Lauer Pat Das Ei des Kolumbus und andere Irrtümer

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Pat Lauer

Das Ei des

Kolumbus und

andere Irrtümer

350 populäre

Halbwahrheiten

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Wussten Sie;...

§ dass es in Wirklichkeit nicht 12, sondern 13 Apostel gab,

§ dass der französische Arzt Guillotin gar nicht der Erfinder der

berühmt -berüchtigten Henkersmaschine war,

§ dass Luther seine Thesen niemals an eine Kirchentür genagelt hat,

§ dass das Jodeln gar nicht in den Alpen erfunden wurde?

Pat Lauer hat alltägliche Weisheiten, Theorien und Gerüchte genau unter die
Lupe genommen und dabei zahlreiche Irrtümer und Halbwahrheiten
aufgedeckt.

ISBN 3-572-01171-X

2000 Orbis Verlag

Einbandgestaltung: Norbert Pautner, München

Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!!!

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Ein Dankeschön für tatkräftige Hilfe und moralische

Unterstützung geht an Gerald Drews, Sabine Geier-Leisch,
Ronald Hinzpeter und Michael Loerke.

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ................................................................. 3

Einleitung .............................................................................. 15

1. Von Abendrot bis Autobahn........................................... 17

A wie Abendrot .................................................................. 17
A wie Affe(n) ..................................................................... 17
A wie Affenschande........................................................... 19
A wie Akropolis ................................................................. 19
A wie Alkohol.................................................................... 19
A wie Alrun oder Alraun.................................................... 20
A wie Amateure ................................................................. 20
A wie Angsthase................................................................. 22
A wie Apfel........................................................................ 22
A wie Apfelbaum ............................................................... 23
A wie Apostel..................................................................... 23
A wie Äquator .................................................................... 24
A wie Arbeit ....................................................................... 24
A wie Archimedes .............................................................. 25
A wie Arsenpilz.................................................................. 26
A wie Atlantis ..................................................................... 27
A wie »Auch du mein Sohn, Brutus…«............................. 28
A wie Autobahnen.............................................................. 28

2. Von Babel bis Bumerang ................................................. 30

B wie Babel........................................................................ 30
B wie Bakterien.................................................................. 31
B wie Bananen ................................................................... 32
B wie Bastille ..................................................................... 32
B wie Bauchredner............................................................. 33

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B wie Bermuda-Dreieck ..................................................... 34
B wie Beton........................................................................ 35
B wie Bewusstloser ............................................................ 35
B wie Bier........................................................................... 36
B wie Bisamratte ................................................................ 37
B wie Blauer Enge l ............................................................ 37
B wie Blausäure ................................................................. 37
B wie Bleistift..................................................................... 38
B wie Blinddarmentzündung.............................................. 38
B wie Blindschleiche .......................................................... 39
B wie Blitz.......................................................................... 39
B wie Bockbier ................................................................... 40
B wie Bocksbeutel.............................................................. 41
B wie Borke........................................................................ 41
B wie Boxeraufstand .......................................................... 42
B wie Braille....................................................................... 43
B wie Brücken.................................................................... 43
B wie Büffel ....................................................................... 44
B wie Bumerang................................................................. 44

3. Von Cancan bis Curry ..................................................... 46

C wie Cancan ..................................................................... 46
C wie Capri......................................................................... 47
C wie Chamäleon............................................................... 48
C wie Chinesen................................................................... 48
C wie Chop suey ................................................................ 49
C wie Colosseum................................................................ 49
C wie Columbus ................................................................. 50
C wie Cowboys .................................................................. 51
C wie Curry........................................................................ 52

4. Von Dampfmaschine bis Dudelsack............................... 53

D wie Dampfmaschine ....................................................... 53

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D wie Der Denker .............................................................. 53
D wie Diamanten................................................................ 54
D wie Diogenes .................................................................. 54
D wie Don Carlos ............................................................... 55
D wie Dracula ..................................................................... 56
D wie Drei Könige ............................................................. 56
D wie Dudelsack ................................................................ 57

5. Von Eichhörnchen bis Exkommunikation .................... 58

E wie Eichhörnchen ........................................................... 58
E wie Eiffelturm................................................................. 58
E wie Einhorn..................................................................... 59
E wie Einsamkeit................................................................ 60
E wie Einstein..................................................................... 60
E wie Eisbein...................................................................... 61
E wie Eiserner Vorhang ..................................................... 61
E wie Elefanten .................................................................. 62
E wie Elefantenläuse .......................................................... 63
E wie Elektrizität ................................................................ 63
E wie Elmsfeuer ................................................................. 65
E wie England .................................................................... 65
E wie Erde .......................................................................... 66
E wie Erkältung.................................................................. 66
E wie Evangelisches Kloster.............................................. 67
E wie Exkommunikation.................................................... 68

6. Von Farbe bis Fußball ..................................................... 69

F wie Farbe ......................................................................... 69
F wie Fast Food .................................................................. 69
F wie Faust ......................................................................... 70
F wie Felleisen ................................................................... 71
F wie Fette .......................................................................... 71
F wie Fetthenne .................................................................. 72

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F wie Fetus ......................................................................... 72
F wie Feuerland .................................................................. 73
F wie Fische ....................................................................... 73
F wie Flaschenpost............................................................. 75
F wie Fledermäuse ............................................................. 76
F wie Fliegen...................................................................... 76
F wie Fluch des Pharao ...................................................... 77
F wie Föhn.......................................................................... 78
F wie Frankenstein ............................................................. 79
F wie Freie Hansestadt Hamburg....................................... 80
F wie Fremdenlegion.......................................................... 82
F wie Friedhof.................................................................... 82
F wie Frostbeulen............................................................... 83
F wie Fußball...................................................................... 83

7. Von Galgen bis Gutenberg .............................................. 85

G wie Galgen...................................................................... 85
G wie Galileo Galilei.......................................................... 86
G wie Gehirn...................................................................... 87
G wie Gehör ....................................................................... 88
G wie Geschwindigkeit ...................................................... 88
G wie Gewitter ................................................................... 89
G wie Giftgas ..................................................................... 90
G wie Glück Auf ................................................................ 90
G wie Göttliche Komödie .................................................. 90
G wie Gold ......................................................................... 91
G wie Golfstrom................................................................. 91
G wie Guillotine ................................................................. 92
G wie Gutenberg ................................................................ 93

8. Von Haare bis Hund........................................................ 94

H wie Haare........................................................................ 94
H wie Hängematte .............................................................. 95

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H wie Haie.......................................................................... 95
H wie Hamburger............................................................... 96
H wie Haschisch................................................................. 97
H wie Hattrick .................................................................... 98
H wie Hauptmann von Köpenick ....................................... 98
H wie Hermann der Cherusker ........................................... 99
H wie Herz ....................................................................... 100
H wie Hexen..................................................................... 101
H wie Hinkelsteine ........................................................... 102
H wie Hippokrates............................................................ 103
H wie Höhlenmenschen ................................................... 103
H wie Holz ....................................................................... 104
H wie Holzblasinstrumente .............................................. 104
H wie Hühner ................................................................... 105
H wie Hund ...................................................................... 105

9. Von Iglu bis Jungfrau von Orleans .............................. 108

I wie Iglu .......................................................................... 108
I wie Indianer ................................................................... 108
I wie Inflation................................................................... 110
J wie Jesus oder Jungfrauengeburt................................... 111
J wie Jodeln ...................................................................... 112
J wie die Jungfrau von Orleans ........................................ 112

10. Von Kainsmal bis Kuchen........................................... 114

K wie Kainsmal................................................................ 114
K wie Kaiserschmarrn...................................................... 114
K wie Kalbsleberwurst..................................................... 115
K wie Kalender................................................................. 115
K wie Kaltblut .................................................................. 116
K wie Kamele ................................................................... 116
K wie Kanada................................................................... 117
K wie Karl der Große....................................................... 118

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K wie Kartoffeln............................................................... 119
K wie Kaspar Hauser........................................................ 119
K wie Kasseler ................................................................. 120
K wie Kaugummi ............................................................. 121
K wie Keilschrift .............................................................. 121
K wie Ketchup .................................................................. 121
K wie Klaustrophobie ....................................................... 122
K wie Kleopatra ............................................................... 122
K wie Knigge ................................................................... 123
K wie Knoblauch.............................................................. 124
K wie Kompass ................................................................ 125
K wie Kopernikus ............................................................. 125
K wie Kraken ................................................................... 127
K wie Kreml ..................................................................... 128
K wie kriminell................................................................. 128
K wie Kröten.................................................................... 129
K wie Krokodilstränen..................................................... 129
K wie Kuchen................................................................... 129

11. Von Lakritze bis Luzifer............................................. 130

L wie Lakritze .................................................................. 130
L wie Leberkäse ............................................................... 130
L wie Lederstrumpf.......................................................... 131
L wie Leiche ..................................................................... 131
L wie Lemminge .............................................................. 132
L wie Lesen...................................................................... 133
L wie Lilith....................................................................... 133
L wie Lindbergh............................................................... 134
L wie Linksverkehr .......................................................... 135
L wie Loch Ness............................................................... 136
L wie Lucrezia Borgia ...................................................... 136
L wie Ludwig XIV. .......................................................... 137

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L wie Lügendetektor ........................................................ 138
L wie Luther..................................................................... 138
L wie Luzifer .................................................................... 140

12. Von Machiavelli bis Muscheln.................................... 141

M wie Machiavelli ........................................................... 141
M wie Mandeln ................................................................ 142
M wie Mann ..................................................................... 142
M wie Manna ................................................................... 143
M wie Marathon............................................................... 143
M wie Mars ...................................................................... 144
M wie Maulwurf............................................................... 145
M wie May....................................................................... 145
M wie Mehltau................................................................. 146
M wie Mens sana .............................................................. 146
M wie Meuterei................................................................ 147
M wie Mona Lisa ............................................................. 147
M wie Mond ..................................................................... 148
M wie Mormonen............................................................. 149
M wie Morse .................................................................... 149
M wie Motten................................................................... 151
M wie Mozart................................................................... 151
M wie München ............................................................... 152
M wie Münchhausen........................................................ 153
M wie Muscheln............................................................... 154

13. Von Nachtwache bis Nordpol ..................................... 155

N wie Nachtwache ........................................................... 155
N wie Nadelbaum............................................................. 156
N wie Napoleon................................................................ 156
N wie Nasenbluten........................................................... 157
N wie Nero ....................................................................... 158
N wie New York .............................................................. 159

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N wie Nordkap ................................................................. 160
N wie Nordpol.................................................................. 160

14. Von Obst bis Oscar...................................................... 162

O wie Obst........................................................................ 162
O wie Odyssee.................................................................. 162
O wie Ohrwurm................................................................ 163
O wie Oktober .................................................................. 164
O wie Olympische Spiele ................................................. 164
O wie Oscar ...................................................................... 165

15. Von Panama-Hut bis Pyramiden ............................... 166

P wie Panama-Hut ............................................................ 166
P wie Papagei ................................................................... 166
P wie Pfefferkuchen......................................................... 166
P wie Pferde ..................................................................... 167
P wie Pflanzen.................................................................. 167
P wie Pilatus ..................................................................... 168
P wie Pilze ........................................................................ 169
P wie Piraten..................................................................... 170
P wie »Play it again, Sam«............................................... 171
P wie Plumpudding .......................................................... 171
P wie Poker....................................................................... 172
P wie Pompeji................................................................... 172
P wie Potemkinsche Dörfer .............................................. 173
P wie Potenz ..................................................................... 174
P wie Prager Fenstersturz................................................. 175
P wie Pyramiden............................................................... 175

16. Von Raben bis Ruhrgebiet.......................................... 176

R wie Raben..................................................................... 176
R wie Rattenfänger ........................................................... 177
R wie Rauchen ................................................................. 178

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R wie Reis ........................................................................ 179
R wie Ringe des Saturn.................................................... 180
R wie Ritter ...................................................................... 181
R wie Robinson Crusoe.................................................... 182
R wie Roland .................................................................... 182
R wie Rom........................................................................ 183
R wie Romeo und Julia .................................................... 184
R wie Roter Platz.............................................................. 184
R wie Rotes Tuch............................................................. 184
R wie ruchlos.................................................................... 185
R wie Ruhrgebiet.............................................................. 185

17. Von Salome bis Strauss ............................................... 187

S wie Salome .................................................................... 187
S wie Salz ......................................................................... 188
S wie salziger Boden........................................................ 188
S wie Samowar ................................................................. 188
S wie Sauerstoff ............................................................... 189
S wie Schinderhannes....................................................... 189
S wie Schlaf...................................................................... 190
S wie Schlangen............................................................... 191
S wie Schnee .................................................................... 192
S wie Schokolade ............................................................. 193
S wie Schwarzpulver ........................................................ 194
S wie Schwein .................................................................. 195
S wie Schweizer Sprachen ............................................... 195
S wie Schwimmen............................................................ 196
S wie Schule ..................................................................... 196
S wie Seepferdchen.......................................................... 197
S wie Sex.......................................................................... 197
S wie Siebenschläfer ........................................................ 198
S wie Silbermünzen.......................................................... 198

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S wie Sintflut .................................................................... 199
S wie Skalpieren............................................................... 200
S wie Sklaven................................................................... 200
S wie Sonne ...................................................................... 201
S wie SOS......................................................................... 202
S wie Spaghetti................................................................. 202
S wie Sphinx..................................................................... 202
S wie Spinat...................................................................... 203
S wie Stachelschwein ....................................................... 203
S wie Steine ...................................................................... 204
S wie Steuben................................................................... 204
S wie Storchschnabel ....................................................... 206
S wie Strauß ..................................................................... 206

18. Von Tabak bis Traubenzucker................................... 207

T wie Tabak...................................................................... 207
T wie Tanzmaus ............................................................... 207
T wie Taschentuch ........................................................... 208
T wie Tauben.................................................................... 209
T wie Teflon..................................................................... 209
T wie Telefon................................................................... 210
T wie Tell ......................................................................... 211
T wie Tempel ................................................................... 212
T wie Tetanus ................................................................... 213
T wie Titanic .................................................................... 213
T wie Tollkirsche ............................................................. 214
T wie Totes Meer ............................................................. 215
T wie Traubenzucker........................................................ 215

19. Von Unabhängigkeitserklärung bis Völkerwanderung

............................................................................................. 217

U wie Unabhängigkeitserklärung..................................... 217
U wie Unfehlbarkeit ......................................................... 217

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V wie Vampire ................................................................. 218
V wie Vandalen................................................................ 219
V wie Vatikan................................................................... 220
V wie vegetarisch............................................................. 222
V wie Venedig/Venezuela................................................ 222
V wie Venus von Milo ..................................................... 223
V wie Verbrennungen ...................................................... 223
V wie Vertrag................................................................... 224
V wie Visitenkarte............................................................ 224
V wie Vitamine ................................................................ 225
V wie Vögel ..................................................................... 225
V wie Vogelspinne ........................................................... 226
V wie Völkerwanderung .................................................. 226

20. Von Wasser bis Wüste................................................. 228

W wie Wasser................................................................... 228
W wie Wasserdampf ........................................................ 229
W wie Wasserfälle ........................................................... 230
W wie Wasserwaage ........................................................ 230
W wie Weihnachten......................................................... 230
W wie Wein...................................................................... 231
W wie Weißbrot ............................................................... 232
W wie Wellen................................................................... 233
W wie Wikinger ............................................................... 233
W wie willensschwach..................................................... 235
W wie Windstärken.......................................................... 235
W wie Winterschlaf.......................................................... 236
W wie Wodka ................................................................... 236
W wie Wölfe .................................................................... 237
W wie Wolkenkratzer....................................................... 238
W wie Wolpertinger......................................................... 238
W wie Woodstock ............................................................ 239

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W wie Wüste .................................................................... 239

21. Von Xanthippe bis Zigarren....................................... 241

X wie Xanthippe............................................................... 241
Z wie Zahnersatz.............................................................. 241
Z wie Zauberberg............................................................. 242
Z wie Zeit ......................................................................... 243
Z wie Zentralheizung ....................................................... 244
Z wie Zeppelin ................................................................. 245
Z wie Zigarren.................................................................. 246

Literatur ............................................................................. 247

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Einleitung

»Wissen ist Macht, aber nix wissen macht nix« - dieser

ebenso eingängig wie salopp formulierte Satz findet sich auf
Hauswänden und Toilettentüren. Man mag nun argumentieren,
dass es sich hierbei um eine bloße Worthülse und um
sinnentleertes Geschwafel handelt, doch das wäre gar zu
einfach. Tatsächlich scheint die Formulierung wohl eher
Ausdruck für eine gewisse Hilflosigkeit zu sein, mit der die
wachsende Informationsflut, die täglich auf uns einstürmt,
humorvoll verarbeitet werden kann. Nicht einmal den klügsten
Köpfen und den größten Geistern lässt sich heute noch eine
umfassende Allgemeinbildung attestieren. Viel zu umfangreich
ist das menschliche Wissen mittlerweile geworden, viel zu
rasant entwickeln sich Wissenschaften, Technik und Politik. Das
»machtverleihende« Wissen ist das Knowhow der Spezialisten,
die in ihren eigenen Welten mit den Pfunden wuchern können,
dürfen und sollen. Kein Wunder also, dass so mancher sich
frühzeitig seinen Neigungen und Vorlieben ergibt und all das,
was abseits seines beruflichen Werdegangs liegen könnte, dem
vordringlichen Ziel des persönlichen Weiterkommens opfert.
Trotzdem - es sei dem Autor ein wenig Traurigkeit gestattet,
angesichts der perspektivenorientierten Einbahnstraßen zum
Erfolg. Leonardo da Vinci, Erasmus von Rotterdam oder Johann
Wolfgang von Goethe wären heute nicht mehr denkbar:
Universal gebildete Männer, deren Weltsicht mehrgleisig
verlief, die sich in ihrer Gegenwart verhaftet fühlten, aus der
Vergangenheit lernten und zukunftsorientiert dachten. Literatur
und Politik, Kunst und Architektur, Medizin und Philosophie -
das und etliches mehr waren die Betätigungsfelder der
aufgezählten Herren - ein Bildungskonglomerat, das heute nicht
mehr vorstellbar ist. Schade eigentlich, denn wir sollten niemals
vergessen, dass Spezialisten besonders anfällig für Irrtümer sind.

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-16-

Nicht innerhalb ihrer Fachbereiche natürlich (obwohl auch das
vorkommen soll), sondern gerade bei der Beantwortung jener
Fragen, die sich ihrem objektiven Erfahrungsschatz entziehen.
»Wissen ist Macht«, doch wenn dieses Wissen zu einseitig ist,
kann es manchmal zur bloßen Makulatur verkommen, benutzt
und missbraucht werden und somit seinen Wert selbst in Frage
stellen. Es waren Gelehrte, die die Rassenlehre des Dritten
Reichs ersannen, es waren Mediziner, die im Namen dieser
Lehre grauenhafte Experimente durchführten. Nur ein Beispiel,
sicherlich, und dazu noch ein recht extremes, doch gehen Sie
sicher mit mir konform, wenn ich behaupte, dass der umfassend
gebildete Mensch eher in der Lage ist, sich ein eigenes Urteil zu
bilden, eigene Wege zu gehen und nicht so leicht in Gefahr
gerät, Phrasen, Vorurteilen und Irrtümern aufzusitzen.

Wir wollen diesen Aspekt jetzt nicht unbedingt vertiefen,

zumal auch der Schreiber dieser Zeilen keinesfalls eine wirklich
umfassende Bildung für sich reklamieren kann und will. Dieses
Buch allerdings soll Ihnen ein wenig helfen, Irrtümer und
Verballhornungen, Phrasen und Missverständnisse zu erkennen.
Es soll Ihnen zeigen, wie viel Unsinn verbreitet, wie viel
Vorurteile nach wie vor gelehrt werden. Dabei geht es nicht nur
um historische Denk- und Überlieferungsfehler, sondern auch
um ganz alltägliche »Halb- und Unwahrheiten«, die selbst durch
ständige Wiederholung nicht richtiger oder wahrhaftiger
werden. Und ich kann Ihnen versichern, dass Sie sich das eine
oder andere Mal verstohlen auf die Unterlippe beißen werden
und vielleicht vor sich hin murmeln: »Ups - das hab' ich bis jetzt
auch geglaubt!« Kein Grund, sich zu schämen, die Lektüre
dieses Buches allein mag Ihnen schon als Beleg dafür dienen,
dass Sie nicht gewillt sind, langfristig zu den Leichtgläubigen zu
gehören. Viel Spaß.

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-17-

1. Von Abendrot bis Autobahn

A wie Abendrot

Wie wurde es besungen, wie wurde es bedichtet: Als

»brennenden Himmel« bezeichneten Romantiker das Abendrot
und untermalten mit den Farbtönen zwischen purpur und rosé
verbal ihre verklärten Hoffnungen auf einen neuen, besseren
Tag. Auch ins sogenannte »Volksvokabular« hielt diese
Vorstellung Einzug: »Wenn der Himmel so schön rot ist, wird's
morgen schönes Wetter«, so die oftmals gehörte Behauptung,
die auch von diversen Bauernregeln untermalt wird: »Abendrot -
gut Wetter Bot« oder auch »Der Abend rot und weiß das
Morgenlicht, dann trifft uns böses Wetter nicht«. Aber das
stimmt leider nicht so ganz. Zwar entsteht durch besonders
trockene Luft tatsächlich ein schwaches, rötliches Glimmen über
dem von der untergehenden Sonne bestrahlten Horizont, und
dass bei trockener Luft die Regenwahrscheinlichkeit sinkt,
dürfte auf der Hand liegen. Doch wenn der Abend himmel im
knalligen »Leuchtrot« erstrahlt, bedeutet dies nichts anderes, als
dass sich eine stattliche Menge feuchter Staubpartikel in der
Luft befindet und dass Sie deshalb in der Nacht und am nächsten
Morgen durchaus mit ausgiebigen Regenfällen rechnen können.

A wie Affe(n)

Wenn wir die Redewendung »Wenn er das wüsste, würde er

sich im Grabe 'rumdrehen« zugrunde legen, dann dürfte das
Skelett eines gewissen Charles Darwin (1809-1882) geradezu
rotieren. Denn kaum jemand wird so häufig missverstanden und

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fehlinterpretiert wie der große englische Wissenschaftler, der als
»Vater der Evolutionstheorie« gilt. Um es gleich
vorwegzunehmen: Einen Satz wie »Der Mensch stammt vom
Affen ab« hat Darwin nie gesagt und ganz sicher auch nicht
gedacht. Im Gegenteil: Bereits in seinem allerersten Aufsatz
zum Thema »Evolution« schrieb Darwin: »Wir dürfen nicht
dem Irrtum verfallen, zu glauben, der gemeinsame Ahne der
Primaten und des Menschen sei mit irgendeinem existierenden
Affen identisch, oder diesem auch nur über Gebühr ähnlich
gewesen«. Darwin vertrat vielmehr die Theorie, dass sich der
menschliche Stammbaum in grauer Vorzeit in zwei
unterschiedliche Zweige gegabelt hat, von denen der eine zum
heutigen Menschen, der andere aber zum Affen führte. Sollten
Sie also durch die Gitterstäbe eines Zoogeheges einem Gorilla
beim Bananenfuttern zuschauen, müssen Sie keine
verwandtschaftlichen Gefühle hegen. Richtig und mittlerweile
auch anhand zahlreicher Fossilienfunde belegt - ist Darwins
Vermutung, dass Mensch und Affe einen gemeinsamen
Vorfahren haben.

Und wenn wir schon beim Thema sind: Falsch ist auch der

häufig gehörte Satz, der heutige Mensch stamme vom
Neandertaler ab. Die urzeitlichen Schädelknochen, die Ende des
19. Jahrhunderts im »Neandertal« (unweit des heutigen
Düsseldorf) entdeckt wurden, beweisen vielmehr, dass es vor
dem Auftreten des Homo sapiens (vielleicht auch gleichzeitig)
eine andere, durchaus unterschiedliche, humanoide Spezies
gegeben haben muss. Der Neandertaler allerdings ist
ausgestorben - der Homo sapiens (denkende Mensch) hat sich zu
seiner jetzigen Blüte (?) weiterentwickelt. Warum der
Neandertaler ausgestorben ist, ist bislang unbekannt - wenn Sie
sich gerne mit Spekulationen und (zuweilen recht wilden)
Theorien beschäftigen, empfehlen wir Ihnen den Roman
»Neanderthal« (dt. »Tal des Lebens«, erschienen bei C.
Bertelsmann) von John Darnton.

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A wie Affenschande

Diese Form der Blamage einem Affen unterzuschieben, ist

zwar bequem, aber unlogisch. Schließlich dürfte es ziemlich
schwierig sein, einen Affen zu beschämen, und noch
schwieriger, in unserem behaarten Freund ein Gefühl für
»schändliches Tun« zu erwecken. Das Wort »Affenschande«
entstammt vielmehr dem Plattdeutschen »apenbare Schand«
(offenbare Schande).

A wie Akropolis

Spricht der Kosmopolit heute von der Akropolis, so meint er

im allgemeinen die größte Sehenswürdigkeit der griechischen
Hauptstadt Athen. Im klassischen Altertum dürfte der Satz »Ich
war auf der Akropolis« allerdings eher Stirnrunzeln erzeugt und
die Frage »auf welcher?« nach sich gezoge n haben. Denn
»Akropolis« heißt lediglich »höchste Stadt« und meinte eine
mauernbewehrte Festung innerhalb einer größeren Ansiedlung.
In den antiken Städten des Peloponnes gab es davon rund 25 -
die Athener Ausführung war allerdings die größte und
bekannteste.

A wie Alkohol

Dass Alkohol nicht gleich Alkohol ist, gestehen wir gerne ein.

Auch die Behauptung, dass ein Gläschen Wein noch niemandem
geschadet hat, wollen wir mit Freuden unterschreiben, zumal
amerikanische Wissenschaftler sogar nachgewiesen haben, dass
in Maßen genossener Alkohol den Stoffwechsel anregt und die
Durchblutung fördert. Doch um den Alkohol und den Genuss
desselben haben sich einige Legenden gebildet, die durchaus

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verhängnisvoll sein können. So hält sich beispielsweise seit
Jahrhunderten das hartnäckige Gerücht, Alkohol erwärme den
Körper. Zwar mag das subjektive Gefühl der Erwärmung mittels
eines schönen Glases »Jagertee« durchaus vorhanden sein, und
auch ein Schlückchen Malt-Whiskey rinnt angenehm feurig
durch die Kehle, doch medizinisch betrachtet, bewirkt der
Alkohol eine Abkühlung. Die Blutgefäße an der Oberfläche des
Körpers weiten sich aus, das Blut gelangt verstärkt an die
Außenfläche und kühlt sich dort ab. Bei stattlichen Minusgraden
fördert der Alkohol demzufolge sogar Erfrierungen.

A wie Alrun oder Alraun

Heute ab und zu noch als Frauenname gebräuchlich,

entstammt das Wort »Alrun« nicht - wie sehr häufig behauptet -
dem Sprachschatz der Wikinger und bezeichnet keinesfalls eine
»Universalrune«, mit der göttliches Wirken beschrieben wurde.
Alrun (oder Alraune) ist vielmehr aus dem Althochdeutschen
entlehnt und stammt vom Wort »albrun«. Damit wurden ein
Kobold oder eine Elfe bezeichnet. Später diente der Begriff auch
als Synonym für die als zauberkräftig angesehene Mandragora-
Wurzel der Alraunpflanze, der ein guter Geist seine Heilkräfte
eingehaucht haben soll.

A wie Amateure

Das Wort Amateur bezeichnete ursprünglich nur einen

Liebhaber. Nicht den einer schönen Dame, sondern denjenigen,
der einer Tätigkeit nur um ihrer selbst willen huldigte, ohne
damit seine Brötchen verdienen zu wollen. Im heutigen
Sprachgebrauch werden als Amateure zumeist Sportler
bezeichnet, die für ihre Leibesübungen nicht bezahlt werden,

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und bis zum Beginn der 70er Jahre waren auch nur solche bei
Olympischen Spielen zugelassen. So wurden dem
amerikanischen Zehnkämpfer Jim Thorpe, einem der größten
Athleten seiner Zeit, im Jahre 1912 seine beiden Goldmedaillen
im Fünf- und im Zehnkampf wieder aberkannt, weil er 1909
einige Monate lang für etwa 80 Dollar im Monat als Baseball-
Profi aktiv war. Diese rigide Sicht des olympischen Gedankens
»verdanken« die hohen Herren des Internationalen Olympischen
Komitees (IOC) der irrigen Auffassung, dass auch bei den
olympischen Spielen der Antike lediglich »edle Amateure«
zugelassen waren. Alles Unsinn: Zwar schmückten sich die
Sieger seinerzeit mit Palmzweigen und wedelten nicht mit
dicken Schecks ins Publikum, doch wurden auch ganz
erhebliche Prämien und Preisgelder bezahlt. Denn schon damals
waren der sportliche Wettkampf und seine Stadien allzu häufig
nur Ersatzschauplätze für politisch brisante
Auseinandersetzungen. Der Kampf um den Sieg wurde von den
Athleten stellvertretend für die mächtigen Männer im
Hintergrund ausgetragen. Dass es dabei auch zu unschönen
Szenen kam und schließlich sogar der klassische Faustkampf
aufgrund übergroßer Todesgefahr für die Teilnehmer abgesetzt
werden musste, kann also kaum verwundern. Ein für die
Athleten durchaus angenehmer Nebeneffekt dieser
»Ersatzkriege« war die Tatsache, dass sie für ihre körperlichen
Leistungen zumeist fürstlich entlohnt wurden. Ein Olympiasieg
brachte nicht selten lebenslange Leibrenten und Steuerfreiheit
sowie bedeutende Geldsummen, für die ein einfacher
Landarbeiter wohl sein Leben lang hätte sparen müssen. Zudem
verdienten sich die Asse auf zahlreichen regionalen Sportfesten
so manche steuerfreie Drachme hinzu - der Amateurstatus wäre
ihnen dabei höchst hinderlich gewesen.

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A wie Angsthase

Der Hase ist wieder einmal ein Beispiel dafür, wie häufig der

Mensch der Tierwelt bitter Unrecht tut. So ist der Esel als
»strohdumm«, das Schwein als »dreckig« und der Hase eben als
»ängstlich« verschrien. Und das, obwohl »Meister Lampe« über
vergleichsweise stählerne Nerven verfügt. Wenn sich nämlich
ein Feind nähert, bleibt er buchstäblich bis zum letzten Moment
in geduckter Haltung auf seiner Position und baut auf die
schützende Wirkung seiner Tarnfarbe und der
Bewegungslosigkeit. Erst wenn sich der hungrige Feind bis auf
Armeslänge genähert hat, sprintet der Hase davon und erreicht
dabei Spitzengeschwindigkeiten von über 80 km/h. Zugegeben -
dieses Verhalten macht ihn nun auch nicht gerade zum Helden,
aber bitte bedenken Sie, dass unser langohriger Freund über
keinerlei Verteidigungsmittel verfügt, sondern sich
ausschließlich auf seine Wendigkeit und Schnelligkeit verlassen
muss.

A wie Apfel

Warum ausgerechnet der Apfel die »verbotene Frucht« der

Schöpfungsgeschichte gewesen sein soll, bleibt rätselhaft - in
der Bibel wird er jedenfalls nicht erwähnt. In der deutschen
Standardübersetzung des entsprechenden Bibeltextes heißt es
wörtlich: »… Nur von den Früchten des Baumes, der in der
Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: Davon dürft ihr nicht
essen, und daran dürft ihr nicht rühren, sonst werdet ihr
sterben.« Ein Apfelbaum dürfte damit jedoch kaum gemeint
gewesen sein, denn im Nahen Osten gab es die seinerzeit noch
nicht einmal. Allerdings galt der Apfel den Griechen als Symbol
der Liebesgöttin Aphrodite, und was liegt näher, als aus den
Vorlieben dieser durchaus sexuell interessierten Dame eine

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»verbotene Frucht« zu machen.

A wie Apfelbaum

Auf einem Apfelbaum wachsen Äpfel. Diese verblüffende

Erkenntnis ist ebenso einleuchtend wie in ihrer
Ausschließlichkeit falsch. Denn es gibt durchaus Apfelbäume,
auf denen Birnen wachsen können, auch wenn sie natürlich
wesentlich seltener sind als die »normalen« Exemplare. Bei den
sogenannten »vegetativen Hybriden« wird durch die Technik
des »Pfropfens« ein Teil einer anderen Pflanze dem
ursprünglichen Stamm angegliedert. Dies wiederum bedeutet -
den passenden Nährboden vorausgesetzt -, dass ein Birnenzweig
ohne weiteres aus einem Apfelbaum herausragen kann, sobald
die beiden unterschiedlichen Pflanzen zu einer künstlichen
Lebenseinheit verwachsen sind. Das »Pfropfen« ist übrigens seit
Jahrhunderten bekannt, und das berühmteste Beispiel für diesen
Trick der Obstanbauer ist ein Zitrusbaum in Sotschi am
Schwarzen Meer: Dort wachsen über 45 verschiedene Früchte
von der gewöhnlichen Zitrone über die Orange bis hin zur
Grapefruit - an einem einzigen Baum.

A wie Apostel

Selbst höchst bibelkundige Menschen sprechen, wenn die

Sprache auf die Jünger Jesu' kommt, von den »Zwölf Aposteln«.
Dies ist allerdings nicht ganz korrekt, denn tatsächlich gab es
deren 13. Nachzulesen ist dies in der Apostelgeschichte, Kapitel
1, Vers 20. Denn nachdem Judas Ischariot Selbstmord begangen
hatte, wurde ein junger Mann namens Matthias in die Runde
aufgenommen - sozusagen der 13. der zwölf Apostel. Von oder
über ihn existieren allerdings so gut wie keine Aufzeichnungen -

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lediglich die griechische Apostelgeschichte aus dem vierten
Jahrhundert erzählt von den Abenteuern des Andreas und
Matthias in Äthiopien. Hartnäckig hält sich in Kreisen der
Kirchenhistoriker das Gerücht, dass auch der besagte Matthias
ein eigenes Evangelium ve rfasst hat (wir empfehlen die Lektüre
des Romans »Der 13. Apostel« v. Wilton Bernhardt, erschienen
bei Knaur), doch gibt es für diese Theorie bis heute keinen
greifbaren Beleg. Interessant ist auch die Frage, warum Matthias
so schnell und so gründlich in Vergessenheit geraten konnte:
Dies liegt vermutlich an seiner unglückseligen
Namensähnlichkeit mit dem weitaus prominenteren Matthäus.
Offensichtlich haben viele Überlieferer und Übersetzer die
Namensähnlichkeit falsch interpretiert und aus Matthias und
Matthäus ein und dieselbe Person gemacht.

A wie Äquator

»… und am Äquator ist es am wärmsten« - ein Satz, der in

jedem Geographieunterricht jedweder Schule irgendwann
einmal fällt. Für Schüler aller Länder, Klassen und
Jahrgangsstufen mag er zukünftig auch als ein weiteres Indiz
dafür stehen, dass man eben doch nicht alles unwidersprochen
hinnehmen und glauben sollte, was der Lehrer so erzählt.
Schließlich wurden die höchsten Temperaturen bisher im »Tal
des Todes« in der kalifornischen Wüste gemessen: Stolze 56,7
Grad Celsius. »Death Valley« allerdings liegt rund 3000
Kilometer vom Äquator entfernt

A wie Arbeit

Arbeit - für die meisten Menschen kein schönes Wort,

gleichzeitig aber auch ein Beispiel dafür, wie unterschiedlich

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Begriffe bewertet werden können. Während das »Arbeiten« für
den ach so gestressten Manager nämlich ein echter Frondienst
ist (ein gut bezahlter allerdings), wäre jeder »Arbeitslose« froh
um diese Mühsal. »Arbeit macht frei« schrieben die Nazis über
die Tore ihrer Vernichtungslager und demons trierten damit, wie
ein Wort zur bloßen zynischen Phrase umfunktioniert werden
kann. Und »schwere Arbeit lässt uns schneller alt werden«,
behauptet der Volksmund seit Jahrhunderten. Letzteres ist
schlichtweg falsch, denn jahrzehntelange Beobachtungen
ergaben, dass Menschen, die einer geregelten körperlichen
Arbeit nachgehen, normalerweise sogar eine höhere
Lebenserwartung haben, als diejenigen, die viel sitzen.
Ausgenommen davon sind »Extremarbeiter« wie beispielsweise
Bergleute, denen die Staublunge allzu häufig einen Strich durch
die Lebensrechnung macht. Die soeben zitierten Beobachtungen
machen allerdings auch deutlich, dass nicht nur die Arbeit an
sich, sondern natürlich auch die übrigen Lebensumstände eine
gewichtige Rolle spielen. So hat der Landwirt alleine durch
seine häufigen Aufenthalte an der frischen Luft schon gewisse
Vorteile gegenüber dem Fliesenleger oder dem Klempner, die
körperlich etwa im gleichen Maße beansprucht werden.

A wie Archimedes

Archimedes war zweifellos ein Universalgenie. Als

Mathematiker, Philosoph und begnadeter Mechaniker verblüffte
er im dritten Jahrhundert vor Christus ein ums andere Mal seine
Zeitgenossen. Seine Verdienste um die Mathematik will dieses
Buch um Gottes willen nicht in Frage stellen. Dass aber der
große Grieche im Jahre 212 v. Chr. die römische Flotte mittels
Brennspiegeln vor Syrakus (Sizilien) in Brand gesteckt haben
soll, muss bezweifelt werden. Erstmals schriftlich niedergelegt
wurde diese Legende um 535 n. Chr. vom Architekten und

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Mathematiker Anthemios von Tralles. Mehr als 700 Jahre nach
dem angeblichen Geschehen behauptete der Erbauer der »Hagia
Sophia«, dass Archimedes seinerzeit riesige, gläserne
Brennspiegel auf den Mauern von Syrakus habe installieren
lassen. Mit den gebündelten Sonnenstrahlen sei dann die
angreifende römische Flotte unter Führung des Konsuls Marcus
Claudius Marcellus in Brand gesteckt und vernichtet worden.
Kein einziges der 60 Schiffe sei dem »Feuer durch das Licht«
entkommen. Andere Schreiber und Chroniken übernahmen die
Geschichte in der Folgezeit bereitwillig, und bis heute ist sie in
so manchem Schulbuch zu finden.

Stutzig macht uns allerdings die Tatsache, dass die Römer die

damalige Schlacht trotzdem gewonnen haben, dass keiner der
Zeitgenossen des Archimedes die Episode beschrieben oder
festgehalten hat und dass die moderne Wissenschaft die
Unwahrscheinlichkeit einer solchen Technik anschaulich
demonstriert hat. 1975 installierte der griechische Ingenieur
Sakkas 70 Parabolspiegel aus 1,70 in auf 0,70 in großen
Glasplatten an der Küste vor Athen. Die Platten waren auf der
Rückseite mit Kupfer beschichtet und von Metallrahmen
eingefasst. Diese Materialien konnten Archimedes natürlich
nicht zur Verfügung gestanden haben. Erst als Sakkas alle 70
Spiegel auf ein einziges kleines Ruderboot richten ließ, fing
dieses schließlich Feuer und verbrannte. Voraussetzung war
allerdings der absolute Stillstand des Bootes, denn das Licht der
Parabolspiegel musste mindestens 30 Sekunden auf eine einzige
Stelle konzentriert werden. Der römischen Flotte im Jahre 212 v.
Chr. allerdings Bewegungslosigkeit unterstellen zu wollen, wäre
wohl unsinnig.

A wie Arsenpilz

Arsenpilz - ein Name, ein Programm? Falsch, denn der

primitive Schlauchpilz ist ganz und gar nicht giftig und enthält

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erst recht kein Arsen. Seinen abschreckenden Namen verdankt
er einzig und allein seinem selbstlosen Einsatz für die
Kriminalistik, denn dort wurde er als hochsensibler »Testpilz«
in der Vergangenheit für den Nachweis von Arsenspuren
verwendet. Kommt das eigentlich harmlose Gewächs nämlich
mit Arsen in Berührung, bildet sich sofort ein hochgiftiger Stoff,
der einen knoblauchartigen Geruch verbreitet. So manch
finsterer Giftmischer verdankt seine Überführung also einem
unschuldigen Pilz. Übrigens: Pilzkenner haben uns versichert,
dass der Arsenpilz zwar nicht giftig, keinesfalls aber
wohlschmeckend sei. Zum Verzehr nicht geeignet.

A wie Atlantis

Dass auch mit großen Geistern mal »der Gaul der Phantasie«

durchgehen kann, bewies der griechische Philosoph Plato, als er
die Legende vo n Atlantis ins Leben rief. Damals behauptete er
nämlich, dass mitten im Atlantik 9000 Jahre vor der
hellenischen Blütezeit eine riesige Insel gelegen habe, deren
Bewohner zunächst glücklich und zufrieden gelebt hätten. Dann
aber seien sie moralisch verkommen, hätten sich
Welteroberungsgelüsten hingegeben und seien von Zeus mit
einem Erdbeben gestraft und im Meer versenkt worden.

Obwohl Plato Zeit seines Lebens beteuerte, es handle sich

hierbei um eine wahre Überlieferung aus dem alten Ägypten,
fehlt bis heute jeder konkrete Hinweis auf den angeblich
verschwundenen Kontinent. Zwar bildeten Afrika, Amerika und
Europa vor etwa 200 Millionen Jahren tatsächlich noch eine
zusammenhängende Landmasse. Deshalb könnte an der Stelle
des heutigen Atlantik durchaus fester Boden gewesen sein, doch
menschliche Besiedlung gab es darauf - in Ermangelung von
irgendwelchen Humanoiden auf dem Planeten - mit absoluter
Sicherheit noch nicht. Auch in den bislang entzifferten

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altägyptischen Hieroglyphen fanden sich keinerlei Hinweise auf
das versunkene Riesenreich. Plato hat die ganze Geschichte
wohl lediglich als Fabel erfunden, um den damals vereinzelt
auftretenden Größenwahn seiner Landsleute durch eine
einprägsame Warnung in Legendenform im Keim zu ersticken.

A wie »Auch du mein Sohn, Brutus…«

…soll Cäsar gesagt haben, als er an den »Iden des März« von

Meuchelmördern niedergestreckt wurde. Laut Augenzeugen hat
Cäsar allerdings nichts dergleichen gesagt. Einig sind sich die
Historiker darüber, dass Brutus mit unter den Killern war. Zum
einen stieß man dem Imperator die (ungefähr) acht Dolche in
den Rücken, er konnte also niemanden mehr erkennen. Zweitens
dürfte ein Mensch mit so vielen Messern im Leib kaum in der
Lage sein, überhaupt noch etwas Verständliches von sich zu
geben. Der Autor tippt deswegen eher auf ein »Aaarghh« als
letztes Wort des Kaisers.

A wie Autobahnen

Der Satz »Immerhin hat Hitler die Autobahnen gebaut« hat

den Schreiber dieser Zeilen schon immer zur Weißglut gereizt.
Abgesehen von der Tatsache, dass damit krampfhaft versucht
wird, einem Ungeheuer in Menschengestalt positive Seiten
abzugewinnen, ist an dieser Aussage so gut wie gar nichts
richtig. Zum einen ließ Hitler bauen und zwar unter
Arbeitsbedingungen, die vielen Geschundenen die zuvor
erlittene Arbeitslosigkeit der Weimarer Zeit wie den Himmel
auf Erden erscheinen ließ. Zum anderen stammte die Idee zum
Bau der Autobahnen nicht von ihm und zum dritten waren sie
lediglich aus militärtechnischer Sicht von Nutzen - ihr sonstiger

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Wert tendierte in den 30er Jahren gegen Null. Dröseln wir diese
Informationen von hinten auf: Auf 100 Deutsche kam zur
damaligen Zeit etwa ein Kraftfahrzeug, das auf Landstraßen
ebenso gut und schnell gefahren werden konnte. Punkt 2: Schon
1921 wurde in Berlin die AVUS eingeweiht, die bis heute als
erste Autobahn der Welt gilt. In den USA entstanden in den 20er
3ahren die ersten sogenannten »Highways« und in Italien baute
der Unternehmer Puricelli die 130 Kilometer lange
»Autostrada« von Mailand in die Lombardei. 1927 wurde in
Deutschland das erste großflächige Autobahnkonzept vorgestellt
und noch im gleichen Jahr lagen die Pläne für eine Strecke
Hamburg-Basel bis in die letzten Einzelheiten bereit - für ihre
Realisierung fehlte allerdings das Geld. Im August 1932 wurde
die Autobahn Köln-Bonn in Betrieb genommen und schon ein
Jahr zuvor hatte der »Erste Internationale Autobahnkongress« in
Genf getagt und den Bau von Autobahnen als Möglichkeit zur
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ausgelobt. Als Hitler 1933
dann die vollständigen Unterlagen für ein deutsches
Autobahnnetz in die Hände bekam, griff er zu: Er gründete die
Gesellschaft »Reichsautobahn« und tat am 23. 9. 1933 bei
Frankfurt a. Main den ersten Spatenstich für das
»Reichsautobahnnetz«. Sein »Verdienst« besteht also darin, sich
die Ideen anderer zu einem günstigen Zeitpunkt unter den Nagel
gerissen und sie als seine eigenen verkauft zu haben. Von nun
an war nämlich nur noch von einer »genialen Idee unseres
Führers« die Rede und die Propagandisten des Dritten Reichs
scheuten sich nicht, den Bau des Kölner Doms und die
»Betonschönheit« der Autobahnen als »urdeutsche Tugenden«
in einem Atemzug zu preisen.

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2. Von Babel bis Bumerang

B wie Babel

Nicht nur Agnostiker tun die angebliche »Mär vom Turmbau

zu Babel« mit einem Lächeln und einem Schulterzucken ab. Bis
in den Himmel soll er hineingeragt haben - wie bitteschön sollen
die Menschen vor vier- bis fünftausend Jahren denn so etwas
zustande gebracht haben? Wie in so vielen Legenden und Sagen
ist allerdings auch in dieser alttestamentarischen Überlieferung
mehr als nur ein Körnchen Wahrheit enthalten, beschrieb doch
immerhin der griechische Geschichtsschreiber Herodot (bekannt
für seine Gründlichkeit) das folgende Bauwerk: »Der Tempel ist
ein quadratischer Bau von 400 Metern Seitenlänge mit
bronzenen Toren. Ich (Herodot) habe ihn seinerzeit selbst
gesehen: Er besitzt einen machtvollen Mittelturm, der wohl 200
Meter im Quadrat misst. Darauf steht ein zweiter, darauf
wiederum ein dritter Turm fortfahrend bis zum achten Turm. An
allen acht Türmen führt eine äußere Wendeltreppe nach oben.
Auf der Spitze des obersten Turmes steht ein großer Tempel…»
Soweit also Herodot, Geschichtskenner mögen nun einwenden,
dass der babylonische Turm doch weit vor den Zeiten des
griechischen Historikers gebaut worden sein soll. Richtig, aber
das gewaltige Bauwerk in der Tiefebene zwischen Euphrat und
Tigris war nach seiner Errichtung im dritten Jahrtausend vor
Christus mehrmals zerstört und immer wieder aufgebaut
worden. Erst der griechische Erobererkönig Xerxes ging 469 v.
Chr. so gründlich vor, dass nach dem Wüten seiner Truppen
nicht einmal mehr ein brauchbares Fundament übrig blieb.

