wenn in Österreich innenpolitischer Friede herrscht, wurden zur Vermeidung von Streit in den ersten Nachkriegsjahren einige Preis-Lohn-Abkommen geschlossen, welche unter dem Vorsitz des Bundeskanzlers die Mindestlöhne (Kollektivvertrag) und staatlich geregelte Preise festsetzt.
In der Sozialpartnerschaft erfolgt die Zusammenarbeit durch Regierung, Verwaltung, politische Parteien und die Interessensvertretungen (die Kammer für Arbeiter und Angestellte, die Kammer für Land- u. Forstwirtschaft und der Österreichischer Gewerkschaftsbund ÖGB).
Die Paritätische Kommission
1957 wurde die Paritätische Kommission geschafften, die 1963 durch den 'Beirat für Sozial und Wirtschaftsfragen' ergänzt wurde. Die Paritätische Kommission ist die wichtigste Einrichtung der Sozialpartnerschaft. Sie arbeitet unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Entscheidungen müssen einstimmig getroffen werden.
Sie wird gebildet von Vertretern aus - Arbeiterkammer, - Gewerkschaftsbundes, - Wirtschaftskammer, - Landwirtschaftskammer
Aufgabe der Paritätischen Kommission: - Kontrolle der Preise und Löhne, - Ausarbeitung von Studien und Empfehlungen zu Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik
Wie erwähnt, soll die Sozialpartnerschaft den sozialen Frieden wahren und Streiks verhindern.
Die Wachstumsorientierung brachte die Sozialpartnerschaft in letzter Zeit in Konflikt mit neuen sozialen Strömungen (Ökologiebewegungen) bzw. zu Niederlagen:
1979 Volksabstimmung gegen das Atomkraftwerk, 1984 Bau des Donaukraftwerkes Hainburg , (von der Sozialpartnerschaft befürwortet) wurde durch Demonstrationen verhindert.
Der Aufbau der Demokratie in Österreich
Die politische Kontrolle - Die staatliche Verwaltung ist aufgrund der Verfassung an die Gesetze gebunden. Die Tätigkeit der Gesetze wird überprüft durch den: - Verfassungsgerichtshof und - Verwaltungsgerichtshof
Der Verfassungsgerichtshof: - Kein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes darf der Bundesregierung oder einer Landesregierung oder einer gesetzgebenden Körperschaft angehören. Aufgaben: - Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen, - Überprüfung von Gesetzmäßigkeiten von Verordnungen, - Entscheidung über die Anfechtung von Wahlen (zum Nationalrat usw.), - Entscheidung über Anklage gegen Bundespräsidenten, Mitglieder der Bundesregierung und der Landesregierungen wegen , z.B. Verfassungsverletzungen, - Entscheidung bei Kompetenzkonflikten ( Gericht od. Verwaltungsbehörde)
Der Verwaltungsgerichtshof - Aufgabe: - Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen, wenn alle unteren Instanzen erschöpft sind, - Befassung über vermögensrechtliche Ansprüche, die gegen Bund, die Länder
und Gemeinden gerichtet sind (falls dies nicht von Bezirksgerichte bzw. Landesgerichte ausgetragen werden kann)
Der Rechnungshof - Der Rechnungshof untersteht dem Nationalrat und übt seine Tätigkeit im Auftrag des NR bzw. der Landtage aus.
Aufgaben: - Kontrolle der Finanzgebarung (ob wirtschaftlich und sparsam) des Bundes, der Länder und Gemeinden
- Kontrolle der finanziellen Gebarung der Behörden und staatlichen Betriebe, - Verfassung von Berichten, die dem Nationalrat vorgelegt wird.
Koalitionsregierung - Die Regierungskoalition der ÖVP mit der SPÖ wurde von 1945 bis 1966 beibehalten. In der öffentlichen Meinung wurde zunehmend der sogenannte 'Proporz' kritisiert, wonach beide großen Parteien wichtige Posten in Verwaltung und staatlichen Unternehmen anteilmäßig an ihre Parteigänger vergaben.
Weiters fehlte eine starke Opposition als Kontrollinstanz. Die KPÖ schied 1959 aus dem Nationalrat aus.