Offensichtlich hat es den babylonischen Turm also tatsächlich

gegeben - ob er aber Gott derart erzürnt hat, dass er die

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sogenannte »babylonische Sprachverwirrung« zu den Menschen
hernieder schickte, überlassen wir Ihrem eigenen Urteil. Doch
selbst für diese Legende könnte es eine plausible Erklärung
geben: Beim ursprünglichen Bau des Turmes hat wohl eine
Vielzahl von »Fremdarbeitern« aus zahlreichen Regionen des
Nahen Ostens mehr oder weniger freiwillig mitgeholfen.
Schließlich war zu den Zeiten des Babylonischen Riesenreichs
die Sklavenhaltung durchaus modern. Kein Wunder also, dass
der gigantische, Jahrzehnte währende Bau eine reiche Sprachen-
und Dialektvielfalt hervorbrachte. Dieser für damalige
Verhältnisse recht ungewöhnliche Umstand könnte zur
erwähnten Sprachverwirrung geführt haben.

B wie Bakterien

»Nimm dich vor Bakterien in Acht«, »Hüte dich vor

Bakterien«, »Bakterien sind gefähr lich« - derartige Weisheiten
und Ratschläge sind wohlfeil und ein ausgezeichnetes Beispiel
dafür, wie sehr der Mensch dazu neigt, Wissen und Erfahrungen
nach seinen Ängsten auszurichten und zu filtern. Um es
vorwegzunehmen: Nur die wenigsten Bakterien sind für den
Menschen eine Gefahr. Natürlich sollten Sie sich nicht mit
denen anlegen, die Typhus, Cholera, Wundstarrkrampf oder
Tuberkulose verursachen. Doch wenn Sie beispielsweise den
Darmbakterien zu Leibe rücken, wird Ihre Verdauung
entschieden ins Stocken geraten - Sie könnten ohne diese
nützlichen Miniaturwesen tatsächlich an Verstopfung zugrunde
gehen. Die Mehrzahl der Bakterien ist äußerst nützlich: Sie
sorgen beispielsweise für Gärungsprozesse, ohne die es weder
Bier noch Käse oder Joghurt geben würde. Sie zerlegen
Menschenleichen, Tierkadaver und Pflanzenreste in (abbaubare
und wiederverwertbare) Einzelteile, bescheren uns brauchbares
Erdöl und Zellulose und sie reinigen schmutzige Abwässer. Und

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den Putzwütigen unter Ihnen sei gesagt, dass der Kontakt mit
Bakterien im Alltag ohnehin unvermeidbar ist: In einem
einzigen Wassertropfen, auf der Spitze eines Grashalms oder im
Inneren eines Sandkorns tummeln sich nämlich jeweils mehrere
100000.

B wie Bananen

Haben Sie schon mal Salz und Zucker verwechselt? Ja? Dem

Schreiber dieser Zeilen ist das auch schon passiert, just an dem
Tag, an dem er den ersten und einzigen Apfelkuchen seines
Lebens produzieren wollte. Es schmeckte furchtbar. Salz passt
eben nicht zu süßem Obst - so die allgemeine Annahme. Dabei
wird allerdings zumeist übersehen, dass manche Obstsorten
reichlich Salz enthalten: In 100 Gramm Beerenobst sind
beispielsweise ca. 25 mg Kochsalz enthalten, bei Steinobst sind
es schon rund 100 mg und einhundert Gramm Banane enthält
sogar stolze 200 mg. Anders ausgedrückt: Einen Großteil des
unvergleichlichen Bananengeschmacks verdanken wir dem Salz.

B wie Bastille

Er wurde zum sprichwörtlichen Symbol des Sieges der

»kleinen Leute« gegen ihre verhassten Unterdrücker: Der
»Sturm auf die Bastille«. Am 14. Juli 1789 soll mit ihm die
französische Revolution begonnen haben. Doch bekanntlich
schreiben die Sieger die Geschichte und in diesem Fall haben sie
die Tatsachen besonders schamlos manipuliert. Zum einen war
die Bastille im wilden Sommer 1789 schon ein recht
unbedeutendes Gefängnis geworden, das zum Zeitpunkt seiner
angeblichen Erstürmung gerade noch sieben Insassen
beherbergte. Diese wunderten sich nicht schlecht, als sie

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plötzlich aus ihren vergleichsweise komfortablen Zellen gezerrt
und als »Märtyrer des königlichen Despotismus« gefeiert
wurden. Zum anderen gab einer der berühmtesten »Erstürmer«,
der Revolutionsgardist Elie, schon wenige Monate später zu
Protokoll, dass sich das angeblich dramatische Feuergefecht
zwischen den königstreuen Verteidigern der Feste und dem
wütenden Volk auf etwa zwei bis drei Schüsse beschränkt hatte,
die offensichtlich aus Versehen und Nervosität abgefeuert
worden waren, ohne den geringsten Schaden anzurichten. Die
Wachmannschaft selbst hatte nach kurzem Verhandeln die Tore
geöffnet.

Grund für die abenteuerlich ausgeschmückte Legende dürfte

sein, dass die Bastille schon seit Mitte des 15. Jahrhunderts als
Symbol der Unterdrückung galt. Man hoffte, mit der Mär von
der blutigen Eroberung das Feuer der Revolution noch weiter
anzuheizen. Außerdem erwarteten die Eroberer, in den Mauern
der Bastille brauchbare Waffen und Pulver zu erbeuten. Mit
allzu viel Widerstand hatten sie bei der Einnahme nicht zu
rechnen: Es war bekannt, dass die Wachmannschaft aus
verdienten Veteranen und Invaliden bestand, die wohl kaum
genügend Motivation aufgebracht hätten, dem anstürmenden
Volk mehrere Stunden lang zu trotzen.

B wie Bauchredner

Selten war ein Begriff so irreführend wie »Bauchreden«.

Niemand ist nämlich in der Lage, mit seinem Bauch Töne oder
gar Worte bewusst zu erzeugen (wir sprechen jetzt nicht vom
Darmtrakt). Beim Bauchredner handelt es sich vielmehr um
einen Akrobaten, der seine echte Stimme gewissermaßen die
Kehle hinunterlaufen lässt, sie also »verschluckt« und dann in
höherer Tonlage wieder hören lässt. Der hintere Rachenbereich
dient dabei als Resonanzkörper. Dabei bewegt sich (bei echten

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Könnern) kein einziger Gesichtsmuskel.

B wie Bermuda-Dreieck

Das vorliegende Buch möchte sich an dieser Stelle nicht

anmaßen, das sogenannte »Rätsel des Bermuda-Dreiecks«
endgültig lösen zu können. Fest steht, dass in dieser
Meeresgegend zwischen Puerto Rico, der Südspitze Floridas
und der Inselgruppe der Bermudas in den letzten 35 Jahren rund
25 Schiffe und auch etliche Flugzeuge urplötzlich vom
Radarschirm verschwunden sind und zum Teil nie mehr
gefunden wurden. Sehr gewissenhafte und kostenintensive
Forschungen haben allerdings einige Theorien über dieses
Phänomen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
widerlegt: So gibt es beispielsweise keinerlei Hinweise darauf,
dass Außerirdische sich just in diesem Bereich menschliches
Studienmaterial entführen. Von der Hand gewiesen wurde auch
die Version der mörderischen Riesenkraken, die mit monströsen
Fangarmen ihre Opfer in die Tiefe ziehen. Für (möglicherweise
durchaus existente) Tiere dieser Größenordnung wäre es an der
Meeresoberfläche in diesen Gewässern wesentlich zu warm und
zu drucklos: Sie würden wahrscheinlich binnen Sekunden
aufgehen wie ein Pfannkuchen und schließlich platzen (siehe
auch das Stichwort »Kraken«). Und auch die Sage vom
»Fliegenden Holländer«

- einem legendenumwobenen

Geisterschiff -, der in dieser Gegend sein Unwesen treiben
könnte, entbehrt wohl jeder ernstzunehmenden Grundlage.

Somit bleiben eigentlich nur noch zwei Möglichkeiten:

Extreme, kurzfristige und gänzlich unerwartete
Wetteränderungen oder einfach eine Verkettung von Zufällen.
Suchen Sie sich's aus.

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B wie Beton

Es gibt kaum ein Wort der Alltagssprache, das mit mehr

negativen Assoziationen belegt ist als »Beton«. Würden Sie
etwa sagen, der Begriff »Betonklotz« oder die Redewendung
»völlig zubetoniert« erfüllten Sie mit angenehmen Gedanken?
Natürlich nicht, und die deutschen Betonproduzenten sahen sich
sogar veranlasst, mit dem Slogan »Beton: Es kommt drauf an,
was man draus macht« für ihr missverstandenes Produkt zu
werben. Dabei hätte vielleicht ein Hinweis auf die Historie
dieses Materials genügt. Denn anders als zumeist vermutet, ist
das Gemisch aus Stein, Sand und Kies kein Produkt des
erbarmungslosen Erfindungsreichtums der Neuzeit, sondern
uralt und wurde erstmals vor rund 2400 Jahren von den alten
Römern benutzt. So sind beispielsweise die Fundamente des
Castor-Tempels auf dem Forum Romanum aus einer Art Beton,
und auch damals schon wurde das widerstandsfähige Gemisch
in Holzverschalungen gegossen und ausgehärtet. Aber auch im
Wasserbau des römischen Imperiums spielte das »pulvis
puteolanus« eine gewichtige Rolle, denn Aquädukte,
Hafenanlagen und Abwasserkanäle wurden oft und gerne mit
Beton ausgekleidet und geflickt.

B wie Bewusstloser

Manche Menschen müssen über Gebühr leiden: Erst kippen

sie - aus welchen Gründen auch immer - bewusstlos ins Reich
der Träume und dann werden sie auch noch von wohlmeinenden
Mitmenschen mit kaltem Wasser übergossen. Bitte nicht, ist
man geneigt zu rufen, denn in der Regel geht ein
Ohnmachtsanfall ohnehin binnen weniger Augenblicke vorbei.
Wenn Sie dem Regungslosen Wasser ins Gesicht schütten,
behindern Sie womöglich nur seine Nasenatmung. Lockern Sie

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statt dessen seine Kleidung, legen Sie ihn auf den Rücken und
sorgen Sie dafür, dass die Beine höher gelagert sind als der
übrige Körper. Alles weitere erledigt normalerweise die Natur
und im Zweifelsfall wird der Patient sicherlich von einem
Mediziner besser versorgt als von einem Eimer Eiswasser. Der
beschert ihm höchstens ein unangenehmes Frösteln nach dem
Erwachen.

B wie Bier

Zum Thema Bier gibt es eine Menge zu erzählen (siehe auch

Stichwort »Bockbier«), doch wir wollen ein Volk von
Bierliebhabern an dieser Stelle keinesfalls langweilen. Ihnen
bleibt also eine Erläuterung des Begriffes »Stammwürze«
ebenso erspart wie die ausführliche Würdigung des bayerischen
Reinheitsgebotes. Verschwiegen wird an dieser Stelle auch die
Tatsache, dass nicht in Bayern, sondern in Nordrhein-Westfalen
der größte Pro-Kopf-Verbrauch von Bier gemessen wird und
dass die Guinness-Brauerei im irischen Dublin die größte der
Welt ist. Nein - wir möchten Sie vielmehr mit der verblüffenden
Tatsache vertraut machen, dass Bier auch durch direkte
Sonnenbestrahlung gekühlt werden kann. Wie das gehen soll?
Ganz einfach: Man wickelt die Flasche in ein feuchtes Tuch und
hängt sie ins Sonnenlicht. Durch die Erwärmung verdunstet die
Feuchtigkeit des Tuches und dabei entsteht Kälte. O. K. - eiskalt
dürfte das Fläschchen dadurch nicht werden und natürlich ließe
sich das Experiment auch mit einer Sprudelflasche durchführen.
Aber mit Bier klingt’s irgendwie besser, nicht wahr?

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B wie Bisamratte

Ein grauer Pelz macht noch keine Ratte. Dieser an und für

sich völlig sinnlose Satz gilt für die Bisamratte, die eigentlich
gar keine Ratte ist, sondern der Familie der Wühlmäuse
zugerechnet wird. Ursprünglich in Nordamerika beheimatet und
dort wegen ihres schönen Fells erbarmungslos gejagt und
beinahe ausgerottet, ist sie mittlerweile auch in Europa zuhause.

B wie Blauer Engel

Fragt man heute nach der berühmtesten Filmrolle der Marlene

Dietrich, so bekommt man als Antwort häufig »Blauer Engel«
zu hören. Tatsächlich aber hieß lediglich der Streifen, der ihr
den Durchbruch brachte, »Der Blaue Enge l«, und dieser Name
wiederum stand für eine Kabarett-Kneipe in Berlin, in die der
Schriftsteller Heinrich Mann einen fiktiven Professor namens
Unrat hineingeraten ließ. Die Dietrich verkörperte in diesem
Film des Regisseurs Josef Sternberg das Revuegirl Rosa
Fröhlich, dem der besagte Professor mit Haut und Haar verfiel.
Engelhaftes hatte sie dabei wirklich kaum zu bieten, aber diese
Beine…

B wie Blausäure

Welche Farbe hat die Blausäure? Kurzes Nachdenken aha -

die Antwort liegt ja auf der Hand: Blau, natürlich. Tja, doch
nicht alles, was uns so logisch daherkommt, ist auch richtig. In
Wirklichkeit ist Blausäure eine vollständig farblose Flüssigkeit,
der man ihre tödliche Wirkung auf den Menschen überhaupt
nicht ansieht. Ihren Namen hat sie von der Farbe »Berliner

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Blau«, einem der ältesten künstlichen Farbstoffe, aus dem sie im
Jahre 1782 zum ersten Mal hergestellt wurde.

Für Hobby-Kriminologen noch einige Detailinformationen:

Blausäure ist auch als »Zyankali« bekannt und ist bereits in
einer Dosierung von einem Milligramm pro Kilo Körpergewicht
mit hoher Wahrscheinlichkeit tödlich. Winzige Mengen von ihr
sind auch in den Kernen von Kirschen, Aprikosen und vor allem
Mandeln enthalten, wobei Sie allerdings schon tonnenweise
(binnen weniger Stunden) Kerne futtern müssten, um Ihre
Gesundheit in Gefahr zu bringen.

B wie Bleistift

Noch so ein Hochstapler! Nicht aus Blei, sondern aus Graphit

besteht die »Mine« eines normalen Bleistifts, der um 1690
herum erfunden und ab 1790 in Nürnberg »serienmäßig«
hergestellt wurde. Der Name geht vermutlich auf die kleinen
Bleischeibchen zurück, die noch bis ins Mittelalter hinein zum
Zeichnen von Linien benutzt wurden. Im 18. Jahrhundert gelang
es Caspar Faber aus Stein bei Nürnberg, den Stift noch einmal
zu verbessern, indem er Graphit mit Schwefel, Antimon und
Harzen mischte, so dass dieser nicht mehr bröckeln und nur
noch schwerlich brechen konnte.

B wie Blinddarmentzündung

Wir möchten Ihnen von Herzen wünschen, dass Sie niemals

eine Blinddarmentzündung erleben, denn daran würden Sie
wahrscheinlich jämmerlich zugrunde gehen. Halt, mögen Sie
jetzt einwenden, eine Blinddarmentzündung ist zwar
unangenehm und schmerzhaft, lässt sich jedoch in der Regel
problemlos operativ beheben. Falsch, denn was im allgemeinen

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unter Blinddarmentzünd ung verstanden wird, ist lediglich die
schmerzhafte Reizung des sogenannten »Wurmfortsatzes« des
Blinddarms. Der Blinddarm selbst ist ein Teil des Dickdarms
und bei der Verdauung äußerst hilfreich. Wozu allerdings der
kleine »Wurmfortsatz« (Appendix vermiformis) benötigt wird,
blieb bislang auch den Medizinern ein echtes Rätsel.
Möglicherweise spielt er eine Rolle bei der Abwehr von
Krankheitserregern - bewiesen ist dies allerdings nicht.
Immerhin hat er eine Länge von etwa zehn Zentimetern und
kann uns ganz schön zu schaffen machen.

B wie Blindschleiche

Man sollte meinen, dass sich die folgende Erkenntnis bereits

seit geraumer Zeit durchgesetzt hat, aber dem ist offensichtlich
noch längst nicht so. Deshalb hier noch mal für alle: Die
Blindschleiche ist weder blind, noch ist sie eine Schlange. Giftig
ist sie übrigens auch nicht. Die Blindschleiche ist vielmehr eine
Eidechse ohne Füße, sehr scheu und geradezu erschreckend
harmlos. Um zudringlichen Verfolgern zu entkommen, ist das
ängstliche Tierchen mit einem erstaunlichen Mechanismus
ausgerüstet: Bei der geringsten Berührung »bricht« nämlich der
Schwanz der Blindschleiche ab und bewegt sich anschließend
noch eine ganze Weile mit wilden Zuckungen weiter. So haben
die meisten Raubtiere erst einmal genug damit zu tun, den
zappelnden Schwanz zu bändigen und in dieser Zeit ergreift der
unbeschadete Rest der »schlauen Schleiche« die Flucht.

B wie Blitz

Zahlreiche Legenden ranken sich um Blitze - mehr oder

weniger sinnvolle Ratschläge beschäftigen sich mit den

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gewaltigen Entladungen elektrischer Energie. Zunächst mal
sollten Sie die Regel »Vor Eichen sollst du weichen, Buchen
sollst du suchen« ganz schnell vergessen. Ob sich ein Blitz für
einen Baum interessiert, hängt in erster Linie von dessen Höhe
ab - eine Vorliebe für spezielle Gattungen der Flora ließ sich bei
Blitzen bisher noch nicht ausmachen. Es gilt statt dessen die
Faustregel: Je höher der Baum, desto größer die
Wahrscheinlichkeit für einen Einschlag.

Auch der schöne Satz »Der Blitz schlägt nicht zweimal an

derselben Stelle ein« entbehrt leider jeder Grundlage. Denn
ansonsten wäre sicherlich schon so manch schlauer Häuslebauer
auf die Idee gekommen, ein künstlich erzeugtes »Blitzchen« auf
sein Haus hernieder fahren zu lassen und somit das Risiko eines
natürlichen Einschlags entscheidend zu minimieren.

(Man könnte sich durchaus eine florierende, Blitze

produzierende Industrie vorstellen: »Die schönsten Blitzchen -
nur bei uns«). Wie unsinnig der Satz ist, lässt sich anhand
zweier weltberühmter Bauwerke anschaulich demonstrieren:
Das New Yorker Empire-State-Building wurde bisher rund
fünfzigmal vom Blitz getroffen. Und der Pariser Eiffelturm war
kurz nach seiner Errichtung geradezu ein Tummelplatz
gewaltiger Einschläge. Mittlerweile hat man allerdings jeweils
wirksame blitzableitende Systeme installiert.

Übrigens: Nicht jeder Blitz wird auch von einem

nachfolgenden Donner begleitet: Etwas weniger als die Hälfte
aller Blitze gehen vollständig geräuschlos über die Bühne.

B wie Bockbier

Von einer liebgewonnenen Fabel müssen sich jetzt die

bayerischen Bierliebhaber verabschieden. Weder der Ziegen-
noch gar der Schafbock waren die Namensgeber des
sogenannten »Bockbiers«. Ein Mann namens Elias Pichler (kein

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Scherz - der Gute hieß wirklich so), seines Zeichens
Braumeister aus dem niedersächsischen Einbeck, brachte die
Kunst des Bockbierbrauens um 1615 nach Bayern. Ursprünglich
hieß seine würzig herbe Hausmarke nach seinem Heimatort und
wurde im Mittelhochdeutschen schlicht »Ainphöckisch Bier«
(Einbecker Bier) genannt. Für die bayerische Mundart war diese
Bezeichnung allerdings gar zu ungewohnt und so wurde
zunächst das »Oabockbier« und schließlich einfach das
»Bockbier« daraus. Der »Maibock« ist mittlerweile der
berühmteste Vertreter dieses »Kulturgetränks«, und dass auf den
Etiketten heute zumeist Ziegenköpfe prangen, dürfte wirklich
nur Puristen grämen. Das Städtchen Einbeck wäre als Blickfang
doch auch denkbar ungeeignet, oder? Ozapft is - Prost!

B wie Bocksbeutel

Beim berühmten »Bocksbeutel« handelt es sich nicht um eine

bestimmte Weinsorte, sondern um eine relativ platte, seitlich
ausladende, grüne Weinflasche, in die bestimmte fränkische und
badische Weine gefüllt werden. Den Namen dürfen Sie übrigens
wörtlich nehmen: Im Hodensack des geschlachteten
Ziegenbocks wurden in den vergangenen Jahrhunderten häufig
Flüssigkeiten transportiert.

B wie Borke

Häufig verwechselt werden die Begriffe Rinde und Borke.

Dabei handelt es sich keinesfalls um zwei Bezeichnungen für
ein und dieselbe Sache. Als Borke bezeichnet man lediglich den
abgestorbenen Teil der Baumrinde, der zumeist in Streifen oder
Platten abgeworfen wird und wirtschaftlich sinnvoll genutzt
werden kann: So werden beispielsweise Bodenisolierungen und

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Flaschenkorken aus diesem natürlichen Material hergestellt. Um
Ihnen eine Vorstellung von der »Hauterneuerung« eines Baumes
zu geben: Bei der Korkeiche, die vor allem im Mittelmeerraum
sehr verbreitet ist, wird die Borke etwa alle zehn Jahre
abgeschält und verarbeitet.

B wie Boxeraufstand

»Papa, Papa, was war denn der Boxeraufstand?«

»Tja, mmmh, mein Sohn - da waren also Muhammed Ali und

Sugar Ray Leonhard und ich glaube, Henry Maske war auch
dabei. Die wollten sich eines Tages nicht mehr auf die Nase
hauen lassen und haben deswegen gestreikt…« Halt! Tun Sie's
nicht. Denken Sie daran, dass der Sohnemann eines Tages mal
erwachsen sein wird und selbst nachlesen könnte - spätestens
dann müssen Sie einen echten Autoritätsverlust befürchten.

Beim Boxeraufstand handelte es sich um eine Revolte des

chinesischen Geheimbundes »Die Boxer«, der sich im Jahre
1900 vor allem gegen die zunehmende Christianisierung Chinas
und später gegen alle Ausländer im »Reich der Mitte« wandte.
Nach grausigen Massakern wurde sogar die damalige
chinesische Regierung von dieser Christen- und
ausländerfeindlichen Haltung angesteckt, legitimierte die
»Boxer« und erklärte allen Mächten, die kolonialen Einfluss in
China ausübten, den Krieg. Daraufhin marschierte eine
multinationale Truppe (bestehend aus englischen, deutschen,
französischen, italienischen, japanischen, österreichischen,
russischen und amerikanischen Soldaten) in Peking ein und
machte dem Spuk ein Ende. Man sollte allerdings auch wissen,
dass sich vor allem Japan, die USA und England in China
sorglos bedienten und rücksichtslos benahmen. Der
Boxeraufstand war also durchaus eine verständliche - wenn auch
extreme - Reaktion auf koloniale Standesdünkel und Arroganz.

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B wie Braille

Es liegt uns fern, die Verdienste des Louis Braille (1809-

1852) zu schmälern, aber als Erfinder der Blindenschrift kann
man ihn eigentlich nicht bezeichnen. Der in seiner Kindheit
erblindete Braille kam als 16jähriger am »Königlichen Institut
für junge Blinde« in Paris erstmals mit einem vom Belgier
Valentin Haüy entwickelten Reliefverfahren in Berührung, bei
dem die Schrift mit der Hand ertastet werden konnte. Fast
zeitgleich wurde von Nicolas Marie-Charles Barbier auch ein
sogenanntes »Zwölfpunktsystem« entwickelt. Braille benutzte
beide Methoden und ersann ein auf sechs Punkten basierendes
Verfahren. Dabei wurden die Buchstaben durch erhöhte Punkte
in verschiedenen Positionen und unterschiedlicher Anzahl
dargestellt. Aus dieser ersten Version entwickelten sich in der
Folgezeit 64 Varianten und schon 1830 wurde Brailles
Weiterentwicklung als offizielle Blindenschrift eingeführt. Er
selbst hat übrigens die Erfindung niemals für sich alleine
reklamiert, sondern stets auf seine Wegbereiter verwiesen.

B wie Brücken

Denkt man an Brücken, dann denkt man an Venedig. In der

Stadt der Lagunen und der Gondeln dürfte es ja wohl die mit
Abstand meisten Brücken geben, oder? Falsch gedacht. In
Venedig gibt es knapp 400 Brücken (die berühmte
Seufzerbrücke eingeschlossen), in Amsterdam (der Stadt der
Grachten) sind es schon knapp 1300 und in der Spreestadt
Berlin existieren sogar 1664 Brücken. Den europäischen Rekord
jedoch hält die Hansestadt Hamburg: 2124 Brücken wurden dort
bei letzten Zählungen registriert.

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B wie Büffel

In Nordamerika gibt es keine Büffel! »Nicht mehr«, werden

Sie jetzt sagen und darauf verweisen, dass Männer wie der
berühmte Buffalo Bill Herden dieser Tiere systematisch
abgeschlachtet haben und damit den Indianern die
Lebensgrundlage entzogen. Bei einer derartigen Antwort ziehen
wir zwar den Hut vor Ihrem Geschichtswissen, aber wir
erweitern diese Aussage sogar noch: In Nordamerika gibt und
gab es niemals Büffel. Bei den massigen und recht haarigen
Herdentieren handelte es sich um Bisons, die mit den
kaukasischen und afrikanischen Büffeln (fast ausgestorben) in
keiner Weise verwandt sind. Warum die Bisons so hartnäckig
Büffel genannt werden, entzieht sich allerdings unserer
Kenntnis.

B wie Bumerang

Sie kennen den Bilderwitz? Ein Mann schleudert einen

Bumerang, legt sich dann einen Apfel auf den Kopf und im
nächsten Bildchen kommt der Bumerang zurück und teilt den
Apfel mit Wucht in der Mitte durch. Doch um diesen Effekt
tatsächlich zu erzielen, sollten Sie auf keinen Fall den Original-
››Boomerang« verwenden, der von den australischen
Ureinwohnern als Jagdgerät benutzt wurde. Dieses Holzstück,
das einen tragflächenähnlichen Querschnitt aufweist, war
nämlich ziemlich schwer und wurde nicht nur geworfen,
sondern auch als Schlagwerkzeug genutzt. Zurück zum Werfer
kam er jedenfalls nicht von alleine. Etwas besser sieht's da schon
mit dem modernen Sport-Bumerang aus, der durch seinen
enormen Drall durchaus in Ihre Richtung zurückkehren kann.
Dafür sollten Sie ihn aber gegen den Wind schleudern, und mit
Abweichungen von mehreren Metern bei seiner Rückkehr

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müssen Sie auch bei fleißigem Training jederzeit rechnen. Und
bitte versuchen Sie nicht, das Geschoss mit den Händen wieder
zu fangen: Durch die Drehung innerhalb der Flugphase werden
enorme Geschwindigkeiten erreicht. Schwupps - die Finger
könnten ab sein.

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3. Von Cancan bis Curry

C wie Cancan

Er gilt als Inbegriff altväterlicher Frivolität: Der Cancan.

Üppige Damen in üppigen Kostümen schwingen ihre üppigen
Schenkel und werfen dabei ihre Röcke unter schrillen
Quietschern in die Höhe. Da sie dabei auch in Sachen
Unterwäsche höchst reichhaltig sortiert sind und somit der
gierigen Männerwelt wirklich anstößige Einblicke verborgen
bleiben, betrachten die meisten Zeitgenossen heutzutage den
Cancan als folkloristische Note des Pariser Nachtlebens. Dies
war nicht immer so, denn als der fröhliche Bühnengalopp um
die Jahrhundertwende in Mode kam, galt selbst der Blick auf die
Spitzen besetzten Unterhosen eines weiblichen Wesens als
höchst frivol, und kurzfristig erwog die französische Regierung
ein Verbot des »lustbetonten Treibens«. Später allerdings wurde
der Cancan eine Weile sogar zum Gesellschaftstanz junger
Bürger und damit endgültig salonfähig. Prompt reklamierten die
Pariser ihn als ihre eigene Kreation, doch da irrte das
lebenslustige Völkchen. Entstanden ist der Tanz nämlich um
1890 in Algier, das damals noch in französischem
Kolonialbesitz war. Der Weg auf die Pariser Kabarett-Bühnen
war für den Cancan also kurz, und einmal dort angekommen,
inspirierte er unter anderem den Maler Toulouse-Lautrec zu
seinen berühmten Gemälden und Plakaten.

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C wie Capri

»Wenn vor Capri die rote Sonne im Meer versinkt…« dann

sehen wir garantiert eine Oldie-Sendung aus den 50ern und
manch Träne wird in blütenweiße Taschentücher geweint. Doch
die italienische Insel Capri hatte im christlichen Abendland
Jahrhunderte lang keinen guten Ruf. Im Gegenteil - sie galt als
mediterrane Version von Sodom und Gomorrha, als Hort der
Verderbtheit und der Perversion. Völlig zu Unrecht übrigens.
Tatsache ist, dass ein römischer Kaiser namens Tiberius, der
Stiefsohn des ungleich populäreren Augustus, auf Capri seinen
Lebensabend verbrachte. Unter Zeitgenossen galt Tiberius als
echter Langweiler. Zwar war er ein erfolgreicher Heerführer und
offensichtlich auch ein gerechter Imperator, doch haftete ihm
eine gewisse Farblosigkeit an und auch seine Menschenscheu
war für die tägliche Intrigenküche des alten Rom nicht
unbedingt brauchbar. Immerhin gelangen ihm in seiner
Regierungszeit eine Reihe von Friedensschlüssen, und auch die
blutigen Eroberungsfeldzüge seiner Landsleute wurden spürbar
weniger. Tiberius starb als geachteter - wenn auch nicht
beliebter - Mann im Jahre 37 n. Chr.

Etwa 100 Jahre später behaupteten dann mehrere römische

Geschichtsschreiber, Tiberius habe auf Capri Hunderte von
Menschen zu Tode schleifen lassen, habe reihenweise
Jungfrauen geschändet, gigantische Orgien zelebriert und
grauenhafte Folterungen erdacht und durchgeführt. Historiker
der Neuzeit haben mittlerweile nachgewiesen, dass all diese
Behauptungen reine Erfindungen und plumpe Verleumdungen
waren, doch hielten sich diese Lügen bis in unsere Zeit hinein.
Warum sie aufkamen - darüber kann nur spekuliert werden. Am
wahrscheinlichsten erscheint heute, dass der Schriftsteller
Sueton, der nachweislich die Legende ins Leben gerufen hat,

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schlicht ein spektakuläres Pamphlet brauchte, um auf sich
aufmerksam zu mache n. Und da kam ihm ein unpopulärer
Kaiser, der zudem bereits 100 Jahre tot war, gerade recht.

C wie Chamäleon

Dass ein Chamäleon seine Farbe nach Bedarf und Belieben

ändern kann, gilt als allgemein bekannt und hat sogar Einzug in
den Alltagswortschatz gehalten, obwohl die meisten Menschen
noch nie in ihrem Leben ein Exemplar dieser Echsenart gesehen
haben. Tatsächlich kann ein Chamäleon seine Farbe verändern
und tut dies auch recht häufig. Allerdings tut es das nicht
bewusst, sondern es reagiert damit lediglich auf Stimmungen
oder Zustände wie Hunger, Kälte oder Angst. Auch die
jeweiligen Lichtverhältnisse spielen bei der Farbskala, die von
Grün bis Braun reicht, eine Rolle. Wenn Sie aber immer noch
der Meinung sind, das Tier passe sich instinktiv seiner
Umgebung an, sei Ihnen vorgehalten, dass Chamäleons in der
Nacht zumeist eine hellere Tönung haben. Dies kann wohl kaum
als gute Tarnung durchgehen, oder?

C wie Chinesen

Kein Zweifel - es gibt ziemlich viele Chinesen. Doch haben

Sie schon einmal einen »gelben« Chinesen gesehen? Der Autor
nicht und auch sonst keiner, den ich dazu bisher befragen
konnte. Woher kommt also das Vorurteil von der »gelben
Rasse«. Die Erklärung ist ebenso einleuchtend wie lächerlich
und geht auf das Handbuch eines Göttinger Medizinprofessors
namens Johann Friedrich Blumenbach zurück, der sich Mitte des
18. Jahrhunderts bemüßigt sah, eine Art Rassenlehre
aufzustellen. Nach seiner Definition waren die Kaukasier

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»weiß«, die Afrikaner »schwarz«, die Indianer »kupferrot« und
die Asiaten eben »gelb«. Wahrscheinlich hatte Blumenbach
niemals einen Indianer oder gar einen Chinesen gesehen, aber
von Fernreisenden erfahren, dass im Asien der damaligen Zeit
die Gelbsucht recht weit verbreitet war. Flugs war die »gelbe
Gefahr« erfunden, und diese abenteuerliche Konstruktion wurde
von den Chinesen (unbewusst) auch noch unterstützt:
Schließlich galt Gelb bei ihnen als göttliche Farbe und sie sahen
sich durch einige dümmliche Europäer nicht genötigt, aus dieser
Vorliebe einen Hehl zu machen. Gelber wurden sie dadurch
allerdings nicht.

C wie Chop suey

Außer der »Flühlingslolle« dürfte das »Chop suey« (übersetzt:

»gemischte Küche«) das am meisten bestellte Gericht in
chinesischen Restaurants sein. (Ich bevorzuge allerdings die
Peking- Ente, süßsauer. Ein Gedicht!) Allerdings ist Chop suey,
eine delikate Mischung aus Hühner- und Schweinefleisch,
Pilzen, Nudeln und Bambussprossen, in China selbst weitgehend
unbekannt und auf keinen Fall ein »Original chinesisches
Gericht«.

Erfunden wurde es vielmehr in Amerika von den

Nachkommen chinesischer Einwanderer und avancierte in den
Vereinigten Staaten schnell zu einem echten »Knüller«.

C wie Colosseum

Der italienische Reiseführer greift sich mit der Hand an die

behaarte Männerbrust, holt aus den Untiefen seines
blütenweißen Hemdes ein goldenes Kreuz hervor, presst es kurz
an die Lippen und senkt die Stimme: »Hier wurden auch die

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Christen den Löwen zum Fraße vorgeworfen«, erzählt er sodann
in Englisch und - als besonderer Service - auch in Deutsch. Die
Touristengruppe blickt sich schaudernd um. Man steht im
Colosseum, dem gewaltigsten der Prachtbauten, den die alten
Römer der Neuzeit hinterlassen haben. Und da! Ist da nicht noch
der Blutfleck eines Märtyrers? Bei näherem Hinsehen entpuppt
sich der Fleck als Etikett einer Cola-Flasche und würde wohl
auch intensives Suchen im Boden der Arena keine sterblichen
Überreste der frühen Christenheit zutage fördern. Nach dem
Erlebnis der eingangs beschriebenen Szene fühlte der Autor sich
bemüßigt nachzuforschen und muss nun nüchtern feststellen:
Christen wurden im Colosseum weder irgendwelchen hungrigen
Raubkatzen geopfert, noch gevierteilt oder auf andere, grausige
Arten vom Leben zum Tode befördert. Zwar gab es eine äußerst
blutige Dekade der Christenverfolgung und tatsächlich starben
viele von Mörderhand oder in dunklen Kerkern, doch das
Colosseum war den Römern stets ein Ort des Vergnügens.
Wagenrennen wollen wir durchgehen lassen, auch
Gladiatorenkämpfe und akrobatische Kunststücke, doch außer in
manchen Abenteuerromanen taucht das Colosseum in keiner
ernstzunehmenden Chronik als Schauplatz grausamer
Massentötungen auf.

C wie Columbus

Zahlreiche Legenden ranken sich um den Entdecker Amerikas

(der er eigentlich nicht war. Die Wikinger waren schon etliche
Jahrhunderte zuvor da), doch viele, wenn nicht die meisten
davon sind falsch. So wird beispielsweise gern behauptet,
Columbus hätte vergeblich versucht, das portugiesische
Königshaus von der Kugelform der Erde zu überzeugen und sei
anschließend auch in Spanien auf viel Skepsis gestoßen. Das
Gegenteil ist richtig. In beiden Ländern war man durch den

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Einfluss von Gelehrten, Astronomen und Mathematikern schon
lange vor Columbus der Meinung, die Erde müsse rund sein,
doch wollte man den Entfernungsangaben des Genuesers keinen
rechten Gla uben schenken. Der stützte sich tatsächlich auf
falsche Berechnungen und war nicht zuletzt deshalb unerwartet
lange unterwegs. Als er dann endlich angekommen war, war er
immer noch der festen Überzeugung, indischen Boden betreten
zu haben - daran glaubte er bis zum Ende seines Lebens. Der
Entdecker Amerikas war er also höchstens unfreiwillig. Zudem
war Columbus schon etliche Jahre tot, bevor man ihm die
Geschichte mit dem Ei andichtete. Der italienische Schriftsteller
Giuseppe Benzoni erfand die Mär von der festlichen Tafel, bei
der Columbus die Anwesenden gefragt habe, wer es sich
zutraue, ein Ei auf einem der beiden Enden zum Stehen zu
bringen. Nachdem es niemand geschafft hatte, hat sich C. C.
angeblich das Hühnerprodukt geschnappt, eine Spitze
eingedrückt und es mitten auf die Tafel gestellt. Warum Benzoni
diesen Trick ausgerechnet Columbus andichtete, entzieht sich
leider der Erkenntnis des Verfassers. Fest steht, dass die
Geschichte schon vorher existierte - der berühmte Florentiner
Baumeister Filippo Brunelleschi soll mit dem »Eierbeweis« die
bestmögliche Konstruktion der Domkuppel zu Florenz
demonstriert haben.

C wie Cowboys

In aller Kürze: Cowboys (wörtl. »Kuhjungen«) trugen nur in

den seltensten Fällen Revolver am Gürtel. Nur die wenigsten
dieser Farm- und Vieharbeiter konnten ordentlich schießen und
die Mär vom blitzschnell ziehenden und treffsicher aus der
Hüfte feuernden Pistolero verdanken wir maßlosen
Übertreibungen und Western-Filmen. Abgesehen davon, dass
eine solche Kunstfertigkeit unglaublich viel Übung auf Kosten

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der Arbeitszeit benötigt hätte, war Munition auch damals schon
recht teuer. Natürlich gab es echte Kunstschützen, doch nur die
wenigsten von ihnen verdienten sich ihre Brötchen als Sheriffs,
Kopfgeldjäger oder Banditen. Zumeist tingelten sie auf
Jahrmärkten und demonstrierten ihre Treffsicherheit einem
zahlenden und staunenden Publikum. Dabei kam es oft vor, dass
der Besitzer der jeweiligen »Schießbude« seinen »Künstler« mit
blutrünstigen Abenteuergeschichten noch ein wenig
»aufpeppte«. Zur Legendenbildung war es dann nur noch ein
kleiner Schritt. Übrigens: In der ganzen Ära des »Wilden
Westens« sind nur rund ein Dutzend Revolverduelle wirklich
belegt. Auch wenn es vielleicht ein paar mehr waren - der
sicherste Schuss war seinerzeit immer noch der in den Rücken.
Der berüchtigte Billy the Kid killte - zumeist auf diese Weise -
nachweislich immerhin 21 Menschen.

C wie Curry

Curry stammt aus geriebenen (oder gemahlenen) Curry-

Blättern. Klingt logisch, ist aber falsch. Tatsächlich ist das aus
Indien stammende Gewürz, das die Engländer aus ihrer Kolonie
nach Europa importierten, eine Mischung aus insgesamt etwa
zehn Zutaten. Unter anderem sind Ingwer, Pfeffer, Koriander,
Kurkuma, Kreuzkümmel und Muskat enthalten. Die
Bezeichnung »Curry« ist die englische Version des tamilischen
Wortes »kari« (Sauce).

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4. Von Dampfmaschine bis Dudelsack

D wie Dampfmaschine

Erfindungen sind in den seltensten Fällen Produkt eines

Geistesblitzes oder einer spontanen Eingebung. Zumeist steht
das vorzeigbare Resultat am Ende einer Reihe von Versuchen
und Entwicklungen. Der Letzte in dieser Parade reklamiert dann
zumeist den alleinigen Ruhm für sich. Genauso verhält es sich
auch mit James Watts, der als Erfinder der Dampfmaschine gilt.
Schon um 1695 hatte der französische Physikprofessor Denis
Papin die Idee, Dampfkraft zu benutzen, um einen Kolben zu
bewegen. Prompt baute er eine entsprechende Maschinerie, die
allerdings zu klein war, um im praktischen Gebrauch wirklich
von Nutzen zu sein, folgerichtig geriet Papin’s Erfindung
schnell in Vergessenheit. Im Jahre 1705 war es dann der
englische Schrotthändler Thomas Newcomen aus Dartmouth,
der eine Dampfmaschine mit Kessel konstruierte. Diese
Maschinen erwiesen sich schon als recht brauchbar und wurden
prompt in zahlreiche n britischen Bergwerken installiert. 1796
schließlich verbesserte James Watts die Idee von Newcomen,
verfeinerte das Prinzip und war schlau genug, sofort das Patent
anzumelden. Er wurde anschließend als Erfinder der
Dampfmaschine gefeiert - aus heutiger Sicht war er wohl eher
ein technisch begabter Plagiator.

D wie Der Denker

»Der Denker« ist eine der bekanntesten Skulpturen aller

Zeiten. Doch der französische Bildhauer Auguste Rodin (1840-

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1917) wollte nicht - wie heute irrtümlich angenommen - das
»Sinnbild des denkenden Menschen« erschaffen, sondern
schlicht und einfach ein Portrait. Die Statue des in Gedanken
verlorenen nackten Mannes, der seinen Kopf auf die Faust
stützt, ist eine stilisierte Abbildung des italienischen Dichters
Dante Alighieri, der die berühmte »Göttliche Komödie« (siehe
auch Stichwort »Göttliche Komödie«) schuf.

D wie Diamanten

Diamanten sind die härteste bekannte chemische Verbindung

der Erde. Doch eine andere Behauptung über dieses kostbare
Mineral ist falsch: Diamanten können sehr wohl verbrennen.
Aus reinem Kohlenstoff bestehend, bedarf es allerdings einer
Temperatur um die 900 bis 1000 Grad Celsius, doch in einem
solchen »Schmelzkessel« würde der Diamant tatsächlich
verschwinden, ohne auch nur eine Spur seiner Existenz
zurückzulassen.

D wie Diogenes

Der berühmteste Sonderling der Antike hieß Diogenes. Der

Mann, der bei helllichtem Tage mit einer brennenden Laterne
durch Athen spazierte, »um Menschen zu entdecken«, war
menschlichem Anspruchsdenken gegenüber offensichtlich völlig
immun. Die Überlieferung behauptet, er habe gerade mal einen
alten Mantel, einen Brotbeutel und einen hölzernen Trinkbecher
besessen und habe in einem alten Weinfass - einer Tonne -
gehaust. Bei letztem Punkt haben allerdings die Übersetzer aus
dem Altgriechischen ein bisschen geschlampt. Sie unterschlugen
nämlich die Tatsache, dass die Athener die Behausung des
Diogenes in gutmütigem Spott zwar als »Tonne« bezeichneten,

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dass es sich dabei aber um eine durchaus gebräuchliche (wenn
auch ziemlich kleine und schäbige) Hütte gehandelt hat.

D wie Don Carlos

Warum Friedrich Schiller den spanischen Prinzen Don Carlos

zu einem Helden und Kämpfer für Freiheit und Gerechtigkeit
hochstilisierte, wird wohl auf ewig ein Rätsel bleiben. Heute
würden wir den Sohn von König Philipp II. wohl eher als
perversen Widerling bezeichnen. Schwächlich, klein und mit
einem großen Quadratschädel ausgestattet, schikanierte er mit
Vorliebe das Personal, benahm sich Gästen gegenüber infantil
und boshaft und außerdem soll er einen Diener in eine m
unmotivierten Wutausbruch sogar aus dem Fenster geworfen
haben.

In seinem Trauerspiel »Don Carlos« hat Schiller auch

behauptet, der Thronfolger sei von seinem Vater ermordet
worden, weil er in seinem unbändigen Drang nach Freiheit und
Gerechtigkeit holländischen Rebellen versprochen habe, sich auf
ihre Seite und damit gegen seinen Erzeuger zu stellen. Richtig
ist zwar, dass Don Carlos seinen Vater hasste, doch bewies
dieser eine bemerkenswerte Geduld mit seinem ungeratenen
Sprössling. Obwohl Don Carlos me hrere Mordanschläge gegen
Philipp plante, hat dieser ihn erst verhaften lassen, als die
Forderungen nach einem Exempel am spanischen Hof immer
lauter wurden. Und auch dann wurde der Prinz nicht etwa in ein
finsteres Verließ geworfen und dort klammheimlich vergiftet,
sondern unter einen recht luxuriösen Hausarrest gestellt, in dem
er sich schließlich buchstäblich zu Tode fraß und soff. Die
Chroniken sprechen von einem Brechdurchfall, ausgelöst durch
übermäßigen Bratengenuss in Kombination mit Alkohol.
Anschließend soll der Prinz dann literweise Eiswasser »gekippt«
haben, was seinem angegriffenen Magen den Rest gab.

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D wie Dracula

Nicht dass Sie jetzt glauben, dieses Buch möchte Aberglauben

schüren und gruselige Ammenmärchen am Leben erhalten, aber
Dracula hat es tatsächlich gegeben. Allerdings möchten wir
einschränkend gleich bemerken, dass der Mann mittlerweile
schon seit geraumer Zeit mausetot ist und es keinerlei
Anzeichen dafür gibt, dass er als Untoter ahnungslosen
Zeitgenossen den Lebenssaft aus den Adern saugt. Der
literarische »Erfinder« des Grafen Dracula, der Engländer Bram
Stoker, hatte jedoch ein sehr konkretes »Vorbild«. Dabei
handelte es sich um den karpatischen Kleinfürsten Wojwode
Vlad II. (1431-1476), der von seinen Untertanen »Dracul«
genannt wurde. »Dracul« heißt »der Pfähler« und dieser
»Kosename« erschließt sich durch einen Blick auf das
Lieblingshobby dieses Tyrannen. Er ließ seine Feinde,
Verbrecher und manchmal auch unbequem gewordene alte
Freunde vor seiner Burg auf Pfähle aufspießen, »so dass ihre
Gedärme erbarmungsvoll aus dem Leibe quollen«.
Anschließend ließ er seinen Mittagstisch just vor den qualvoll
sterbenden Opfern aufbauen und genoss sein Mahl. Angesichts
dieser Schilderung kann uns der filmische Dracula schon weit
weniger erschü ttern.

D wie Drei Könige

Wenn am nächsten 6. Januar wiederum der »Dreikönigstag«

gefeiert wird, dürfen Sie sich ein wenig ins Fäustchen lachen.
Schließlich dürfte es aus kirchlicher Sicht diesen arbeitsfreien
Tag gar nicht geben - zumindest nicht unter die sem Namen.
Denn in der katholischen Kirche wird der sechste Januar streng
genommen als »Fest der Erscheinung des Herren« begangen,
damit war ursprünglich die Geburt Jesu und die anschließende
Anbetung durch die »Weisen aus dem Morgenland« gemeint.

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Nachdem man dann Jesu Geburt auf das Weihnachtsdatum
(eigentlich recht willkürlich) »verlegt« hatte, wurde der sechste
Januar zum »Fest der drei Wunder«: Der Anbetung durch die
Weisen, die Taufe des Jesuskindes in Jerusalem und die
Hochzeit zu Kanaa. Als Fest der »Heiligen drei Könige« hat die
Kirche dieses Datum jedenfalls nie legalisiert. Zum einen ist im
Matthäus-Evangelium an keiner Stelle von Königen die Rede,
sondern von »Magiern«, und auch die Anzahl wird von ihm
nicht erwähnt. Im Psalm 72,10 heißt es allerdings: »Die Könige
von Tarsis und auf den Inseln sollten Geschenke bringen…«.
Unabhängig davon, ob es sich nun um Könige handelte und wie
viele es tatsächlich waren - ganz sicher hat die Kirche sie
niemals heiliggesprochen.

D wie Dudelsack

Ob »Cornemuse« (frz.), »cornamusa« (ital.), »tibia

utricularis« (lat.) oder »Sackpfeife« - gemeint ist immer der
Dudelsack. Diese Namen in verschiedenen Sprachen weisen
bereits darauf hin, dass das schwierig zu erlernende Instrument
(hören Sie bloß niemals beim Üben zu) keinesfalls nur in
Schottland bekannt ist oder gar dort erfunden wurde. Da schon
die alten Römer das Instrument kannten und der Legende nach
auch der berühmtberüchtigte Nero es erlernen wollte, ist
anzunehmen, dass der Dudelsack mit Cäsars Legionen nach
Britannien kam und von dort aus zu den Schotten. Die hießen
seinerzeit noch Pikten und waren ob ihrer zähen
Unbesiegbarkeit durch den Hadrianswall von der übrigen,
angeblich römischzivilisierten, Welt getrennt. Ursprünglich
dürfte der Dudelsack aus Asien stammen und mit
Nomadenvölkern seinen kurzfristigen Siegeszug durchs
mittelalterliche Europa begonnen haben. Im 15. und 16.
Jahrhundert galt er unter dem Namen »Sackpfeiffe« in
deutschen Landen als Instrument der Hirten und Schäfer.

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5. Von Eichhörnchen bis

Exkommunikation

E wie Eichhörnchen

Eichhörnchen sind bekanntlich possierliche Tierchen, derer

man nur sehr schwer habhaft wird und die mit Vorliebe Eicheln
und Nüsse sammeln, um sich für den Winterschlaf einen
ausreichenden Wanst anzufressen. So weit, so gut. Der Name
der Tiere geht allerdings nicht, wie ganz natürlich angenommen,
auf die »Eiche« als ihre bevorzugte Behausung zurück, sondern
auf das altdeutsche Wort »aig«, das »schwingen« oder auch
»sich heftig bewegen« bedeutet.

E wie Eiffelturm

9700 Tonnen schwer und genau 321 Meter hoch: Der

Eiffelturm war von seiner Errichtung im Jahre 1889 bis zur
Fertigstellung des Empire State Building (1930) das höchste
Bauwerk der Welt. Die Metall-Konstruktion des Ingenieurs
Gustave Eiffel lockte Scharen von Schaulustigen in die Stadt
und galt lange Jahre als technische Pionierleistung und
Meilenstein moderner Architektur.

Die wenigsten von denen, die heute vor dem Turm stehen und

den Kopf in den Nacken legen, wissen jedoch, dass die Höhe
des Eiffelturms keineswegs unveränderlich ist. Im Sommer
nämlich dehnt die Sonnenwärme das Eisen des Turms -
Messungen haben ergeben, dass er in der warmen Jahreszeit bis
zu 15 Zentimeter »wächst«.

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E wie Einhorn

Schon wieder eine Enttäuschung: Entgegen allen anders

lautenden Fabeln und Gerüchten hat es das sogenannte »weiße
Einhorn« nie gegeben. Zwar wurden vor allem im 15. und 16.
Jahrhundert Dutzende sogenannter »Einhorn-Hörner« für gutes
Geld verkauft, doch Nachforschungen und Untersuchungen
ergaben, dass es sich dabei höchstwahrscheinlich um die
Stoßzähne gefangener Narwale handelte.

Schon der römische Schriftsteller Plinius glaubte fest an die

Legende vom Einhorn, so fest, dass er sich sogar zu einer
detaillierten Beschreibung hinreißen ließ: Demnach hatte das
Tier einen »Körper wie ein Pferd, einen Kopf wie ein Hirsch,
Füße wie ein Elefant und den Schwanz eines Wildschweins.
Mitten auf der Stirn trägt es ein etwa ein Meter langes Horn«.
Kein Wunder, dass spätestens jetzt die Phantasie der
nachfolgenden Generationen angestachelt worden war, zumal
Plinius nicht vergessen hatte zu erwähnen, »dass das Einhorn
lebend nicht gefangen werden kann«. Diese Behauptung kam
vor allem den Geschäftemachern des mythenanfälligen
Mittelalters zugute, die beim Verkauf der Hörner vielleicht in
die Verlegenheit gekommen wären, ein gefangenes Tier auch
einmal vorführen zu müssen. Begehrt war das ominöse Horn vor
allem als Talisman, der seinen Besitzer vor Attentaten bewahren
und seine Gesundheit schützen sollte. Aber auch gegen
Giftmörder soll die Hornspitze ein probates Mittel gewesen sein:
Wenn man sie auf die Tafel stellte und in irgendeinem der sie
umgebenden Gerichte war eine Spur von Gift enthalten, dann
soll sie sich mit einer Art Schweiß bedeckt haben.

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E wie Einsamkeit

Hier irrt der Volksmund einmal nicht: Einsamkeit macht

tatsächlich krank. An der Universität von Kalifornien hat man
herausgefunden, dass einsame Menschen viermal so häufig
schwer erkranken wie gesellige Zeitgenossen. Dazu trägt unter
anderem auch die Tatsache bei, dass einsame Menschen mehr
als andere zu übermäßigem Rauchen und Trinken neigen und
sich wenig Bewegung gönnen. Herzattacken und Unfälle sind
bei allein lebenden Menschen ebenfalls wesentlich häufiger.

E wie Einstein

Auch ich benutzte für schulisches Versagen dereinst die

Entschuldigung, dass schließlich selbst Albert Einstein ein
schlechter Schüler gewesen war. Die Antwort »Schon, aber aus
dem ist dann später immerhin etwas geworden, was bei dir
bezweifelt werden muss«, stürzte mich zwar nicht gerade in eine
Identitätskrise, veranlasste mich aber immerhin schon in frühen
Jahren, Genaueres über Einsteins Werdegang herauszufinden.
Die Wahrheit war ernüchternd: Albert Einstein ist entgegen
anders lautenden Gerüchten niemals sitzen geblieben und
gehörte in den Fächern Mathematik und Physik schon immer zu
den herausragenden Begabungen seiner Jahrgangsstufe.
Allerdings war er an Sport und Sprachen nur sehr mäßig
interessiert und wurde von seinen Lehrern am Münchener
Luitpold-Gymnasium des öfteren als nichtsnutziger Träumer
beschimpft. Später allerdings zahlte er es ihnen heim: Er
bezeichnete den Umgangston seiner ehemaligen Erzieher als
»dümmlich« und verglich ihr Gehabe mit dem von Möchtegern-
Militärs.

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E wie Eisbein

Zusammen mit Sauerkraut gilt es als Verkörperung

germanischer Esskultur: Das Eisbein. Doch wissen Sie
eigentlich, woher dieses schmackhafte Stück gepökelten
Schweins seinen Namen hat. Nicht etwa - wie zu vermuten wäre
- vom Kühlverfahren, sondern weil die harten Schien-
Beinknochen des Schweins lange Zeit als Schlittenkufen
verwendet wurden. Schon in der nordischen Sagensammlung
»Edda« aus dem 12. Jahrhundert ist vom sogenannten
»Eisknochen« die Rede, mit dem die rauen Nordmänner ihre
Transportschlitten bestückten. Aus »Eisknochen« wurde
schließlich »Eisbein« - wahrscheinlich nicht zuletzt deshalb,
weil der eigentliche Verwendungszweck des Knochens in
Vergessenheit geriet und man sich eher den kulinarischen
Verwendungsmöglichkeiten dieses Stücks tierischer Anatomie
zuwandte.

E wie Eiserner Vorhang

Winston Churchill, der große britische Staatsmann, sagte im

März 1946 bei einer Rede in den USA: »(…) an iron curtain has
descended across the continent« (…ein eiserner Vorhang hat
sich quer durch den Kontinent gesenkt) und wird seitdem als
Schöpfer des Bildes vom »Eisernen Vorhang« bezeichnet. Doch
nachweislich hat schon die belgische Königin Elisabeth,
anlässlich des deutschen Einmarsches 1941 in ihr Land, gesagt:
»Zwischen ihnen (den Deutschen) und mir ist für alle Zeiten ein
eiserner Vorhang niedergegangen«. Auch der deutsche
Propagandaminister Joseph Goebbels soll im Februar 1945 in
einer Berliner Rede zweimal vom »Eisernen Vorhang« zwischen
Russland und Deutschland gesprochen haben. Kein Wunder,
dass Churchill nicht begeistert gewesen wäre, wenn bekannt

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geworden wäre, wer diese Metapher vor ihm gebraucht hat.

Lange Zeit blieb der »Eiserne Vorhang« tatsächlich schier

undurchdringlich. Es bedurfte rund 40 Jahre des sogenannten
»kalten Krieges« zwischen den großen Machtblöcken in der
Welt, ehe das sowjetische Staatsoberhaupt Michail Gorbatschow
um 1986 seine Politik von »Glasnost« und »Perestroika«
etablierte und das bis dato scheinbar zementierte Weltbild aus
den Fugen geriet. In dieser Phase der Entspannung erfolgte
schließlich das Ende des östlichen, militärischen Bündnisblocks
»Warschauer Pakt« und damit war auch der »Eiserne Vorhang«
endgültig gefallen.

E wie Elefanten

Neben der Schlange, dem Löwen und vielleicht noch dem

Wal ist sicherlich der Elefant das Tier, das die menschliche
Phantasie am meisten beschäftigt. Zahlreiche Legenden ranken
sich um die »grauen Riesen«, zahlreiche »geflügelte Worte«
beschäftigen sich mit ihnen. »Dick wie Elefantenhaut«,
»Elefanten vergessen nicht«, »Ein Elefant fürchtet die Maus«
usw. Klingt nett, klingt einprägsam - ist aber oft unsinnig. So ist
die Elefantenhaut zwar tatsächlich zwischen zwei und vier
Zentimetern dick, aber dies mit Unempfindlichkeit
gleichzusetzen, wäre falsch. Vielmehr ist die Haut sogar sehr
tastempfindlich und wenn der »Dickhäuter« seine »Außenhülle«
mit Schlamm einreibt, geschieht dies in erster Linie zum Schutz
gegen lästige Insektenstiche. Auch das unfehlbare Gedächtnis
der Elefanten ist eine Fabel: Sie speichern Gerüche und
Geräusche, doch nicht mehr oder weniger als andere Tiere auch.
Zudem werden Elefanten längst nicht so alt, wie oft behauptet
wird - im Guinness-Buch der Rekorde wurden 76 Jahre als
Rekordalter vermeldet - die meisten Tiere sterben allerdings
noch vor ihrem 50.Geburtstag. Angst vor Mäusen haben

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Elefanten in der Regel nicht. Sie sind aber auch nicht extrem
mutig. Normalerweise zieht sich die Herde vor unbekannten
Kreaturen geschlossen zurück - egal, ob es sich nun um
andalusische Bergziegen oder um australische Dingos handelt.
Wenn sie sich mit der Gegenwart von Mäusen abgefunden und
deren Harmlosigkeit erkannt haben, werden diese schlicht
ignoriert oder auch einfach plattgetreten.

Auf einer falschen Schlussfolgerung basiert auch die

Behauptung, Elefanten zögen sich zum Sterben auf sogenannte
»Elefantenfriedhöfe« zurück. Zwar werden immer wieder
Anhäufungen vo n Elefantenknochen gefunden, doch Biologen
und Verhaltensforscher deuten dies heute als Unfälle einer
Herde im Morast oder als Überbleibsel großer
Elefantenhetzjagden durch menschliche oder tierische Jäger.
Eine »Pilgerfahrt« eines alten Bullen zu den Grabstätten seiner
Ahnen konnte jedenfalls noch nie beobachtet werden.

E wie Elefantenläuse

…sind essbar. Mit dieser Bezeichnung werden nicht die

Parasiten der »grauen Riesen« bezeichnet, sondern verschiedene
Nussarten. So ist die westindische »Elefantenlaus« nichts
anderes als die beliebte »Cashewnuss« und auch die »Paranuss«
(aus Brasilien) wird häufig »Elefantenlaus« genannt. »Echte«
Elefantenläuse gibt es allerdings natürlich auch und Sie dürfen
mir glauben, dass diese unseren riesigen Freunden sehr lästig
sind.

E wie Elektrizität

Man schrieb das Jahr 1789. In Frankreich tobte die

Revolution und in Italien ließ ein gewisser Luigi Galvani an der

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Universität von Bologna Froschschenkel zucken. Er war es, der
Pol und Gegenpol an metallischen Gegenständen entdeckte und
die sogenannte Elektrolyse benutzte, um elektrischen Strom zu
erzeugen. Dann dauerte es noch weitere 51 Jahre, bis ein
gewisser Werner Siemens einen silbernen Teelöffel in einen
Becher unterschwefliger Goldlösung tauchte, Zink als Minus-
und Kupfer - in Verbindung mit einer Goldmünze - als Pluspol
verwendete und seinen Silberlöffel schon wenige Minuten später
vergoldet fand. Siemens hatte die erste Anwendungsmöglichkeit
der Elektrizität entdeckt - so jedenfalls glaubte man. Doch ein
Jahrhundert später stieß der deutsche Archäologe Wilhelm
König bei Ausgrabungen in einer Siedlung der Parther unweit
des heutigen Bagdad auf einen merkwürdigen Apparat. In einer
rund 20 Zentimeter hohen Vase befand sich ein etwas kürzerer
Kupferzylinder, in dem wiederum ein oxydierter Eisenstab
steckte. Dieser wies Reste von Bitumen und Blei auf. Zwar kam
bereits König auf die Idee, er könnte damit auf eine antike,
Strom erzeugende Batterie gestoßen sein, doch lange wurde er
für diesen Einfall nur mitleidig belächelt. Erst 1957 bewiesen
amerikanische Forscher, dass sich mit einem exakten Nachbau
dieser Apparatur tatsächlich elektrischer Strom erzeugen ließ,
und weitere Tests in den Folgejahren ergaben, dass das
legendäre Volk der Parther offensichtlich diese Batterien
ebenfalls - wie Siemens zwei Jahrtausende später - zum
Vergolden silberner Gegenstände verwendet hatte. Zudem
waren bei anderen Grabungen weitere altertümliche »Batterien«
entdeckt worden, so dass kein Zweifel mehr möglich war: Die
Parther wussten um das Geheimnis des elektrischen Stroms. In
großem Ausmaß konnten sie ihn jedoch noch nicht benutzt
haben, denn jede dieser Batterien war bestenfalls für eine
Spannung von 0,5 bis 0,7 Volt gut.

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E wie Elmsfeuer

Das Elmsfeuer ist weder eine Art Sonnwendfeuer, noch ein

Indiz für das Auftreten böser Geister. Letzteres vermuteten
Seeleute aller Nationen viele Jahrhunderte lang, denn sie
konnten diese Erscheinung relativ häufig an den Spitzen ihrer
Masten beobachten und riefen dann jeweils den Schutzheiligen
ihrer Zunft, den heiligen Erasmus (oder auch St. Elmo) an, von
dem das Elmsfeuer seinen Namen erhielt.

Das Elmsfeuer ist eine fächerförmige Gasentladung, die vor

allem an aufragenden, spitzen Gegenständen auftritt. Es besteht
aus sogenannten »Elektronenlawinen«, die »unter Mitwirkung
ultravioletten Lichts durch Stoßionisation gebildet werden«.
Damit wissen trotzdem nur Physiker, wie das Elmsfeuer
entsteht, doch für eine populärwissenschaftliche Erklärung bietet
dieses Buch leider keinen Raum. Zusammenfassend lässt sich
sagen, dass die atmosphärischen Bedingungen und das
weitgehende Fehlen künstlicher Lichtquellen auf See das
»Sichtbarwerden« der Elmsfeuer sehr begünstigen. Oftmals wird
die Erscheinung auch im Gebirge, vor allem an schroffen
Felsspitzen, gesehen.

E wie England

Fragen Sie doch mal ihre Freunde und Bekannten, welches

Land sie für das regenreichste Europas halten. »England oder
Irland« wird die Antwort in mindestens 90 Prozent aller Fälle
lauten, doch damit tun wir den britischen Inseln bitter Unrecht.
Laut den Beobachtungen der Meteorologen fallen in der
englischen Hauptstadt London pro Jahr etwa 590 mm
Niederschlag. Damit gehört London zu den »trockensten«
Städten des Kontinents. Zum Vergleich: In Rom fallen 760 mm
- in Genua sogar 1100. Mit 900 mm pro Jahr ist allerdings der

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britische Nordwesten durchaus wieder dem »gehobenen
Regendurchschnitt« zuzurechnen, wobei sich die Niederschläge
auf das ganze Jahr verteilen. Deshalb mag es dem Besucher vom
Kontinent auch so vorkommen, als regne es in England
ununterbroche n. In den Mittelmeerländern beispielsweise regnet
es fast ausschließlich im Winter, dann aber kräftig.

E wie Erde

Spätestens seit Columbus gilt der Satz »Die Erde ist eine

Kugel« als unbedingte Wahrheit. Abgesehen davon, dass schon
200 Jahre v. Chr. der griechische Gelehrte Eratosthenes von
Kyrene die Kugelform der Erde berechnete und sich in Sachen
Erdumfang gerade mal um rund 400 Kilometer irrte (im
Mittelalter bevorzugte man allerdings aus obskuren religiösen
Motiven wieder die Scheibentheorie), ist auch die Sache mit der
»Kugel« nicht so ganz richtig. Der Fachausdruck für die Form
unseres Mutterplaneten heißt eigentlich »abgeplattetes
Rotationsellipsoid«, was bedeutet, dass der »Erdball« an den
Polen abgeflacht und am Äquator ziemlich ausgebeult ist.
Erdsatelliten haben zwischenzeitlich bewiesen, dass unser Planet
in etwa die Form eines Apfels hat.

E wie Erkältung

Dass Erkältungen ausgerechnet Erkältungen heißen, ist

eigentlich ein Rätsel. Denn mit Kälte haben Husten, Schnupfen
oder Heiserkeit nicht viel zu tun, denn sonst müssten die
Bewohner Grönlands oder Alaskas einen ungeheueren
Taschentuchverbrauch haben. Dagegen scheint die Erklärung,
dass der Körper auf ungewohnte Kälte mit einer Schwächung
seines Immunsystems reagiert und damit anfälliger für Viren

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aller Art ist, durchaus etwas für sich zu haben. Die Eskimos
haben keine Umstellungsprobleme - sie sind die Minusgrade
gewohnt. (Sie dürften in tropischen Breiten wesentlich mehr
Probleme mit ihren Widerstandskräften haben.)

Eine weitere Erklärung für die Häufigkeit von »Erkältungen«

in der kalten Jahreszeit könnte auch sein, dass der Mensch sich
dann gerne und oft zusammen mit anderen Menschen in
geschlossenen und möglichst warmen Räumen aufhält. Dies
vergrößert die Ansteckungsgefahr um ein Vielfaches, was
wiederum unsere Theorie bestätigt, dass der Herdentrieb die
Menschheit eines Tages noch ins Verderben treiben wird. Aber
das nur nebenbei…

E wie Evangelisches Kloster

Dass nur die katholischen Christen Zuflucht in Klöstern

suchen und finden können, ist nicht ganz richtig. Denn in
Niedersachsen gibt es das weltweit einzige Evangelische
Kloster. Gegründet wurde Kloster Loccum im zwölften
Jahrhundert noch als katholisches Zisterzienserkloster, nahm
aber nach der Reformation die lutherische Lehre an. 1820 wurde
dann ein evangelisches Priesterseminar daraus, dessen
Seminaristen unverheiratet sein und im Kloster wohnen
mussten. Seit 1967 gibt es in Loccum allerdings auch
Wohnungen für verheiratete Geistliche. Klostervorstand ist ein
Abt, der von einem acht Geistliche umfassenden Konvent auf
Lebenszeit gewählt wird. Üblicherweise ist der Landesbischof
von Hannover gleichzeitig auch Abt von Loccum.

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E wie Exkommunikation

Verweilen wir noch ein wenig bei kirchlichen Themen und

beschäftigen uns mit dem Wort »Exkommunikation«. Dieses
bedeutet nicht, dass der betreffende Sünder aus der
Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen wird, sondern aus der
Gemeinde der Gläubigen. Dieser kleine, aber feine Unterschied
heißt, dass der »Exkommunizierte« nicht mehr am Gottesdienst
oder am Empfang der Sakramente teilnehmen darf, dass er aber
weiterhin Kirchensteuer zahlen »darf« und dass der Pfarrer ihm
- sofern die Gemeinde dagegen nicht ausdrücklich protestiert -
auch ein christliches Begräbnis gewähren kann.

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6. Von Farbe bis Fußball

F wie Farbe

Schwarz gilt hierzulande als die Farbe der Trauer, doch ein

Blick über den eigenen Tellerrand verrät, dass dies keineswegs
überall der Fall ist. So gilt in Südostasien - einschließlich China
- Weiß als Todes- und Trauerfarbe, wobei damit vor allem an
den Dahingeschiedenen gedacht wird. Denn Weiß soll ihm im
Jenseits Glück, Reichtum und Zufriedenheit bescheren. Bei den
Sinti und Roma hingegen trägt man anlässlich einer Beerdigung
überwiegend Rot und dies dürfte das »fahrende Volk« von den
Kelten übernommen haben. Bei denen war nämlich Rot die
Symbolfarbe für Unglück und Trauer.

F wie Fast Food

…gilt - vor allem bei Eltern und Erziehern - als »ungesund«.

Und dies, obwohl die »Big Mac« genannte »Maulsperre« des
Fast-Food-Riesen McDonalds weder gesünder noch ungesünder
ist als eine Vielzahl »normaler« Gerichte. So sind in einem Big
Mac weit mehr Vitamine, Kalzium und Eisen enthalten als in
einem Wiener Schnitzel, das als beliebtestes Restaurant-Essen
überhaupt gilt. Allerdings enthalten Hamburger, Cheeseburger
und Big Mac in Relation zu ihren Kalorien zu viel Fett und zu
wenig Ballaststoffe, doch das richtige Gleichgewicht lässt sich
problemlos mit einem Glas Orangensaft wiederherstellen.

Ein Gerücht ist es auch, dass Fast Food ein Produkt unserer

schnelllebigen Zeit sei. Denn vorgekochtes Essen gab es in
Asien und Europa schon seit Hunderten von Jahren - vor allem

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die indischen und chinesischen Reisküchen ernährten mit dem
schnellen Imbiss ganze Generationen von Arbeitern. Da
seinerzeit allerdings weit weniger auf Hygiene und
Vitaminzufuhr geachtet wurde als heute bei »Wimpys«,
»Wendys«, »Burger King« oder »McDonalds«, dürfte die
»traditionelle« Fast Food-Küche weitaus ungesünder gewesen
sein als die modernen »Fresstempel« der jungen Generation.

Ein Hinweis an unsere jungen Leser: Sollten Papa oder Mama

immer noch auf dem Standpunkt stehen, Euch den Hamburger
verbieten zu müssen, kontert einfach mit der »urdeutschen«
Bratwurst: Die enthält wesentlich mehr Fett und wesentlich
weniger Vitamine und Kalzium als das belegte Sesam- Brötchen
von der Fast Food-Theke.

F wie Faust

Millionen seufzender Eleven wuchsen in dem festen Glauben

auf, Goethes Faust sei eine reine Erfindung und habe nie gelebt.
Vielleicht wäre ihr Interesse am mutmaßlich bekanntesten
deutschen Drama sprunghaft gestiegen, wenn man ihnen erzählt
hätte, dass Dichterfürst Goethe sich an einer real existierenden
Figur orientiert hat. Ein gewisser Johannes (andere Chroniken
sprechen allerdings auch von Georg) Faust soll um 1480 im
württembergischen Knittlingen geboren worden sein. Er war als
Arzt und Möchtegern-Magier bis zu seinem Tod (um 1538) eine
regionale Berühmtheit, weil er sich angeblich als
Schwarzkünstler und Alchimist betätigt haben soll. Schon 1587
erschien in Stuttgart eine Chronik (Verfasser unbekannt) mit
dem Titel: »Historia von D. Johann Fausten, dem
weitbeschreyten Zauberer und Schwarzkünstler« und um 1590
vollendete der englische Dichter Christopher Marlowe ein erstes
Faustdrama. Darin war bereits die Figur des Teufels enthalten,
denn im Heimatstädtchen des »Fausten«, in Knittlingen, wurde

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schon kurz nach dem jähen Tod des geheimnisumwitterten
Mannes behauptet, dieser sei »wohl vom Deibel geholet«
worden. Vermutlich hatte sich Goethe recht ungeniert aus diesen
alten Überlieferungen bedient - er vollendete seinen »Faust« erst
im Jahre 1806.

Auch die Gretchen-Tragödie innerhalb des »Faust« ist keine

reine Erfindung. Inspirieren ließ sich Goethe dabei nämlich von
einem realen Kriminalfall, der seinerzeit in Frankfurt a. Main für
viel Aufsehen sorgte. Eine gewisse Susanna Margarethe Brandt,
ihres Zeichens Kellnerin, hatte ihr Neugeborenes sogleich nach
der eigenhändigen Entbindung mit einer Schere umgebracht und
gegenüber der Polizei behauptet, ein durchreisender
Goldschmied sei der Vater dieses Kindes gewesen. Der
Reisende habe sie mit einem geheimnisvollen Pulver gefügig
gemacht, so dass der Satan wohl seine Hand im Spiel gehabt
haben müsse. Diese Behauptungen halfen Fräulein Brandt
allerdings herzlich wenig - sie wurde 1772 auf dem Frankfurter
Rossmarkt öffentlich hingerichtet.

F wie Felleisen

… hat weder etwas mit Fell noch mit Eisen zu tun. Bezeichnet

wird damit vielmehr ein Gepäckstück, nämlich eine Reisetasche
aus Leder. Der Name ist eine Verballhornung des französischen
Wortes »valise« (für Gepäckstück oder Koffer) und dieses
wiederum stammt vom arabischen »waliha«, mit dem man
schlicht einen Getreidesack bezeichnete.

F wie Fette

Oft hört man, tierische Nahrungsfette wie Butter oder

Gänseschmalz machten viel eher dick als die pflanzlichen Fette

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wie zum Beispiel Erdnussbutter oder Olivenöl. Das ist Blödsinn,
denn Fett bleibt Fett - egal, woher es stammt. 100 Gramm jeden
Öls oder Fettes haben rund 930 Kalorien (etwa 3900 Joule).

Verweilen wir noch ein wenig beim Thema »Fett« und

versetzen der Männerwelt einen harten Hieb: Die als
unumstößlich geltende Annahme, der Frauenkörper habe per se
einen höheren Fettanteil als der männliche, muss als widerlegt
gelten. Neueste Messungen haben ergeben, dass die
Geschlechter ihre Fettgewebe zwar an unterschiedlichen
Körperregionen konzentrieren (Frauen zumeist unter, Männer
über der Gürtellinie), doch die reinen Mengen sind in etwa
gleich und betragen geschlechtsneutral rund 23 Prozent.

F wie Fetthenne

Vorsicht - wenn Sie nicht gerade Botaniker sind, können Sie

sich bei der Definition dieses Wortes unsterblich blamieren.
»Fetthenne« bezeichnet nämlich keinesfalls ein wohlgenährtes
Suppenhuhn, sondern eine bestimmte Pflanzenart. Sie gehört zur
Gattung der sogenannten »Dickblattgewächse« und ist in
unseren Breiten mit über 300 verschiedenen Arten und
Ausformungen vertreten. Der bekannteste Vertreter der
»Fetthennen-Gattung« ist wohl der »Mauerpfeffer«, der im
Sommer goldgelb blüht und vorzugsweise an sandigen Stellen
eingepflanzt wird. Der Grund: Die Fetthenne ist dafür bekannt,
auch unter schwierigen Licht- oder Bodenverhältnissen
zufriedenstellend zu gedeihen.

F wie Fetus

Fetus (oder Fötus) ist nicht, wie gemeinhin angenommen, eine

andere Bezeichnung für den menschlichen Embryo. Die

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heranwachsende Leibesfrucht wird bis zum dritten
Schwangerschaftsmonat ausschließlich als Embryo bezeichnet.
Dann ist die menschliche Gestalt im »Kleinformat« ausgebildet
und ab diesem Moment, in dem auch die Bewegungen der
Extremitäten beginnen, nennt man den Nachwuchs »Fetus«.

F wie Feuerland

Die Inselgruppe Feuerland gilt zu Unrecht als südlichste

Spitze des südamerikanischen Subkontinents. Feuerland, im
Jahre 1520 vom portugiesischen Seefahrer Ferdinand Magellan
entdeckt, erhielt seinen Namen aufgrund der zahlreichen Feuer,
die die eingeborenen Indianer Tag und Nacht brennen ließen.
Bis 1620 galt Feuerland als südlichste Landmasse Amerikas, ehe
die niederländischen Seefahrer le Maire und van Schouten noch
einige Dutzend Kilometer weiter südlich eine weitere Insel
aufspürten. Van Schouten nannte sie nach seiner Geburtsstadt
Hoorn und seitdem gilt Kap Hoorn, gefürchtet für seine jähen
Wetterumschwünge und seine gefährlichen Untiefen und
Klippen, als südlichster Zipfel der bewohnten Welt.

F wie Fische

Fische leben im Wasser. Das zumindest können wir einfach

als gegeben akzeptieren und vielleicht lässt sich mit dieser
simplen Wahrheit auch begründen, warum über die Fische so
viele Gerüchte und Halbwahrheiten im Umlauf sind. Wasser ist
nun kein dem Menschen gemäßes Element (Mark Spitz und
Franzi van Almsick mal ausgenommen) und deshalb sind wir
geneigt, vieles widerspruchslos hinzunehmen, was uns der
Volksmund glauben machen möchte. Beispielsweise wird
behauptet, Fische könnten nicht ertrinken. Das stimmt zwar im

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Regelfall, doch ist zum Beispiel der sogenannte Labyrinthfisch
neben der Kiemenatmung (bei der Sauerstoff durch die Kiemen
aus dem Wasser gefiltert wird) auch auf Lungenatmung
angewiesen. Wenn er nicht an die Oberfläche gelangen kann,
um dort »nach Luft zu schnappen«, ertrinkt (oder erstickt?) er
jämmerlich. Zugegeben, dieses Exemplar ist die Ausnahme von
der Regel, aber für beinahe alle Fischarten trifft zu, dass sie
keinesfalls stumm sind. »Stumm wie ein Fisch« ist eine sehr
beliebte Redewendung, doch Fische können durchaus Töne
hervorbringen, auch wenn diese vom menschlichen Ohr nicht
immer wahrzunehmen sind. Empfindliche Unterwasser-
Mikrofone haben an den Tag gebracht, dass Flossen, Zähne und
Schwimmblasen zur Schallerzeugung benutzt werden.
Mittlerweile geht man davon aus, dass die fischigen Töne als
Erkennungssignale für Paarungsriten oder auch zur
Abschreckung potentieller Feinde dienen. Für ihr
»durchdringendes Organ« berühmt - und auch für den Menschen
problemlos vernehmbar - sind der »Knurrhahn«, der »Seewels«
und der sogenannte »Krächzerfisch«.

Noch ein kurzer Abstecher für diejenigen, die Fische in erster

Linie als schmackhaftes Nahrungsmittel betrachten. Ebenso
verbreitet wie grundfalsch ist die Auffassung, man dürfe Fisch
aus stilistischen Gründen nicht mit dem Messer essen. Diese
»Verordnung« stammt aus einer Zeit, in der Messerklingen noch
aus rostanfälligem Stahl bestanden. Dadurch wurde der
Fischgeschmack natürlich unangenehm beeinflusst. Moderne
Benimmbücher weisen mittlerweile ausdrücklich darauf hin,
dass der Fisch auf dem Teller nun durchaus mit dem Messer
zerteilt werden darf.

Verweilen wir noch einen Moment beim »Fischgenuss« und

betrachten den Mythos, dass Fisch »Gehirnnahrung« sei. Zwar
hat der deutsche Mediziner Friedrich Büchner um 1860
Phosphor im mens chlichen Gehirn entdeckt, doch schon seine
Folgerung, dieser Phosphor diene als Katalysator für

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menschliches Denken, war recht weit hergeholt. Da aber auch
Fischfleisch viel Phosphor enthält, empfahlen seit Büchner
zahlreiche Mediziner immer wieder Fisch zur Aktivierung des
Gehirns. Mittlerweile aber ist bewiesen, dass Phosphor keinerlei
Auswirkungen auf den Intellekt oder die Fähigkeit zum
»Schnelldenken« hat.

F wie Flaschenpost

Auf ihr fußt so manche Legende von versunkenen oder

vergrabenen Schätzen: Die Flaschenpost. Im Zeitalter der
modernen Telekommunikation und zumeist funktionierender
Funkverbindungen ist sie zwar mittlerweile fast völlig
ausgestorben, doch haftet ihr noch immer ein romantisches Flair
an, das vergessen lässt, dass es sich eigentlich um eine schlichte
postalische Benachrichtigung handelt. Nach international
geltendem Recht darf nämlich der Finder einer Flaschenpost
diese nicht einfach behalten, sondern hat die Pflicht, sie an die
Behörden weiterzuleiten. Via Konsulate soll die Nachricht
schließlich dem Empfänger zugestellt werden - auch wenn
dieser mittlerweile schon seit geraumer Zeit verstorben ist. In
diesem Fall haben dann seine Nachkommen Anspruch auf die
Nachricht.

Übrigens: Das Ankommen einer Flaschenpost ist längst nicht

so sehr von Zufälligkeiten bestimmt, wie angenommen wird.
Seefahrer kannten sich schließlich mit Meeresströmungen recht
gut aus und kalkulierten demnach häufig ganz genau, wo die
Flasche schließlich an Land gespült wurde. 1842 erschien sogar
eine regelrechte »Flaschenkarte«, auf der die »Routen« und
Reisewege zahlreicher Flaschenpostsendungen dokumentiert
waren.

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F wie Fledermäuse

Genauso falsch wie die Redewendung »Stumm wie ein Fisch«

(siehe Stichwort »Fische«) ist auch »Blind wie eine
Fledermaus«. Jahrzehntelang waren Biologen der Ansicht, dass
die geflügelten Gleiter sich ausschließlich auf ihr Ultraschall-
Ortungssystem verlassen: Für Menschen unhörbare Töne
werden in einer fast ununterbrochenen Reihe ausgestoßen, von
Wänden und Gegenständen reflektiert und gelangen sozusagen
als Echo zurück zu den übergroßen Ohren der Tiere. Das
geschieht zwar durchaus, doch dass Fledermäuse auch ihre
Augen benutzen, bewies ein Laborexperiment des
amerikanischen Zoologen Donald Griffins. Dieser verklebte
etlichen Versuchstieren die Augen und verstopfte ihnen
zusätzlich gründlich die Ohren, damit sie den reflektierten
Schall nicht mehr wahrnehmen konnten. Dann hängte er in
seinem Labor Stoffstreifen auf, und als er die Tiere frei ließ,
segelten sie prompt gegen diese Hindernisse. Nachdem er ihnen
anschließend jedoch die Augenklappen entfernt hatte (die Ohren
blieben verstopft), wurden dieselben Stoffstreifen elegant
umsegelt. Der naheliegende Schluss: Die beiden Ortungs-
Systeme bilden eine perfekte, für Dämmerung und Dunkelheit
geschaffene Kombination. Wenn die Entfernung zum Hindernis
für eine Ultraschallortung zu groß wird, springen die Augen als
Wahrnehmungsinstrumente ein. Allzu gut sind diese Augen
allerdings nicht - nur Umrisse können von ihnen ausgemacht
und ans Gehirn weitergegeben werden.

F wie Fliegen

Haben Sie Flugangst? Ja? Dann haben Sie womöglich

durchaus recht mit Ihren angeblich irrationalen Befürchtungen.
Zwar wird behauptet, Fliegen sei die sicherste Methode des

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Reisens, doch das hängt letztlich davon ab, wie man die Statistik
interpretiert. Fest steht, dass das Autofahren mit Abstand die
gefährlichste aller Reisearten ist. Doch wenn wir Bahn und
Flugzeug vergleichen, entdecken wir durchaus Überraschendes.
Wenn man weltweit die Todesopfer addiert und diese Zahlen
durch die zurückgelegten Kilometer teilt, kommt man bei der
Bahnreise auf neun Tote je 10 Milliarden Passagierkilometer.
Das ist nicht besonders beängstigend und weniger
besorgniserregend ist die Zahl beim Flugzeug: Dort sterben
»nur« drei Menschen auf besagten zehn Milliarden Kilometern.
Betrachtet man jedoch den Faktor Zeit, kann man durchaus zu
der Ansicht kommen, die größere Geschwindigkeit des
Flugzeugs sei auch sein Fluch: Bei 100 Millionen
Passagierstunden (Zeit, die im Flugzeug verbracht wird) sterben
laut Statistik 24 Menschen. Zum Vergleich: Bei Bahnfahrten
sind es im selben statistischen Zeitraum lediglich sieben
Personen.

F wie Fluch des Pharao

Als der Archäologe Howard Carter am 6. November 1922 im

ägyptischen »Tal der Könige« das Grab des legendären Pharao
»Tutench-Amun« fand, galt dies als Sensation des Jahrhunderts.
Die Entdeckung der reich geschmückten Grabkammer mit der
fast unversehrten Mumie des altägyptischen Herrschers wurde
weltweit jahrelang immer wieder publiziert und analysiert,
zumal sich schnell Gerüchte um den sogenannten »Fluch des
Pharao« zu ranken begannen. Carter soll beim Betreten der
Grabkammer eine Inschrift entdeckt haben, die all denen den
Tod ankündigte, die die Ruhe des toten Herrschers zu stören
wagten. Und tatsächlich: Zunächst starb der Carter-Freund und
Geldgeber der Expedition, Lord Carnavon, an den infektiösen
Folgen eines Moskitostichs. In den folgenden Monaten und

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Jahren kamen weitere Teilnehmer der Expedition bei teilweise
rätselhaften Unfällen oder durch Selbstmorde ums Leben. Die
Legende vom Fluch war geboren und wurde durch weitere
Todesfälle genährt.

Übersehen hatten die Anhänger dieser abenteuerlichen Mär

jedoch, dass beispielsweise Lord Carnavon schon vor der
Entdeckung der Grabkammer aufgrund der extremen
klimatischen Bedingungen des ägyptischen Sommers höchst
anfällig für Infektionen war und sein 57jähriger Körper der
neuerlichen Belastung wohl nicht mehr gewachsen war. Auch
die übrigen zwölf »unerklärlichen« Todesfälle ehemaliger
Expeditionsteilnehmer in den darauffolgenden Jahren wurden
nach und nach »enträtselt« und hatten alle natürliche und
nachvollziehbare Ursachen und Gründe. Carter selbst hat
übrigens von Anfang an bestritten, jemals eine Inschrift mit
einer wie auch immer gearteten Todesdrohung gesehen oder
entdeckt zu haben: »Die Gerüchte von einem Fluch Tutench-
Amuns sind verleumderische Erfindungen.«

F wie Föhn

Die Münchner reklamieren ihn seit jeher als ihr Eigentum:

Den Föhn. Dieser trockene und warme Fallwind komme von
den Alpen herunter auf die bayerische Landeshauptstadt und sei
ansonsten nirgendwo auf der Welt in dieser Intensität
anzutreffen. Tja - schade für die Münchner, dass sich diese
kühne Behauptung so einfach widerlegen lässt. Der Föhn kommt
auf der Leeseite so ziemlich aller hohen Gebirge vor und wird in
anderen Regionen lediglich anders genannt. Vor den Ausläufern
der Rocky Mountains heißt er beispielsweise Chinook. Der
meteorologische Vorgang jedoch ist überall gleich: Kühle,
feuchte Luft zieht über einen Bergkamm, entlässt dabei
ergiebige Niederschläge und »klettert« anschließend auf der

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Leeseite des Gebirges nach unten. Die nunmehr trockene Luft
erwärmt sich dabei auf 100 Meter Höhenunterschied um etwa
ein Grad Celsius. Innerhalb weniger Stunden kann der
Temperaturanstieg in dem betreffenden Gebiet, in das der Föhn
»einfällt«, bis zu 20 Grad Celsius betragen. Damit kommt es
dann auch zu Schwankungen der Luftelektrizität und dies
wiederum kann bei sensibleren Menschen Kopfschmerzen und
Leistungsprobleme aller Art hervorrufen.

F wie Frankenstein

Nachdem wir uns bereits ausführlich mit Dracula beschäftigt

haben (siehe Stichwort »Dracula«), können wir natürlich auch
Frankenstein nicht vernachlässigen. Den Fans dieses
Schauermärchens sei allerdings gleich gesagt, dass Frankenstein
- im Gegensatz zu Dracula kein »echtes« Vorbild hatte. Die
Schriftstellerin Mary Shelley verdankte alle Figuren ihres
Romans ausschließlich ihrer schöpferischen Phantasie. Wenn
Kinder sich heutzutage im Karneval als »Frankenstein«
verkleiden, tun sie dies leider meis t in Unkenntnis der
literarischen Vorlage. Bei Shelley hieß nämlich nicht etwa das
gruselige, aus Leichenteilen zusammengestückelte Monster
»Frankenstein«, sondern sein Erschaffer. Dieser ist laut Buch
ein junger, adliger, ehrgeiziger Student an der Ingols tädter
Universität, der mit dem »Bau« des künstlichen Menschen
beweisen will, dass Leben nicht ausschließlich von der
natürlichen Geburt abhängt. Leider entgleiten die Dinge
schließlich seiner Kontrolle (das dürfen Sie aber selbst
nachlesen), doch fest steht, dass Baron von Frankenstein dem
»Monster« keinesfalls seinen Namen verliehen hat.

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F wie Freie Hansestadt Hamburg

Die Hamburger werden es nicht gerne hören, doch die

Bezeichnung »Freie Hansestadt Hamburg« basiert auf einem
grandiosen Schwindel. Die heut ige Strafgerichtsbarkeit würde
wohl den Tatbestand der »Urkundenfälschung im besonders
schweren Fall« zugrunde legen.

Noch heute feiern die Hamburger am 7. Mai alljährlich ihren

Hafengeburtstag und ebenso regelmäßig verbreitet die
Pressestelle der Stadt die folgende Historie: Im Jahr 1189 soll
Kaiser Friedrich Barbarossa dem Grafen Adolf von
Schauenburg erlaubt haben, an Elbe und Alster einen Hafen
anzulegen. Mit der entsprechenden Urkunde seien auch
zahlreiche Privilegien verbunden gewesen - so zum Beispie l der
zollfreie Warentransport auf der Unterelbe. Doch ausgerechnet
ein Einheimischer wies zweifelsfrei nach, dass das Dokument,
das Hamburg zu Deutschlands »Tor zur Welt« erklärte,
keinesfalls vom Kaiser oder seinen Schreibern stammte, sondern
im Hamburger Rathaus gefälscht worden war. Anhand von
Siegel, Pergamentart, Schrift, Stil und den angegebenen
Zeugennamen konnte Heinrich Reincke im Jahre 1907
unzweifelhaft belegen, dass die Hamburger sich ihren »Freien
Hafen« einfach erschwindelt hatten. Und zwar erst um 1266,
denn das war das Jahr, in dem sie sich zum ersten Mal auf das
angeblich kaiserliche Dokument beriefen. Hintergrund war ein
erbitterter Handelsstreit mit den Städten Stade und Bremen, die
für die Schiffe nach und von Hamburg hohe Zölle einforderten.
Den Hamburger Hafen hatte es nämlich schon lange vor
Erstellung der ominösen Urkunde gegeben, und er war
demzufolge auch schon seit geraumer Zeit ein wichtiger
Wirtschaftsfaktor im Leben der Küstenbewohner. Erst als die
Hamburger vor dem Bremer Erzbischof mit besagter Urkunde
auftraten und sich auf ihre vorgeblichen Privilegien beriefen,
mussten Stade und Bremen wohl oder übel ihre Zollschranken

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öffnen. Die Folgen sind bekannt: Der Hamburger Hafen wurde
zum größten Warenumschlagplatz Europas, die Stadt blühte auf
und nannte sich schon sehr bald »Freie Stadt«.

Und weil das mit der ersten Fälschung so gut geklappt hatte,

wiederholten die cleveren Hamburger Ratsherren ihren Coup
400 Jahre später. Anhand eines ganzen Pakets von gefälschten
Unterlagen und Urkunden wiesen die Hanseaten dem
Reichskammergericht nach, dass sie schon seit den Zeiten Karls
des Großen eine Freie Reichsstadt gewesen waren - eine
Behauptung, die aus heutiger Sicht abenteuerlich anmuten muss.
Denn als Karl der Große seine Regierungsgeschäfte tätigte, war
Hamburg noch nicht viel mehr als eine mittelgroße Ansiedlung
in morastigem Gelände. Von einer Stadt, einer Reichsstadt oder
gar einer »Freien Reichsstadt« konnte nicht die Rede sein. Doch
die Historiker waren offenbar dünn gesät, so dass das
Reichskammergericht nach langwierigen Verhandlungen die
»Hamburger Kröte« schließlich schluckte und die Stadt im Jahr
1768 offiziell zur »Freien Reichsstadt« erhob - ein Titel, der
wenig später in »Freie und Hansestadt Hamburg« umgewandelt
wurde.