Seit 1955 ist die FPÖ als Nachfolgerin der VdU im Parlament vertreten.
1966 - Nationalratswahlen - ÖVP Alleinregierung
Die ÖVP errang die absolute Mehrheit und bildete eine Alleinregierung unter Bundeskanzler Josef Klaus.
Bruno Kreisky löste den Parteivorsitzenden Bruno Pittermann ab.
März 1970 - Nationalratswahlen - Minderheitsregierung der SPÖ, Die SPÖ erhielt die meisten Stimmen, blieb aber unter der absoluten Mehrheit. Daraufhin bildete Kreisky eine Minderheitsregierung mit Unterstützung der FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs, gegründet 1955 - Vorläufer war die VdU) .
Oktober 1971 - Neuwahlen - Alleinregierung der SPÖ - Diese Wahlen führten zu einer absoluten Mehrheit der SPÖ unter Bruno Kreisky die sie bis 1983 inne hatte. In der Zeit der SPÖ-Alleinregierung erfolgten zahlreiche Veränderungen in der Wirtschaft und Gesellschaft unter anderem: - Anhebung des Mindesturlaubes für Arbeitnehmer, - Abfertigung bei Kündigung für Arbeiter (bis dahin nur für Angestellte), - Rechtliche Gleichstellung der Frauen, - Fristenlösung, - Kostenlose Schulbücher, Schulfahren und Hochschulstudium
- Familienbeihilfe, - Verkürzung des Grundwehrdienstes auf sechs Monate, - Straffreiheit bei Homosexualität unter Erwachsenen.
Zwischen 1950 bis 1980 stieg das Einkommen in Österreicher um das siebenfache. Aus dem 'Armenhaus Europas' in der Ersten Republik war die von Papst Paul VI. zitierte 'Insel der Seligen' geworden. Die Staatsverschuldung nahm aber seit ca. 1980 - besonders nach dem Beginn einer wirtschaftlichen Rezession - sprunghaft zu. Kreisky vertrat die Ansicht, das Anwachsen des Schuldenbergs sei durch die Aufrechterhaltung einer weitgehenden 'Politik der Vollbeschäftigung' gerechtfertigt und werde durch diese in Zukunft ausgeglichen werden.
1983 Nationalratswahlen - Kleine Koalition - Die Verschlechterung der allgemeinen Wirtschaftslage, - die Aufdeckung einiger Affären (Steuerverfahren gegen den früheren Finanzminister Androsch und AKH-Skandal), - die Ablehnung der Atomkraft durch die Bevölkerung (1978 Volksabstimmung) führte zum Verlust der absoluten Mehrheit der SPÖ bei der Nationalratswahl 1983. Die SPÖ bildete unter Fred Sinowatz eine Kleine Koalition mit der FPÖ. Diese Koalition stieß bei der Bevölkerung unter anderem aufgrund der Wirtschafts-und Arbeitsplatzprobleme auf Ablehnung.
1985 folgte eine Umbildung der Regierung: Franz Vranitzky (SPÖ) wurde Bundeskanzler und Jörg Haider wurde Parteiobmann der FPÖ.
1986 Nationalratswahlen - Große Koalition - Im November 1986 kam es auf Grund des Kurswechsels der FPÖ zu vorgezogenen Neuwahlen. Während die großen Parteien Stimmen verloren, gewannen die kleinen Parteien (FPÖ und Grünen, die auch ins Parlament einzogen) an Stimmen.
Es entstand eine 'große Koalition' zwischen SPÖ und ÖVP die auch nach den Nationalratswahlen 1990 und 1994 fortgesetzt wurde.
Seit 1994 gibt es im Nationalrat fünf Parteien: SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne und Liberales Forum.
Bundeskanzler blieb Vranitzky und Vizekanzler wurde Alois Mock. 1990 wurde Erhard Busek (ÖVP) Vizekanzler. 1995 Auflösung der Koalition-1995 wurde Wolfgang Schüssel (ÖVP) Vizekanzler und löste die Koalition aufgrund Budgetuneinigkeit (Sanierung des Budgets und Einsparungen) mit der SPÖ im Oktober 1995 auf. - 1996 nach Wahlen wieder große Koalition unter Bundeskanzler Mag. Viktor Klima.