Der Historiker Reincke übrigens wurde mit seinen

Erkenntnissen nicht glücklich. Der Hamburger Senat des Jahres
1907 verbot ihm sogar, sie zu veröffentlichen eine
Zuwiderhandlung wäre mit Kerkerhaft bestraft worden. Bevor
Sie jetzt aber, lieber Leser, verächt lich den Kopf schütteln und
von betrügerischem Etikettenschwindel sprechen, möchten wir
Ihnen eines zu bedenken geben: Die Hamburger vertraten
lediglich die legitimen Interessen ihrer Stadt und
Urkundenfälschungen gehörten im Mittelalter durchaus zu den
normalen Gepflogenheiten, um sich durchzusetzen. Auch die
Staufer und Habsburger »erschwindelten« sich auf diese Art so
manchen Titel und so manches Erbe.

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F wie Fremdenlegion

So mancher Ganove spekuliert tatsächlich heute noch darauf,

im völlig ausweglosen Fall sein Glück bei der Fremdenlegion
versuchen zu können. Doch diese französische Kompanie, die
auf die Kolonialzeit zurückgeht, akzeptiert schon lange keine
Kriminellen mehr in ihren Reihen. Früher wurden in die Legion,
die in der algerischen Wüste ihr Hauptquartier hatte,
ausschließlich ausländische Legionäre aufgenommen, wobei
sicherlich auch der eine oder andere gesuchte Gesetzesbrecher
Unterschlupf fand. Noch zu Zeiten des Indochina-Kriegs in der
Mitte des 20. Jahrhunderts zählte die Legion rund 40000 Mann,
die einzig für französische Interessen außerhalb der Grenzen des
Mutterlandes kämpfen durften. Mittlerweile versehen höchstes
noch 8000-10000 Männer ihren Dienst in der Legion, die auch
zur eventuellen Verteidigung Frankreichs eingesetzt werden
könnt en. Zwar werden nach wie vor Ausländer aufgenommen,
doch erst nach Rücksprache mit den Strafverfolgungsbehörden
der jeweiligen Heimatländer. Gesuchte Verbrecher oder
Drogenabhängige werden von vorneherein ausgeschlossen.

F wie Friedhof

Die Bezeichnung Friedhof hat eigentlich nichts mit dem

»Frieden« der dort Begrabenen zu tun. Das Wort stammt vom
althochdeutschen »frithof«, mit dem sowohl ein Vorplatz als
auch der Vorraum einer Kirche bezeichnet wurden. Dieser
ummauerte, geschützte Platz vor der Kirche diente häufig als
Begräbnisstätte.

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F wie Frostbeulen

»Mensch, ist das kalt heute. Ich krieg' noch Frostbeulen«.

Solchen Sätzen fehlt eigentlich der kausale Zusammenhang.
Denn die sogenannten Frostbeulen haben mit arktischer Kälte
direkt nichts zu tun, sondern sind lediglich das Resultat von
Gefäß- und Kreislaufstörungen der Haut. Zu diesen kommt es,
wenn die Empfindlichkeit der betreffenden Hautpartien
krankhaft gesteigert ist und sie damit anfällig gegen Nässe und
Kälte werden. Frostbeulen können also durchaus von Kälte
hervorgerufen werden - ein Resultat der Temperatur sind sie
jedoch nicht.

F wie Fußball

Fußball - Hobby, Leidenschaft, Religion. Zumindest in

Europa und Südamerika ist dieses Ballspiel in Sachen
Popularität ganz weit oben angesiedelt und vor allem dem
sogenannten »kleinen Mann« oftmals eine
Herzensangelegenheit. Nicht zuletzt deshalb wird gern und oft
behauptet, Fußball sei von der Arbeiterklasse ersonnen und
verbreitet worden - das Gegenteil jedoch ist richtig. Gegen Ende
des 19. Jahrhunderts waren es vor allem junge englische
Akademiker, die in langarmigen Hemden und wadenlangen
Hosen gegen den Lederball traten. Auch als das Spiel auf den
Kontinent kam, gaben zunächst Studenten, Juristen und junge
Offiziere den Ton auf den Bolzplätzen an. Der traditionelle
Arbeitersport in diesen Jahren war das Turnen. Auch und vor
allem die Burschenschaften und schlagenden Verbindungen der
Hochschulen entdeckten den Fußball als elitäres Hobby und
gaben den ersten Clubs auch die patriotisch anmutenden Namen:
»Borussia«, »Alemannia« oder »Westfalia« hießen die Vereine
damals.

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Erst in den 30er Jahren wurden immer mehr einfache Arbeiter

in den Spielgemeinschaften geduldet nicht zuletzt dank der
Erfolge der Ruhrpotthelden von Schalke 04. Dieser Club aus
Gelsenkirchen, benannt nach einem Zechenstadtteil, galt als
Symbol für die sportliche Schlagkraft der Bergwerkkumpel, und
Schalke ist es auch, das heute zu Recht den Anspruch erheben
kann, den Fußball zu den »kleinen Leuten« gebracht zu haben.

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7. Von Galgen bis Gutenberg

G wie Galgen

Ein schwarz gekleideter, hagerer Mann steht auf einem

Podest. Um ihn herum eine gaffende und zuweilen johlende
Menschenmenge in Erwartung des schaurigen Schauspiels, das
gleich geboten werden soll. Der schwarze Mann ist der Henker
und der andere, der jetzt von zwei grobschlächtigen Schergen
auf die Plattform geführt wird, ist sein Opfer. Sie haben diese
Szenerie vermutlich schon im einen oder anderen Film miterlebt
- im wirklichen Leben ist der »Tod durch den Strang«
glücklicherweise nicht mehr üblich. Doch nach wie vor ist das
»Hängen« die berühmteste (und berüchtigtste) Hinrichtungs-
Methode und nach wie vor sind auch die meisten Menschen der
Meinung, der Delinquent sterbe am Galgen den langsamen,
qualvollen Erstickungstod. Dem ist jedoch nic ht so. Zwar bleibt
das Resultat das gleiche, doch am »Henkersbaum« starben die
Verurteilten zumeist innerhalb weniger Sekunden (manchmal
nur Bruchteile von Sekunden), nachdem die Klappe zu ihren
Füßen sich unter ihnen geöffnet hatte. Ohne dies jetzt weiter
vertiefen zu wollen (vielleicht sind Sie ja gerade beim Essen
oder gehören zu den höchst sensiblen Gemütern), dürfen wir
Ihnen sagen, dass der Tod zumeist durch Genickbruch bei
gleichzeitiger Zerstörung des Atemzentrums eintrat. Allerdings
konnte es auch vorkommen, dass die Schlinge unsachgemäß
angesetzt wurde, dies konnte dann durchaus bedeuten, dass das
Genick zunächst intakt blieb und die Atemwege und
Halsschlagadern zusammengepresst und somit undurchlässig
wurden. In diesen Fällen kam es dann zum minutenlangen
Zappeln der Opfer, denen sowohl die Blutzufuhr zum Großhirn

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abgeschnitten wurde als auch die Luft langsam ausging. Sie
erstickten qualvoll.

G wie Galileo Galilei

Vor allem Agnostiker und Atheisten führen immer wieder

gerne den italienischen Astronomen und Physiker Galileo
Galilei an, wenn es darum geht, die Intoleranz und
Engstirnigkeit der Kirche zu beweisen. Der Gelehrte aus der
Toskana (1564-1642), der vermeintlich auch den unsterblichen
Satz »Und sie bewegt sich doch« geprägt haben soll (hat er nie
gesagt. Wurde von einem Historiker des 17. Jahrhunderts
erdichtet), vertrat Zeit seines Lebens das Weltbild des
Kopernikus. Das heißt, Galileo ging von einer sich bewegenden
Erde aus und spätestens als er durch sein mächtiges Teleskop
die Monde des Jupiter entdeckt hatte, warf er das bis dahin
gültige Weltbild von der Erde als Mittelpunkt des Universums
über Bord. Für die damals allmächtige Kirche wäre das Grund
genug gewesen, den unbequemen Professor schon jetzt zu
verurteilen, doch lange Jahre gescha h nichts dergleichen. Im
Gegenteil: Der Vatikan zeigte sich durchaus interessiert an
Galileis Theorien, der Papst empfing ihn zur Audienz und vom
Orden der Jesuiten wurde er für seine wissenschaftlichen
Verdienste sogar geehrt. Erst als er, der immer wieder auf Neid,
Anfeindungen und Unverständnis seiner weniger berühmten
Kollegen stieß, das ptolemäische Weltbild endgültig als
»grundfalsch« bezeichnete und seine eigenen Theorien die
einzig richtigen nannte, wurde man in Rom ein wenig
ungehalten. Die Kirche sah ihren Monopolanspruch attackiert -
und da dies auch noch in aller Öffentlichkeit geschah, zitierte
man den Mann aus der Toskana zum Rapport. Allzu streng war
man aber immer noch nicht, denn Galileo durfte aufgrund einer
angeblichen Krankheit die Reise mehrmals verschieben. Als er

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1633 dann endlich in Rom eintraf, bewohnte er recht
komfortable Räumlichkeiten und der Vatikan stellte ihm sogar
einen Dienstboten zur Verfügung. Unter großer Anteilnahme der
Öffentlichkeit kam es dann zum Inquisitionsverfahren, in dem
sich die Richter ebenfalls unerwartet nachsichtig zeigten. Sie
veranlassten ihn zwar durch »sanften Druck«, seinen Lehren
abzuschwören, doch das Urteil lautete schließlich lediglich auf
Ungehorsam. Sieben Bußpsalmen sollte er in den
anschließenden drei Jahren jede Woche beten und eine
mehrmonatige Kerkerstrafe verbüßen. Diese jedoch musste
Galileo aufgrund seiner angegriffenen Gesundheit nicht einmal
antreten - die Kirche erlaubte ihm, seinen Lebensabend auf dem
luxuriösen Anwesen des Erzherzogs der Toskana zu verbringen.
Dort stand er zwar unter Aufsicht, aber nur, was seine
Äußerungen in der Öffentlichkeit betraf, seine Forschungen
durfte er weiterhin betreiben. Vom Vatikan erhielt er bis zu
seinem Tod sogar eine großzügige Rente, so dass offensic htlich
die Mär vom verarmten und verbitterten Folteropfer in späteren
Jahren von seinen Jüngern erfunden wurde.

G wie Gehirn

Masse ist nicht gleich Klasse - dass dieser simple Merksatz

auch für das Gehirn zutrifft, dürfte die meisten Leser
überraschen. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung muss
nämlich das Hirn eines großen Denkers keinesfalls größer oder
schwerer ausfallen als das »Oberstübchen« eines anerkannten
Trottels. So wog das Gehirn, das man dem Schädel des
berühmten französischen Schriftstellers,

Essayisten und

Humanisten Anatole France (1844-1924) nach seinem Ableben
entnahm, gerade mal 1160 Gramm - nicht viel, wenn man
bedenkt, dass der Durchschnitt eines Männerhirns bei 1375
Gramm liegt. Sein russischer Kollege Iwan Turgenjew hätte

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dagegen mit 2012 Gramm »prahlen« können und auch Friedrich
Schiller brachte es immerhin auf 1530 Gramm. War France also
dümmer? Ach was - nicht die Schwere macht's, sondern die
Anzahl der kleinen grauen Zellen in der Gehirnrinde, und da war
Anatole France sicherlich ganz weit vorn dabei.

G wie Gehör

Hochmusikalische Menschen verfügen zumeist über das

sogenannte »absolute Gehör«. Falsche Töne filtern sie mit
verblüffender Sicherheit aus der gewaltigen Klangfülle eines
Orchesters heraus und eine nicht ganz korrekt gestimmte
Violine mag ihnen Höllenqualen bescheren. So weit, so gut,
doch der daraus abzuleitende Umkehrschluss ist leider falsch:
Ein absolutes Gehör kann nämlich nicht ohne weiteres als
Beweis für Musikalität herangezogen werden. Die Begabung
eines Menschen lässt sich nicht daran festmachen, ob er einen
Ton in seiner tatsächlichen Höhe bestimmen kann, ohne ihn mit
einem anderen Ton vergleichen zu müssen. Das ist zwar schon
ganz nett, doch ob er deswegen mit dem Gehörten auch ein
Klangbild verbindet oder musikalisches Verständnis aufbringt,
ist damit nicht gesagt.

Ein gutes Gehör lässt sich durch Übung zu einem »absoluten«

verbessern - Talent allerdings kann man sich durch Üben nicht
erwerben.

G wie Geschwindigkeit

Mit den physikalischen Erkenntnissen des 20. Jahrhunderts

hat sich die menschliche Sprache auch beim Thema
»Geschwindigkeit« um zwei Varianten erweitert: Die Schall-
und die Lichtgeschwindigkeit. Doch wie so häufig, werden auch

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hier wissenschaftliche Arbeitsgrundlagen als »Allgemeinplätze«
missbraucht und fehlgedeutet. So ist zum Beispiel die
»Schallgeschwindigkeit« keine Konstante. Mit ihr lässt sich
nicht exakt messen, wie schnell beispielsweise ein Flugzeug
unterwegs ist. Warum? Nun, bei einer Temperatur von exakt 0
Grad Celsius legt der Schall in eine r Sekunde 331 Meter zurück.
Bei etwa 15 Grad sind es schon 341 Meter. So beginnt ein
»Überschallflug« in der arktischen Kälte von rund -30 Grad
bereits bei etwa 1070 km/h und bei 20 Grad plus erst bei etwa
1240 km/h.

Ähnlich unbestimmt verhält es sich auch mit der

Lichtgeschwindigkeit: Diese beträgt im luftleeren Raum, dem
sogenannten Vakuum, tatsächlich die vielzitierten 300 000
km/h. Doch die Phasengeschwindigkeit des Lichts hängt direkt
mit dem sogenannten »Brechungsindex« des jeweiligen
Mediums zusammen. Im Klartext: Im Wasser ist das Licht rund
70000 km/h langsamer und auch in der normalen Atmosphäre ist
die Geschwindigkeit des Lichts deutlich niedriger als im
luftleeren Raum.

G wie Gewitter

»Nur ein Wunder rettet diejenigen, die in einem Gewitter vom

Blitz getroffen werden - in der Regel stirbt man sofort.« Diese
Behauptung klingt einleuchtend, wenn man die enormen Kräfte
und Spannungen berücksichtigt, die sich in einem Blitzschlag
entladen ist aber (Gottseidank) nicht richtig. Der Mensch
nämlich erweist sich als wesentlich zäher als vermutet:
Tatsächlich sterben nur etwa 40 Prozent der Blitzschlagopfer.

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G wie Giftgas

Nach der Genfer Konvention geächtet, gilt »Giftgas« heute als

eine der schrecklichsten Erfindungen der Neuzeit. Bei
»schrecklich« können wir zustimmen, doch das mit der
»Neuzeit« ist nachweislich falsch. Schon um 400 n. Chr.
verwendeten die Truppen des chinesischen Kaiserreichs
Senfgas, um ihre Gegner zu betäuben. Die übelriechende Wolke
wurde mit großen Gebläsekonstruktionen in Richtung des
Feindes getrieben, und wer zuviel davon einatmete, konnte auch
daran sterben.

G wie Glück Auf

Dieser angeblich traditionelle Bergmannsgruß wurde nicht

von den »Kumpeln« erfunden. Schon im 15. Jahrhundert war in
Franken die Wendung »Glück Zu« ein beliebter Gruß, die
Nürnberger ersetzten um 1600 erstmals das »zu« durch »auf«.
Um 1675 kam der Gruß dann zu den Grubenarbeitern des
Erzgebirges, die sich damit von den städtischen Zünften
absetzen wollten. Die pflegten nämlich noch das althergebrachte
»Glück zu« zu verwenden.

G wie Göttliche Komödie

Dante Alighieri, zumeist einfach »Dante« genannt, gilt noch

heute als größter Dichter Italiens. Außer seiner Brillanz
zeichnete sich Dante auch durch vorbildliche Bescheidenheit aus
und er selbst wäre wohl nie auf die Idee gekommen, sein größtes
Werk als »Göttliche Komödie« zu bezeichnen. Er selbst betitelte
sie nämlich schlicht als »La Commedia« und erst 200 Jahre nach
seinem Tod ließen geschäftstüchtige Buchdrucker um 1550 das

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Wörtchen »göttlich« hinzufügen.

G wie Gold

Jahrhunderte lang versuchten Alchimisten aller Herren

Länder, aus Blei oder Eisen Gold zu machen. Offensichtlich ist
es allerdings keinem gelungen, denn sonst wäre dies der Historie
wohl kaum verborgen geblieben. Möglich ist es mittlerweile
jedoch, denn mittels künstlich erzeugter Radioaktivität ließen
sich die Elemente im gewünschten Sinne umformen. Aus Blei
würde dann Gold, doch das Verfahren ist zum einen sehr
langwierig und zum anderen derart kostspielig, dass der
mögliche Verkaufserlös des gewonnenen Goldes dagegen
höchst bescheiden ausfiele.

G wie Golfstrom

Ein echter Klassiker des Geographieunterrichts ist die

Behauptung, der Golfstrom sei die Warmwasserheizung
Europas. Diese Meeresströmung, die im Golf von Mexiko ihren
Anfang nimmt, fließt entlang der amerikanischen Ostküste
nordwärts und trifft schließlich auf den eiskalten Labradorstrom.
Doch dass der Golfstrom tatsächlich den Atlantik überquert und
unter anderem die Südküste Irlands erwärmt und die
skandinavischen Häfen eisfrei hält, konnte bis he ute nicht
bewiesen werden. Zwar gibt es tatsächlich eine warme
Meeresströmung innerhalb der genannten Nordseeregionen,
doch woher diese stammt, konnte bis zur Drucklegung dieses
Buches nicht ermittelt werden. Der Golfstrom jedenfalls ist es
nicht - dieser verliert sich in den Weiten des Nordatlantik.

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G wie Guillotine

Fast selbstverständlich verbindet man die französische

Revolution mit der Guillotine. Doch dieses höchst effiziente
Instrument, mit dessen Hilfe so manch adliger Kopf vom Rumpf
getrennt wurde, ist nicht den Franzosen und schon gar nicht
ihren Revolutionären zuzuschreiben. Und auch der Pariser Arzt
Dr. Guillotin dürfte nicht eben erbaut darüber gewesen sein,
dass seine Landsleute der »Köpfmaschine« ausgerechnet seinen
Namen verliehen - hatte er doch eher humane Anliegen
vertreten. Er hatte in der Nationalversammlung am 10. Oktober
1789, drei Monate nach Beginn der Revolution, gefordert, eine
etwas menschenwürdigere Form der Todesstrafe zu finden, bei
der die Opfer nicht unnötig zu leiden hätten. Die Versammlung
griff den Vorschlag auf und konstruiert wurde die Maschine
schließlich von einem Chirurgen des Pariser Krankenhauses, der
sie im Jahr 1792 der Öffentlichkeit vorstellte. Nach ihm, Dr.
Antoine Louis, wurde das Gerät zunächst auch benannt: »Petit
Louison«. Wann der Begriff »Guillotine« schließlich in den
allgemeinen Sprachgebrauch überging, ist nicht bekannt.

Dr. Louis hat sich vermutlich an bereits bestehenden

»Vorbildern« aus England und Deutschland orientiert. In
England hatte man zum Köpfen der Verurteilten schon knapp
100 Jahre zuvor eine primitivere Form des Instruments
verwendet, und diese, wie auch ihre deutsche »Schwester«,
schienen ihren Zweck ebenfalls »ausgezeichnet« zu erfüllen.
Dass die »Guillotine« schließlich so bekannt wurde, lag
wahrscheinlich an der Häufigkeit ihrer Benutzung: Ohne
unnötigen »Stress« oder gar »Materialermüdung« konnte ein
einziger Henker mit ihr stündlich Dutzende von Opfern vom
Leben zum Tode befördern.

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G wie Gutenberg

Gutenberg, geboren 1400 in Mainz, war nicht der Erfinder des

Buchdrucks. Zwar wird dies nach wie vor behauptet und lässt
sich auch in vielen Geschichtsbüchern nachlesen, doch der als
Johannes Gensfleisch geborene Mainzer war »lediglich« der
Erfinder der »beweglichen Lettern«. Er produzierte einze lne
Druckbuchstaben, die - je nach Bedarf - zu Worten und Zeilen
zusammengesetzt werden konnten. Nach Beendigung des
Druckauftrags konnte man diese Lettern für weitere Zwecke
wieder verwenden.

Einzelne Druckversuche und erste Ansätze zum

Buchstabendruck jedoch hatte es schon lange vor Gutenberg
gegeben. Sein Verdienst bestand in erster Linie darin, diese
Ideen gebündelt und in ein sinnreiches System eingebunden zu
haben. So entwickelte er unter anderem auch eine Gießerei für
die Lettern, eine brauch- und ha ltbare Druckfarbe sowie eine
geeignete Druckerpresse. Mit der weltberühmten Gutenberg-
Bibel, dem ersten vielseitigen Druckerzeugnis der
Menschheitsgeschichte, überzeugte er auch seine Zeitgenossen
von der neuen Technik und starb 1468 als berühmter, geachteter
und reicher Mann.

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8. Von Haare bis Hund

H wie Haare

Samson wusste schon, was er an seiner Haarpracht hatte:

Ohne sie war er kraftlos. Und wenn wir uns heute nicht mehr
ganz schlüssig sind, was die Bibel uns damit lehren wollte,
können wir doch mit Fug und Recht behaupten, dass auch der
moderne Mensch an seinen Haaren »hängt«. Fast logisch also,
dass sich um des Kopfes Zier so manche Legende »rankt« und
so manche Behauptung an einem ganz langen, dünnen Haar
herbeigezogen wird. Beispiele gefällig? Bitteschön. So manche
Mutter einer pubertierenden Tochter seufzt angesichts der
unzähligen Stunden, die ihr erblühender Nachwuchs im
Badezimmer zubringt: »Kind - wasch dir doch nicht so oft die
Haare. Davon fallen sie aus«. In Zukunft kann das Töchterchen
auf die folgenden Zeilen verweisen: »Falsch, Mutti. Der Mensch
verliert pro Tag ohnehin rund 70 Haare (mal zehn mehr, mal
zehn weniger) - ganz unabhängig davon, wie oft er sie wäscht.«

Viele von denjenigen, die schon ein bisschen zuviel Haare

verloren haben, gehe n besonders häufig zum Friseur. Unter der
Schädeldecke mit dem lichten Haar tragen sie nämlich die
Hoffnung, dass durch häufiges Schneiden das Haarwachstum
gefördert wird. Leider, leider - dem ist nicht so. Zwar wachsen
kürzere Haare in der Tat schneller als lange Mähnen, doch die
Zahl wird dadurch nicht größer. Kahle Stellen bleiben kahl und
bis zum heutigen Tag ist auch noch kein Mittelchen gefunden
worden, das dagegen etwas ausrichten könnte.

Eine besonders schaurige Geschichte rund ums Haupthaar

wird ebenfalls gern und oft kolportiert. So wird behauptet, das
Haar von Verstorbenen wachse noch eine ganze Weile weiter.

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Welcher Leichenbestatter diese Fabel auch in Umlauf gesetzt
hat - er hat entweder ein Schlückchen zuviel getrunken oder
wollte seine Zuhörer ein bisschen schockieren. Tatsache ist, dass
Haar und Nägel über den Blutkreislauf mit Nährstoffen versorgt
werden. Wenn also das Herz stillsteht und kein »Nachschub«
mehr geliefert wird, hört auch das Haarwachstum auf. Lediglich
Bärte können noch etwas länger werden, doch selbst das ist eine
optische Täuschung: Wenn die Gesichtshaut austrocknet und
einschrumpft, kann das einzelne Barthaar schließlich bis zur
Wurzel »gesichtet« werden und mag dem Betrachter damit
länger vorkommen.

H wie Hängematte

Völlig logisch - das Wort »Hängematte« setzt sich aus

»hängen« und »Matte« zusammen. Völlig logisch… aber leider
falsch. Tatsächlich leitet sich der Name der gemütlichen
Schlummerschaukel vom indianischen »hamaca« her. Die Maya
transportierten darin hohe Würdenträger, und von Mittelamerika
aus fand die Hängematte über Spanien und Portugal auch den
Weg nach Deutschland. Ausgesprochen wurde der indianische
Begriff unterschiedlich - die Briten sollen aus »hamaca«
seinerzeit »hangmatta« gemacht haben: Bis zur deutschen
»Hängematte« war es von da aus nur noch ein kurzer Weg.

H wie Haie

Spätestens seit Hollywood den »Weißen Hai« auf die

erschreckten Kinobesucher losließ, haftet dem »Tiger der
Meere« der Ruf des erbarmungslosen Menschenkillers an. Doch
damit tut man den me isten Haien Unrecht, denn nur ein knappes
Dutzend der über 350 verschiedenen Arten trauen sich

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überhaupt an den Menschen ran. Zugegeben - das ist noch keine
wirkliche Beruhigung, und wenn Sie im Küstengewässer einem
Hai begegnen, sollten Sie nicht unbedingt Zeit damit
verschwenden, seine Art festzustellen. Doch fest steht, dass Haie
normalerweise nur dann attackieren, wenn sie provoziert werden
oder wenn gar nichts anderes zu fressen da ist als der einsame
Surfer. Eine Ausnahme ist allerdings der weiße Hai (Hollywood
hatte also doch Recht). Dieser größte und gefährlichste seiner
Art greift mitunter auch grundlos an - ihm verdanken seine
Artgenossen ihren schlechten Ruf. Insgesamt sollen seit 1911
(frühere Aufzeichnungen stehen nicht zur Verfügung) bis heute
29 Menschen weltweit von weißen Haien getötet worden sein.
Da auch andere Haie (Tigerhai oder Blauhai) schon Menschen
als zweites Frühstück goutiert haben, beläuft sich die Zahl der
Todesopfer durch Haiangriffe auf rund 60.

H wie Hamburger

Als das möglicherweise amerikanischste aller Gerichte hat

sich im Laufe der letzten Jahrzehnte der »Hamburger« etabliert.
Folgerichtig sind auch die meisten Amerikaner der
Überzeugung, das Wort leite sich von »ham« (Schinken) ab - so
wie der »Cheeseburger« seinen Namen eben vom darauf
drapierten Käse erhielt. Doch in Wahrheit stammt der Name
»hamburger« tatsächlich von der deutschen Großstadt Hamburg
und kann auf eine stolze Tradition zurückblicken. Das
»Hackfleischscheibchen« nämlich wurde von den Hanseaten
bereits im 14. Jahrhundert als schnelle Zwischenmahlzeit
entdeckt und gelangte dann etwa 400 Jahre später mit deutschen
Einwanderern nach New York. Dort hatte ein aus Pinneberg
stammender Koch namens Georg Knecht die Idee, seinen
Gästen einen schnellen Mittagstisch zu servieren, den sie im
Falle einer überfüllten Gaststätte oder wenn sie in großer Eile

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waren, auch ohne Teller und Besteck genießen konnten. Also
klemmte er das Hackfleisch einfach zwischen zwei
Brotscheiben. 1904 wurde diese Kreation dann der »kulinarische
Schlager« auf der Weltausstellung von St. Louis, wo man
mittlerweile noch auf die Idee gekommen war, das Hackfleisch
mit Soße und Zwiebeln zu versehen. Diese Köstlichkeit hieß zu
dieser Zeit noch einfach »Hamburg« - das »er« wurde im Laufe
der Jahre angehängt.

H wie Haschisch

Der Erwerb von Haschisch, der Handel mit Haschisch und der

Anbau von Haschisch sind verboten. Nicht aber der Besitz von
Haschisch, doch dieser wird fast unmöglich, wenn man es weder
kaufen noch anbauen darf. Ein Grund für diese rigide Haltung
der Justiz ist die Meinung, Haschisch sei eine süchtigmachende
Substanz und damit gefährlich. Egal ob die Konferenz der
Innenminister nun entsetzt aufstöhnt - Haschisch macht nicht
automatisch süchtig und ist wesentlich ungefährlicher als
beispielsweise Alkohol oder Nikotin. Nicht dass Sie diese Zeilen
missverstehen: Wir wollen keinesfalls zum Haschisch-Konsum
anregen. Doch der Blütenextrakt der Hanfpflanze, die vor allem
in Kleinasien angebaut und geerntet wird, kann in Maßen sogar
gesundheitsfördernde Wirkung haben. Dies lässt sich von
Alkohol und Nikotin nicht behaupten und noch viel weniger von
den »harten« und wirklich süchtigmachenden Drogen wie
Kokain, LSD oder Heroin. Es gilt jedoch für den Gebrauch von
Haschisch auch, dass es den Konsumenten mehr oder weniger in
einen Rauschzustand versetzt, so dass er alltägliche
Verrichtungen wie beispielsweise Autofahren tunlichst
unterlassen sollte. Das Wahrnehmungsvermögen und die
Reaktionsfähigkeit werden durch Haschisch-Genuss erheblich
eingeschränkt.

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H wie Hattrick

Gerd Müller, der »kleine dicke Bomber der Nation«, feierte

im Laufe seiner Karriere ein halbes Dutzend »Hattricks« und
setzte sich nicht zuletzt dadurch ein Denkmal für die Ewigkeit.
Einen »Hattrick« schafft ein Fußballer dann, wenn er binnen
einer einzigen Halbzeit dreimal ins gegnerische Tor trifft, ohne
dass ein anderer Spieler zwischendurch erfolgreich war oder die
andere Mannschaft getroffen hat. Doch die meisten
Fußballreporter, die einen Hattrick voller Leidenschaft
kommentieren, ahnen nicht, dass der Ausdruck gar nicht aus der
Fußballterminologie stammt. Tatsächlich entspringt er dem
urbritischen »Kricket«, bei dem es unter anderem darum geht,
mit einem Ballwurf das sogenannte »Wicket« zu treffen.
Schaffte ein Werfer dies dreimal hintereinander, so wurde ihm
anschließend ein spezieller »hat« (engl. für Hut) verliehen und
aus den Worten »hat« und »Wicket« entstand der »Hattrick«.

H wie Hauptmann von Köpenick

Ob Heinz Rühmann oder Harald Juhnke ihn verkörperten -

immer spielten sie Wilhelm Voigt alias »Der Hauptmann von
Köpenick« als ewigen Verlierer, dem am Ende weder
Mutterwitz noch Einfallsreichtum aus der Patsche helfen
können. Doch ganz so ein armes Würstchen war Voigt nicht. Im
Gegensatz zu den meisten Verfilmungen und Bühnenversione n
seines berühmten Bubenstückes hatte dieses nämlich durchaus
ein Happyend.

Zunächst mal eine kurze Inhaltsangabe für alle diejenigen, die

mit Wilhelm Voigts berühmter Amtsanmaßung nicht ganz so
vertraut sind. Am 16. Oktober 1906 machte sich Voigt die
typisch deutsche Uniformhörigkeit zunutze, schmiss sich in
einen altgedienten Offiziersfummel, gab sich gegenüber einigen

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vorbeikommenden Grenadieren als Hauptmann aus und besetzte
das Rathaus von Köpenick. Zu diesem Zeitpunkt hatte der
54jährige bereits 28 Lebensjahre hinter schwedischen Gardinen
verbracht, denn in den preußischen Polizeiakten war er als
notorischer Kleinganove bekannt, der sich mit Einbrüchen,
kleinen Betrügereien und Diebstählen über Wasser hielt. Sein
berühmter Streich brachte ihn noch einmal 20 Monate hinter
Gitter - eine relativ milde Strafe angesichts der Anklage, die auf
Amtsanmaßung, Urkundenfälschung, Beleidigung, Betrug und
Freiheitsberaubung lautete. Nach Verbüßung seiner Strafe war
Voigt ein gefragter Mann: Zunächst tingelte er als »Ein-Mann-
Kabarett« über deutsche Jahrmärkte und erzählte seine
Geschichte wohl an die tausend Mal, wobei er natürlich nicht zu
erwähnen vergaß, dass der offensichtlich recht amüsierte Kaiser
ihm einen Großteil der Gefängnisstrafe erlassen hatte. Nicht
zuletzt dank des florierenden Verkaufs handsignierter
Postkarten, die ihn in der Hauptmannsuniform zeigten, verdiente
er mehr Geld als je zuvor in seinem Leben, kaufte sich in
Luxemburg ein kleines Häuschen und lebte dort bis 1922 als
durchaus zufriedener Rentner und wohlgelittener Nachbar.

H wie Hermann der Cherusker

Siegfried, Roland und Hermann - was haben diese drei Herren

gemeinsam? Nun, zum einen gelten sie alle als Verkörperung
deutschen Heldentums und zum anderen ist bei allen dreien
recht zweifelhaft, ob sie überhaupt gelebt haben. (Siehe auch
Stichwort »Roland«.) In Hermanns Fall rührt die Skepsis daher,
dass in den römischen Aufzeichnungen der Schlacht vom
Teutoburger Wald ein gewisser »Arminius« als Anführer des
Cherusker-Heeres genannt wird. Andere Aufzeichnungen über
diese Schlacht im 9. Jahrhundert existieren nicht. Historiker
halten es für höchst zweifelhaft, dass Arminius eine lateinische

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Version des Namens Hermann ist, sie verweisen vielmehr auf
einen ehemaligen römischen Militärtribun namens Arminius, der
eines Tages die Seiten wechselte, sich gegen Kaiser Tiberius
stellte und den germanischen Widerstand gegen die
vorrückenden Invasoren aus dem fernen Rom organisierte.
Warum Arminius das tat, ist nicht überliefert. Wenn man davon
ausgeht, dass dieser Arminius und der ominöse Germane
Hermann ein und dieselbe Person waren, lässt sich bilanzieren,
dass er in seinen Bemühungen sehr erfolgreich war. Schließlich
gelang es ihm unweit des Teutoburger Waldes, dank
ausgeklügelter Strategie, ein zahlenmäßig deutlich überlegenes
Heer vernichtend zu schlagen. Die römische
Geschichtsschreibung nennt sogar eine Zahl von 20000 Toten,
die allerdings auch bezweifelt werden muss. Denn damit wäre
die römische Besatzungsmacht im Norden Germaniens binnen
weniger Stunden fast vollständig aufgerieben worden, kaum
anzunehmen ist jedoch, dass ein Heerführer seine gesamten
Einheiten in einer einzigen regionalen Auseinandersetzung
konzentrierte.

H wie Herz

Nur eine kleine Randnotiz zum folgenden Satz: »Ich bin so

aufgeregt - ich kann spüren, dass mein Herz schneller schlägt«.
Richtig müsste dieser Satz lauten:

»Ich glaube subjektiv wahrzunehmen, dass sich meine

Herzfrequenz erhöht hat«. Hat sie aber nicht, denn ein durch
Aufregung erhöhter Blutdruck lässt das Herz nur kräftiger
schlagen, nicht aber schneller. Wenn ihr Puls also nach oben
geht, haben Sie sich gerade sportlich oder körperlich verausgabt,
oder Sie haben Fieber: In diesen Fällen schlägt das Herz
tatsächlich schneller.

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H wie Hexen

Der englische Historiker Dr. Wolf Chapman sagte einmal:

»Das einzig Helle am finsteren Mittelalter waren die Feuer der
Hexenverbrennungen.« Was Chapman dabei allerdings nicht
erwähnte, ist die Tatsache, dass Hexenverbrennungen in der von
ihm angesprochenen Zeitspanne eigentlich kaum praktiziert
wurden. Die sogenannten »dark ages« - finsteren Zeiten - waren
nämlich die Epoche zwischen dem Untergang des
weströmischen bis zu dem des oströmischen Reiches - also von
etwa 500 bis 1000 n. Chr. Zwar konnte man auch in diesen
Tagen auf dem lodernden Scheiterhaufen seine Seele
aushauchen, doch waren die Anklagen zumeist wesentlich
konkreter als diejenigen der absurden Hexenprozesse der
Renaissance. In einer Zeit, in der Luther und Gutenberg in
Deutschland wirkten und zahlreiche Humanisten das Licht der
Aufklärung am »Ende des Tunnels« leuchten sahen, feierte der
Aberglauben fröhliche und makabere Urständ. Größtenteils
Frauen - aber auch etliche sogenannte »schwarze Magier« und
Zauberer männlichen Geschlechts - wurden beschuldigt, die
Nachbarskühe verhe xt zu haben, für schlechte Ernten und übles
Wetter verantwortlich zu sein oder im stillen Kämmerlein
Giftmischerei zu betreiben. In diesen Jahren der kollektiven
Hexenhysterie (ca. 1480 bis 1630) waren keinesfalls nur dumpfe
Dorftrottel und einfältiggrausame Provinzrichter für die
sinnlosen Pogrome verantwortlich. Nein, auch die erwähnten
Humanisten - Professoren, Mediziner, Philosophen, Politiker
und Juristen - ließen sich vom Irrsinn anstecken oder benutzten
ihn gezielt für ihre eigenen Intrigen und Ränke. Denn was
könnte einen unliebsamen Rivalen schneller mundtot machen,
als ihm Hexerei anzudichten? Wie bringt man einen Mann eher
zum Schweigen, als seiner Frau als »Hexe« den Prozess zu
machen? Unrühmlich taten sich auch zwei berühmte Theologen
und Reformatoren hervor: Martin Luther und Johann Calvin.

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Luther bezeichnete die Hexenverfolgung in einer seiner
Schriften als »leider notwendig Übel wider die Wucherung der
schwarzen Kuenste« und Calvin forderte die Bürger seiner
Genfer Heimat ultimativ auf, »die Zauberer und Hexenweiber
mit Stumpf und Stiel« auszurotten. Dass er dabei auf möglichst
grausamen Verhörmethoden und qualvollen Hinrichtungen
bestand, sei hier nur als Fußnote der Geschichte erwähnt.

Festzuhalten bleibt, dass das »echte« Mittelalter zwar den Tod

durch den Scheiterhaufen »eingeführt« haben dürfte, doch die
systematische Verfolgung angeblicher Hexen und die damit
verbundenen grausamen und sinnlosen Exzesse ließen noch gut
400 Jahre auf sich warten.

H wie Hinkelsteine

Ein Indiz dafür, dass Comic-Lesen auch bilden kann, sind die

Abenteuer von »Asterix und Obelix«. Die beiden »unbeugsamen
Gallier« des Autorenduos Uderzo/Goscinny haben zwar nicht
wirklich gelebt und auch die Existenz des »Zaubertranks« muss
ganz entschieden angezweifelt werden, doch zumindest das
Lieblingsspielzeug des starken Obelix gab es tatsächlich: Den
Hinkelstein. In der Normandie wurden mehrere sogenannte
»Menhir-Felder« gefunden, auf denen Dutzende der bis zu 20
Meter hohen, von Menschenhand konkav geformten Steinriesen
in langen Reihen stehen. Vermutlich handelt es sich bei diesen
steinernen Alleen um Kult- und Begegnungsstätten einer uralten
vorchristlichen Religion. Die deutsche Übersetzung des Wortes
»menhir« kommt übrigens aus Rheinland-Pfalz. Dort wurde bei
Monsheim ein derart behauener Menhir gefunden, der als
Hinkelstein bezeichnet wurde. Der Name dürfte sich von
»Hünenstein« ableiten - eine althochdeutsche Bezeichnung für
die ebenfalls meist konkav geformten schweren Steine auf den
sogenannten Hünengräbern der Wikinger. Wer allerdings aus

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dem »Hünen« einen »Hinkel« gemacht hat, ist nicht bekannt.

H wie Hippokrates

Mediziner aller Länder berufen sich heute auf den »Eid des

Hippokrates«, wenn es um ihr Berufsethos geht. Doch der
griechische Arzt, der 377 v. Chr. das Zeitliche segnete, hat
diesen Eid weder erfunden noch ihn der Nachwelt hinterlassen.
Er wurde ihm erst etliche Jahrhunderte nach seinem Tod
angedichtet, vermutlich um eine spätere medizinische Schrift
durch den berühmten Namen und große Worte aufzuwerten.
Fest steht, dass sich das sogenannte Genfer Ärztegelöbnis des
Jahres 1948 auf diese dubiose Schrift beruft und dass dabei auch
noch geschummelt wurde. Denn der unbekannte Hippokrates-
››Nachdichter« hatte neben der ersten Passage der Eidformel,
die sich dem Wohl und der Gesundheit des Patienten
verpflichtet gab, auch noch weitere Zeilen zu Papier gebracht:
Darin hieß es unter anderem, dass jeder Arzt seine Kunst und
sein Wissen nur an seine Söhne oder die Söhne seiner Lehrer
weitergeben dürfe - offensichtlich in der Absicht, die Zahl der
möglichen Konkurrenten auf dem medizinischen Sektor so
gering wie möglich zu halten. Diese und andere Textzeilen
wurden in Genf stillschweigend übergangen - wahrscheinlich
war's auch besser so.

H wie Höhlenmenschen

… haben höchstwahrscheinlich gar nicht in Höhlen gelebt.

Die Bezeichnung »Höhlenmensch« beruht lediglich darauf, dass
viele Relikte unserer Urahnen in Höhlen gefunden wurden. So
wurde gefolgert, der Urmensch müsse dort auch sein ständiges
Domizil gehabt haben. Wie Erkenntnisse des 20. Jahrhunderts

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allerdings beweisen, hielten sich die ersten Menschen
vorzugsweise im Freien auf und zogen sich in die düsteren und
wohl auch angsteinflößenden, dunklen Räumlichkeiten nur dann
zurück, wenn sie sich vor Gefahren oder dem Wetter verstecken
mussten. Dass dennoch so viele Zeugnisse ihres Daseins in
Höhlen entdeckt wurden, liegt schlicht und ergreifend daran,
dass sie dort wesentlich besser konserviert wurden.

H wie Holz

Kennen Sie eigentlich den ehemaligen Werbespot für einen

Schokoriegel? »Der ist so leicht, der schwimmt sogar in Milch«,
hieß der Slogan, doch wäre es interessant zu wissen, ob sich die
Autoren jemals Gedanken darüber gemacht haben, dass
schließlich auch Holz oder ein Kuhfladen in Milch schwimmen
können. Würden sie's deswegen essen? Allerdings ist die
allgemeine Auffassung falsch, dass Holz immer auf Milch - oder
auch auf Wasser - schwimmt. Holz kann nämlich nur dann an
der Oberfläche schwimmen, wenn sein Eigengewicht kleiner ist
als das Gewicht der von ihm verdrängten Flüssigkeit. So wiegt
ein Kubikmeter Wasser bekanntlich tausend Kilogramm, doch
ein Kubikmeter vom Stamm eines afrikanischen
Eisenholzbaumes kann es durchaus auf 1500 Kilo bringen. Ergo
geht das Holz unter - wie ein Stein.

H wie Holzblasinstrumente

Ein diebisches Vergnügen bereitet es, scheinbar

offensichtliche Tatsachen zu widerlegen. Dafür ein weiteres
Beispiel: Holzblasinstrumente sind per Definition aus Holz!
Falsch! Denn für die Klassifizierung des Instruments ist
lediglich die Art der Klangerzeugung ausschlaggebend - nicht

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der überwiegende Teil der Bausubstanz. So wird beispielsweise
das Rohrblatt eines Saxophons aus Holz geschnitzt, und damit
zählt dieses Instrument auch schon zu den
Holzblasinstrumenten.

H wie Hühner

Zahlreiche Bauernregeln dichten Hühnern ganz erstaunliche

Fähigkeiten an, von denen eine angeblich phänomenale
Wetterfühligkeit zu den geläufigsten gehört. Ebenso wird seit
Generationen behauptet, eine Henne gackere genau dann, wenn
sie gerade ein Ei gelegt hat, um dieses freudige Ereignis der
Umwelt kundzutun. Dies ist leider nicht ganz korrekt, denn
eigentlich ist es dem Huhn ziemlich egal, ob die Kolleginnen
das vollbrachte Werk zu würdigen wissen. Das Gackern ist
lediglich ein Instinkt, den unsere geflügelten Freundinnen von
ihren asiatischen Urahnen übernommen haben. Wenn nämlich
ein Wildhuhn ein Ei zu legen hatte, suchte es sich ein ruhiges
Plätzchen, und dies konnte zuweilen recht weit draußen in der
Taiga sein. Da die Tiere von der Natur allerdings nicht eben mit
einem guten Orientierungssinn ausgestattet wurden, gewöhnten
sie sich an, nach getaner Arbeit möglichst laut zu gackern.
Daraufhin gackerte oder krähte der weit entfernte Hahn
ebenfalls eine Weile und anhand dieses akustischen
Lotsendienstes fand die Henne zurück in heimatliche Gefilde.
Wenn sie sich den Weg eingeprägt hatte, ging die junge Mutter
wieder zum Ei zurück und tat ihre Pflicht: Sie brütete.

H wie Hund

Angeblich ist der Hund der beste Freund des Menschen, und

da verwundert es doch sehr, dass viele Hundehalter sic h so

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wenig Mühe geben, ihn besser kennenzulernen. Abgesehen von
Kampfhundbesitzern, denen das Innenleben ihres Vierbeiners
recht egal zu sein scheint, gibt es auch etliche Gerüchte und
Halbwahrheiten zum Thema Hund, die dringend einer Korrektur
bedürfen. So müssen wir beispielsweise dem Satz: »Also, der
Hasso - der versteht jedes Wort«, energisch widersprechen, denn
in diesem Fall wäre Hasso kein Hund, sondern ein Mensch. In
aller Deutlichkeit: Der Hund versteht kein Wort von dem, was
ihm gesagt wird. Weder in Deutsch, noch in Englisch, Japanisch
oder Russisch. Kein Wort! Ehrlich! Allerdings verfügen Hunde
über ein sehr starkes Empfindungsvermögen und über ein
brauchbares Kurzzeitgedächtnis. Sie sind in der Lage, am
Tonfall eines Menschen zu erkennen, welcher Stimmung er ist,
und wenn sie ein bestimmtes Wort oft genug gehört haben,
wissen sie auch, was sie daraufhin zu tun haben. Aber sie
verstehen den Sinn oder den Inhalt dieses Wortes deswegen
noch lange nicht. Sie können das gerne ausprobieren. Flüstern
Sie Ihrem Hund doch mal mit zärtlicher Stimme folgende Worte
zu: »Du blöder, blöder Köter. Du bist einfach der allerdümmste
Hund, den ich kenne. Ich glaube, wir lassen dich bald
einschläfern«. Wenn Sie den Tonfall treffen, in dem Sie Ihren
kleinen Liebling normalerweise loben, wird er Ihnen auch
diesmal ein Küsschen geben. Wenn er Sie allerdings entgegen
den Aussagen dieser Zeilen wirklich verstehen sollte, dann
bringen Sie sich in Sicherheit.

Auch die Behauptung, Hunde und Katzen könnten einfach

nicht miteinander auskommen, ist aus biologischer Sicht nicht
haltbar. Dass sie sich in der Regel nicht besonders gut verstehen,
hängt in erster Linie mit ihrer unterschiedlichen Körpersprache
zusammen. Wenn ein Hund beispielsweise die Pfote hebt,
bedeutet das häufig, dass er spielen will. Wenn eine Katze das
gleiche tut, möchte sie tunlichst in Ruhe gelassen werden. Und
dass Hunde so gerne Katzen jagen, hängt einfach damit
zusammen, dass Katzen sehr schnell rennen und sehr vorsichtig

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sind. Einer davonlaufenden potentiellen Beute nachzurennen, ist
ein Instinkt des Hundes - egal ob es sich nun um eine Katze,
einen Fuchs oder einen Hasen handelt. Wenn man allerdings
Hund und Katze von klein auf aneinander gewöhnt, kommen sie
normalerweise prächtig miteinander aus. Streitsüchtige
Exemplare beider Gattungen natürlich ausgenommen.

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9. Von Iglu bis Jungfrau von Orleans

I wie Iglu

Unter einem Iglu stellt sich der Europäer in der Regel eine

kuppelartige Behausung aus Schneequadern vor. »Iglu« bedeutet
in der Sprache der Eskimos jedoch ganz einfach »Haus«, und
von den etwa 35000 Eskimos, die heute in Grönland, Kanada
und Teilen Alaskas leben, bevorzugen die meisten auch ganz
normale Häuser. Nur sehr wenige Eskimo-Stämme leben in den
eingangs beschriebenen Eishütten und auch nur dann, wenn sich
absolut kein anderes Baumaterial finden lässt. Zwar waren die
Schneehäuser in der Vergangenheit etwas gebräuchlicher, aber
auch nur deshalb, weil die Eskimos zur Jagdsaison zuweilen mit
Kind und Kegel ins ewige Eis zogen. Und dort sind Holz und
Steine bekanntlich schwer zu finden.

I wie Indianer

Kaum einer Rasse wurde im Laufe der Menschheitsgeschichte

übler mitgespielt als den Indianern. Die Ureinwohner Amerikas,
die vor rund 20 000 Jahren aus der sibirischen Taiga über die
Bering-Straße auf den amerikanischen Kontinent kamen und
sich dort allmählich nach Süden ausbreiteten, wurden von den
europäischen Einwanderern im Schlepptau von Columbus im
Laufe der Jahre systematisch bekriegt und dezimiert und die
Diskriminierung reicht bis in die heutige Zeit hinein. Angesichts
dieser bitteren Geschichte neigt so mancher Historiker dazu, die
Geschichte der Indianer im Gegenzug außerordentlich zu
romantisieren. Zunächst einmal muss konstatiert werden, dass es

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»die Indianer« eigentlich genauso wenig gibt wie »die Asiaten«
oder »die Afrikaner«. Jeder Stamm sprach und spricht eine
eigene Sprache und auch ihre Lebensgewohnheiten, Religionen
und kulturellen Errungenschaften wiesen enorme Unterschiede
auf. Ins Auge fällt sofort ein gewaltiges Süd-Nord-Gefälle, denn
während die Inka und die Maya in Mittel- und Südamerika
schon gewaltige Zivilisationen geschaffen hatten, lebten und
jagten die Stämme des Nordens noch unter eher primitiven
Umständen und bevorzugten das Nomadenleben. Dabei
benutzten sie übrigens keine Pferde - die Vierbeiner waren bis
zum Eintreffen der Spanier auf dem amerikanischen Kontinent
völlig unbekannt.

Nicht ganz korrekt ist auch die weitverbreitete Darstellung,

die spanischen und portugiesischen Eroberer seien für die
blutige Unterjochung der Indianer allein verantwortlich. Zwar
gingen die »Conquistadores« tatsächlich mit erschreckender
Brutalität und Menschenverachtung zu Werke und nutzten den
Vorteil des Schießpulvers erbarmungslos aus, doch kaum
jemand weiß, dass ihnen dabei auch Hilfe von den Eingeborenen
selbst zuteil wurde. Anders wäre die zügige Eroberung auch gar
nicht möglich gewesen, denn das Heer der Eroberer, das in
erster Linie aufs Gold versessen war, war mit seinen rund 50000
bis 100000 Mann den Einheimischen zahlenmäßig weit
unterlegen. Zudem hatten die Indianer den unschätzbaren
Vorteil, die Region wesentlich besser zu kennen, und hätten
anhand dieses strategischen Vorsprungs einen jahrzehntelangen
Partisanenkrieg anzetteln können, der wahrscheinlich sogar von
Erfolg gekrönt gewesen wäre. Doch die Größe der Azteken war
auch ihr Untergang: Die spanischen Heerführer erkannten rasch,
dass nicht alle Indianer gleich waren, sondern dass im
aztekischen Riesenreich zahlreiche geknechtete und versklavte
Völker lebten. Deren Unzufriedenheit machten sich die
Europäer zunutze, heuerten einheimische Führer an und bildeten
ihre neuen Verbündeten in europäischer Kriegstechnik aus. So

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half bei der Eroberung der monumentalen Aztekenhauptstadt
Tenochtitlan das bislang unterjochte Volk der Tlaxcala
bereitwillig mit. Etwa 15000 Krieger wurden den Spaniern zur
Verfügung gestellt. Auch am Feldzug gegen die Inka im
heutigen Peru waren nachweislich mindestens vier
Indianerstämme beteiligt.

Trotzdem tragen natürlich die rücksichtslosen und

barbarischen Eroberer aus dem fernen Europa die Hauptschuld
an der Ausrottung der uralten Kulturen Mittelamerikas. Wie
wenig sich die Herren Cortez und Pizzaro um das Wohl und
Wehe der Eingeborenen scherten, wird anhand ihres Umgangs
mit den neuen Verbündeten deutlich. Nach gewonnener
Schlacht gegen die Hauptgegner wurden diejenigen Indianer, die
wenige Monate zuvor noch auf der Seite der Konquistadoren
gekämpft hatten, ebenso grausam gejagt und abgeschlachtet.

I wie Inflation

Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist »Inflation« keine

Erscheinung der Neuzeit. Bereits aus dem Jahr 65 v. Chr.
stammen erste Berichte über Geldentwertungen der römischen
Währung. Ursache war hier wie auch im Jahre 850 n. Chr. in
China ein zu hoher Geldausstoß der jeweiligen »Zentralbank«,
wobei im alten Rom allerdings ausschließlich Münzen im
Umlauf waren. In China hantierte man vor knapp 1200 Jahren
schon mit Papiergeld, wenn man bedenkt, dass die Druckkunst
noch nicht erfunden war, müssen wahrlich fleißige Zeichner am
Werk gewesen sein. Um 1550 war auch Spanien von einer
massiven Inflation betroffen, wobei sich hier wohl die
Redewendung vom »Fluch der bösen Tat« bewahrheitet hat:
Unmengen von geraubtem Silber aus Südamerika erreichte die
spanischen Küsten und prompt verlor das einheimische Geld
schnell an Wert. Die bislang größten Ausmaße erreichte eine

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Inflation im Jahre 1923 in Deutschland: Ein Billion Reichsmark
ermöglichten dem Konsumenten gerade noch den Kauf eines
Brotlaibs.

J wie Jesus oder Jungfrauengeburt

Mit den folgenden Zeilen begeben wir uns auf ein heißes

Pflaster und wollen vorsorglich gleich darauf hinweisen, dass
wir keinesfalls beabsichtigen, die Grundfesten des christlichen
Glaubens zu erschüttern. Es geht um die sogenannte
»Jungfrauengeburt«. Wenn wir diesen Passus der verschiedenen
Evangelien als umstritten bezeichnen, befinden wir uns in guter
Gesellschaft. Jahrhunderte lang stritten sich nämlich Theologen
über die Frage, ob die jungfräuliche Geburt wirklich wörtlich zu
nehmen sei oder interpretatorischen Freiraum biete. Fürs
Wörtlich-Nehmen spricht das Johannes-Evangelium, das
ausdrücklich betont, Jesus habe keinen anderen Vater gehabt als
Gott selbst. In der hebräischen Urfassung des Matthäus-
Evangeliums liest sich das allerdings anders, denn dort ist nicht
von einer »Jungfrau«, sondern lediglich von einer »jungen Frau«
die Rede. Doch schon bei der ersten Übersetzung dieses Textes
ins Griechische wurde - wahrscheinlich in Anlehnung an
Johannes - daraus eine »Jungfrau«. Bemerkenswert ist außerdem
die Tatsache, dass Markus - der erste der Jünger, der ein
Evangelium verfasste - die Jungfrauengeburt nicht einmal
erwähnte, sondern schreibt, Gott habe Jesus zu seinem Sohn
»erklärt«. Und auch der Apostel Paulus ließ viel Raum für
Spekulationen, als er zu Papyrus brachte, Jesus sei zum Sohn
Gottes »eingesetzt« worden - zum Zwecke seiner Auferstehung
von den Toten.

Vieles spricht dafür, dass Johannes und Lukas die

jungfräuliche Geburt des Jesus von Nazareth nur deshalb so
betonten, um seiner Gegenwart auf Erden noch größeres

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Gewicht zu verleihen. Wie gesagt - vieles spricht dafür, doch
einen Beweis können beide Seiten nicht ins Feld führen. Die
evangelische Kirche hat die Jungfrauengeburt aufgrund der
herrschenden Unklarheiten jedenfalls nicht dem ältesten
Bekenntnis der Kirche zugerechnet - die katholische Kirche
hingegen hält am wörtlichen Verständnis fest und hat dies auf
dem Zweiten Vatikanischen Konzil im Jahre 1964 noch einmal
ausdrücklich untermauert.

J wie Jodeln

Kuhglocken, Berge, stramme Sennerinnenwaden und jodelnde

Burschen - so oder so ähnlich dürften Nicht-Europäer das
Klischee der Alpenrepubliken Österreich und Schweiz zeichnen.
Doch zumindest mit dem Jodeln ist das so eine Sache (und auch
die strammen Waden werden weniger), denn erfunden wurde
der kehlige Singsang wohl nicht in den Alpen. Der fröhliche
Juchzer, zwischen Brust- und Kopfstimme pendelnd und von
Uneingeweihten nur äußerst schwer nachzuahmen, wurde
nachweislich schon im alten China, in Bali, Indonesien, im
Kaukasus, in Thailand und Rumänien praktiziert. Erst zum Ende
des 18. Jahrhunderts soll das ›Jodeln« schließlich in Österreich
heimisch geworden sein - ob es gar ein zugewanderter Chinese
war, der den Einheimischen diese hohe Sangeskunst vermittelte,
verraten die Chroniken leider nicht.

J wie die Jungfrau von Orleans

So ist es oft mit Helden (und in diesem Fall auch mit

Heldinnen): Wenn die Geschichte sie eingehend unter die Lupe
genommen hat, bleibt vom ursprünglichen Glanz und Glamour
nicht mehr allzu viel übrig. So dürfte es für manchen Franzosen

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ein harter Schlag sein, dass die berühmte Dungfrau von Orleans
nachweislich keine Französin war, und noch fürchterlicher trifft
ihn womöglich die Erkenntnis, dass sie vielleicht nicht einmal
eine »echte« Frau gewesen ist.

Tatsache ist, dass eine gewisse Jeanne d'Arc im belagerten

Orleans Großartiges geleistet hat. Sie machte den
Eingeschlossenen nicht nur Mut, sondern setzte sich schließlich
sogar an die Spitze der französischen Truppen und sprengte den
englischen Belagerungsring. Geboren wurde Jeanne d'Arc
allerdings nicht in der von ihr befreiten Stadt, sondern im
lothringischen Domremy la Pucelle, das seinerzeit nicht
innerhalb der Grenzen Frankreichs lag, sondern dem Deutschen
Staatenbund zugerechnet wurde. Zudem war Johanna auch kein
armes Hirtenmädel, zu dem sie die Legende verklärt, sondern
das einzige Kind eines begüterten Landbesitzers, der feudal auf
einem Schloss residierte. Und schließlich und endlich behauptet
der Historiker Walter Rost, dass Jeanne d'Arc ein »Zwitter«
gewesen sei - ein Mensch, der aufgrund seiner genetischen
Anlagen zwar männlich war, dessen Erscheinungsbild aber dem
einer Frau glich. »Syndrom der testikulären Feminisierung«
nennt Rost dieses Phänomen, das den Löwenmut der jungen
Dame in einem etwas weniger ungewöhnlichen Licht erscheinen
lässt. Schließlich war das Gebaren der Jeanne d'Arc auf dem
Schlachtfeld für eine Frau doch äußerst ungewöhnlich, auch
wenn hier nicht der Unsinn vom »schwachen Geschlecht«
nachgeplappert werden soll.

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10. Von Kainsmal bis Kuchen

K wie Kainsmal

An seinem »Kainsmal« kann man angeblich einen Mörder

erkennen - an dem »Mal« also, das Gott Kain auf die Stirn
drückte, nachdem dieser seinen Bruder Abel erschlagen hatte.
Doch diese Metapher wird heute zumeist falsch verwendet, denn
Gott hatte laut Bibeltext nicht die Absicht, Kain mit diesem Mal
zu strafen oder gar zu brandmarken. Vielmehr sollte es sogar
dem Schutz des Unglücklichen dienen, denn der fürchtete
»…wer mich findet, wird mich erschlagen«. Doch Gott
versprach ihm, dass man ihm nichts tun würde und verpasste
ihm - quasi als Passierschein - das besagte »Kainsmal«. Und
dies dürfte auch tatsächlich geklappt haben, denn auf seinem
Weg ins »Lande Nod, östlich von Eden«, scheint dem
Brudermörder nichts zugestoßen zu sein.

K wie Kaiserschmarrn

…wurde nicht von einem Kaiser erfunden (auch nicht von

Franz B., genannt »der Kaiser«). Der Eierkuchen aus der Pfanne
ist in Böhmen, Mähren und Süddeutschland bekannt - sein
berühmtester Vertreter ist jedoch der österreichische. Und auch
wenn der Kaiser nicht direkt für seine Kreation verantwortlich
war, so hat die k. u. k. Monarchie doch zumindest Einfluss auf
den Namen der Köstlichkeit gehabt. Dereinst soll sich Kaiser
Franz Joseph bei einer Treibjagd im Wald verirrt haben und
schließlich müde, durstig und hungrig auf einen Einödhof
gestoßen sein. Die Bäuerin vermochte zwar kaum zu glauben,

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dass der abgerissene und ungepflegte Fremde wirklich der
Kaiser sein könnte, doch kochte sie ihm zumindest »a bisserl
was Schnelles«. Dabei misslang ihr allerdings der eigentlich
geplante Eierkuchen, der noch in der Pfanne in kleine Stückchen
zerfiel. Um diese Scharte auszuwetzen, setzte die Bäuerin gleich
noch ein paar zusätzliche Eier hinein, gab kräftig Rosinen zu
und servierte den »Schmarrn« in mundgerechten Happen. Dem
Kaiser scheint's geschmeckt zu haben - er empfahl die
Zubereitungsmethode den höfischen Köchen, und das durch ein
Missgeschick entstandene Gericht galt fortan als
»Kaiserschmarrn«.

K wie Kalbsleberwurst

Vorsicht - hier könnte es sich um einen echten (und legalen)

Etikettenschwindel handeln. Laut Gesetzgebung muss nämlich
eine »Kalbsleberwurst« keine Kalbsleber enthalten.
Vorgeschrieben ist eigentlich nur, dass in dieser Wurstsorte
entweder »entsehntes Kalbfleisch« oder »Jungrindfleisch«
vorhanden sein müssen - von Leber irgendeiner Art ist
überhaupt nicht die Rede. Das Fehlen von Kalbsleber ist aus
geschmacklicher Sicht im Übrigen durchaus zu begrüßen, denn
diese schmeckt nach fachmännischem Urteil höchst bitter.
Tatsächlich besteht eine »Kalbsleberwurst« in der Regel aus
Rindfleisch mit einem Hauch von Schweineleber.

K wie Kalender

Der erste Tag des 20. Jahrhunderts? Natürlich der 1. Januar

1900! Sollte man meinen - ist aber falsch. Nach dem
gregorianischen Kalender war der 1. Januar 1901 der erste Tag
des 20. Jahrhunderts - ein gutes Beispiel dafür, dass sich manche

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Fehler auch langfristig nicht korrigieren lassen. Denn als der
heute übliche Kalender ersonnen und aufgestellt wurde,
begannen die »Macher« gleich mit dem Jahr 1 nach Christus.
Das Jahr Null hatten sie einfach unter den Tisch fallen lassen.
Wenn man also den Kalender durch die Jahrhunderte entlang
rechnet, dann beginnt jedes neue Jahrhundert exakt um ein Jahr
zu spät. Demnach rechnen wir das Jahr 2000 folgerichtig auch
noch zum 20. Jahrhundert hinzu.

K wie Kaltblu t

Pferdefreunde wissen es natürlich, doch da bei weitem nicht

alle Menschen passionierte Reiter sind oder der Schar der (meist
weiblichen) 11- bis 17jährigen Teenager angehören, die ihre
Wände mit Pferdepostern tapeziert haben, existiert beim Begriff
»Kaltblut« ein nachvollziehbares Missverständnis. Ein Pferd
wird nämlich nicht aufgrund einer kälteren Bluttemperatur als
»Kaltblut« bezeichnet, sondern aufgrund seines Unvermögens,
die eigene Körpertemperatur zu regulieren. Als »Kaltblüter«
gelten beispielsweise belgische oder schleswig-holsteinische
Zugpferde, die über starke Knochen und einen tiefliegenden
Rumpf verfügen. Diese Tiere sind sehr kräftig, doch gleichzeitig
auch sehr träge. Ihre Muskelmassen brauchen lange, um in
Bewegung zu kommen - Hitze durch Anstrengung ist diesen
Rassen fremd. Ihre Körpertemperatur ist deshalb zumeist von
den Plus- oder Minusgraden ihrer Umgebung abhängig -
eiskaltes Blut haben sie damit aber noch lange nicht.

K wie Kamele

So mancher begeisterte Leser von Abenteuergeschichten mag

sich angesichts eines Wüstendramas, in dem der menschliche

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Durst naturgemäß eine große Rolle spielt, schon gefragt haben,
warum die Reisenden nicht einfach die Höcker ihrer Kamele
»angezapft« haben. Schließlich speichern diese doch Wasser,
oder? Leider nicht, auch wenn sich dieses Gerücht hartnäckig
hält. Der Höcker eines Kamels dient vielmehr als Fettspeicher -
quasi ein zusätzliches Energiereservoir auf dem Rücken. Dass
Kamele aber trotzdem wesentlich länger als andere Lebewesen
ohne frisches Wasser auskommen können, liegt an ihrem
ureigenen, höchst ausgeklügelten Öko-System. Zum einen bleibt
das Blut der Tiere auch bei größter Hitze und Anstrengung stets
dünnflüssig und wird in den Kapillargefäßen der Außenhaut
schnell abgekühlt. Dies wiederum bedeutet, dass ein Kamel
kaum schwitzt (erst ab einer Körpertemperatur von über 40
Grad) und deswegen kaum Flüssigkeit verliert. Und sogar im
Schlaf bleiben Kamele sparsam: Ihre Nasenlöcher saugen aus
der eigenen Atemluft das Wasser wieder in den Körper zurück.

K wie Kanada

Schneebedeckte Wälder, sibirische Kälte und vermummte

Menschen: So oder so ähnlich sehen die meisten Bilder aus, die
sich in europäischen Köpfen zum Thema Kanada eingenistet
haben. Folgerichtig sind deshalb auch viele Europäer der festen
Überzeugung, Kanada liege dem Nordpol wesentlich näher als
beispielsweise Deutschland. Doch

- Überraschung,

Überraschung: Die Stadt Toronto liegt südlicher als das
italienische Mailand und selbst das ob seiner Kälte gefürchtete
Montreal liegt weiter südlich als alle deutschen Städte. Dass
Kanada dennoch als »kaltes Land« gilt, liegt am kontinentalen
Klima dieses riesigen Staates, dort können sich die Luftmassen
lange nicht so schnell erwärmen wie im meerumschlungenen
Europa. Der Winter ist dort tatsächlich wesentlich kälter als bei
uns, und ein großer Teil der Landfläche ragt tatsächlich in den

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sehr kalten Norden hinein. Wahrscheinlich leben nicht zuletzt
aufgrund dieser frostigen Temperaturen dort nur sehr wenig
Menschen - gerade mal 6,7 Millionen Kanadier leben nördlicher
als wir und rund 28 Millionen haben sich weiter südlich
angesiedelt.

K wie Karl der Große

Karl der Große - Sachsenschlächter. Wir können heute

natürlich nicht beurteilen, ob der deutsche Kaiser über diesen
»Spitznamen« geschmunzelt oder sich sogar geschmeichelt
gefühlt hätte. Als annähernd sicher können wir allerdings davon
ausgehen, dass Karl niemals 4000 Sachsen binnen eines
einzigen Tages hatte massakrieren lassen. Diese Behauptung
stellte 300 Jahre nach Karls Tod (also etwa 1100 n. Chr.) der
Erzbischof von Reims und Hobby-Historiker Jean Turpin auf
und seitdem zieht sie sich wie ein roter Faden durch sämtliche
Geschichtsbücher. Das grausige Gemetzel soll bei Verden an der
Aller stattgefunden haben, doch in anderen, zeitgenössischen
Überlieferungen ist von diesem aufsehenerregenden Massaker
nichts erwähnt. Zwar hatte Karl der Große viel Ärger mit den
widerspenstigen Sachsen, die sich seiner kaiserlichen Autorität
so gar nicht beugen wollten, doch 4000 Gefangene köpfen zu
lassen, wäre selbst für mittelalterliche Maßstäbe eine
beispiellose Barbarei gewesen. Viel wahrscheinlicher ist, dass
Karl einige sächsische Stämme hat umsiedeln lassen (lat:
delocati) und dass ein schlampiger Schreiber daraus ein
»decollati« (lat. für »hinrichten«) machte. Solc he und ähnliche
Umsiedelungsaktionen, mit denen den Aufständischen der
heimatliche Nährboden entzogen werden sollte, sind zuhauf
bekannt und galten damals als durchaus legitimes politisches
Instrument. Ein Ortsname wie »Sachsenhausen« in Hessen
deutet beispielsweise auf eine solche »Verpflanzung« hin.

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K wie Kartoffeln

…sind vor allem in Deutschlands Norden nach wie vor

Haupt- und Grundnahrungsmittel. Und dies, obwohl die
Kartoffel in Zeiten des Schlankheitswahns einen miserablen Ruf
»genießt«. »Kartoffeln machen dick«, hört und liest man häufig,
doch damit tut man der »goldigen Knolle« Unrecht. 100 Gramm
Kartoffel bedeuten für den Esser eine Kalorienaufnahme von
rund 300 Kilojoule - ein 100 Gramm »schweres« Brötchen
hingegen bringt es auf satte 1100 Kilojoule. Auch der
»Dickmacherfaktor« von Fleisch ist wesentlich höher.
Voraussetzung für das Schlankbleiben ist für den
Kartoffelliebhaber allerdings der sparsame Umgang mit Fett:
Bei Pommes frites oder herzhaften Bratkartoffeln erhöht sich die
Kalorienzufuhr durch die Verwendung von Öl oder Butter
natürlich gewaltig.

K wie Kaspar Hauser

Eine der rätselhaftesten Figuren der deutschen Geschichte ist

»Kaspar Hauser«. Am 26. Mai 1828 tauchte dieser zerlumpte
Halbwüchsige urplötzlich in der Nürnberger Innenstadt auf.
Egal, was man ihn fragte - er vermochte als Antwort lediglich
den Satz »Ich möcht’ ein solcher Reitersmann werden, wie mein
Vater« zu geben. Die einzige weitere, brauchbare Aussage war:
»Ich heiß' Kaspar.« Fünfeinhalb Jahre später, am 14. Dezember
1833, wurde der junge Mann von Unbekannten durch mehrere
Messerstiche ermordet - die Spekulationen um seine Herkunft
wurden neu angeheizt.

Mittlerweile haben sich zahllose Historiker mit dem jungen

Mann beschäftigt, der nach seiner Ankunft in Nürnberg in der
Familie eines Lehrers Unterschlupf gefunden hatte. Nach
detaillierten Recherchen und Forschungen kann die Aussage

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»Die Herkunft Kaspar Hausers konnte nie geklärt werden« heute
nur noch mit einem glasklaren »Jein« gekontert werden.
Zahlreiche Indizien sprechen nämlich dafür, dass der junge
Mann ein Abkömmling des badischen Großherzogs war, dessen
Frau am 29. September 1812 einen Sohn geboren hatte. Dieser
soll kurz nach der Geburt gestorben sein - ein entsprechendes
Begräbnis wurde allerdings nirgendwo dokumentiert. Vieles
spricht dafür, dass Kaspar Hauser schon als Kind den Ränken
des Hofes zum Opfer fiel, zumal er - nachdem er das Sprechen
neu erlernt hatte - als einzige Erinnerung an seine Jugend einen
kastenähnlichen Raum von etwa drei Quadratmetern
beschreiben konnte. Ob der Großherzog selbst ihn dort
einkerkerte, ob seine Frau sich des unerwünschten Kindes ohne
Blutvergießen entledigen wollte oder ob ein Rivale um die
Thronfolge das Kind entführen ließ, entzieht sich allen
Nachforschungen. Vergleiche mit Familienbildern aus dem
badischen Herzogshaus ließen allerdings an Kaspars adliger
Abstammung kaum noch Zweifel zu: Er war seinem möglichen
Vater wie aus dem Gesicht geschnitten.

K wie Kasseler

Der Hamburger kommt zwar tatsächlich aus Hamburg (siehe

Stichwort »Hamburger«), doch der »Kasseler Rippenspeer« -
auch einfach »Kasseler« genannt stammt nicht aus Kassel.
Richtig ist vielmehr, dass ein Berliner Fleischermeister namens
»Cassel« oder »Casel« als erster das Kotelettstück vom Schwein
gepökelt und seinen Berlinern damit über Nacht eine neue
Leibspeise beschert haben soll. Übrigens: Auch die Wiener
Würstchen haben mit der österreichischen Hauptstadt nix am
Hut. Ein Gehilfe einer Berliner Kellerweinstube mit dem
schönen Namen Johann Wiener soll sie ersonnen haben.

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K wie Kaugummi

Die Amerikaner selbst bezeichnen sich als Erfinder des

Kaugummis und angesichts der enormen Begeisterung, mit der
sie auf der zähen Masse herumbeißen, scheint ihr Urheberrecht
auch nicht in Frage zu stehen. Doch Kaugummikauen war schon
in der Antike verbreitet: Die ollen Griechen verwendeten das
Gummi des Mastixbaumes zum Kauen, die Maya zapften ihren
Sapotillbaum an, und die Indianer der heutigen Neuengland-
Staaten benutzten Fichtenharz als Kaumittel.

K wie Keilschrift

Die »Keilschrift« heißt so, weil sie dereinst mit »Keilen« in

Stein gehauen wurde. Diese Ansicht ist ebenso verbreitet wie
falsch. Die rund 5000 Jahre alte Schrift der Assyrer und
Babylonier hat ihren Namen vielmehr wegen ihres optischen
Eindrucks bekommen. Bei der »Keilschrift« besteht nämlich
jedes Zeichen aus einem am Ende spitz zulaufenden Strich, der
einem Keil gleicht. Um die Schrift aufzuzeichnen waren echte
»Keile« gar nicht nötig. Sie wurde mit einem Rohrgriffel in
weiche Tontafeln gedrückt, die später gehärtet wurden.

K wie Ketchup

Auch beim Thema Ketchup müssen wir unseren

amerikanischen Brüdern und Schwestern wieder eine Illusion
rauben. Nicht in New York oder Los Angeles, nicht in Chicago
oder St. Louis wurde die Tomatensoße erfunden, sondern im
fernen China. Einwanderer aus dem »Reich der Mitte« brachten
ihre Lieblingssoße unter der Bezeichnung »Ketsiap« mit in die
USA, und dort wurde ein deutschstämmiger New Yorker

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namens Henry John Heinz auf das Produkt aufmerksam. Mittels
ausgeklügelter Marketing-Strategien und industrieller
Massenproduktion machte er das chinesische Sößchen ab 1869
zum »Original amerikanischen Genussartikel«.

K wie Klaustrophobie

Kaum ein langes Fremdwort erfreut sich so großer Popularität

wie »Klaustrophobie« und kaum eines wird gründlicher
missverstanden. 99 Prozent aller Befragten würden nämlich
sofort und unmissverständlich »Platzangst« als deutsche
Entsprechung nennen, doch ist dies leider falsch. Unter
»Platzangst« versteht der Mediziner nämlich die irrationale
Angst, allein über große Plätze oder freie Flächen zu gehen. Bei
den meisten Patienten, die sich dazu zwingen, treten Schwindel
und Schwächegefühle auf. Der medizinisch korrekte Name
dafür ist »Agoraphobie«. »Klaustrophobie« hingegen meint die
krankhafte Furcht vor einem Aufenthalt in geschlossenen
Räumen, dunklen Unterführungen oder Fahrstühlen. Beide
Krankheiten gehören zur Gattung der »Angstneurosen« - haben
miteinander aber nichts zu tun.

K wie Kleopatra

Jeanne D'Arc (siehe Stichwort »Jungfrau von Orleans«) und

Kleopatra - zwei historische Frauengestalten, denen die
Bewunderung späterer Epochen gewiss war und ist. Doch nicht
nur bei der Befreierin von Orleans, sondern auch bei der
berühmten Herrscherin der Antike haben Schwärmerei und
verfälschte Überlieferungen ein Bild erzeugt, das mit der
Wirklichkeit nicht mehr allzu viel gemein hat. So wurde
Kleopatra (von Liz Taylor übrigens unvergleichlich verkörpert)

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als »schönste Frau ihrer Zeit« gerühmt und zwar vom antiken
Geschichtsschreiber Cassius Dio, der rund 100 Jahre nach ihrem
Tod geboren wurde. Doch Überlieferungen aus Kleopatras
eigener Zeit beschreiben die Herrscherin Ägyptens als »magere«
Frau, die zwar ein ausdrucksstarkes Gesicht gehabt haben soll,
deren Nase allerdings viel zu lang war. Ihre weiblichen
Triumphe als Geliebte von Julius Cäsar und Marc Antonius
beruhten wohl eher auf ihrer unnachahmlichen Ausstrahlung,
ihrem erotischsprühenden Charme und ihrer Klugheit. Im
übrigen war Kleopatra auch keine Ägypterin, sondern
entstammte dem Geschlecht der Ptolemäer, das aus Mazedonien
nach Nordafrika gekommen war.

K wie Knigge

Adolf Freiherr von Knigge würde sich wahrscheinlich

kringeln vor Lachen, wüsste er, was in seinem Namen alles
verkauft und behauptet wird. Dem niedersächsischen Beamten
lag nämlich nichts ferner, als ein Benimmbuch für die gute
Gesellschaft zu schreiben - der hochintelligente aber auch
höchst pedantische Mann verfasste vielmehr ein zweibändiges
Werk, das wir heute als psychologischen Ratgeber bezeichnen
würden.

Der Titel des 1788 erschienen Buches lautete Ȇber den

Umgang mit Menschen« und befasste sich ausschließlich mit
dem Thema, wie verschiedene Personengruppen besser
miteinander zurechtkommen. Akribisch genau beschrieb Knigge
dabei den Umgangston des Hausherren mit dem Dienstpersonal,
den des vorgesetzten Offiziers mit dem einfachen Soldaten und
so weiter und so weiter. Allerdings wurden Fragen, welches
Besteck man zum Fischessen zu verwenden habe, wann man
seine Visitenkarte überreicht (siehe auch Stichwort
»Visitenkarte«) oder wer wen wann zum Tanz bittet, überhaupt

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nicht oder nur in Nebensätzen erörtert. Tischsitten oder
Etikettenfragen waren für Knigge kein relevantes Thema.

Der Freiherr beließ es auch nicht bei dem einen Werk,

sondern schrieb noch eine vierbändige Biographie sowie etliche
Romane und Schauspiele, die allesamt schnell in der
Versenkung der literarischen Mittelmäßigkeit verschwanden. Er
starb als 43jähriger im Jahre 1796 an Typhus.

K wie Knoblauch

Knoblauch riecht. Das steht fest. Vielen Zeitgenossen ist das

herzlich egal, denn entweder sie mögen den Geruch oder sie
können ihn zumindest tolerieren, weil ihnen die Knolle halt so
gut schmeckt. Selbst als geruchsempfindlicher Zeitgenosse
können Sie dagegen nicht viel einwenden, und die einzige
Möglichkeit, sich gegen unerwünschte Düfte zur Wehr zu
setzen, ist wahrscheinlich, Gleiches mit Gleichem zu vergelten
und dasselbe Aroma zu verströmen. Allerdings sollten Sie sich
in Zukunft nichts mehr von der unglaublichen
Gesundheitsförderung durch Knoblauch erzählen lassen. Denn
die meisten angeblich heilsamen Wirkungen des Knoblauchs
basieren auf Geschwätz und Einbildung. So wird beispielsweise
behauptet, Knoblauch reinige die Blutgefäße und langfristiger
Genuss baue Arterienverkalkung vor. Auch »Vitalität« bis ins
hohe Alter verspricht die Werbung und empfiehlt mittels
bärtigem, ungeheuer lebensbejahendem Konterfei eines
Mittsiebzigers die Einnahme von Knoblauch-Tabletten.
Ungeachtet der Tatsache, dass die profunde Ersinnung dieser
duftumrankten Legende uns durchaus Respekt abnötigen mag,
sehen wir uns doch gezwungen, mit diesem Unsinn ein für
allemal aufzuräumen. Trotz langwieriger und langjähriger
Versuche konnte bis heute kaum eine dieser angeblich
gesundheitsfördernden Wirkungen nachgewiesen werden.

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Knoblauch hilft genauso wenig gegen Vampire, wie er die
Adern putzt oder die Arterien entkalkt. Knoblauch-Freaks
sterben genauso früh oder so spät wie ihre weniger begeisterten
Nachbarn - keine noch so geschickt manipulierte Statistik
konnte bisher Gegenteiliges beweisen.

In sehr hohen Dosierungen eingenommen, kann Knoblauch

allerdings mithelfen, den Cholesterin-Spiegel zu senken und
damit das Herzinfarkt-Risiko zu vermindern, doch um diesen
Effekt zu erzielen, müssten Sie schon beim Frühstück mit der
Knoblauch-Einnahme beginnen und diese über den ganzen Tag
kontinuierlich steigern. Man könnte auch sagen, Sie müssten
sich von Knoblauch ernähren, damit Ihr Hausarzt wirklich
spürbare Verbesserungen konstatieren kann.

K wie Kompass

»Kind, schau dir den Kompass an, dann weißt du immer, wo

Norden ist«. Diese elterliche Anweisung ist zwar gut gemeint
und mag in manchem Pfadfinderlager von Nutzen sein, doch so
ganz korrekt ist sie eigentlich nicht. Denn der sogenannte
»magnetische Nordpol« und der »echte Nordpol« - also die
Stelle, an der die theoretische Achse der Erde die Kugel
durchstoßen würde, liegen rund 5000 Kilometer voneinander
entfernt. Je weiter man nach Norden vorstößt, desto größer wird
schließlich die Verzerrung, und wenn man sich zwischen dem
magnetischen und dem »wahren« Pol befindet, zeigt die Nadel
sogar direkt nach Süden.

K wie Kopernikus

Um gleich zur Sache zu kommen: Kopernikus war nicht nur

Mathematiker, sondern auch Philosoph. Und seine »Sechs

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Bücher über die Umläufe der Himmelskörper« erwiesen sich im
Nachhinein zwar als durchaus konkrete und richtige
Arbeitsgrundlagen, doch basierten sie nicht auf
wissenschaftlichen Experimenten und langjährigen Himmels-
Beobachtungen, sondern auf der philosophischen Idee eines
vollkommenen Weltbilds. Mit der ptolemäischen Theorie von
der stillstehenden Erde, um die sich die übrigen Himmelskörper
bewegen, konnte er sich nämlich nicht so recht anfreunden.
Zudem war seine Idee auch nicht ganz neu, denn schon im
dritten Jahrhundert v. Chr. hatte der griechische Philosoph
Aristarch von Samos eine ähnlich lautende Auffassung publik
gemacht, in der er die Sonne in den Mittelpunkt des Universums
rückte.

Wie auch bei seinem Nachfolger Galileo Galilei (siehe

Stichwort »Galileo«) war es auch in Kopernikus' Fall nicht - wie
fälschlich behauptet - die römischkatholische Kir che, die gegen
seine Ideen Sturm lief. Er selbst hatte 30 Jahre lang Bedenken,
sich mit seinen Theorien lächerlich zu machen, und erst die
ausdrückliche Aufforderung der Kurie ermutigte den
mittlerweile 70jährigen zum Schritt an die Öffentlichkeit. Erst
ein Brief des engen Papst-Vertrauten Kardinal Schönberg, in
dem dieser ihn aufforderte, seine Entdeckungen doch bitte »der
gelehrten Welt mitzuteilen und mir sobald wie möglich deine
Theorien über das Universum zu senden«, bewogen Kopernikus
zur Veröffentlichung. Prompt versah er seine Schriften noch mit
einer Widmung für Papst Paul III.

Auch nach der Veröffentlichung seines bedeutendsten Werkes

blieb es lange Zeit still um diese Schriften. Die Kirche
akzeptierte sie als Arbeitsgrundlage, ohne sie allerdings als
endgültige Wahrheit hinzunehmen. Erst 70 Jahre später, mit
dem Auftauchen Galileis auf der wissenschaftlichen Weltbühne,
sollte sich dies ändern…

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K wie Kraken

Gut - »Moby Dick« mag nie gelebt haben, doch am

vielgesponnenen »Seemannsgarn« über riesige Kraken, die mit
ihren Tentakeln ganze Schiffe in schäumende Tiefen rissen,
könnte durchaus etwas dran sein. So wurden 1896 an Floridas
Südküste Teile eines gigantischen Seetieres gefunden, die
seinerzeit niemand einzuordnen vermochte. Erst 1970 glaubten
Forscher, die konservierten Überreste als Glieder einer wahren
»Monsterkrake« identifizieren zu können, die eine Länge von
rund 60 Metern erreicht haben dürfte. Man errechnete daraufhin
ein theoretisches Gewicht von über 150 Tonnen. Doch in
jüngster Zeit neigen Biochemiker aufgrund neuester Analysen
der vorliegenden Gewebeproben wieder zu der Meinung, bei
den damals entdeckten Fleischbrocken handele es sich mit
großer Wahrscheinlichkeit um die Reste eines toten Wals.

Kraken mit einer Körperlänge von über 20 Metern wurden

allerdings wiederholt gesichtet, doch dass sie an die
Meeresoberfläche kamen, um Schiffe zu versenken, ist eher
unwahrscheinlich. Die Tiere können aufgrund ihrer
Beschaffenheit nur in großen Tiefen existieren und sterben ab,
sobald sie sich der Oberfläche nähern. Warum dann allerdings
Zeichnungen aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert schon recht
detailgenau ausfielen und auch den Vergleichen mit
Erkenntnissen der modernen Wissenschaft durchaus standhalten,
ist ungeklärt. Möglicherweise gab es bis vor wenigen
Jahrzehnten tatsächlich noch sogenannte »Riesenkraken«, die
mittlerweile den veränderten Lebensbedingungen zum Opfer
gefallen sind. Beweisen lässt sich das allerdings nicht mehr.

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K wie Kreml

Spricht man heute vom Kreml, so meint man natürlich den

russischen Regierungspalast in Moskau. Doch ebenso wie das
griechische Wort »Akropolis« (siehe Stichwort »Akropolis«)
stand »Kreml« ursprünglich nur für einen befestigten Platz im
Kern einer russischen Stadt, in der die Verwaltung residierte.
Der Moskauer Kreml ist zwar der größte, doch auch in anderen
Kommunen gab und gibt es derartige Befestigungen, wobei die
meisten allerdings in einem wesentlich schlechteren Zustand
sind.

K wie kriminell

»Wie der Vater, so der Sohn«, oder auch: »Der Apfel fällt

nicht weit vom Stamm.« Man mag von diesen Sprichwörtern
halten, was man will, doch zumindest auf dem Gebiet der
»kriminellen Neigungen« sind derartige Allgemeinplätze höchst
umstritten. Zwar wird immer wieder behauptet, dass Kinder von
Verbrechern fast automa tisch ebenfalls verbrecherische
Neigungen hätten, doch die Genforschung hat zweifelsfrei
erwiesen, dass Kriminalität keine vererbbare Eigenschaft ist. Bei
der Entwicklung der Persönlichkeit spielt eher das soziale
Umfeld als eine vererbte Charaktereigenschaft eine wichtige
Rolle. Und darin mag auch der Schlüssel zu den eingangs
zitierten Sprichwörtern liegen: Wenn ein Kind in einem
Elternhaus und einer Umgebung aufwächst, in der das
Verbrechen zum Alltag gehört, dann ist es natürlich geneigt,
diese Alltäglichkeit in sein eigenes Erwachsenenleben zu
übernehmen.

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K wie Kröten

Die meisten Menschen ekeln sich vor Kröten. Ein Grund

dafür dürfte sein, dass sie diese Tiere mit den Eigenschaften
»glitschig« und »schleimig« verbinden. Doch Tatsache ist, dass
die Krötenhaut ebenso trocken ist wie die des Menschen und nur
beim Aufenthalt im nassen Element entsprechend angefeuchtet
wird.

K wie Krokodilstränen

…die gibt es zwar tatsächlich, doch die Mär vom

heuchlerischen Reptil, das zunächst sein Opfer verspeist und
dann einige bittere »Krokodilstränen« vergießt, ist nur eine
Fabel. Lediglich bei der Anstrengung des Eierlegens kommt es
zu einer gewissen Feuchtigkeit in den Augen des gepanzerten
Sumpfschreckens. Das Weinen aufgrund einer bestimmten
Stimmungslage bleibt allein dem Menschen vorbehalten.

K wie Kuchen

»Sie haben kein Brot? Dann sollen sie doch Kuchen essen.«

So dummdreist soll die französische Königin Marie-Antoinette
auf die Klagen ihrer hungernden Landsleute reagiert haben,
doch diese Behauptung ist nur eines von vielen Märchen, die
sich um die französische Revolution ranken. Schon 1760
(Marie-Antoinette hatte gerade in Österreich das Licht der Welt
erblickt) hatte der Aufklärer Jean-Jacques Rousseau diese Worte
erfunden und sie einer namenlosen Fürstin in den Mund gelegt.
Später soll sie dann Marie-Antoinette gesagt haben -
Aufzeichnungen oder Hinweise, die das bestätigen können, gibt
es nicht. Sei's drum - hingerichtet wurde sie dennoch.

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11. Von Lakritze bis Luzifer

L wie Lakritze

Wäre »Lakritze« - von Kindermund zärtlich auch als

»Katzenmist« oder »Bärendreck« bezeichnet - wohl immer noch
so beliebt, wenn Erwachsene es als »Medizin« bezeichnen
würden? Entgegen der Pauschalverurteilung aller Naschereien
als »ungesund«, haben die schwarzen Stangen, Rollen und
Figürchen nämlich tatsächlich eine medizinische
Anwendungsmöglichkeit. Sie können gegen Gastritis helfen und
sind durch ihre schleimlösende Wirkung auch hustenlindernd.
Hergestellt aus Süßholzsaft, Stärke, Mehl, Zucker, Anis und
Gummiarabikum erzielt die »Lakritze« sogar bei Magen- oder
Darmgeschwüren erstaunliche Resultate.

L wie Leberkäse

Überaus beliebt ist in Bayern der sogenannte »Leberkas«, und

unter der hochdeutschen Bezeichnung »Leberkäse« erobert er
sich auch im übrigen Deutschland seit Jahr und Tag mehr
Sympathien. Doch wie schon l die »Kalbsleberwurst« (siehe
Stichwort »Kalbsleberwurst«) ist auch in diesem Fall die
»Leber« ein grandioses Missverständnis. Tatsächlich enthält die
beliebte Vespermahlzeit meistens keine Spur einer, woher auch
immer stammenden, Leber, sondern besteht zum größten Teil
aus Schweinefleisch. Lediglich der »Original bayerische
Leberkäse« enthält zwischen 2 und 8 Prozent Leberanteil, der
Rest besteht aus Rindfleisch und Fettgewebe. Allerdings darf
das Wort »Leberkäse« trotzdem nicht als bewusste Irreführung

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der Konsumenten betrachtet werden. Es entstand vielmehr durch
die zweite Lautverschiebung der deutschen Sprache, denn
ursprünglich hieß das Wort »Laibkas« und nahm damit Bezug
auf die brotlaibartige Form des fleischigen Backwerks. Mit
»Käse« hat der »Leberkäse« übrigens rein gar nichts zu tun.

L wie Lederstrumpf

Er gilt mittlerweile fast als »klassische« Sagengestalt, doch

»Lederstrumpf« hat wirklich gelebt. Oft wird behauptet, der
amerikanische Schriftsteller James Fenimore Cooper hätte die
Abenteuer eines gewissen »Natty Bumppo«, den die Indianer
aufgrund seiner Gamaschen »Lederstrumpf« nannten, frei
erfunden. Doch schon zu Lebzeiten bewies Cooper (1789-1851),
dass er mit dem legendären Trapper, Abenteurer und
Siedlungsgründer Daniel Boone ein sehr konkretes Vorbild
gehabt hat. Dieser habe ihm als alter Mann seine komplette
Lebensgeschichte erzählt, die er, Cooper, dann zu insgesamt
fünf Büchern verarbeitet hat. Tatsächlich war Daniel Boone, der
von 1734 bis 1820 in den nördlichen Wäldern der USA und in
Kanada sein aufregendes Leben führte, ein Volksheld ganz
besonderer Prägung. Er verlieh den Pioniertagen des Nordens
durch seine Ansichten und seinen Umgang mit den Indianern
eine Art ritterlichen Charme und war so bekannt, dass beim
Eintreffen der Nachricht seines Todes der amerikanische
Kongress seine Sitzung unterbrach und eine Schweigeminute
einlegte.

L wie Leiche

»Wenn ich mal völlig pleite bin, verkaufe ich meinen Körper

halt der Anatomie.« Immer noch hält sich dieser Satz im

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Standardrepertoire von Zynikern und potentiellen
Bankrotteuren, doch leider fehlt es ihm schon seit geraumer Zeit
an einer berechtigten Grundlage. Denn die deutschen
Forschungslabore und medizinischen Fakultäten »kaufen« schon
lange keine toten Körper mehr und vor allem lassen sie sich auf
keinerlei »Kuhhandel« mit noch quicklebendigen Kandidaten
ein. Zu Lebzeiten kann man seinen zukünftig toten Körper also
noch nicht als Kapital verwerten. Es ist allerdings immer noch
möglich, den Corpus der anatomische n Forschung zu
»vermachen«. Voraussetzung ist eine entsprechende Passage im
Testament. Die Bezahlung besteht aber nicht aus harter
Währung für eventuelle Hinterbliebene, sondern einzig und
allein aus einem kostenlosen Begräbnis. Wenn die angehenden
Mediziner mit dem »Schnibbeln« fertig sind - versteht sich.

L wie Lemminge

Es haftet ihnen nicht zu Unrecht der düstere Hauch der

Tragödie an - den Lemmingen. Jahrzehntelang war die
Wissenschaft der Überzeugung, bei den Herden dieser
possierlichen Nagetiere eine

unfassbare Neigung zum

Massenselbstmord entdeckt zu haben. Was mochte diese Tiere
so in Verzweiflung stürzen, dass sie zu Hunderten über den
Klippenrand ins »Wasser gingen«? Kollektive Hysterie? Das
Wissen um die Sinnlosigkeit des irdischen Daseins? Tiefere
Einsicht oder schlichter Wahnsinn? Schade eigentlich, dass wir
diesen wuchernden Spekulationen ein Ende setzen müssen, denn
in der Realität liegt den Lemmingen das eigene Leben durchaus
am Herzen, und ihnen suizidale Neigungen zu unterstellen ist
zwar verständlich, aber falsch. In Wahrheit sind sie Opfer ihrer
»karnickelartigen« Vermehrung sowie ihrer Kurzsichtigkeit und
einer gewissen Selbstüberschätzung. In schöner Regelmäßigkeit
wird einem Stamm aufgrund von Überbevölkerung der

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ursprünglich gewählte Lebensraum zu eng. Die Nahrung wird
immer knapper, und instinktiv macht sich dann ein Teil des
Völkchens auf, um ein neues Revier zu suchen. Pech haben
diese »Pioniere« immer dann, wenn sie an der Küste leben, denn
die vor ihnen auftauchende Wasserfläche halten sie
offensichtlich lediglich für einen Fluss oder einen See, den es zu
überschwimmen gilt, um sich neue »Reiche« zu erschließen.
Schließlich sind Lemminge begabte Schwimmer, doch an der
Überquerung des Atlantiks scheitern sie trotzdem und ertrinken.
Dass die »Selbstmordthese« nicht haltbar ist, erkannten die
Biologen, als sie den Weg von Lemmingen konsequent
verfolgten. Die hüpften nämlich nicht nur ins Wasser, große
Gruppen machten sich auch in die andere Richtung davon und
lebten fortan »glücklich und zufrieden« in neuen Territorien.

L wie Lesen

Wieder einmal beginnen wir mit einem typischen

»Erzieherzitat«: »Kind, lies doch nicht bei so schlechtem Licht.
Du machst dir nur die Augen kaputt«. Allen Eltern sei an dieser
Stelle ausdrücklich gesagt, dass diese Behauptung blanker
Unsinn ist. Zwar muss man zum Lesen im Dämmerlicht die
Augen deutlich mehr anstrengen, und sie ermüden rascher, doch
dies schadet den »Guckern« überhaupt nicht. Ein Vergleich
gefällig? Würden Sie vielleicht dem Jogger zurufen: »Lauf doch
nicht bergauf - das schadet deinen Beinen.«? Nein? Na also!

L wie Lilith

Adam und Eva - bis zum Sündenfall ein echtes Traumpaar

und zudem noch die ersten Menschen. Doch liest man den
jüdischen Talmud, so muss man konstatieren, dass Adam wohl

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schon vor der Begegnung mit der »rippengeschnitzten« Eva
seine Erfahrungen mit der Weiblichkeit hatte, ja, dass er sogar in
Scheidung lebte. Denn laut Talmud war Adam zuvor schon mit
»Lilith« vermählt gewesen, die den angeblichen Stammvater der
Menschheit allerdings verlassen hatte und daraufhin zum bösen
Dämon mutiert war. Johann Wolfgang von Goethe brachte die
schöne »Untote« seinen Zeitgenossen ins Bewusstsein, als er sie
im »Faust« am Hexentanz auf dem Brocken teilnehmen ließ.
Mephisto lieferte dem erstaunten Faust damals die Erklärung:
»Das ist Lilith. Adams erste Frau. Nimm dich in Acht vor ihren
schönen Haaren, vor diesem Schmuck, mit dem sie so einzig
prangt. Wenn sie damit den jungen Mann erlangt, so lässt sie ihn
so bald nicht wieder fahren.«

L wie Lindbergh

Zweimal rückte der Amerikaner Charles Lindbergh ins

Bewusstsein der Weltöffentlichkeit. Zum einen durch seine
Atlantiküberquerung per Flugzeug (1927) - zum anderen als sein
Kind von skrupellosen Kidnappern entführt und ermordet
wurde: Der Fall des »Lindbergh-Babys« bedeutete den traurigen
Auftakt einer neuen Verbrechensart: Der »erpresserische
Menschenraub«. An dieser Stelle wollen wir uns aber mit dem
erstgenannten Fakt befassen und müssen feststellen, dass
Lindbergh keineswegs als erster den Ozean zwischen Amerika
und Europa auf dem Luftweg überquert hat. Seine Leistung
bestand vor allem darin, dass er es in seiner »Spirit of St. Louis«
von Weltstadt zu Weltstadt also von New York nach Paris -
ohne Zwischenlandung geschafft hat. Schon acht Jahre zuvor
waren die beiden britischen Flugpioniere John Alcock und
Arthur Whitten-Brown von Neufundland aus gestartet und
waren im irischen Nordwesten gelandet. Allerdings zählte man
Irland damals noch kaum zum Kontinent, eine Landung unterm

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Eiffelturm galt den meisten Amerikanern und Europäern als
wesentlich spektakulärere Leistung. Seine Berühmtheit verdankt
Lindbergh unter anderem auch der Tatsache, dass sein Flieger
insgesamt über 33 Stunden in der Luft war, während seine
britischen Vorgänger für die etwas kürzere Distanz »nur« knapp
16 Stunden benötigt hatten. Doch von Kontinent zu Kontinent
waren auch sie schon geflogen und noch vor Lindberghs Tat
hatten es ihnen einige Wagemutige nachgemacht.

L wie Linksverkehr

Dass man auf den angelsächsischen Inseln nach wie vor im

sogenannten »Linksverkehr« unterwegs ist, dient vielen
Kontinentaleuropäern als Beleg für die Verschrobenheit der
Briten. Dabei wird jedoch übersehen, dass das Fahren auf der
linken Straßenseite zu den Zeiten seiner Einführung ein
durchaus logisches Motiv hatte - so logisch, dass man sich
fragen könnte, warum nicht auch der Rest Europas darauf
verfallen ist.

Im England des Mittelalters waren die Straßen und Wege ein

recht unsicheres »Pflaster«. Egal ob man zu Pferde oder auf dem
Fuhrwerk reiste - jeder entgegenkommende Fremde konnte in
diesen rauen Zeiten ein potentieller Straßenräuber sein. Also ritt
oder fuhr man vorsichtshalber auf der linken Straßenseite, um
Entgegenkommenden den rechten Schwertarm zuwenden zu
können. Diese Angewohnheit wurde Jahrhunderte lang
beibehalten - es lag also nahe, sie auch in den Zeiten des
motorisierten Verkehrs zu übernehmen. Vor allem die
ausgedehnten Wälder Nordenglands boten zahlreichen
Räuberbanden Unterschlupf, und so wurde im 13. Jahrhundert
von der britischen Regierung sogar eine Verordnung erlassen,
wonach auf beiden Seiten aller Straßen ein rund 200 Fuß breiter
Streifen zu roden war, damit Reisende nicht ständig aus

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angrenzenden Büschen heraus attackiert werden konnten.

L wie Loch Ness

… ist ein See in Schottland. Punkt. Und wer heute noch

behauptet, es könne ein Ungeheuer darin schwimmen, ist
entweder ein unverbesserlicher Romantiker oder einfach
furchtbar schlecht informiert. Zwar behauptet die schottische
Tourismusbranche bis zum heutigen Tag, es sei unbekannt,
woher die Mär stamme, und nährt somit den Verdacht, es könne
ja doch irgend etwas dran sein. Doch der italienische Journalist
Francesco Gasparini hat bereits 1959 öffentlich eingestanden,
die Fabel vom Ungeheuer rund 25 Jahre zuvor frei erfunden zu
haben. Sein Motiv: Das vielzitierte »Sommerloch« - der
Alptraum aller Zeitungsmacher.

L wie Lucrezia Borgia

Wie unbarmherzig die Legendenbildung mit manchen

Persönlichkeiten umgeht, mag am Beispiel der Lucrezia Borgia
verdeutlicht werden. Die Tochter von Papst Alexander VI. war
zu ihren Lebzeiten keinesfalls das Symbol für Maßlosigkeit,
Intrigantentum, Völlerei und Inzucht, zu dem sie die
Geschichtsschreibung stilisiert hat. Vielmehr war Lucrezia
Borgia (1480-1519) ein Opfer der politischen Ränkespiele jener
Tage und wurde schon als Elfjährige mit einem süditalienischen
Landgrafen vermählt. Ihr Vater wollte sich damit dessen Treue
im Kampf gegen die aufständischen Neapolitaner »erkaufen«,
die nichtsahnende Lucrezia hatte fortan den Ruf des »frühreifen
Flittchens«. Nachdem ihr erster Ehemann die Fronten
gewechselt und sich gegen den Papst gestellt hatte, schickte er
seine kindliche Ehefrau einfach zurück in den Vatikan, ließ die

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Ehe annullieren und begann, seine »Ehemalige« kräftig zu
verleumden. So behauptete er beispielsweise, diese habe Inzucht
mit ihrem Vater (einem wirklich üblen Wüstling) und ihrem
Bruder Cesare (der war womöglich noch schlimmer) getrieben -
ein Gerücht, das im schon damals sensationslüsternen Italien auf
fruchtbaren Boden fiel. Der zweite Ehe mann Lucrezias - sie
hatte mit 16 Jahren erneut geheiratet wurde wenig später von
gedungenen Mördern umgebracht, die angeblich ihr Vater selbst
geschickt hatte, was aber die Öffentlichkeit nicht daran hinderte,
ihr die Schuld an seinem Tod in die Schuhe zu schieben.
Deutlich mehr Glück hatte Lucrezia Borgia mit ihrem dritten
Mann, dem Herzog von Ferrara. Ihm schenkte sie insgesamt
acht Kinder, galt als vorbildliche und treusorgende Ehefrau und
Mutter und starb schließlich mit 38 Jahren einen frühen und von
ihrer Familie vielbeweinten Tod.

L wie Ludwig XIV.

…soll am 13. April 1655 in einer Parlamentssitzung gesagt

haben: »L'Etat c'est moi« (Der Staat bin ich). Historiker, die das
Protokoll der entsprechenden Sitzung überprüften, fanden
allerdings keinen derartigen Ausspruch, und auch
zeitgenössische Quellen liefern dafür keinen Anhaltspunkt.
Zwar nahm das absolutistische Denken des Sonnenkönigs in
jenen Tagen tatsächlich derart groteske Züge an, dass er diesen
Satz durchaus gesagt haben könnte - er tat es jedoch
wahrscheinlich niemals. Wer ihm allerdings diese Worte in den
Mund gelegt haben könnte, ist nach wie vor unbekannt: Etwa
zehn Jahre nach Ludwigs Tod wurden sie erstmals kolportiert.

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-138-

L wie Lügendetektor

Kriminologen und Kriminalisten wissen es natürlich besser,

doch das »gemeine Volk« glaubt häufig immer noch an die
unbestechliche Aussagekraft des »Lügendetektors«. Diese
Maschinen werden über Drähte und Sensoren mit der
menschlichen Haut verbunden und messen Herzschlag,
Blutdruck, Hautfeuchtigkeit und Atemfrequenz. Beim
»verkabelten« Befragten soll sich anhand dieser Daten
einwandfrei feststellen lassen, ob und wann er die Unwahrheit
sagt.

So weit, so gut, und tatsächlich kann man aus den

Spannungszuständen einer Person bestimmte Rückschlüsse auf
den Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen ziehen. Doch
unmissverständlich oder gar unwiderlegbar sind die Resultate
eines »Lügendetektors« auf keinen Fall, zumal ihre
Interpretation in erster Linie vom menschlichen Verstand
abhängt. Und dieser ist bekanntlich äußerst fehlerhaft.
Außerdem kann das Gerät auch manipuliert werden - schon
wenn der Verhörte über extrem gute Nerven verfügt oder seine
Reaktionen mittels autogenem Training geschult hat, wird die
Maschine kaum brauchbare Aufzeichnungen liefern. Eine grobe
Verzerrung der Ergebnisse kann auch dann eintreten, wenn
bestimmte Fragen der angeschlossenen Person unangenehm
sind: Sie antwortet dann zwar wahrheitsgemäß, doch die
Spannungskurve steigt trotzdem rapide an. Vor den meisten
Gerichten der Welt werden Ergebnisse des Lügendetektors aus
den genannten Gründen nicht als Beweismittel zugelassen.

L wie Luther

Am 31. Oktober des Jahres 1517 soll ein gewisser Dr. Martin

Luther, Theologieprofessor in Wittenberg, seine Thesen zur

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Erneuerung der kirchlichen Lehre an die Tore der Wittenberger
Schlosskirche genagelt und damit die Reformation eingeleitet
haben. So oder so ähnlich wird es seit rund 400 Jahren behauptet
und dies, obwohl doch an diesem Satz so gut wie nichts richtig
ist.

Zum einen war Luther seinerzeit ein gesetzestreuer Bürger

und ordentlicher Theologieprofessor. Einer wie er wäre niemals
auf die Idee zu einer solch spektakulären Aktion verfallen.
Luther schickte seine 95 Thesen vielmehr auf dem üblichen
Dienstweg an seine geistlichen Vorgesetzten, den Bischof von
Brandenburg und den Erzbischof von Mainz. Erst im Januar
1518 ließen einige seiner Freunde die Thesen drucken, und erst
von diesem Zeitpunkt an waren sie auch der Öffentlichkeit
zugänglich. Zu seinen Lebzeiten war von einem »Anschlag an
die Kirchentüre« niemals die Rede - diese Legende entstand erst
kurz nach seinem Tode durch das Vorwort zu seinen
gesammelten Werken, das ein württembergischer Reformations-
Theologe namens Philipp Melanchthon verfasst hat.

Zum anderen hatte Luther ursprünglich keinesfalls eine

»Rundum-Erneuerung« der Kirche oder gar die Reformation im
Sinn. Er prangerte - in sehr höflichem Ton - lediglich eine ganz
bestimmte Praxis der Kirche an, die seines Erachtens mit der
biblischen Lehre nicht vereinbar war. Dabei ging es um den
sogenannten »Ablasshandel«. Mit mehr oder weniger
großzügigen Spenden und Zahlungen an die Kirche konnten sich
betuchte Sünder von ihren »irdischen Verfehlungen« freikaufen
und damit angeblich dem Fegefeuer und der ewigen
Verdammnis entziehen. Ganz gewaltig erboste Lut her, dass ein
gewisser Ablasshändler namens Tetzel eine besonders originelle
Einnahmequelle für die Geistlichkeit entdeckt hatte: Sogar nach
dem Tod des Sünders konnten dessen Verwandte ihn mittels
Geld- oder Sachspenden aus der Hölle freikaufen und ihn die
»Stufen zum Paradies« emporklimmen lassen. Sicher nicht zu
Unrecht bezeichnete Luther diese Praktiken als »schamloses und

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lästerliches Treiben«.

Fest steht, dass Luther ursprünglich nicht auf Konfrontation,

sondern lediglich auf eine Diskussion aus war. Erst nachdem er
auf seine Briefe an die Bischöfe keine Antwort erhalten hatte,
erlaubte er seinen Anhängern, seine Thesen zu veröffentlichen,
und dies führte schließlich dazu, dass er vom Mainzer Reichstag
in Acht und Bann geschlagen wurde. Bei seiner Anhö rung vor
den hohen Herrschaften soll er damals abschließend gesagt
haben »Hier stehe ich. Ich kann nicht anders«, doch selbst dieses
Zitat ist frei erfunden. In den entsprechenden Sitzungs-
Protokollen und zeitgenössischen Kommentaren wird jedenfalls
überliefert, dass Luther seine Verteidigungsrede mit den
üblichen Worten »Gott helfe mir. Amen« schloss.

L wie Luzifer

Die Bezeichnung »Luzifer« für »Teufel« kann

kirchenhistorisch nicht belegt werden. In der Bibel jedenfalls
kommt der Name nirgendwo vor. Der einzige Hinweis taucht
beim Propheten Jesaja (14.12) auf, denn dort wird der legendäre
König von Babylon als gefallener, einstmals »strahlender Sohn
der Morgenröte« bezeichnet. »Zu Boden« sei er »geschmettert«,
der »Bezwinger der Völker«.

Da in der Antike der Morgenstern (Planet Venus) als

»Luzifer« bezeichnet wurde, haben frühe Geistliche den
»Bezwinger der Völker« und »Sohn der Morgenröte«
(Morgenstern) mit Satan gleichgesetzt und gaben ihm
folgerichtig den antiken Namen Luzifer. Doch galt diese
Interpretation jener Bibelstelle schon immer als recht großzügig
und nährte so manchen Streit zwischen Theologen.

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12. Von Machiavelli bis Muscheln

M wie Machiavelli

Wenn es jemals einen Politiker mit einem wirklich schlechten

Ruf gegeben hat, dann war dies Nicolo Machiavelli. Zynismus,
Menschenverachtung und Gier wurden und werden dem
Florentiner Staatstheoretiker nachgesagt, und wenn ein
moderner Politiker »über Leichen geht«, um seine Ziele zu
erreichen, bezichtigt ihn der gebildete Kritiker gerne
»machiavellischer Methoden«. Doch im Gegensatz zur Legende
scheint der 1469 geborene Machiavelli ein freundlicher und
ungemein sozial eingestellter Mensch gewesen zu sein, dem das
Wohl seiner Mitbürger sehr am Herzen lag. Das Negativste, was
sich aus korrekter historischer Sicht über ihn sagen lässt, ist die
Vermutung, dass er wohl ein Realist war, der die Menschen
nicht rosiger färbte als sie eben waren. Dies führte zu seinen
Ratschlägen an die Herrschenden, in denen er ein geeintes und
friedliches Land nur unter der Voraussetzung etlicher
Kompromisse für möglich hielt. Seine Maxime scheint es
gewesen zu sein, unter zwei Übeln das kleinere zu wählen - im
Bewusstsein seiner Gegner blieb allerdings nicht der
Kompromiss, sondern nur das ausgewählte Übel haften. Zwar
sind seine Methoden zur Staatssanierung heute höchst
umstritten, doch war Machiavelli ganz sicher kein
unmoralischer Mann, und letztlich fühlten sich seine zahlreichen
Feinde wohl in erster Linie durch seine Zweifel an der
menschlichen Moral provoziert. Ihre Reaktion auf seine Ideen
dürfte diese Zweifel allerdings noch verstärkt haben. Auch der
berühmte Ausspruch »Divide et impera« (teile und herrsche)
wurde ihm nur in den Mund gelegt - der Urheber war er

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nachweislich nicht.

M wie Mandeln

Ebenso wie der Blinddarm (sie he Stichwort

»Blinddarmentzündung«) gelten auch die Mandeln als höchst
überflüssig, ihre operative Entfernung ist eher ein notwendiges
Übel als ein wirklicher Verlust. Dies ist jedoch nicht ganz
richtig, denn die moderne Medizin hat ermittelt, dass die
Rachenmandeln vor örtlichen Infektionen schützen und
entscheidenden Anteil am Kampf gegen die Invasion von
Krankheitserregern haben können. Wenn sie sich allerdings
allzu häufig entzünden, ist es sogar ratsam, sie zu entfernen.
Zum einen haben sie ihre eigene Wirksamkeit damit verloren,
zum anderen können sie auch andere Organe »anstecken«:
Entzündete Mandeln wirken sich unter Umständen auf die
Augen sowie auf Herz und Kreislauf nachteilig aus.

M wie Mann

Weiter geht der erbarmungslose Kahlschlag im Wald der

beliebtesten Vorurteile, und an dieser Stelle widmet sich das
vorliegende Buch einem männlichen »Lieblingsirrtum«: Das
Gehirn des Mannes sei größer als das der Frau. Abgesehen
davon, dass die Größe des Gehirns für seine Qualität keine
wirkliche Rolle spielt (siehe Stichwort »Gehirn«), ist diese
Behauptung auch noch falsch. Gemessen an den Größen und
Gewichtsverhältnissen der Körper, haben die Gehirne der
Geschlechter im statistischen Mittel so ziemlich das gleiche
relative Gewicht. Die Grammzahlen schwanken je nach Rasse
und Alter - nicht aber nach Männlein oder Weiblein.

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M wie Manna

Der legendäre »Münchner im Himmel« verlangte lautstark

nach seinem »Manna«, schon allein dadurch wird die
legendenumrankte Bedeutung dieser angeblichen »Götterspeise«
auch den bekanntlich unbelehrbaren Preußen klar.

Nun neigt der aufgeklärte Abendländer erfahrungsgemäß

dazu, das Alte Testament nicht allzu wörtlich zu nehmen und
bezweifelt auch die entsprechenden Textpassagen im 2. Buch
Moses. Dort steht nämlich geschrieben, dass »Manna vom
Himmel« fiel, um die aus Ägypten ausziehenden Juden zu
stärken. Sie dürfen dem »aufgeklärten Abendländer« jetzt eine
lange Nase drehen und sagen »Ätsch - möglich wäre es doch«.
Denn die »Mannaflechte«, ein essbares Bodengewächs, das vor
allem in den Steppen und Wüsten Nordafrikas zuhause ist, kann
vom Wind leicht abgelöst und weite Strecken durch die Luft
getragen werden. Eine einzige dieser Pflanzen wiegt nicht
einmal ein halbes Gramm, und essbar ist sie auch. Also - Manna
kann es durchaus regnen, doch bei aller Euphorie sind wir bereit
einzuräumen, dass diese kugelförmige, federleichte Pflanze
wohl kaum als »göttliche Speise« und wohl auch nicht als
Nahrung für ein Heerlager voller Menschen gedient haben
dürfte. Das »Manna«, von dem die Bibel spricht, ist wohl eher
der eingedickte Honigtau der Manna-Schildlaus, und ob der
jemals vom Himmel fiel, muss bezweifelt werden.

M wie Marathon

Nur selten wird der historische Ursprung des Marathon-

Laufes in Zweifel gezogen, und dabei gäbe es doch für Skepsis
jede Menge Anlass. So soll ein gewisser Thersippos aus Eroia
im Jahre 490 v. Chr. aus der Ebene um Marathon bis auf den
Athener Marktplatz gerannt sein - nur um den Hauptstädtern die

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Nachricht vom Sieg des griechischen Heeres gegen die Perser
mitzuteilen. Auf besagtem Marktplatz - so die Legende soll er
dann nach den Worten »Freut euch, wir haben gesiegt« vor
Erschöpfung tot umgefallen sein.

Mittlerweile haben sich natürlich auch Ethnologen und

Sportwissenschaftler mit dieser Geschichte beschäftigt und
übereinstimmend kommen sie zu der Ansicht, dass ein Lauf von
über 40 Kilometern binnen dreier Stunden für einen normalen
Mann dieser Zeit kaum machbar gewesen wäre. Schließlich
wissen wir spätestens seit der Wiederaufnahme der
Olympischen Spiele, dass die Marathon-Distanz selbst an
ausgezeichnet trainierte und spezialisierte Spitzenläufer enorme
Anforderungen stellt, und über Thersippos ist lediglich bekannt,
dass er ein einfacher Soldat war. Wesentlich wahrscheinlicher
ist, dass ein leicht verwundeter und damit nutzloser Krieger auf
einem Pferd oder einem Streitwagen zurückgeschickt wurde,
dass sein Beförderungsmittel im Laufe der vielen Kilometer
seinen Geist aufgegeben hat und er die restliche Strecke
schließlich zu Fuß zurücklegte. Dass diese Strapazen in
Kombination mit der angeblich glühenden Hitze seiner
Verwundung nicht zuträglich waren, dürfte jedermann
einleuchten. Damit wäre auch sein tödlicher Kollaps nach der
Ankunft zu erklären.

M wie Mars

Seit mittlerweile über 100 Jahren hält sich hartnäckig das

Gerücht, auf dem Mars - unserem Nachbarplaneten - gäbe es
Kanäle. Wilde Spekulationen und Theorien ranken sich um
diese vermeintlichen Bauwerke, wobei vor allem deren
regelmäßige und scheinbar schachbrettartige Musterung die Mär
von den kleinen grünen Männchen (Kanalarbeitern?) nährte.
Doch eigentlich kam man der Wahrheit schon 1924 auf die

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Spur: Anhand verschiedener psychologischer Experimente wies
der Astronom Kühl nach, dass es sich bei den »Marskanälen«
schlicht um eine optische Täuschung handelt. Sogenannte
»Marsflecken«, die in unregelmäßigen Abständen auf der
Oberfläche des Planeten auftauchen und auf
Gebirgsverwerfungen oder Tiefebenen gleichermaßen hindeuten
können, verbindet das menschliche Auge ungewollt mit
imaginären Linien. Aufnahmen von Raumsonden, die in den
80er Jahren unter anderem auch den Mars photographierten,
beendeten die letzten Hoffnungen der Aliengläubigen: Keine
Spur von Wasser, keine Spur von Kanälen und schon gar keine
Spur von intelligenten Lebewesen.

M wie Maulwurf

In zahlreiche n kleinen Bildgeschichten ist er verewigt: Der

Maulwurf, der Schrecken aller Gärtner. Doch seinen Ruf als
bösartiger Pflanzenschädling trägt der blinde Nager zu Unrecht,
denn er ist eigentlich ein ausgewiesener Insektenfresser. Wenn
man Maulwurfskanäle immer ausgerechnet unter Pflanzen mit
abgefressenen Wurzeln findet, so liegt das daran, dass der
Maulwurf just hier Jagd auf die wahren Schädlinge gemacht hat:
Pflanzenfressende Würmer.

M wie May

Er war schon ein Fabulierer und Lügenbeutel vor dem Herrn:

Der aus Sachsen stammende Fließbandschreiber Karl May. Ihm
verdankt die Welt den Winnetou, er erschuf Kara Ben Nemsi
und Hadschi Halef Omar. Fiktion und Wirklichkeit vermochte er
manchmal nicht so recht zu trennen und behauptete naiven
Fragestellern gegenüber jahrelang, bei seinen Abenteuer-

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Geschichten handele es sich um Reiseerzählungen und viel
davon habe er selbst erlebt. Zwar wurde er schon zu Lebzeiten
als Aufschneider entlarvt, doch entgegen der heute
vorherrschenden Ansicht darf man nicht behaupten, Karl May
sei niemals selbst in Amerika gewesen. 1908, im Alter von 66
Jahren, besuchte er erstmals die USA, und zwei Jahre später
weilte er in Begleitung seiner Frau Klara noch einige Wochen
im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Seine Romane hatte
er allerdings schon lange vor diesen Reisen veröffentlicht und
im Nahen Osten, in dem ebenfalls etliche seiner Bücher spielen,
ist er nachweislich nie gewesen.

M wie Mehltau

… hat rein gar nix mit Mehl zu tun, auch wenn Name und

Aussehen diese Vermutung nahe legen. Der weißliche
Schimmelüberzug auf Blättern leitet seinen Namen vom
mittelhochdeutschen Wort »miltou« ab, wobei »mil« »Honig«
bedeutet und das »tou« für Tau steht. Eigentlich heißt der
Mehltau also Honigtau.

M wie Mens sana

Viel Schindluder wurde mit dem Zitat »Mens sana in corpore

sano« getrieben, und es mag als gutes Beispiel dafür gelten, wie
die Worte eines Satirikers missgedeutet und ihr Sinn ins
Gegenteil verkehrt werden kann. Der Satz des römischen
Schriftstellers Juvenal wird heute nämlich nur unvollständig
wiedergegeben - aus dem Zusammenhang gerissen - und lautet
eigentlich wie folgt: »Orandum est ut sit mens sana in corpore
sano« (Es wäre zu wünschen, dass in einem gesunden Körper
auch ein gesunder Geist stecken möge). Juvenal verstand diese

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Textpassage als eine Attacke auf den schon im alten Rom
grassierenden Körperkult und Fitnesswahn und bezweifelte, dass
Menschen, die soviel Zeit auf ihren Körper verwenden, auch
noch klar denken können. Die Behauptung, dass ein kluger Kopf
über einem perfekten Körper zu sitzen habe, lag weder in
Juvenals Absicht, noch hat sie allzu viel mit der Realität zu tun.

M wie Meuterei

Was ist das verwerflichste Verbrechen auf hoher See?

»Meuterei natürlich«, werden jetzt die meisten von Ihnen sagen,
doch eigentlich gibt es diesen Begriff in der maritimen
Gesetzgebung gar nicht. Im internationalen Seerecht ist lediglich
von einem »Nichtbefolgen dienstlicher Anordnungen« die Rede,
was mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet
werden kann. Der Begriff »Meuterei« taucht also in der Kriegs-
oder Handelsmarine offiziell nicht auf. Zulässig ist er - auch im
juristischen Sinne - bei sogenannten Gefängnisrevolten oder im
Militärstrafrecht, wenn sich mehrere Soldaten der
Gehorsamsverweigerung schuldig machen. In diesen Fällen
spricht die Strafgerichtsbarkeit vom Tatbestand der »Meuterei«.

M wie Mona Lisa

Das mutmaßlich berühmteste Gemälde der Welt trägt

wahrscheinlich einen falschen Namen. Denn das mit »Mona
Lisa« betitelte Bild, das zu den Schätzen des Pariser Louvre
zählt, zeigt allem Anschein nach gar nicht wie ursprünglich
angenommen - die Frau des Kaufmanns Francesco del
Giocondo. Diese hieß zwar Mona Lisa, und tatsächlich hat
Leonardo da Vinci auch von ihr und ihrem Gatten Portraits
angefertigt, doch diese beiden Bilder gelten als verschollen.

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Dass sich der falsche Name dennoch in der Kunstwelt etablieren
konnte, geht auf ein Missverständnis aus dem 16. Jahrhundert
zurück. Damals berichtete der italienische Kunsthistoriker
Vasari, dass da Vinci ein Bild der besagten Kaufmannsgattin
gemalt habe. Dieses »unvergleichliche« Werk befinde sich jetzt
im Besitz des französischen Königs.

Doch die Beschreibung, die Vasari weiter von dem Gemälde

gibt, ähnelt dem Louvre-Kunstwerk eigentlich gar nicht. So sei
es »unvollendet« und weise eine unglaublich ausdrucksvolle
Augenbrauenpartie auf - Merkmale, die auf die uns bekannte
Mona Lisa gar nicht zutreffen. Offensichtlich hat Vasari 30
Jahre nach da Vincis Tod ein wenig den Überblick verloren und
zwei Bilder schlicht verwechselt.

Nach vorherrschender Meinung der Kunsthistoriker zeigt da

Vincis Gemälde Isabella von Aragon. Schließlich lebte
Leonardo jahrelang als Hofmaler in ihrer unmittelbaren
Umgebung, und zudem weist das berühmte Bild auch etliche
signifikante Ähnlichkeiten mit anderen Abbildungen der
Herzogin auf.

M wie Mond

Auf dem Mars gibt es keine Kanäle (siehe Stichwort »Mars«)

und auf dem Mond keine Meere. Letztgenanntes dürfte
mittlerweile zwar ins allgemeine Bewusstsein gerückt sein, doch
nach wie vor hält sich das Gerücht, die dunklen Flecken auf der
Mondoberfläche könnten in grauer Vorzeit einmal Wasser
enthalten haben. Nein, nein und nochmals nein. Den Mann im
Mond gab es auch als Fischwesen nicht, und bei den dunklen
Flecken handelt es sich um Tiefebenen, die aufgrund der
umliegenden Berge und Krater fast permanent im Schatten
liegen. Manche davon könnten auch auf Meteoriteneinschläge
zurückzuführen sein.

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M wie Mormonen

So mancher Pascha träumt nach wie vor von einem Leben als

Mormone. Grund: Diese dürfen angeblich mehrere Frauen
heiraten. Wir enttäuschen natürlich nur ungern diese
Wunschträume, doch haben sie mit der Realität leider schon
lange nicht mehr viel zu tun. Schon 1890 nämlich verzichtete
die, von Joseph Smith im Jahr 1830 gegründete, Kirche der
»Heiligen der Letzten Tage« auf ihren Anspruch der
Vielweiberei. Bis dato hatten ohnehin nur etwa 20 Prozent der
männlichen Kirchenmitglieder von diesem Privileg Gebrauch
gemacht. Hintergrund für den Verzicht waren massive
Interventionen durch die amerikanischen Bundesbehörden, die
sich mit der legalen Polygamie überhaupt nicht anzufreunden
vermochten und der Sekte mit weiterführenden Verboten
drohten. Nach gesetzlich anerkanntem Ritus dürfen Mormonen
also nach wie vor nur eine einzige Frau ehelichen und haben erst
nach deren Tod oder nach einer Scheidung die Möglichkeit, eine
weitere Ehe einzugehen. Doch »Nebenfrauen« sind von der
Sekte nach wie vor erlaubt, auch wenn sie von Staats wegen
keinen eheähnlichen Status haben. Etwa 10 Prozent der
Mormonen machen von dieser Möglichkeit heute noch
Gebrauch.

M wie Morse

Er war zweifellos einer der ganz großen Amerikaner: Samuel

Morse. Ein brillanter Gelehrter, ein talentierter Maler und ein
erfolgreicher Unternehmer. Nur eines war Morse nicht: ein
Erfinder. Die Ironie der Geschichte will es, dass er ausgerechnet
aufgrund einer vermeintlichen Erfindung im Gedächtnis der
Menschen blieb, doch zu seiner Ehrenrettung sei gesagt, dass er
sich um die Erfindung des »Morseapparats« und des

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»Morsealphabets« sehr große Verdienste erworben hat. Diese
beiden revolutionären Entwicklungen wurden also nicht zu
Unrecht nach ihm benannt.

Blicken wir zurück ins Jahr 1832. Samuel Morse, Sohn des

berühmten Geistlichen und Geographen Jedediah Morse, kehrte
nach einem dreijährigen Europaaufenthalt nach Amerika zurück.
Auf dem alten Kontinent hatte er sich ziemlich erfolglos als
Maler versucht - sein Talent wurde zwar anerkannt, doch zum
finanziellen Durchbruch reichte dies noch lange nicht. Auf der
Schiffsreise erzählte ihm ein Mitreisender von einem vor
kurzem entwickelten Apparat, bei dem man mittels
Magnetismus über eine Kupferdrahtspule einen Impuls am
anderen Ende der »Leitung« auslösen könne. Morse besaß
genug Phantasie, um sich die Anwendungsmöglichkeiten eines
solchen Apparates ausmalen zu können. Zurück in den
Vereinigten Staaten suchte er Mitarbeiter, die über genügend
technisches Knowhow verfügten, um seine vagen Pläne Gestalt
annehmen zu lassen. In den beiden jungen Technikern Joseph
Henry und Arthur Vail wurde er schließlich fündig, und
während er an der Universität von New York als ordentlicher
Professor wirkte, bastelten die beiden unermüdlich am ersten
»Telegraphen«. 1838 war dann ein erster Prototyp fertiggestellt,
doch einsatzfähig war dieser noch nicht: Es fehlte nämlich an
einer »Übersetzungsmöglichkeit« für die ausgelösten Impulse,
und es dauerte noch weitere Monate, ehe Arthur Vail ein
Zeichensystem aus unterschiedlich langen Strichen entwickelt
hatte: Das »Morsealphabet« war erfunden.

Vail und Henry hatten im Auftrag Samuel Morses gearbeitet.

Er hatte sie finanziert - folgerichtig bekam er das Patent, und
nach zähem Ringen konnte er auch die Politiker überzeugen:
1841 ließ der Kongress der USA die erste Telegraphenstrecke
bauen.

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M wie Motten

In den Zeiten der Insektensprays und Mottenpülverchen hat

die Angst vor überraschenden Löchern in abgehängter Kleidung
zunehmend an Bedeutung verloren. Doch immer noch kann es
vorkommen, dass Sie im Sakko, das säuberlich im Schrank
verstaut war, unliebsame Bissspuren finden, und natürlich lautet
dann der erste Ruf: »Aha - Motten!« Doch verantwortlich für
den Schaden sind in Wirklichkeit nicht die kleinen Falter mit
den gezackten Flügeln, sondern ihre unmündigen Kinder. Denn
nur die Larven der Motten knabbern in ihrer unersättlichen Gier
nach Futter an Teppichen, Stoffen und Polstergarnituren - wenn
sie ausgewachsene Motten sind, stellen sie fürs textile Hab und
Gut keinerlei Bedrohung mehr dar.

M wie Mozart

Legenden ranken sich um Wolfgang Amadeus Mozart,

Legenden der unterschiedlichsten Art. Eine der beliebtesten
behauptet, Mozart sei Zeit seines Lebens von den Mächtigen
ausgebeutet und gedemütigt worden und schließlich als
mittelloser und entkräfteter Mann gestorben.

Die Wahrheit sieht ein wenig anders aus. Schon als Kind

konnte Mozart für Klavierkonzerte fürstliche Honorare
verlangen und, »gemanagt« von seinem Vater, tat er dies auch
nach Kräften. Später berechnete er für eine einzige
Klavierstunde den Preis von zwei Gulden, was in etwa dem
Monatslohn eines gewöhnlichen Arbeiters entsprach. Für einen
öffentlichen Auftritt forderte und bekam er 1000 Gulden - eine
Summe, die sich bestenfalls mit den heute üblichen Salären
mancher Sportgrößen vergleichen lässt. Sein Jahreseinkommen
belief sich auf umgerechnet knapp 400000 Mark, eine Summe,
mit der es sich gut hätte leben lassen.

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Doch zum einen war Mozart nicht nur ein begnadeter Pianist

und Komponist, sondern auch ein »genialer« Verschwender, und
zum anderen verlor er einen erklecklichen Teil seiner
Einnahmen beim Spiel. Regelmäßig ließ er sich von »guten
Freunden« beim Kartenspiel über den Tisch ziehen und so
virtuos er auch am Klavier war, so überaus mittelmäßig war er
am Billardtisch. Da er aber gleichzeitig zu einer gewissen
Selbstüberschätzung neigte, hinderte ihn dies nicht daran, immer
wieder sein Glück gegen stärkere Gegner zu versuchen und zu
verlieren.

Bei seinem Tod war Mozart tatsächlich ein armer Mann, doch

nicht etwa missgünstige Adelige hatten ihn still und heimlich im
Armengrab verscharren lassen. Verantwortlich dafür war
vielmehr seine Witwe Constanze, die zu Lebzeiten ihres Mannes
auch nicht eben durch Sparsamkeit geglänzt hatte. Aufgrund des
vorhandenen Schuldenberges lehnte sie das Erbe ab, weigerte
sich, für das Begräbnis irgendwelche Zahlungen zu leisten und
ließ den Körper des Genies auf einem Armenfriedhof begraben.
Dort allerdings wurde er wenige Jahrzehnte später wieder
ausgebuddelt und anschließend standesgemäß in der
»Prominenten-Ecke« des Wiener Zentralfriedhofs noch einmal
beigesetzt.

M wie München

Zwei Versionen gibt's zum Münchner Stadtwappen. Die eine

behauptet, darauf sei das sogenannte »Münchner Kindl«
abgebildet, die andere spricht von einem Mönch. Beides ist
falsch. Die Wahrheit liegt - wie so oft - in der Mitte. Denn
tatsächlich handelt es sich bei dem Symbol um eine Art
»graphisches Zwitterwesen« zwischen Mönch und Mädchen.
Ein Geistlicher hatte im 13. Jahrhundert das erste offizielle
Stadtwappen geziert - kein Wunder bei einer Kommune, die im

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Althochdeutschen einfach »Bei den Mönchen« hieß. Erst 1807
wurde der altgediente To nsurträger, der stets mit Kapuze und
Bibel in der Hand dargestellt worden war, demontiert: Die
Säkularisation machte die bildliche Darstellung katholischer
Geistlicher zeitweise äußerst unbeliebt. Vorübergehend wurde
ein Löwe zum Wappentier erkoren, doch König Ludwig I.
entschied sich wieder für den Würdenträger, der nun allerdings
harte Konkurrenz bekam. Denn als inoffizielles Symbol war das
»Münchner Kindl« zwischenzeitlich schon sehr beliebt
geworden, und schließlich entschieden sich die Stadtväter in der
Mitte des 19. Jahrhunderts für den unglaublichen Kompromiss:
Dem »Kindl«, das bis dato fröhlich einen Maßkrug gestemmt
hatte, wurde eine Heilige Schrift in die Hand gedrückt, es bekam
Mönchskutte und Kapuze übergeworfen und wurde damit zum
einzigen zweigeschlechtlichen Humanoiden in einem der
bekanntesten Wappen dieser Welt.

M wie Münchhausen

Und es hat ihn doch gegeben. Der »Lügenbaron«

Münchhausen selbst war keine Lüge oder Erfindung, sondern
eine durchaus reale Gestalt, der der Göttinger Dichter Gottfr ied
August Bürger zu Weltruhm verhalf. Geboren im Jahre 1720 im
Städtchen Bodenwerder, wurde Karl Friedrich Hieronymus
Freiherr von Münchhausen zunächst Page am Braunschweiger
Hof, als 18jähriger Kürassier im Regiment des Prinzen Anton
Ulrich von Braunschweig und schließlich wohlhabender
Privatier auf ausgedehnten Ländereien. Seine Freunde und Gäste
pflegte der begabte Erzähler mit augenzwinkernder Heiterkeit
durch fabelhafte Geschichten und Lügenmärchen zu erheitern,
und einige dieser überlieferten »Stories« benutzte G. A. Bürger
als Grundlage für seine »Lustigen Abenteuer des Freiherrn von
Münchhausen«. Das Werk erschien 1786 - also noch 13 Jahre

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vor dem Tod des adligen Fabulierers, der beim Lesen seiner
ausgeschmückten Anekdoten sicherlich seine helle Freude
gehabt haben wird. Dies aber dürfte der einzige Spaß im Alter
des Barons gewesen sein, denn durch Pech und einige
Fehlspekulationen hatte er sich um sein gesamtes Vermögen
gebracht und starb schließlich einsam und verbittert in seiner
Geburtsstadt Bodenwerder.

M wie Muscheln

Nicht nur phantasiebegabte oder hörgeschädigte Zeitgenossen

vermeinen im Inneren einer Strandmuschel das Rauschen des
Meeres vernehmen zu können. Doch obwohl das Geräusch so
deutlich zu vernehmen ist, ist es doch nicht mehr als eine
akustische Täuschung. Es ist vielmehr das Echo des eigenen
Blutes, dessen normalerweise unhörbares Rauschen von den
glatten Muschelwänden reflektiert und hörbar gemacht wird.

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13. Von Nachtwache bis Nordpol

N wie Nachtwache

Neben dem »Mann mit Goldhelm« ist »Die Nachtwache« das

vermutlich berühmteste Gemälde des niederländischen Malers
Rembrandt und gleichzeitig ein gutes Beispiel dafür, wie die
Jahre Auffassungen und Ansichten verändern können. Als
Rembrandt das Bild 1642 fertiggestellt hatte, wurde er mit
Schimpf und Spott überhäuft. Er hatte nämlich die »Compagnie
des Hauptmanns Frans Banningh Cocq« gemalt und das Bild
auch so betitelt. Doch einige Mitglieder der verewigten
Bürgerwehr fühlten sich völlig falsch wiedergegeben, andere
monierten, dass zuviel Schatten auf ihre Gesichter falle, und mit
den gewählten Farben war eigentlich überhaupt niemand
zufrieden. So geriet es lange Zeit in Vergessenheit und setzte in
dunklen Kellergewölben mit der Zeit deutlich Patina an. 1891
entschloss sich das Amsterdamer Rijksmuseum dann doch, das
Bild auszustellen - schließlich war Rembrandt mittlerweile einer
der anerkanntesten und berühmtesten der großen Meister und
nannte es »Nachtwache«. 1911 stürmte ein junger Wirrkopf auf
das Gemälde zu, und bevor er überwältigt werden konnte, hatte
er mit einem Messer schon verheerenden Schaden angerichtet.
Doch aus dem vermeintlichen Unglück wurde durch die
fachkundige und liebevolle Restauration ein wahrer Segen. Die
Fachleute entfernten beim sorgfältigen Zusammenflicken
nämlich gleich noch einige Firnisschichten und entdeckten, dass
das Bild längst nicht so düster war, wie man lange Zeit vermutet
hatte. Im Gegenteil: Das 4,35 Meter breite und 3,95 Meter hohe
Kolossalgemälde wies ungeheuer leuchtende Farben auf, und
schlagartig verwandelte sich die Nacht- in eine »Tagwache«.

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Das Bild wurde im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts noch
zweimal attackiert, doch heute ist es in Amsterdam wieder in
seiner ganzen Pracht und Schönheit zu besichtigen.

N wie Nadelbaum

Der Tannenbaum »grünt« bekanntlich nicht nur zur

Sommerszeit, sondern behält seine schmucke Zier das gesamte
Jahr hindurch. Doch es gibt auch in Deutschland einen
Nadelbaum, der in der kalten Jahreszeit sein »Gefieder« verliert.
Hätten Sie's gewusst? Es ist die Lärche. Sie wirft im Winter ihre
Nadeln ab und bildet sie im Frühling neu.

N wie Napoleon

Einig sind sich alle ernstzunehmenden Historiker darüber,

dass das Ende der napoleonischen Glückssträhne mit dem
ominösen Russlandfeldzug begann. Doch wie so viele große
Männer hatte auch der kleine Korse sofort eine plausible
Entschuldigung parat, um die Niederlage seiner glorreichen
französischen Armee und damit sein eigenes Scheitern zu
erklären. Seitdem wurde diese Ausrede vom Gros der
Geschichtsschreiber widerspruchslos übernommen: Der
unerwartet harte russische Winter soll schuld gewesen sein.

Doch die verbreitete Untugend, das eigene Versagen auf die

Unbilden des Wetters zu schieben, vermag in diesem Fall
eigentlich nicht zu überzeugen. Denn der betreffende Winter
war keinesfalls härter als gewöhnlich - mit derartigen
Bedingungen hätten die französischen Truppen eigentlich
rechnen müssen. Die große Kälte, die Napoleon in seinen
Erinnerungen notierte, brach in Wahrheit erst wesentlich später
ein - der Feldzug fand zunächst eher bei vergleichsweise

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angenehmer Witterung statt. Ursächlich für die Niederlage war
vielmehr eine miserable Logistik. Zum einen hatte Bonaparte
den Kampfeswillen der russischen Armee offensichtlich
unterschätzt und deshalb hatte sich der Marsch auf Moskau
schon über Gebühr verzögert. Die Armee war also bereits
geschwächt, als sie vor der russischen Hauptstadt stand, und als
sich dort abzeichnete, dass deren Mauern längst nicht so einfach
zu erstürmen waren wie vermutet, ging man in einen ziemlich
ungeordneten Rückzug über. Als »Panikreaktion« wird dieser
Aufbruch von Wissenschaftlern heute interpretiert, und
tatsächlich vergaßen die Verantwortlichen beinahe alles, was
man für eine strategisch sinnvolle Rückwärtsbewegung benötigt
hätte. So hatte die Vorratsabteilung zwar ausreichende Mengen
an Lebensmitteln für die Soldaten im Gepäck, doch mangelte es
an Pferdefutter und warmen Decken. Binnen zweier Wochen
krepierten somit Tausende von Vierbeinern elendig an Hunger
und Erschöpfung und die von ihnen gezogenen Wage n und
Kanonen fielen fast kampflos dem nachrückenden Feind in die
Hände. Dieser benutzte das unerwartete Geschenk natürlich
dankbar, um den abziehenden Franzosen noch die eigene
Munition hinterher zu schicken, und so gelang nur wenigen
Soldaten der Grande Nation der Heimweg. Ganz am Ende dieser
chaotischen Flucht kam es dann wirklich zum Ausbruch jener
großen Kälte, die das Thermometer zeitweise auf unter -20 Grad
sinken ließ. Die Berichte der wenigen Heimkehrer schienen die
Version des Kaisers also zu bestätigen - für eine genauere
Überprüfung fehlte den meisten Zeitgenossen ohnehin Muße
und Mut.

N wie Nasenbluten

Die verbreitetste Reaktion ist auch die verkehrteste: Bei

Nasenbluten soll man nämlich den Kopf nicht in den Nacken

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legen, weil dem Betroffenen das Blut dann in den Rachen laufen
kann. Besser ist es, sich möglichst aufrecht hinzusetzen und den
Kopf nach vorne zu neigen. Um die Blutung zu stoppen, stecken
Sie sich ein Wattebäuschchen oder einen kleinen Teil eines
Papiertaschentuchs ins Nasenloch und drücken einige Minuten
dagegen.

N wie Nero

Ein Narr dürfte er gewesen sein, ein schlechter Sänger

obendrein. Den »Tyrannen und Despoten« könnte man unter
Umständen auch noch durchgehen lassen, und ein richtig netter
Mensch war er auf keinen Fall. Doch eines war Kaiser Nero auf
keinen Fall: ein irrer Brandstifter.

Schon kurz nach Neros Tod waren erste Gerüchte entstanden,

der eigenwillige Kaiser selbst habe im Jahre 64 n. Chr. die
Hauptstadt des römischen Reiches eigenhändig in Brand
gesteckt und die Schuld anschließend den Christen in die
Schuhe geschoben. Schon der Geschichtsschreiber Tacitus
zitiert diese Vermutung als vages Gerücht, und spätestens mit
dem Sieg des Christentums (so etwa ab dem fünften
Jahrhundert) hatte sich die Legende endgültig etabliert. Und
dies, obwohl die Geschichte doch offensichtlich nicht wahr sein
konnte. Am Tag des Brandes nämlich, am 18. Juli 64, hielt sich
Nero zusammen mit Teilen seines Hofstaats in seinem Landhaus
in Antium auf - rund 60 Kilometer von Rom entfernt. Als er in
Rom eintraf, stand die Stadt schon in hellen Flammen, durch die
auch sein eigener Palast und seine über alles geliebte
Kunstsammlung in Asche und Rauch aufgingen. Dass er dafür
selbst verantwortlich gewesen sein soll, ist doch in hohem Maße
unwahrscheinlich.

Es ist sogar überliefert, dass Nero tatkräftig und eigenhändig

bei den Löscharbeiten geholfen haben soll und den obdachlos

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Gewordenen Tempel, Paläste und Gärten über Wochen und
Monate hinweg als Ausweichquartiere zur Verfügung stellte.
Dass er aber mit schaurigschönen Moritaten das brennende Rom
besungen hat, bemerkte kein einziger Zeitgenosse - auch diese
Fabel entstand erst Jahrhunderte später. Richtig ist wohl
lediglich, dass Nero ein Mann war, der seine eigenen
musikalischen Fähigkeiten maßlos überschätzte und seine
wehrlosen Höflinge und Gäste gerne und oft mit
selbstkomponierten Liedern »folterte«. Im übrigen galt Nero zu
seiner Zeit als durchaus maßvoller, wenn auch nicht allzu
intelligenter Herrscher. Er hatte eine Vorliebe für alles
Griechische, was sich auch in seinen Prachtbauten manifestierte,
und außerdem keinen besonders ausgeprägten Sinn für Politik.
Von grausamen Folterungen, ungewöhnlich vielen
Hinrichtungen oder sexuellen Perversionen in seinem Palast
berichten Zeitzeugen allerdings nicht. Andere Kaiser vor und
nach ihm hatten schon wesentlich schlimmer gewütet - mit
Caligula darf Nero nun wirklich nicht verglichen werden.

N wie New York

Die Hauptstadt des amerikanischen Bundesstaates New York

ist…? Albany! Und zwar schon seit 1797. Albany, 220
Kilometer nördlich des »Big apple«, liegt ebenfalls am Hudson-
River, aber das ist eigentlich schon die einzige Gemeinsamkeit
beider Städte. In Albany dominieren nämlich Ruhe und
Beschaulichkeit - ähnliches lässt sich von New York nun
wirklich nicht behaupten.

Auch eines der vermeintlichen Wahrzeichen der Stadt können

die Bewohner New Yorks gar nicht für sich reklamieren. Die
»Statue of Liberty« auf »Liberty Island« steht nämlich auf dem
Territorium des Bundesstaates New Jersey.

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N wie Nordkap

Allgemein gilt das Nordkap als nördlichste Landmasse

Europas. Doch auch wenn der Name so schön danach klingt,
haben Vermessungen ergeben, dass die benachbarte Landspitze
der Halbinsel Knivskjellodden dem Nordpol noch rund 1700
Meter näher ist als das Nordkap.

N wie Nordpol

Es ist nicht angenehm, große und berühmte Männer als

Lügenbeutel entlarven zu müssen, doch im Falle des
amerikanischen Offiziers Richard E. Byrd kommen wir nicht
darum herum. Dieser hat nämlich zeitlebens behauptet,
zusammen mit seinem Co-Piloten Floyd Bennett als erster
Mensch den Nordpol überflogen zu haben. Am 9. Mai 1926
waren die beiden von Spitzbergen aus gestartet und 15 ½
Stunden später wieder auf ihrem Ausgangsflughafen gelandet.
Für Byrd zahlte sich die angebliche Pionierleistung aus. Er
machte als berühmter Mann in der amerikanischen Marine
schnell Karriere, wurde schließlich sogar Admiral und starb
hochgeachtet und hochdekoriert mit 68 Jahren an einem
Herzleiden.

Im Jahre 1971 ließ ein gewisser Richard Montegue, Redakteur

einer amerikanischen Wochenzeitung, die Bombe platzen. Er
hatte gründlich nachrecherchiert und eine Fülle von Material
zusammengetragen, die einwandfrei bewies, dass Byrd und
Bennett den Pol unmöglich überflogen haben konnten. Für erste
Zweifel hatte der Flieger selbst gesorgt. Nach der Landung in
Spitzbergen hatte Byrd den atemlos lauschenden Journalisten
nämlich erzählt, dass kurz nach dem Start ein Triebwerk der
dreimotorigen Focker ausgefallen war und man phasenweise nur
mit zwei Dritteln der Höchstgeschwindigkeit habe fliegen
können. Nur günstigem Rückenwind sei es zu verdanken

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gewesen, dass man es doch noch bis zum Pol geschafft habe.
Eine Überprüfung der Wetterkarten ergab jedoch rasch, dass der
entsprechende Wind an jenem Tag unmöglich geweht haben
konnte. Auch hatten Flugexperten schon frühzeitig vermutet,
dass die Strecke vom norwegischen Spitzbergen bis zum
geographischen Pol in den notierten 15 ½ Stunden unter den
geschilderten Bedingungen kaum zu schaffen war, doch die
aufkommende leise Skepsis wurde als Neid und Missgunst
abgetan. Noch weit mehr ins Gewicht als alle theoretischen
Zweifel an der technischen Durchführbarkeit fällt allerdings das
Geständnis, das Co-Pilot Bennett einem anderen Flieger
anvertraut hat. Gegenüber dem Norweger Bernt Baichen gab
Bennett zu, dass Byrd nach dem Ausfall des Motors den
Versuch abgebrochen habe und zunächst wieder in Richtung
Spitzbergen geflogen sei. Als dann aber die beiden anderen
Triebwerke keine Schwächen zeigten, kehrte er noch mal um
und die beiden flogen insgesamt über 14 Stunden einfach immer
wieder hin und her. Die Route zum Pol noch einmal
einzuschlagen, wagten sie nicht mehr. Baichen wollte dies in
seiner Autobiographie bereits in den 50er Jahren
veröffentlichen, doch Byrds Bruder, der Senator Harry Flood
Byrd, setzte ihn massiv unter Druck, diese Fassung nicht auf den
Markt zu bringen. Statt dessen erschien eine »bereinigte«
Ausgabe, in der das Kapitel über Byrds Lüge einfach ausgespart
worden war.

Somit ist nun einwandfrei erwiesen, dass der Norweger Roald

Amundsen und der Italiener Umberto Nobile zusammen mit
ihrer dreizehnköpfigen Besatzung die ersten waren, die den
Nordpol überquerten. Ihnen gelang das in einem gewaltigen
Luftschiff - ganze drei Tage nach Byrds angeblichem Rekord.
Gestartet waren sie ebenfalls von Spitzbergen aus, und nach
70stündiger Fahrt landete das gewaltige Flugobjekt namens
»Norge« in Alaska. Damit hatten Menschen auch zum
allerersten Mal das gesamte Polargebiet überquert.

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14. Von Obst bis Oscar

O wie Obst

Nach dem Genuss von Obst soll man kein Wasser trinken -

diese Regel scheint so lange zu existieren, wie es Mütter und
Großmütter gibt. Angeblich verursacht nämlich der übermäßige
Genuss kalten Wassers nach dem Äpfelchen arges
Bauchgrimmen - eine Behauptung, die wir jetzt ein für allemal
ins Reich der Fabel verweisen. Allerdings hatte die Warnung bis
vor etlichen Jahrzehnten noch ihre Berechtigung, denn damals
gab es noch keine Kläranlagen und selbst das bestmögliche
Trinkwasser war mit Keimen durchsetzt. Diese wiederum
brachten die Früchte im Kindermagen zum Gären, was die
bekannten, höchst unangenehmen Folgen haben konnte: Da
endete ein Tag schon mal auf dem »Donnerbalken«. Heute
jedoch ist unser Trinkwasser in der Regel porentief rein, so dass
wir zumindest in Mitteleuropa auch nach Obstgenuss literweise
Wasser trinken können. In manchen Ländern Afrikas, Asiens
oder Südamerikas sollten Sie da jedoch wesentlich vorsichtiger
sein und die mütterliche Mahnung stets im Gedächtnis behalten.

O wie Odyssee

»Ach«, pflegte mein alter Lateinlehrer zu schwärmen, »Sie

hätten Altgriechisch statt dieses stupiden Französisch belegen
sollen. Homers llias, Homers Odyssee im Original sind das
einfach unvergleichliche Werke.« Tja - Herr Brune, diese Werke
mögen tatsächlich unvergleichlich sein und vielleicht hätte der
Schreiber dieser Zeilen im Griechischen auch mehr reüssiert als

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in der schwierig auszusprechenden Sprache unserer gallischen
Freunde, doch die beiden von Ihnen zitierten Epen stammen
leider nur zum Teil von Homer. Einwandfrei erwiesen ist, dass
der »blinde Sänger« Homer zwar die llias verfasst hat, doch die
Odyssee entstand erst Jahrzehnte nach seinem Tod. Allerdings
haben der oder die unbekannten Verfasser sich alle erdenkliche
Mühe gegeben, ganz in Stil und Sprache Homers zu bleiben,
doch ganz ist ihnen das nicht gelungen. Sprach- und
Literaturforscher wiesen anhand etlicher Feinheiten zweifelsfrei
nach, dass sich vor allem die inhaltliche Gliederung deutlich
vom Homerschen Stil unterscheidet, auch wenn sie nicht
weniger eindrucksvoll gelungen ist. Auch weisen winzige
Details - vor allem bei diversen Metaphern - darauf hin, dass an
der Odyssee mehrere Autoren gearbeitet haben müssen.

O wie Ohrwurm

Ein Wort mit zwei Bedeutungen: Zum einen wird mit

»Ohrwurm« eine eingängige Melodie bezeichnet zum anderen
ein Wurm, der sich's angeblich gerne im menschlichen Ohr
gemütlich macht. Die Beurteilung der Metapher obliegt uns an
dieser Stelle nicht, doch die zweite Behauptung ist schlichtweg
Unsinn. Zum einen ist der »Ohrwurm« gar kein Wurm, sondern
ein geflügeltes Insekt, zum anderen hat er überhaupt keinen
Grund, sich in Menschenohren einzunisten. Er lebt schließlich
von Blättern und kleineren Insekten und würde unser
Ohrenschmalz in höchstem Maße »unappetitlich« finden. Seinen
Namen hat er von den Hinterflü geln, die einer Hörmuschel sehr
ähnlich sehen.

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O wie Oktober

Der Oktober ist ein häufig missverstandener Monat. Zum

einen ist er in unseren Breiten als nass und unfreundlich
verschrieen und das, obwohl sein Regendurchschnitt unter dem
des »Wonnemonats« Mai liegt. Zum zweiten glauben die
meisten Ausländer und Norddeutschen immer noch, im Oktober
starte das gleichnamige Münchner Volksfest, obwohl die
»Wiesn« traditionell schon in der letzten Septemberwoche in die
Vollen geht. Und zum dritten ist die sogenannte
»Oktoberrevolution«, die Lenins berühmter Aufruf »An die
Bürger Russlands« einläutete, eigentlich eine November-
Revolution. Denn der gregorianische Kalender wurde in
Russland erst im Februar 1918 eingeführt und Lenins
Rotgardisten hatten Petrograd bereits ein halbes Jahr vorher
besetzt. Der Startschuss zur bolschewistischen Revolte fiel nach
der alten Zeitrechnung am 25. Oktober, doch nach dem heute
gültigen Kalender verschiebt sich dieses Datum auf den 7.
November. Doch der Begriff »Oktoberrevolution« hatte sich
schnell eingebürgert warum etwas ändern, was sich bestens
bewährt hat?

O wie Olympische Spiele

Warum ist der Satz »Die nächste Olympiade findet in

Soundso statt« grundverkehrt?…Geben Sie's auf - da kommen
Sie nie drauf. Im ursprünglichen, altgriechischen Sinn meint das
Wort Olympiade nämlich einen Zeitraum von vier Jahren, der
im Jahr der Spiele begann. Die 25. Olympischen Spiele könnte
man also bestenfalls als »Spiele der 25. Olympiade« bezeichnen,
aber nicht einfach als »Olympiade«.

Mit einem anderen Mythos haben wir schon beim Stichwort

»Amateur« gründlich aufgeräumt. Auch die Sportheroen der

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Antike waren nämlich Profis, die sich ihren Lorbeerkranz
angemessen »versilbern« ließen und nicht nur um Ruhm und
Ehre kämpften.

O wie Oscar

Was hat sich Ho llywood da nur entgehen lassen: Da hat man

schon einen Filmpreis namens »Oscar«, und kein Mensch
kommt auf die Idee, eine spannende Story um einen
großzügigen Gönner zu erfinden, der sich nach dem Hochgenuss
eines grandiosen filmischen Meisterwerks selbst ein Denkmal
setzen wollte und die kleine goldfarbene Statue stiftete. Aber
nein, die Wahrheit ist ebenso bekannt wie banal, wenngleich
auch nicht ohne eine gewisse heitere Note. Einen Stifter namens
»Oscar« hat es nie gegeben - vielmehr glaubte eine betrunkene
Angestellte einer Produktionsfirma in dem kleinen
Goldmännchen eine Abbildung ihres Lieblingsonkels erkennen
zu können und der hieß nun einmal Oscar. Die korrekte
Bezeichnung für die Trophäe, die die Akademie der Filmkünste
und -Wissenschaften alljähr lich in diversen Sparten vergibt,
lautet »Academy Award«. Bis zur Drucklegung dieses Buches
war der Monumentalschinken »Ben Hur« mit elf von zwölf
möglichen Oscars der Rekordhalter. Mit sieben beziehungsweise
neun Oscars folgen »Schindlers Liste« und »Der englische
Patient«.

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15. Von Panama-Hut bis Pyramiden

P wie Panama-Hut

… hat mit Panama nix am Hut. Diese breitkrempige, elegante

Kopfbedeckung für den sommerlichen Flanierer von Welt wird
aus den getrockneten Blättern der sogenannten Panama-Palme
hergestellt. Diese wächst allerdings nicht im
mittelamerikanischen »Kanalstaat«, sondern in Bolivien und
Peru. Hergestellt werden die Hüte heute zumeist in Ecuador -
dort hatte die Produktion zu Beginn des 19. Jahrhunderts auch
ihre Ursprünge.

P wie Papagei

Zum Thema »Papagei« gilt es gleich zwei verbreitete

Missverständnisse aufzuklären. Zum einen kann nicht jeder
Papagei sprechen - selbst mit viel Liebe und Geduld werden Sie
einige Arten niemals dazu bringen, menschliche Laute
nachzuplappern. Zum anderen werden Papageien in der Regel
auch nicht uralt - nur der Kakadu kann im extremen Einzelfall
die 100-Jahre-Marke knacken. Die übrigen Arten der bunten
Urwaldvögel sterben wesentlich früher, und vor allem
Käfigvögel erreichen selten mehr als 30 Jahre.

P wie Pfefferkuchen

Von den Bäckern des Mittelalters durfte man bei der

Namensgebung nicht allzu viel Kreativität erwarten, und so

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kommt es, dass der Pfefferkuchen seinen Namen einzig und
allein der Tatsache verdankt, dass bei seiner Erfindung alle
exotischen Gewürze einfach als »Pfeffer« bezeichnet worden
waren. Die wirklichen, damals recht exotischen Zutaten - Zimt,
Nelken, Piment, Safran, Muskat und Ingwer - wurden also der
Einfachheit halber unter dem Begriff »Pfeffer« zusammen-
gefasst. Wirklichen Pfeffer enthält das

leckere

Lebkuchengebäck natürlich nicht - würde wahrscheinlich auch
komisch schmecken.

P wie Pferde

»Liegt ein Pferd auf dem Boden, dann ist es entweder

gestolpert oder tot.« Diesen Satz hört man oft auch von
sogenannten Pferdekennern, die häufig der felsenfesten
Überzeugung sind, ihr vierbeiniger Liebling schlafe stets im
Stehen. Pferde können dies zwar, doch wenn sie sich sicher
genug vor eventuellen Gefahren fühlen - also beispielsweise im
gewohnten Stall - bevorzugen sie zum Schlummern eine
bequemere Haltung: Sie knicken zuerst die Vorderbeine ab und
lassen sich dann aus dieser »knienden« Position auf die Seite
plumpsen.

P wie Pflanzen

Es gibt Menschen, die reden beruhigend auf ihre

Zimmerpflanzen ein und behaupten steif und fest, dies bewirke
Gesundheit und besseres Wachstum. Ohne das ausführlich zu
begründen, dürfen wir diese abenteuerliche Mär mit Bausch und
Bogen ins Reich der Fabel verweisen: Ausführliche
Experimente haben ergeben, dass menschliche Gegenwart - so
angenehm und zartfühlend sie auch sein mag - von Pflanzen

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jedweder Art ignoriert wird. Doch die wenigsten Hobby-
Botaniker wissen, dass es Pflanzen gibt, die in einem
bestimmten Bereich tatsächlich höchst humanoide Züge
entwickeln können: Wenn sie krank sind, bekommen sie Fieber.
Das klingt unglaublich, aber amerikanische Wissenschaftler
haben doch nachgewiesen, dass die Blätter kranker Pflanzen
eine um drei bis fünf Grad höhere Temperatur aufweisen als die
ihrer gesunden Artgenossen. Die Begründung für dieses
Phänomen lieferten die Forscher gleich mit. Die Beschädigung
an den Wurzeln führt zu einer massiven Störung bei der
lebensnotwendigen Aufnahme von Wasser, was nicht nur
»Hunger« bedeutet, sondern auch einen Verlust der inneren
Kühlung.

P wie Pilatus

Der arme Pontius Pilatus: Er wäre nun wirklich einer

gewesen, der sich die Hände hätte in Unschuld waschen können,
doch die Christenheit hat ihn schon seit ewigen Zeiten auf dem
Kieker. Der römische Statthalter Judäas soll es gewesen sein,
der Jesus dereinst zum Tod am Kreuz verurteilte. Doch Pilatus
hatte mit der Angelegenheit wirklich kaum etwas zu tun. Er
hatte Jesus zunächst sogar »freigesprochen«, doch der hatte seit
seiner »Rausschmiss-Aktion« im Tempel bei der Jerusalemer
Bevölkerung keine rechte Lobby mehr. Die aufgebrachte
Volksmenge forderte Pilatus ultimativ auf, Jesus dem Urteil des
sogenannten »Hohen Rats« zu unterstellen, und dieser oberste
Gerichtshof der Juden verurteilte den Religionsgründer
schließlich zum Tode. Den Vorsitz dieses Gerichts, dessen
Urteil von der römischen Verwaltung aus diplomatischen
Gründen (man wollte keinen Aufstand provozieren)
notgedrungen bestätigt wurde, führte der Hohepriester Kaiphas.
Pilatus hatte nur die unangenehme Aufgabe, das rechtmäßig

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ergangene Urteil vollstrecken zu lassen. Er tat dies wesentlich
weniger grausam, als ihm lange unterstellt wurde. So musste
Jesus entgegen den meisten Schilderungen keineswegs sein
ganzes Kreuz auf Golgathas Höhen schleppen: Historiker
wiesen nach, dass es damals lediglich üblich war, die
Delinquenten den Querbalken tragen zu lassen. Und dass
Pontius Pilatus in diesem Fall vom üblichen Vorgehen abwich,
ist nicht zu vermuten, denn unter Zeitgenossen galt er als
gerechter und korrekter Politiker.

P wie Pilze

Insekten - gleich welcher Art - gelten nicht unbedingt als

Krönung der Schöpfung, sondern im allgemeinen als höchst
lästige Lebewesen. Doch abgesehen davon, dass sie für den
biologischen Kreislauf unverzichtbar sind, haben einige von
ihnen dem Menschen auch etwas voraus: Sie züchten nämlich
schon seit Jahrtausenden Pilze. Nun mögen Sie einwenden, dies
sei doch keine große Kunst, doch dem Menschen gelang es erst
kurz vor Drucklegung dieses Buches, nämlich im Februar 1997,
erstmals essbare Pilzkulturen eigenhändig zu züchten. Ein Team
von schwedischen und amerikanischen Wissenschaftlern vollzog
dieses höchst komplizierte Experiment unter Laborbedingungen.
Doch beispielsweise die Blattschneider-Ameise erweist sich
schon von jeher als perfekter »Pilzzüchter«, denn sie benutzt
feinzerkaute Pflanzenteile als Nährboden für Pilzkulturen. Beim
Heranwachsen werden bestimmte Stellen der Pflanzen
systematisch abgebissen, und die ständige »gärtnerische« Pflege
führt tatsächlich zum gewünschten Wuchs. Auch Termiten
züchten Pilze, wobei sie als Dünger ihren eigenen, sehr
nährstoffreichen Kot benutzen. Das Resultat ist eine sehr
spezielle Form, die auf natürlichem Wege nie und nimmer
zustande gekommen wäre.

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P wie Piraten

Nicht alle Piraten waren wilde, barbarische Raubritter der

Meere, und noch weniger von ihnen waren edle Gestalten, wie
Errol Flynn sie einst verkörperte. Die Wahrheit ist - es gab
solche und solche. Neben denjenigen, die unter der
Totenkopfflagge so ziemlich jedes schwächere Schiff angriffen,
versenkten oder kaperten und alles mitnahmen, was nicht niet-
und nagelfest war (einschließlich die bedauernswerten Frauen an
Bord - die männlichen Gefangenen wurden zumeist ermordet),
existierten tatsächlich auch die »guten« Piraten. Sie nannten sich
in der Regel »Korsaren« oder »Freibeuter« und waren in
offiziellem Auftrag unterwegs. Der berühmteste unter ihnen war
Sir Francis Drake, der es nach seiner Freibeuter-Laufbahn
immerhin zum Vizeadmiral der britischen Flotte brachte und
vom König für seine Verdienste geadelt wurde. Ausgestattet mit
einem »Kaperbrief« ihrer Regierung, waren die Korsaren damit
beauftragt, den jeweiligen Feind oder Kriegsgegner abseits der
üblichen Routen und fernab der großen Seeschlachten zu jagen,
zu schwächen und auszurauben. Mit eventuellen Gefangenen
wurde dabei normalerweise höchst ritterlich umgegangen,
wenngleich natürlich bessergestellte Passagiere um die Zahlung
eines Lösegelds nicht herumkamen. Korsaren waren also ein Art
»selbstständige Unternehmer in Sachen Raub«, wobei sie
zwischen 60 und 70 Prozent der Beute an ihre jeweilige
Regierung abzuliefern hatten. Der Rest der »Prise« ging zur
Hälfte an den Kapitän - der verbleibende Teil wurde unter der
Mannschaft aufgeteilt. Ihre Blütezeit erlebten Piraten und
Korsaren zwischen dem 14. und dem 19. Jahrhundert, doch auch
heute gibt es (vor allem im südchinesischen Meer) einzelne
Seeräuber, die sich allerdings vor allem an kleinen
Fischerbooten oder wehrlosen Dschunken gütlich tun.

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P wie »Play it again, Sam«

Zumindest diejenigen unter den Cineasten, die den Kultfilm

»Casablanca« schon mehr als dreimal gesehen haben (und
davon gibt es viele), müssten eigentlich wissen, dass der
berühmte Satz »Play it again, Sam« nie gefallen ist. Weder der
unvergleichliche Humphrey Bogart noch die betörende Ingrid
Bergman hatten diesen Ausspruch in ihrem Text. Das
angebliche Zitat ist lediglich eine sehr stark verkürzte Version
einer Bergman'schen Aufforderung an den Klavierspieler Sam:
»Play it once, Sam, for old time's sake« (Spiel es noch einmal,
Sam - um der alten Zeiten willen).

P wie Plumpudding

Wie freute sich der Schreiber dieser Zeilen, als ihm die

beleibte Haushälterin zur Feier seines 10. Geburtstags am Abend
einen schönen »Plumpudding« versprach. Einen ganzen
Schultag lang malte er sich die zweifelsohne süße Köstlichkeit
aus, die ihn am Abend erwarten würde - doch wie groß war
schließlich die Enttäuschung. Denn die kochfreudige Dame war
Britin, und leider verstand sie unter »pudding« etwas völlig
anderes als der naive Spross der Familie. Dieser bekam nämlich
am Abend eine Mischung aus Mehl, Nierenfett, ein wenig
Hackfleisch, Weißbrot und Nüssen serviert. Das Ganze wurde
perverserweise auch noch in einer Puddingform zubereitet,
enthielt Sherry und wurde mit zuckersüßer Vanillesauce
übergössen. Nach einem Höflichkeitsbissen schützte das
jugendliche Geburtstagskind eine leichte Magenverstimmung
vor (die bei weiterem Verzehr wahrscheinlich auch bittere
Realität geworden wäre) und verließ fluchtartig die Küche.
Seitdem weiß der Autor, dass der britische »pudding« nichts mit
der gleichnamigen deutschen Süßspeise gemein hat. Bei »black

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pudding« handelt es sich beispielsweise um eine Art bittere
Blutwurst.

P wie Poker

Nicht etwa in den Saloons von Kalifornien oder Texas ist das

Pokerspiel entstanden, sondern schon vor etwa 3000 Jahren im
alten Persien. Das Spiel nannte sich »As« und bezog seinen Reiz
schon damals aus der als »Bluffen« bekannten Hochstapelei.
Auf seinem Weg nach Europa fand das Spiel schnell neue
Freunde und wurde unter anderem in Griechenland, Italien und
Frankreich gepflegt. Von der französischen Version »Boulotte«
leitete sich dann das amerikanische »Poker« in seinen
verschiedenen Varianten ab.

P wie Pompeji

Nicht etwa die heiße Lava des Vesuv besiegelte den

Untergang Pompejis, sondern die meisten Bewohner fanden den
Tod durch giftige Dämpfe, die der Vulkan produzierte. Wäre
nämlich der heiße Magmastrom tatsächlich - wie in so manchem
Katastrophenschinken dargestellt - als alles verzehrende
Feuerwalze über die antike Stadt hereingebrochen, so hätten die
Archäologen des 19. und 20. Jahrhunderts kaum noch so gut
erhaltene Überreste der Stadt gefunden. Die Lava hätte
vermutlich keinen einzigen Stein auf dem anderen gelassen.
Begraben wurde Pompeji im Jahre 79 n. Chr. von einem
gewaltigen Aschenregen, über dessen Ausmaß man heute nur
noch spekulieren kann. Fest steht, daß der dunkle »Mantel« über
den Mauern und Ruinen (viele Häuser waren schon durch die
Erschütterungen des Ausbruchs eingestürzt) fast acht Meter dick
war. Durch heftige Regenfälle, die wahrscheinlich durch die

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regionalen Wetterveränderungen nach der Eruption ausgelöst
wurden, klebte die Asche zu einer zähen Masse zusammen und
»konservierte« die tote Stadt somit für die Nachwelt.

P wie Potemkinsche Dörfer

... hat es nie gegeben. Sie waren eine böswillige Unterstellung

eines grantigen deutschen Diplomaten namens Heibig und
wurden von der europäischen Presse des 18. Jahrhunderts
bereitwillig übernommen und verbreitet. Nach einer Reise
durchs russische Hinterland, zu der man den eigenwilligen
Diplomaten nicht eingeladen hatte, verbreitete er eine
abenteuerliche Geschichte. Demnach habe der Fürst Gregor
Alexandrowitsch Potemkin, ein Feldmarschall und Baumeister,
seiner Zarin Katharina der Großen falsche Tatsachen
vorgespiegelt. So habe er am Straßenrand »Dörfer« aus
buntbemalten Holzfassaden errichten lassen

- lauter

Scheinfassaden ohne Substanz und echtes Leben. Abgesehen
von der Frage, ob ein solch ungeheurer logistischer Aufwand
durchführbar gewesen wäre, ohne daß die Zarin davon gehört
hätte, ist es auch sehr unwahrscheinlich, daß sich eine derart
plumpe Täuschung hätte durchführen lassen. Andere
zeitgenössische Quellen berichten jedenfalls an keiner Stelle von
einem derart dreisten Bubenstück Potemkins. Dieser Günstling
der Zarin galt vielmehr als ungeheuer kluger und vitaler Mann,
der zahlreiche »echte« Städte begründet hat. Seiner Initiative
sind unter anderem Cherson und Sewastopol zu verdanken. Daß
die Lüge über die Potemkinschen Dörfer sowohl in Europa als
auch in Moskau selbst so schnell zur eingängigen
»Latrinenparole« wurde, ist nachvollziehbar: Im Westen
beobachtete man den schnellen Aufstieg Russlands zur
Weltmacht mit Argwohn und Neid, hatte man den »russischen
Bären« doch zeitlebens als »hinterwäldlerisches, tapsiges

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Dummerchen« dargestellt. Leistungen, wie Potemkin sie
tatsächlich erbrachte, hätten diese Ansicht womöglich
untergraben, und da kam es der westeuropäischen Politik gerade
recht, das gepriesene Genie als Hochstapler »entlarven« zu
können. Und in Moskau war man ohnehin neidisch auf den
Feldmarschall, der trotz zahlreicher gegen ihn gesponnener
Intrigen nach wie vor zu den Lieblingen Katharinas gehörte. Die
Zarin selbst hat das Märchen von den Potemkinschen Dörfern
übrigens nie für bare Münze genommen - einigen Andeutungen
in verschiedenen Quellen zufolge soll sie sich darüber sogar sehr
geärgert haben.

P wie Potenz

Wir wollen an dieser Stelle nicht darüber spekulieren, ob es

tatsächlich potenzsteigernde oder erhaltende Mittelchen gibt, die
den männlichen Homo sapiens zu sexuellen Höchstleistungen
anspornen. »Tigerhoden« sind es jedenfalls nicht. Feststellen
müssen wir aber, dass so mancher Mann, der freiwillig auf ein
solches »Wundermittel« zurückgreift, es eigentlich gar nicht
nötig hätte. Denn die Ansicht, dass man mit zunehmendem Alter
auch automatisch seine »starre« Männlichkeit einbüße, entbehrt
der Grundlage. So wurde der amerikanische Arzt Dr. James D.
Hullinger im stolzen Alter von 92 Jahren noch Vater - erlebte
sein Kind anschließend allerdings nur noch drei Monate. Ob er
durch den Zeugungsakt seine letzten Reserven verbraucht hat,
wissen wir natürlich nicht, doch ganz sicher ist, dass sehr viele
Männer noch nach ihrem achtzigsten Lebensjahr die Fähigkeit
zum Beischlaf besitzen. Ob sich die rechte »Lust« in diesem
Alter noch einstellt, ist eine andere Frage, doch wo kein Wille
vorhanden, ist auch kein Verlust zu beklagen. Theoretisch kann
auch der Senior noch durchaus »seinen Mann stehen« -
medizinisch spricht jedenfalls nichts dagegen.

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P wie Prager Fenstersturz

Der »Prager Fenstersturz« war der Auslöser für den

30jährigen Krieg. Dies ist zwar richtig, doch selbst in
Historikerkreisen wird oft übersehen, dass der »Prager
Fenstersturz« kein einmaliges Ereignis war, sondern dass es 200
Jahre zuvor schon einmal ein fast identisches Geschehen
gegeben hatte. Am 30. Juli 1419 nämlich stürmten Anhänger des
Reformators Hus das Rathaus der Prager Neustadt und warfen
aus Wut über die hussitenfeindliche Politik von König Wenzel
etliche Ratsherren aus den Fenstern. Die daraus entstandenen
Prozesse und Verwicklungen mündeten schließlich in die
Hussitenkriege, die bis ins Jahr 1436 andauerten.

Am 23. Mai 1618 dann warfen böhmische Protestanten zwei

Statthalter des deutschen Kaisers von einem Fenster der Prager
Burg in den darunter liegenden Graben und läuteten damit den
protestantischen Aufstand ein. Der 30jährige Krieg hatte
begonnen.

P wie Pyramiden

Den Begriff »Pyramide« assoziiert man in aller Regel mit

Ägypten, dem Wüstensand und dem Nil. Dabei vergisst man
allzu häufig, dass es Pyramiden auch im heutigen Mexico gab
und gibt und dass die Azteken sogar die allergrößte Pyramide
der Welt errichteten. Unweit des Städtchens Cholula - 108
Kilometer südlich des Stadtzentrums von Mexico-City - steht
das gewaltige Bauwerk, das allerdings noch immer nicht
vollständig freigelegt wurde. Die Pyramide ist in vie r gewaltigen
Stufen angelegt, sie ist 54 Meter hoch und umspannt eine
Grundfläche von 18 Hektar. Mit einem Rauminhalt von 3,3
Millionen Kubikmetern ist sie fast ein Drittel größer als die
berühmte Cheops-Pyramide in Ägypten.

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16. Von Raben bis Ruhrgebiet

R wie Raben

Völlig zu Unrecht gelten Raben als schlechte Eltern. Der

Begriff »Rabeneltern« basiert auf der Annahme, dass die
schwarzgefiederten Vögel ihre Brut aus dem Nest werfen, wenn
es ihnen zu lästig wird, die Kleinen durchzufüttern. Doch genau
das Gege nteil ist richtig: Raben sind höchst fürsorgliche Eltern.
Sie leisten beim Ausschlüpfen intensive »Geburtshilfe«, decken
ihre Jungen zärtlich zu, wenn es denen zu kalt wird und sorgen
mit rührender Anteilnahme dafür, dass der Nachwuchs niemals
Hunger leidet. Warum sie dennoch so einen schlechten Ruf
haben? Nun - Rabeneltern sorgen tatsächlich dafür, dass ihre
Jungen so schnell wie möglich flügge werden; sobald die
kleinen Raben ihre Flügel gebrauchen können, werden sie auch
schon aus dem Nest geschubst. Das hat allerdings nichts mit
Überdruss zu tun, sondern viel mehr mit weiser Voraussicht.
Junge Raben sind nämlich für so manchen Raubvogel ein
gefundenes Fressen; um schnell fliehen und sich einem
Schwarm angliedern zu können, müssen sie so schnell wie
möglich selbständig werden. In der Regel klappt das auch prima
- jedenfalls hat noch niemand beobachtet, dass die aus dem Nest
geschubsten Jungraben wie Steine zu Boden plumpsen. Zwar
sehen die ersten Flugversuche noch etwas wacklig aus, aber
letztlich behält der Instinkt die Oberhand und alle landen sicher
wieder auf dem nächsten Ast.

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R wie Rattenfänger

Wie so viele Volkssagen scheint auch die vom »Rattenfänger

von Hameln« einen wahren Kern zu haben. Am 26. Juni 1284
soll ein eleganter Jüngling in Hameln erschienen sein und den
Stadtvätern der rattengeplagten Kommune ein Angebot
unterbreitet haben: Für 1000 Taler wolle er die Stadt von der
Rattenplage befreien. Die Bürger waren einverstanden und
beobachteten staunend, wie der Fremde mittels einer silbernen
Flöte die Ratten aus ihren Verstecken »heraustrillerte« und sie in
die Weser lockte, wo sie allesamt ertranken. Doch dann schien
den Hamelnern der zuvor ausgehandelte Lohn zu hoch zu sein
und sie trieben den Fremden aus ihren Toren. Aber der Pfeifer
kam wieder, spielte erneut seine Flöte und lockte diesmal 130
Kinder aus dem Osttor, die den Klängen seiner Musik wie
hypnotisiert folgten. Anschließend verschwand er mit dem Zug
der Kinder und ward nie mehr gesehen.

So weit die Sage, doch der Studiendirektor Heinrich Spanuth,

ein waschechter Hamelner, mochte sich um 1950 mit dieser
Version der Legende nicht so recht anfreunden. Das intensive
Studium alter handschriftlicher Quellen und Berichte brachte ihn
schließlich auf die richtige Spur. Richtig schien demnach das
genannte Datum zu sein, und auch der Auftritt des eleganten
jungen Mannes ist verbürgt. Doch hatten die Übersetzer aus dem
Mittelhochdeutschen das Wort »kint« mit dem modernen
»Kind« gleichgesetzt, obwohl es ursprünglich nicht nur
Unmündige bezeichnet hat, sondern auch junge Männer und
Frauen. Spanuth kam nun zu Hilfe, dass der Würzburger
Stadtarchivar Wolfgang Wann bei seinem Geschichtsstudium in
Prag ebenfalls auf alte Handschriften gestoßen war, die
belegten, dass unweit der mährischen Stadt Brunn zum
fraglichen Zeitpunkt im 13. Jahrhundert eine Stadt namens
Hamlingow gegründet worden war - die slawische Version von
»Hamlingen«, das heute Hameln heißt. Das Rätsel war somit

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gelöst: Beim eleganten Jüngling handelte es sich offensichtlich
um einen Werber, der im Auftrag des Bischof von Olmütz
unterwegs war. Da um das damalige Hameln seinerzeit akute
Platznot herrschte, hatte der »Rattenfänger« keine Probleme,
junge Leute zu bewegen, ihm in neue Siedlungsgebiete zu
folgen. Am 26. Juni 1284 formierten sich dann tatsächlich die
Aussiedler auf dem Hamelner Marktplatz und zogen unter der
Führung des legendären Pfeifers durch das Osttor aus der Stadt.
Hameln war allerdings nicht die einzige Stadt, die ihre »Kinder«
in diesen Jahren nach Osten entließ: Insgesamt fast 30000 junge
Männer und Frauen folgten der Verlockung des wohlfeilen
Lands in Mähren und Pommern und ließen sich dort nieder.

R wie Rauchen

»Niemand ist intoleranter als ein ehemaliger Raucher«,

behaupten Tabakanhänger oft und gerne, und um diesen
»leisen« Vorwurf zu widerlegen, möchte der Autor an dieser
Stelle eine Lanze für die Raucher brechen. So ist beispielsweise
die Pauschalverurteilung des Rauchens als »stets
gesundheitsschädlich« nicht ganz korrekt. Durch den
Zigarettenkonsum nämlich werden

- so jedenfalls

wissenschaftliche Studien - Krankheiten wie »Parkinson« und
»Alzheimer« gebremst oder sogar verhindert. Dabei spielt
wahrscheinlich die Kombination von Nikotin und einer
chemischen Substanz namens Acetylcholin, die elektrische
Impulse von Gehirnze lle zu Gehirnzelle leitet, eine
entscheidende Rolle: Der Alterungsprozess der kleinen grauen
Zellen wird verlangsamt.

Dies soll jetzt allerdings nicht bedeuten, dass Nichtraucher

grundsätzlich früher »verblöden« oder gar, dass Raucher länger
leben. Im Gege nteil - die krebserregende Wirkung des Rauchens
ist unumstritten, und selbst amerikanische Zigarettenhersteller

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gaben jüngst offiziell zu, dass Glimmstängel süchtig machen.

Doch die wachsende Legion der Nichtraucher führt noch ein

anderes Argument für den Tabakverzicht ins Feld, das einer
exakten Prüfung nicht standhält. Der Raucher belastet angeblich
unser Gesundheitswesen über Gebühr. Sorry, liebe Tabak-
Gegner, aber wenn man nur die nackten Zahlen zugrunde legt,
stimmt dies einfach nicht. Richtig ist, dass ein Raucher im
Schnitt früher und häufiger krank wird und zu Lebzeiten die
Krankenkassen wesentlich mehr kostet als ein gleichaltriger
Nichtraucher. Traut man den Statistiken, macht der »blaue
Dunst« pro Jahr 100000 Deutsche zu Frühinvaliden und
verursacht rund ein Drittel aller Krebsgeschwüre.
Beeindruckende Zahlen, sicherlich, doch der Raucher stirbt eben
auch wesentlich früher. Langjährige Studien haben ergeben,
dass der Gewohnheitsqualmer im Durchschnitt vier bis sechs
Jahre früher den »Löffel abgibt« - bei Kettenrauchern kann der
Unterschied sogar zwölf Jahre betragen. Dies wiederum
bedeutet, dass die Versicherungen für diese Gruppe ihrer
Mitglieder eine deutlich kürzere Zeitspanne zu sorgen haben
und letztlich deutlich günstiger fahren als mit den
nichtrauchenden Versicherten. Hinzu kommt der Aspekt der
Sozialversicherung: Da Zigarettenkonsumenten früher sterben,
haben sie in der Regel zwar kräftig in die Rentenkasse
eingezahlt holen aber häufig - mangels Gelegenheit - kaum noch
etwas heraus. Zählt ma n dazu nun noch die Tabaksteuer, auf die
der Finanzminister wohl kaum verzichten möchte, muss man
konstatieren, dass Raucher in erster Linie sich selbst schaden.

R wie Reis

Betont schlicht verpackt dient der »braune Reis« heute so

manchem Naturkostladen als Zierde des Sortiments. »Besonders
gesund« sei er, schwärmt der makrobiotisch ernährte

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Strickpulloverträger hinter dem Ladentisch und natürlich
»absolute Vollwert-Nahrung«. Bedauerlicherweise müssen wir
dem sympathischen Vollbart energisch widersprechen. Braunem
Reis fehlen nämlich die wichtigen Vitamine A, C und B 12, und
auch der Gehalt von Eisen und Kalzium ist denkbar gering.
Sollten Sie also tatsächlich erwägen, sich einige Wochen nur
von den braunen Körnern ernähren zu wollen, tun Sie's auf
eigene Gefahr: Gesund ist es jedenfalls nicht.

R wie Ringe des Saturn

Seit seiner Entdeckung zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren

Astronomen überzeugt davon, beim Saturn auf ein einmaliges
Phänomen gestoßen zu sein. In seinen Ausmaßen fast 700mal so
groß wie die Erde, besteht der Planet aus einem relativ
bescheidenen Gaskern und einer Tausende von Kilometern
dicken Hülle aus Eis und Gas. Insofern ähnelt er dem Jupiter,
doch wie wir alle wissen, ist der Saturn von Ringen umgeben.
Diese sind wahrscheinlich Überreste eines anderen
Himmelskörpers, der der Anziehungskraft des Riesen nicht
gewachsen war und dadurch buchstäblich in Stücke gerissen
wurde.

Doch tatsächlich ist der Saturn nicht der einzige Planet, der

von derartigen Ringen umkreist wird - ja, nicht einmal der
einzige unseres Sonnensystems. 1977 wurde mit Hilfe von
Raumsonden ermittelt, dass auch Uranus und Jupiter Ringe
(wenn auch nicht so gewaltige) besitzen, und einige Forscher
gehen mittlerweile davon aus, dass sogar die Sonne selbst von
einigen ringförmigen Trümmerteilen umkreist wird.

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R wie Ritter

»Ach, wie ritterlich«, denkt sich die schöne junge Dame mit

den empfindlichen Schuhen, als der jugendlich feurige Galan
sich das Sakko vom Leib reißt, es über die Pfütze legt und damit
für ihre trockene Straßenüberquerung sorgt. Doch Gott helfe der
Lady, wenn sich der charmante Kavalier wirklich »ritterlich«
verhält. Dann würde er ihr nämlich wahrscheinlich zunächst die
Perlenkette vom Hals reißen, sie dann unsanft um die Taille
packen, auf seinen breiten Rücken schwingen und bei nächster
Gelegenheit den erzwungenen Beischlaf praktizieren. Entgegen
der heute landläufigen Meinung, waren die meisten Ritter
zwischen dem 6. und dem 16. Jahrhundert nämlich weder edle
Minnesänger noch tapfere Duellanten, sondern Räuber, Diebe,
Totschläger, Vergewaltiger und Tyrannen. Von der Obrigkeit
ursprünglich für zweifelhafte Verdienste auf dem Schlachtfeld
mit dem Rittertitel ausgezeichnet und diesen von Generation zu
Generation vererbend, plünderten sie systematisch die kleinen
Leute aus, forderten und erhielten von reisenden Kaufleuten
horrende Wegzölle und machten auch vor Nonnenschändungen
und Menschenhandel nicht halt. Beheimatet waren sie zumeist
auf kleinen Burgen, die sie sich von versklavten Untertanen
hatten errichten lassen, und lediglich wenn ein höhergestellter
Adliger sie an ihre kriegerischen Pflichten erinnerte,
unterbrachen sie ihr barbarisches Treiben eine Weile und
mordeten statt dessen auf diversen Schlachtfeldern. Das
»deutsche Rittertum« erfuhr erst durch den »Allgemeinen
Landfrieden« von Kaiser Barbarossa eine gewisse Besserung,
und als der Heilige Stuhl dann zum Kampf gegen die Heiden des
Morgenlandes aufrief, machten sie sich scharenweise zu den
Kreuzzügen auf. Militärisch geführt, entdeckten etliche der
vormaligen Schlächter dadurch eine etwas gesittetere Lebensart,
auch wenn viele lediglich mitgezogen waren, um sich mit der
Kriegsbeute aus dem heiligen Land die eigene Kasse

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aufzufüllen.

Das Bild vom »edlen Ritter« geht auf einige wenige

Ausnahmeerscheinungen zurück, wobei hier natürlich in erster
Linie die Artus-Sage zu nennen ist. Die Ritter der legendären
Tafelrunde dürften dem heute vorherrschenden Ideal recht nahe
gekommen sein.

R wie Robinson Crusoe

…war beileibe keine reine Erfindung des britischen Autors

Daniel Defoe. Allerdings hieß der schicksalsgeplagte Seemann
nicht Robinson, sondern Alexander Selkirk. Der Schotte war im
Jahre 1704 nach einer Revolte an Bord seines Schiffes auf der
Insel Juan Fernandez ausgesetzt worden. Auf dem
menschenleeren Eiland, fernab der üblichen Schifffahrtsrouten,
hauste er vier Jahre und vier Monate, ehe ihn ein gewisser
Kapitän Jason Rogers von diesem öden Dasein erlöste. Rogers
war es auch, der einige Zeit später einen ersten Bericht über das
Inselleben des Alexander Selkirk veröffentlichte, diesen Aufsatz
benutzte Defoe für seinen Roman. Allerdings nahm er sich
etliche dichterische Freiheiten heraus. Aus Alexander wurde
Robinson, aus vier Jahren wurden 28, und einen gewissen
Freitag hat der »echte Insulaner« auch nie getroffen.

R wie Roland

Ein junger, strahlender Held soll Roland gewesen sein, als er

sich fast allein einer Horde wildentschlossener Barbaren in den
Weg stellte und im Sterben noch sein »Rolandshorn« blies, um
die Armee des Kaisers zu warnen und zur Hilfe zu rufen.

Zeitgenössische Quellen jedoch beweisen, dass große Teile

des Rolandsliedes frei erfunden sind. »Hruodland«, ein Neffe

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Karls des Großen, hatte diesen bei einem Feldzug gegen die
Mauren begleitet. Bei der Rückkehr über die Pyrenäen wurde
die Nachhut des Heeres von einer Einheit baskischer Christen
überfallen und unterlag den Angreifern in einem kurzen, aber
blutigen Scharmützel. Hruodland, ein offensichtlich recht
mittelmäßig begabter Kämpfer und weithin unbekannter
Adliger, starb bei diesem Gefecht ebenso wie der Senneschall
des Königs, Eggibert, und ein gewisser Pfalzgraf Anshel.
Hruodland, zu dieser Zeit Präfekt der Bretagne, wurde wohl
aufgrund seiner reichen Erfahrung der Nachhut zugeteilt - so
jung, wie uns das Rolandslied weismachen möchte, kann er
wohl kaum gewesen sein. Im übrigen wird der ganze Vorfall
vom Hofbiographen Karls des Großen nur in einem einzigen
Satz erwähnt, und andere Quellen finden das Ereignis nicht
einmal einer Erwähnung wert. Von einem Rolandshorn ist also
ebenso wenig die Rede wie von einer entscheidenden Attacke
der heidnischen Mauren.

R wie Rom

…gilt wahlweise als »Ewige Stadt« oder als »Die Stadt auf

den sieben Hügeln«. Über die erste, höchst subjektive, Metapher
wollen wir hier nicht urteilen, doch beim zweiten Bild bleibt uns
nichts anderes übrig als einzuhaken. Denn entweder hat sich da
jemand ganz gewaltig verzählt oder es liegt ein klarer
»Übertragungsfehler« vor: Schon zu Regierungszeiten
Konstantins (306-337), in denen die Sieben-Hügel-Phrase zum
ersten Mal verwendet wurde, waren es nachweislich mindestens
zwölf Hügel, auf denen Rom erbaut worden war. Und wenn man
die Ausdehnung der Stadt heute sieht und die Definition des
Wortes »Hügel« ein bisschen großzügiger auffasst, dann sind es
mittlerweile rund 25.

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R wie Romeo und Julia

Auch wenn es dem Touristenbüro von Verona in der Seele

weh tun mag: Romeo und Julia haben nie gelebt. Die beiden
tragischen Liebenden sind allerdings auch keine Erfindung des
englischen Dichters Shakespeare, sondern wurden bereits um
1450 vom italienischen Barden Massucio Salernitano ersonnen.
Weitere italienische Poeten griffen den Stoff in der Folgezeit
begeistert auf und strickten ihre eigenen Versionen. Erst 1597
veröffentlichte William Shakespeare sein weltberühmtes Drama.

Kompliment dem veronesischen Fremdenverkehrsverband:

Man kann in der norditalienischen Stadt das angebliche Haus
der Julia besichtigen, den Sarg der toten Schönen und natürlich
auch Romeos Elternhaus. Nach einem »Echtheitszertifikat«
werden Sie allerdings vergeblich suchen.

R wie Roter Platz

Nicht etwa zu Ehren der dereinst siegreichen Kommunisten

oder der Roten Garden heißt der zentrale Platz Moskaus »Roter
Platz«. Im Russischen lautet die Bezeichnung nämlich
»Krasnaja Plotschtschad«, und das Wörtchen »krasnaja«
bedeutet »rot« ebenso wie »schön«. Nun ließe sich sicherlich
trefflich darüber spekulieren, warum »rot« und »schön« im
Russischen den gleichen Wortlaut haben, doch können wir dies
getrost den Linguisten überlassen. Der Russe verbindet mit
Moskaus Zentrum jedenfalls einfach »Schöner Platz«.

R wie Rotes Tuch

Allen ängstlichen Spaziergängern sei hiermit ausdrücklich

versichert: Dem Stier auf der Weide ist es völlig egal, welche

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Farbe Ihr Mantel hat. Er kann gelb, grün oder auch knallrot sein.
In der Arena wird der farbenb linde Vierbeiner nämlich nicht
vom grellen Rot des Tuchs gereizt, sondern nur durch das wilde
Schwenken desselben durch einen zappeligen Torero. Wenn Sie
sich also plötzlich Aug in Aug mit acht Zentnern gehörnter
Masse wiederfinden, sollten Sie vor allem hastige Bewegungen
vermeiden.

R wie ruchlos

Gäbe es eine Zeitmaschine, so würden wir uns über so

manche Wortwahl unserer Vorfahren sehr wundern. Ein
perfektes Beispiel dafür ist das Wort »ruchlos«, das heute für
»gottlos«, »frevelhaft« oder »gemein« steht. Es hatte nämlich
ursprünglich eine völlig andere Bedeutung. Ein »ruchloser
Gesell« war bis zum 17. Jahrhundert lediglich ein
»unbekümmerter Bursche« und eine »ruchlose Tat« war
höchstens »sorglos« zu nennen. Den negativen »Touch« erhielt
das Wort erst durch die Kirche: Denn »Ruchlosigkeit«
(Sorglosigkeit) gegenüber dem, was heilig ist, wurde natürlich
als Blasphemie empfunden.

R wie Ruhrgebiet

Noch heute wird - vor allem von sozialdemokratischen

Politikern - gerne der Irrglauben genährt, das Ruhrgebiet sei
eine reine Arbeiterregion. Tatsache ist, dass nur etwa ein Fünftel
der dortigen Arbeitnehmer im ausgehenden 20. Jahrhundert
noch in Bergbau und Industrie beschäftigt sind. Die
überwiegende Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung rechnet
sich zu den Angestellten im Dienstleistungssektor.

Im Sauerland arbeiten prozentual gesehen wesentlich mehr

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Menschen im industriellen Bereich: Teilweise sind es dort
zwischen 30 und 50 Prozent.

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17. Von Salome bis Strauss

S wie Salome

Wieder mal eine historische Gestalt mit eine m schlechten

Ruf: Salome, so munkelt heute der gläubige und einigermaßen
belesene Kirchgänger, war schuld an der Enthauptung Johannes
des Täufers. Doch verantwortlich war nicht die schöne Tänzerin,
sondern vielmehr ihre Mutter. Nachzulesen ist dies beim
Evangelisten Markus (6,24.): Der beschreibt nämlich, dass
König Herodes von Salomes Tanzkunst so beeindruckt war, dass
er ihr einen Wunsch freistellte. Da das Mädchen offenbar nicht
so recht wusste, was sie sich nun wünschen solle, ging sie und
fragte - wie es brave Kinder eben tun - ihre Mutti. Die Dame
namens Herodias sagte »Das Haupt Johannes des Täufers«, und
tatsächlich war damit das Todesurteil über Johannes gesprochen.
Warum Salomes Mutter diesen grausigen Wunsch äußerte, ist
beim jüdischen Geschichtsschreiber Flavius Josephus
nachzulesen: Herodias war nämlich ursprünglich die Frau des
Bruders von König Herodes, doch der Monarch war von seiner
schönen Schwägerin so beeindruckt, dass er sie seinem Bruder
einfach wegnahm. Die Dame zeigte sich darüber sehr
geschmeichelt, statt angemessene Gegenwehr zu leisten - und
genau diese unmoralische Haltung hatte ihr Johannes der Täufer
öffentlich vorgehalten. Dies erboste die schöne Mutter derart,
dass sie seinen Tod forderte.

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S wie Salz

Bis in die jüngste Vergange nheit wurde von wohlmeinenden

Betreuern oder Trainern empfohlen, nach schweißtreibenden,
sportlichen Aktivitäten doch bitteschön etwas Salz zu sich zu
nehmen. Die Begründung: Schweiß entzieht dem Körper Salz.
Das ist zwar nicht falsch, doch Salz entzieht dem Körper noch
zusätzlich Flüssigkeit, und damit mag dann zwar der
Salzhaushalt wieder ausgeglichen sein - der körpereigene
Wasserhaushalt ist es sicher nicht. Salzzufuhr direkt nach dem
Sport kann sogar zu völliger Entkräftung und einem
Kreislaufkollaps führen.

S wie salziger Boden

Viele Kleingärtner beklagen ihren »salzigen Boden« und

behaupten, darauf könne ohnehin nichts wachsen. Doch manche
Pflanzen fühlen sich gerade auf einem salzreichen Terrain
besonders wohl wie zum Beispiel das Kalisalzkraut, der Queller
oder die Strandnelke. Eines haben diese Vertreter der Flora
allerdings gemein - sie wirken eher karg und sind nicht
unbedingt eine Zier für den gepflegten Vorgarten.

S wie Samowar

Vor allem überzeugte Kaffeetrinker sind der Meinung, der

Samowar sei eine Art »russische Teemaschine«. Teeliebhaber
wissen es natürlich besser, denn bei einem Samowar handelt es
sich um ein zuweilen malerisch geschmücktes, kesselartiges
Gefäß, das über einer Art Grill thront. Im Samowar wird
lediglich das Wasser erhitzt - hochkonzentrierter Tee- Extrakt

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wird in einem Extraschälchen offeriert. Davon schüttet man sich
etwas in die Tasse - die Menge hängt natürlich davon ab, wie
stark Sie ihren Tee wünschen - und lässt dann aus dem Samowar
das kochende Wasser darüber laufen.

S wie Sauerstoff

Noch immer herrscht die Meinung, die Atemluft bestünde

zum größten Teil aus Sauerstoff. Wenn dem so wäre, wären wir
alle entweder ständig »high« oder hätten andere Atemorgane.
Tatsächlich besteht Luft nämlich zu 78 Prozent aus Stickstoff
und nur zu 21 Prozent aus Sauerstoff. Das restliche Prozent wird
mit sogenannten »Edelgasen« aufgefüllt: Neon, Helium, Argon -
Kohlensäure und Wasserdampf. Übrigens: Auch Wasser enthält
Sauerstoff, denn auch Fische müssen atmen. Sie filtern das
kostbare Gas durch ihre Kiemen in die Körper.

S wie Schinderhannes

Curd Jürgens verkörperte den »Schinderhannes« dereinst als

eine Art »Rächer der Enterbten«, und auch zahlreiche Novellen
und Romane sehen in dem Räuberhauptmann Johannes Bückler
eine Art deutschen Robin Hood. Der romantischen Verklärung
zum Trotz wiesen Historiker jedoch schon vor geraumer Zeit
nach, dass am ehemaligen Pferdeschlachter (damals »Schinder«)
kaum edle Charakterzüge zu entdecken waren. Schon als
15jähriger klaute er Geld und Vieh und mit 16 Jahren schloss er
sich im Hunsrück einer wilden Räuberbande an. Bereits nach
kurzer Zeit erwies er sich als besonders rücksichtslos und
wagemutig und wurde zu einer Art »Hauptmann« der
gesetzlosen Meute. Nach zahlreichen Diebstählen, Raubzügen
und Einbrüche n, bei denen er wenig Rücksicht auf Leib und

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Leben seiner Opfer nahm, wurde er 1802 bei Limburg
festgenommen und später enthauptet. Dass er so schnell zum
Helden verklärt wurde, mag an der Schadenfreude der »kleinen
Leute« gelegen haben. Schließlich klaute der »Schinderhannes«
am liebsten da, wo es etwas zu holen gab, und dies war nun
einmal beim reichen Bürgertum oder in adligen Häusern.

S wie Schlaf

Sie kennen das sicherlich: Am Samstag morgen will die

Familie in den Urlaub aufbrechen. Griechenland soll das Ziel
der Reise sein, und man hat sich für das Auto als
Transportmittel entschieden. Es steht also eine lange Autofahrt
bevor und am Freitag Abend verabschiedet Papi sich schon um
19 Uhr ins Bett. Er will auf Vorrat schlafen. Tja - probieren
kann er's schon, doch klappen wird das nicht. Denn der
menschliche Schlaf kann als »Erholungsphase« nicht
konserviert werden.

Schlaf ist eine Reaktion des Körpers auf Müdigkeit, und diese

tritt naturgemäß schneller ein, wenn der Körper hohe oder
ungewohnte Belastungen zu verkraften hat. Wenn Sie also am
Morgen vor einer »langen Nacht« einige Stunden länger liegen
bleiben, schaffen Sie sich keinen Vorrat an. Der Körper ist nach
der üblichen Schlafration nicht mehr müde - es besteht kein
Regenerationsbedürfnis.

Ein weiterer Irrtum zum Thema Schlafen betrifft die Träume.

Egal, wie überzeugend Ihnen manche Zeitgenossen versichern,
sie schliefen absolut traumlos glauben Sie ihnen kein Wort. Dies
würde nämlich bedeuten, dass der Betreffende seine
Hirntätigkeit vollständig eingestellt hat, und dies wiederum
hieße, dass er nicht schläft, sondern mausetot ist. Dass aber
dennoch viele Menschen glauben, nicht zu träumen, liegt daran,
dass sie sich einfach nicht an ihre Träume erinnern. Denn diese

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haben häufig keine logische Abfolge und besitzen damit auch
keinen »roten Faden«, an dem sich das Gedächtnis langfristig
orientieren kann. Dass der Mensch allerdings sein Bewusstsein
in den Schlaf »hinüberretten« kann, beweisen etliche
Langzeitstudien. Demnach können besonders willensstarke
Menschen im Verlauf eines Alptraums durchaus wahrnehmen,
dass es sich nur um einen Traum handelt, und dessen Verlauf
entscheidend ändern oder aufwachen. Und wenn Sie sich an Ihre
Träume erinnern wollen, kann es durchaus helfen, sich dies vor
dem Einschlafen fest vorzunehmen: Das Gehirn wird damit
sozusagen auf Erinnerung programmiert.

S wie Schlangen

Nach statistischen Erhebungen ekeln oder fürchten sich rund

70% der Deutschen vor Schlangen. Und dies, obwohl unsere
Republik zu den »schlangenärmsten« Gegenden der Welt
gezählt werden darf und vor allem die giftigen unter diesen
Reptilien zum größten Teil schon lange ausgerottet sind.
Allerdings gibt es hierzulande nicht - wie oftmals behauptet -
nur eine giftige Schlangenart: Außer der vielzitierten Kreuzotter
existiert vereinzelt auch noch die Juraviper. In der Regel sind
allerdings beide Bisse für einen erwachsenen Menschen nicht
tödlich - kleine Kinder sollten sich jedoch in acht nehmen.

Obwohl das Risiko also minimal ist, lebt die Schlangenphobie

im Volksbewusstsein weiter. In Ermangelung eigener Schlangen
projiziert man seine Ängste nun auf die exotischen Vertreter der
Spezies, und so wird beispielsweise behauptet, dass
Riesenschlangen ihre Opfer buchstäblich zu Tode würgen. Diese
Vorstellung mag zwar nahe liegen, doch entspricht sie zumeist
nicht der Realität. Eine Python oder eine Boa constrictor
nämlich umfassen ihr Opfer zunächst ganz zärtlich, wobei die
Schlange allerdings bei jedem Atemzug der Beute die Schlinge

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ein bisschen enger zieht. Dies dauert eine ganze Weile und
allmählich geht dann dem hilflosen Gefangenen die Puste aus.
Um ein »Erwürgen« im landläufigen Sinne handelt es sich
allerdings ganz sicher nicht.

Legendenumrankt sind auch die Klapperschlangen, denen

man nachsagt, vor dem tödlichen Biss übermütig zu rasseln. Das
wäre jedoch ziemlich blöd, denn damit würde das Raubtier
schließlich jedes mit Hörorganen ausgestattete Beutetier warnen.
Klapperschlangen wollen durch das »Klappern« vielmehr den
gegenteiligen Effekt erzielen: Nicht verwert- oder verdaubare
potentielle Feinde sollen vor der Anwesenheit des giftigen
Kriechtieres gewarnt werden. Übersetzen ließe sich das wilde
Rasseln also am ehesten mit: »Mach dich vom Acker oder ich
beiß dich.«

S wie Schnee

Lassen Sie doch bitte mal die folgende Szenerie vor Ihrem

geistigen Auge entstehen: Ein Lawinenopfer, beide Beine
gebrochen, hat sich aus den Schneemassen nach oben gebuddelt
und liegt nun in sibirischer Kälte hilflos am steilen Abhang. Die
Minus-Grade fordern ihren Tribut, denn der Verletzte spürt
deutlich, wie manche Körperstellen auskühlen und erfrieren.
Doch Rettung naht: Ein Skitourist nähert sich dem
Leidgeprüften und wie's der Zufall will, hat er vor Jahrzehnten
einen Erste-Hilfe-Kurs der Bergrettung besucht. Unverzüglich
beginnt er, die erfrorenen Gliedmaßen mit Schnee abzurubbeln.

Sie können sich die Szene vorstellen? Ja? Hätten Sie's

genauso gemacht? Ja? Dann hätte der Verletzte doppeltes Pech
und Sie wären der fahrlässigen Körperverletzung schuldig. Zwar
hat man früher tatsächlich behauptet, erfrorene Arme oder Beine
müssten mit Schnee eingerieben werden, doch das war auch
schon früher Blödsinn. Durch den kalten Schnee kommt es

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nämlich zu weiterer Abkühlung. Eigentlich logisch, oder?
Sinnvoll ist es vielmehr, den Verunglückten mit warmen,
trockenen und rauen Tüchern abzureiben.

Auch heiße Getränke sind empfehlenswert - vorausgesetzt sie

enthalten keinen Alkohol. Völlig verkehrt wäre es übrigens
auch, die betroffenen Gliedmaßen auf einem mollig warmen
Ofen zu lagern oder sie von einem Heizlüfter intensiv bestrahlen
zu lassen. Damit wären zusätzliche Gewebeverletzungen
vorprogrammiert.

S wie Schokolade

Egal ob sie nun von lila Kühen stammt oder von

pausbäckigen Elitekickern beworben wird: Schokolade ist zwar
nach wie vor beliebt, genießt aber vor allem bei Eltern und
Erziehern einen denkbar schlechten Ruf. Als leidenschaftlicher
Schokoladenesser sieht sich der Autor demzufolge genötigt,
einige »rufschädigende« Vorurteile aus dem Weg zu räumen.

So ist Schokolade nicht automatisch schlecht fü r die Zähne.

Eine Untersuchung des renommierten Massachusetts Institute of
Technology hat unlängst ergeben, dass Kakaopulver sogar eine
Kariesbremse ist. Allerdings ist zu bedenken, dass Schokolade
zu etwa 40 Prozent aus Zucker besteht, und der ist natürlich
nicht gerade vorteilhaft für unsere Beißerchen. Damit wären wir
schon beim nächsten Punkt. Schokolade macht dick. Na ja -
eigentlich machen alle Süßigkeiten dick, wenn man nicht
rechtzeitig mit dem Essen aufhört, doch Schokolade ist
keineswegs schlimmer als Bonbons, Lakritze oder Zuckerwatte.
Man sollte aber wissen, dass Zucker nicht den Hauptanteil der
schokoeigenen Kalorien ausmacht: 50 Prozent rühren vom Fett
im schmackhaften Riegelchen. Abschließend noch ein
beruhigender Hinweis für alle Leckermäuler im Teeny-Alter:
Schokolade verursacht keine Pickel. Dies ergab bereits in den

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60er Jahren ein Langzeitversuch eines amerikanischen
Mediziners, der eine Gruppe von Teenagern über Wochen
hinweg mit Schokolade geradezu voll stopfte. Eine andere
Gruppe bekam ein Ersatzprodukt, das genauso schmeckte und
aussah, aber eben keine Schokolade war. Am Ende hatten beide
Probandengruppen genauso viel oder genauso wenig Pickel - es
war kein signifikanter Unterschied auszumachen.

S wie Schwarzpulver

Ein deutscher Mönch namens Berthold Schwarz wird in den

meisten Lexika nach wie vor als Erfinder des »Schwarzpulvers«
bezeichnet. Doch auch wenn der Nachname des Ordensbruders
die Vermutung nahe legt und er auch tatsächlich mit diversen
chemischen Experimenten »durchschlagende« Erfolge erzielte,
war die »Geisel der Menschheit« doch nicht seine Erfindung.
Schon die Chinesen verwendeten im 7. und 8. Jahrhundert die
Mischung aus Kalisalpeter (ca. 75 Prozent), Holzkohle (ca. 15
Prozent) und Schwefel (ca. 10 Prozent) als Antriebsmittel für
ihre Feuerwerkskörper, und schon um 1300 war das teuflische
Gemisch auch in Europa bekannt. Der besagte Berthold Schwarz
lebte jedoch erst um 1380, und zeitgenössische Chroniken
berichten lediglich, dass er »die chunst aus püchsen zu
schyssen« (die Kunst aus Büchsen zu schießen) verbessert habe.
Die Methode als solche war allerdings vor dem Geistlichen
schon bekannt, wenngleich auch noch nicht allzu verbreitet. Und
selbst den Namen des Pülverchens gab es schon vor dem
frommen Mann, denn das »Schwarzpulver« wurde nicht nach
ihm benannt, sondern einfach nach seiner Farbe.

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S wie Schwein

Der Esel gilt gemeinhin als dumm, der Stier als wild und das

Schwein als schmuddelig. Des Stieres haben wir uns schon beim
Stichwort »Rotes Tuch« angenommen, den Intelligenz-
Quotienten eines Esels überlassen wir Ihrer Beurteilung - doch
für das Hausschwein werfen wir uns hier in die Bresche.
Entgegen der landläufigen Auffassung sind Schweine nämlich
höchst reinliche Tiere, die möglichst niemals das eigene Nest
beschmutzen. Selbst das häufig zu beobachtende Suhlen im
Schlamm ist nicht etwa eine Vorliebe für dreckigen Matsch,
sondern entspricht einem uralten Instinkt. Die Wildschweine
nämlich wälzten sich, um ihrem Körper eine Kruste aus
Schlamm zu verpassen. Diese bot Schut z gegen lästige
Insektenstiche aller Art und hielt zudem noch ordentlich warm.

S wie Schweizer Sprachen

Nicht nur drei, sondern sogar vier Sprachen werden in der

Schweiz gesprochen. Neben Deutsch, Französisch und
Italienisch existiert auch das sogenannte Rätoromanisch. Diese
als »Bergbauernlatein« verspottete Hinterlassenschaft des
römischen Weltreichs konnte sich allerdings nur noch in einigen
wenigen abgeschiedenen Alpentälern halten und verliert immer
mehr an Bedeutung. Nur noch rund 0,5 Prozent der Schweizer
sprechen oder verstehen diese uralte Version des Lateinischen.
Und dies, obwohl sie 1938 sogar offiziell zur vierten
Nationalsprache erhoben wurde.

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-196-

S wie Schwimmen

Als überzeugter Nichtschwimmer hat sich der Schreiber

dieser Zeilen mit der folgenden Begründung oft und gerne vor
dem nachmittäglichen Bad im Baggersee gedrückt: »Ach weißt
du, ich hab' gerade gegessen und dann soll man ja nicht
schwimmen. Das ist ungesund«. Zukünftig können Sie eine
derartige Behauptung mit einer lässigen Handbewegung beiseite
schieben, denn sie entbehrt jeder Grundlage. Selbst
Hochleistungsschwimmer drehen direkt nach dem Essen ihre
Runden - bislang wurden noch keine gesundheitlichen Folgen
entdeckt. Wenn Sie aber nach einem opulenten Festmahl in den
See hüpfen und einige flotte Kraulrunden drehen, kann Ihnen
durchaus eine gewisse Übelkeit drohen. Das würde Ihnen aber
auch beim Fußball, Tennis oder Joggen passieren.

S wie Schule

»Non scholae sed vitae discimus.« Selbst Nicht-Lateiner

kennen diesen Satz und seine deutsche Bedeutung: »Nicht für
die Schule, sondern für das Leben lernen wir«, soll der römische
Philosoph Seneca gesagt haben, und so mancher Lehrer
rechtfertigt damit heute noch den allerlangweiligsten
Unterrichtsstoff. Das nervt - vor allem wenn man bedenkt, dass
Seneca einfach falsch zitiert wird. Der hat nämlich genau das
Gegenteil gesagt: Nicht für das Leben, sondern für die Schule
lernen wir. Irgendein schlauer Pädagoge hat den Satz dann
einfach umgedreht - welch verantwortungsloser Umgang mit der
Klassik. Seneca allerdings würde sich bestätigt fühlen, denn
dem Vernehmen nach hielt er nicht allzu viel von Schulen und
Lehrern.

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S wie Seepferdchen

Männer müssen (können) keine Kinder kriegen. Dies mag den

einen oder anderen männlichen Menschen schmerzen und den
anderen belasten, doch Tatsache ist, dass es nicht für alle
Lebewesen gilt. Denn bei den Seepferdchen, lustig aufrecht im
Wasser stehenden Fischen mit einer Art Stachelpanzer, legt das
Weibchen seine Eier einfach im Brutbeutel des männlichen
Partners ab und macht sich dann 'nen schönen Lenz. Im
Brutbeutel wachsen die Jungen - im Höchstfall immerhin rund
500 Exemplare - dann heran und mannhaft erträgt der glückliche
(?) Vater nach rund zwei Monaten auch die Geburtswehen.

S wie Sex

Jede Wette: Wenn Sie dieses Buch nach interessanten

Stichworten durchforstet haben, dann sind Sie wahrscheinlich
zunächst bei diesem hängen geblieben. Machen Sie sich nichts
draus - Sex zieht eben immer.

Damit wir Ihre Erwartungen nicht enttäuschen, widerlegen

wir hiermit ein ganz besonders spektakuläres Gerücht: Sexuelle
Enthaltsamkeit erhöht die Lebenserwartung. Quatsch - das
Gegenteil ist wahrscheinlich eher richtig. Unfreiwillige Askese
kann sogar zu Angst oder Zwangsneurosen führen, kann
Impotenz, Frigidität und Hysterie zur Folge haben und durch
diese Stressfaktoren das Leben deutlich verkürzen. Der
Irrglaube rührt wahrscheinlich daher, dass Mönche und Nonnen
im Schnitt tatsächlich deutlich länger leben als ihre weltlichen
Brüder und Schwestern. Dies liegt allerdings daran, dass sie
einen wesentlich gesünderen Lebenswandel (ohne Zigaretten,
Drogen oder Alkohol) pflegen und sich zum anderen freiwillig
zum Verzicht entschlossen haben. Wenn die geistige
Auseinandersetzung nämlich abgeschlossen ist, kann der

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Verzicht auf die Verlockungen des Fleisches durchaus eine
stresshemmende Wirkung haben. Wenn Sie allerdings kein
Gelübde abgelegt haben, dürfen Sie ihren Trieben weiter frönen.
Vorausgesetzt, Sie übertreiben's nicht.

S wie Siebenschläfer

Wie die meisten Bauernregeln ist auch der »Siebenschläfer-

Spruch« blanker Nonsens. So soll schlechtes Wetter am 27.
Juni, dem sogenannten »Siebenschläfer-Tag«, bedeuten, dass es
auch die nächsten sieben Wochen schlecht bleibt. Für diese
Theorie gab es allerdings in den vergangenen drei Jahrzehnten
keinen einzigen Beleg, auch wenn die alte Regel durchaus einen
realen Hintergrund haben könnte: Schließlich kann eine
Kaltfront aus Westen in dieser Jahreszeit durchaus eine längere
Niederschlagsperiode mit sich bringen, auch wenn es bisher nur
in den allerseltensten Fällen tatsächlich sieben Wochen waren.

Der »Siebenschläfer-Tag« hat seinen Namen übrigens von

einer alten christlichen Legende. So sollen im dritten
Jahrhundert nach Christus sieben Brüder vor ihren römischen
Verfolgern in eine Höhle bei Ephesus geflüchtet sein. Dort
wurden sie eingemauert, schliefen 200 Jahre lang und erstanden
von den Toten dann wieder auf. Wenn Sie an diese Sage
glauben, dürfen Sie auch den Bauernkalender zukünftig für bare
Münze nehmen.

S wie Silbermünzen

… bestehen zumindest hierzulande nicht aus Silber. Vom

Fünfzig-Pfennig-Stück bis zur heutigen Fünf-Mark-Münze
enthält unser »Silbergeld« kein einziges Gramm Silber, sondern
besteht aus sogenannten Kupfer-Nickel-Legierungen. Lediglich

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das alte Fünf-Mark-Stück enthielt bis 1974 noch einen Zwei-
Drittel Silberanteil.

Eine Ausnahme bilden die sogenannten Gedenkmünzen, die

allerdings kaum als Zahlungsmittel verwendet werden. Deren
Silberanteil entspricht noch den alten Gepflogenheiten. Die
Bezeichnung »Silbergeld« jedenfalls ist de facto überholt.

S wie Sintflut

Und die Bibel hat doch recht: Recht fahrlässig wird heute oft

behauptet, die Sintflut habe niemals stattgefunden. Doch bei
Ausgrabungen im ehemaligen Mesopotamien (westlich des
Persischen Golfs) stießen Archäologen auf Funde, die das
Gegenteil zu beweisen scheinen. Sie entdeckten eine
zweieinhalb Meter dicke Lehmschicht mit den Fossilien kleiner
Meerestiere. Für eine Lehmschicht derart gewaltigen Ausmaßes
muss in der betreffenden Region das Wasser über einen längeren
Zeitraum mindestens acht bis zehn Meter hoch gestanden haben;
heute geht man davon aus, dass um das Jahr 4000 v. Chr.
tatsächlich eine gewaltige Flutkatastrophe ein Gebiet von etwa
600 Kilometern Länge und 160 Kilometern Breite heimgesucht
hat. In der Bibliothek von Ninive entdeckte man außerdem ein
Epos über einen gewissen Utnapischtim, der mit seiner Sippe
auf einer Arche diese Sintflut überlebt haben soll. Stattgefunden
hat die Katastrophe also wahrscheinlich wirklich, doch war sie
zumindest regional begrenzt und überspülte keineswegs die
ganze Welt. (Sollten Sie Interesse daran haben, eine regionale
Sintflut zumindest literarisch zu erfahren, so empfehlen wir das
höchst amüsante Buch von T. H. White: »Mr. White treibt auf
der reißenden Liffey nach Dublin«, erschienen beim Eugen
Diederichs Verlag.)

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S wie Skalpieren

Diese grausige Praxis bestätigte jahrzehntelang den furchtbar

schlechten Ruf der Indianer, doch die Amerikaner übersahen
dabei geflissentlich, dass es die Weißen waren, die diese
»schlechte Angewohnheit« eingeführt hatten. Historiker nämlich
bezweifeln heute, dass das »Skalpieren« vor der Ankunft der
Europäer in Nord-Amerika überhaupt bekannt war. Berühmt
und berüchtigt wurde es erst, nachdem weiße Siedler
Kopfprämien auf Indianer ausgelobt hatten und die Abenteurer
der Pionierzeit für jeden mitgebrachten »Skalp« ihren Obulus
erhielten. Diesen »schönen Brauch« übernahmen die Indianer
dann prompt und gingen dabei wesentlich konsequenter als ihre
unfreiwilligen Vorbilder zu Werke. Sie betrachteten die Skalps
der getöteten Feinde nämlich als Zeichen kriegerischer Würde
und hängten sie sich an die Felle ihrer Wigwams oder an den
Gürtel.

Übrigens war die Jagd nach »Skalps« schon lange vor der

Entdeckung Amerikas ein Thema. Die Skythen, ein antikes,
recht kriegerisches Völkchen, sollen »dem Schädel die Haut
abgezogen haben, indem sie rings um die Ohren einen Schnitt
machten, dann die Haare fassten und den Kopf herausschütteln.«
So jedenfalls notierte es der griechische Geschichtsschreiber
Herodot.

S wie Sklaven

Nicht die Europäer und schon gar nicht die Amerikaner waren

die Erfinder des Sklavenhandels. Die größten Sklavenhändler
waren vielmehr die Araber, die diese barbarische Tradition
schon im 7. Jahrhundert etablierten und erst im 19. Jahrhundert
beendeten. 14 bis 15 Millionen Opfer soll die Sklaverei
gefordert haben. Die Europäer begannen erst wesentlich später

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-201-

mit dem Sklavenhandel und stellten ihn »schon« zu Beginn des
16. Jahrhunderts offiziell wieder ein. Zehn Millionen junge
Afrikaner hatten bis dahin durch die »Kulturnationen« Europas
ihre Freiheit und zuweilen auch ihr Leben verloren. Dass heute
die Europäer weltweit als Erfinder des Handels mit Menschen
gelten, hat einen ebenso simplen wie paradoxen Grund: Sie
behandelten ihre »menschliche Fracht« vergleic hsweise besser
und damit überlebten wesentlich mehr Sklaven als bei den
Arabern. In den arabischen Nationen starben die Unterjochten
zumeist früh und die Männer wurden für gewöhnlich kastriert.

Zum Thema »Sklaverei« ist auch noch anzumerken, dass sie

nicht die Ursache für den amerikanischen Bürgerkrieg war.
Präsident Abraham Lincoln hatte zu Beginn des Krieges (1861)
in erster Linie die Einheit der Nation im Sinn, auch wenn er den
Sklavenhandel schon frühzeitig öffentlich verurteilte. Für den
Süden der USA, auf dessen ausgedehnten Baumwollplantagen
die meisten amerikanischen Schwarzen lebten und schufteten,
war Lincolns Ablehnung der Sklaverei nur der Tropfen, der das
Fass zum Überlaufen brachte. Die eigentlichen Gründe für den
Versuch der Abspaltung vom Norden lagen in einer tiefen
Rivalität zwischen dem industriellen und progressiven Norden
und dem konservativen, landwirtschaftlich geprägten Süden.
Nachdem der Sezessionskrieg allerdings ausgebrochen war,
wollte der Norden auch in der Frage der Sklavenhaltung keinen
Fußbreit mehr nachgeben. Lincoln darf sich also zu Recht als
Befreier der Afroamerikaner feiern lassen.

S wie Sonne

Die Planeten drehen sich um die Sonne. Das dürfen wir als

bekannt voraussetzen. Doch wussten Sie, dass sich auch die
Sonne selbst bewegt. Mit rund 250 Kilometer in der Sekunde
rotiert sie um den Mittelpunkt der Milchstraße und zusätzlich

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-202-

auch noch um ihre eigene Achse. Eine Umdrehung dauert am
»Äquator« rund 27 Tage.

S wie SOS

Das international gültige Alarmsignal SOS wird häufig als

Kurzform von »Save our souls« interpretiert. Zugegeben - das
klingt logisch und sogar ein wenig poetisch, doch die Erfinder
hatten wesentlich pragmatischere Gründe für ihren Code. Der
Morserhythmus mit drei Punkten, drei Strichen und wiederum
drei Punkten lässt sich nämlich aus dem weltweiten
»Wellensalat« besonders gut heraushören und bekommt damit
leichter die gebührende Aufmerksamkeit.

S wie Spaghetti

Neben der Pizza gelten die »Spaghetti« als das italienischste

aller Gerichte. Was für ein Schock für den Koch von Venedig,
welch Erschauern für den Gourmet in Verona, wenn er erfährt,
dass die langen Nudeln gar keine Kreation seiner Heimat sind.
Tatsächlich stammen sie aus dem fernen China und wurden erst
im 13. Jahrhundert von Marco Polo importiert.

S wie S phinx

Es gibt zwei bekannte Erklärungen dafür, warum der riesige

steinerne Löwe mit den menschlichen Gesichtszügen - bekannt
als die »Sphinx« und fast ebenso populär wie die benachbarten
Pyramiden keine Nase mehr hat. Asterix-Leser bevorzugen die
Version, nach der der dicke Obelix das gigantische Riechorgan
beim Klettern abgebrochen hat - weniger Comicinteressierte

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-203-

sprechen von Erosion. Falsch sind beide Theorien, denn
tatsächlich wurde die Nase im 19. Jahrhundert von türkischen
Soldaten buchstäblich »abgeschossen«. Diese hatten bei ihrem
Ägypten-Feldzug im Tal von Gizeh Zielübungen mit ihrer
Artillerie veranstaltet.

S wie Spinat

Die meisten Kinder hassen ihn, die meisten Eltern füttern ihn:

Spinat. Die Begründung für die kulinarische Quälerei liefern die
Erziehungsberechtigten gleich mit. Spinat enthält angeblich
besonders viel Eisen und soll deshalb für Heranwachsende
besonders gesund sein. Tatsächlich sind im gekochten Spinat
ziemlich genau 2,2 Milligramm Eisen enthalten. Zum Vergleich:
Gekochte Bohnen enthalten 2,7 Milligramm, Mandeln bringen
es auf 4,6 und Schokolade kann mit 6,7 Milligramm protzen.
Der Irrglauben basiert auf einem schlichten Tippfehler, denn bei
der allerersten Analyse des »leckeren«(?) Gemüses rutschte ein
Komma um eine Stelle zu weit nach rechts, was den Eisengehalt
gleich verzehnfachte. Zwar wurde der Irrtum schnell bemerkt
und berichtigt, doch hatte sich das Gerücht schon in den Köpfen
festgesetzt. Spinatliebhaber (auch die soll es geben) seien aber
ausdrücklich beruhigt: Gesundheitsschädlich ist die grüne
Pampe auch nicht.

S wie Stachelschwein

…trägt seinen Namen völlig zu Unrecht, denn eigentlich hat

es mit Schweinen ungefähr ebenso viel zu tun wie mit See-
Elefanten. Das stachelige Tierchen gehört der Familie der
Nagetiere an, dass man es landläufig mit dem Terminus
»Schwein« belegt hat, kommt wahrscheinlich nur von seinen

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-204-

ähnlich klingenden Grunzlauten. Das rund 70 Zentimeter lange
Tier kommt ursprünglich aus Südostasien und Afrika und wurde
von den Römern nach Südeuropa eingeführt. Bewehrt ist der
harmlose Pflanzenfresser mit bis zu 40 Zentimeter langen,
spitzen Dornen, die sich bei drohender Gefahr aufrichten, um
potentielle Gegner abzuschrecken.

S wie Steine

Entgegen festgefügten Überzeugungen gibt es auch biegsame

Steine. Die Rege l sind sie allerdings nicht, wie uns der Test mit
einem beliebigen Flusskiesel eindrucksvoll beweist. Doch im
brasilianischen Regenwald existiert ein Gestein namens
Itakolumit, das sich biegen lässt, als wäre es aus Gummi oder
dünnem Blech. Der glimmerhaltige Sandstein enthält nämlich
gelenkartige, ineinander verzahnte Quarzkristalle, die das
übliche Brechen oder Zerbröseln verhindern.

S wie Steuben

Was haben der ehemalige US-Außenminister Henry

Kissinger, der Fußballjongleur Franz Beckenbauer, das
Fräulein-Wunder Steffi Graf, der Physiker Albert Einstein und
ein gewisser Friedrich Wilhelm von Steuben gemeinsam? Nun -
sie entstammen allesamt deutschen Landen und werden von den
Amerikanern dennoch grenzenlos als »quasieinheimische«,
nationale Ikonen verehrt. (Kissinger wurde in Nürnberg
geboren, Einstein in Ulm.) Wir wollen uns an dieser Stelle
jedoch dem Letztgenannten dieser illustren Reihe widmen.
Friedrich Wilhelm von Steuben, so wird es heute noch an
amerikanischen Colleges gelehrt, war im Siebenjährigen Krieg
der Adjutant des deutschen Königs Friedrich der Große, einer

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der besten Freunde des Monarchen und General der preußischen
Armee. 1777 kam er dann in die USA und trat dort in die
Kolonialarmee ein, die er mit preußischem Drill zu militärischen
Höchstleistungen führte und deren berühmtester und
erfolgreichster General er wurde. Das Ende der Geschichte ist
absolut richtig, denn Steuben erwarb sich in den USA
tatsächlich große Verdienste um die Unabhängigkeit des Landes
und starb 1794 als legendäre Gestalt. Der Anfang jedoch ist frei
erfunden, denn Steuben war weder General noch des Königs
Intimus und nicht einmal adlig. Eigentlich hieß »von Steuben«
nur Steube - das »von« hatte sein Großvater hinzugedichtet, der
der Familie auch gleich noch einen hübsch anzusehenden, aber
leider nur frech erdichteten Stammbaum bescherte. Dass er
damit über Generationen durchkam, mag schon als kleines
Wunder gelten, doch dass auch der Rest der »von Steuben«-
Saga nie hinterfragt wurde, ist womöglich noch überraschender.
Tatsächlich hatte der junge Offizier zwar im Siebenjährigen
Krieg gedient, doch war er nicht besonders aufgefallen und
quittierte den Dienst lediglich als »Kapitän«. Die hohen Orden,
mit denen er angeblich ausgezeichnet worden war, bestanden
nur auf leidlich gefälschten Dokumenten, und seine Überfahrt
nach Amerika galt weniger dem großen Ziel des
Freiheitskampfes, sondern war durch die fehlende persönliche
Perspektive in Europa begründet. Dass er die amerikanischen
Revolutionsarmisten so schnell auf Vordermann brachte, ist im
übrigen kein Wunder. Schließlich rekrutierte sich diese
»Armee« zum Zeitpunkt von Steubens Ankunft aus einem
wilden Haufen ungeübter Freiwilliger, denen preußische
Disziplin und militärische Strategien völlig fremd waren.
Steuben war also genau der richtige Mann zur richtigen Zeit am
richtigen Ort.

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S wie Storchschnabel

Mit »Storchschnabel« bezeichnet man nicht den langen

Schnabel des »Meister Adebar«, denn dieser müsste korrekt
»Storchenschnabel« betitelt werden. Ohne die Silbe »en« in der
Mitte ist mit dem Wort ein sogenannter »Pantograph« gemeint -
ein Apparat, der Zeichnungen proportional vergrößern oder
verkleinern kann.

S wie Strauß

Abgesehen davon, dass Strauße schnell rennen können (bis zu

80 km/h wurden schon gemessen), glaubt man von ihnen auch
zu wissen, dass sie bei Gefahr den Kopf in den Sand stecken.
Dies jedoch wäre höchst unlogisch, weil sich das Tier damit des
Vorteils seiner schnellen Beine berauben und außerdem
jämmerlich ersticken würde. Schließlich atmet der Strauß, wie
die meisten anderen Tiere, bevorzugt mit Organen, die am Kopf
beheimatet sind, und diese sind - im Sand vergraben - zur
Regungslosigkeit verdammt. Das Gerücht basiert
wahrscheinlich auf einem Beobachtungsfehler, denn häufig
werden Strauße gesehen, die ihren Kopf ganz dicht über dem
Boden halten. Durch dessen Vibrationen können sie sich
nämlich ein recht genaues Bild von Menge und Ausmaß der
anrückenden Zwei- oder Vierbeiner machen.

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18. Von Tabak bis Traubenzucker

T wie Tabak

Ein verbreiteter Irrtum zum Thema »Tabakgenuss« ist die

Meinung, jeder Tabak enthalte automatisch ein gewisses
Quantum Nikotin. Doch Überzeugungsraucher können seit
geraumer Zeit auf den sogenannten »Atrotabak« zurückgreifen.
Diesen gewinnt man, indem man gewöhnliche Tabakpflanzen
auf Stechapfel- oder andere Nachtschattengewächse
»aufpfropft«. Beim »normalen« Tabak nämlich bildet sich das
hochgiftige Nikotin, dessen »pure« Einnahme schon bei Mengen
von wenigen Milligramm tödlich ist, in der Wurzel und gelangt
von dort aus in feinen Dosierungen in die Blätter. Bei der
»Pfropf-Methode« ist dies ausgeschlossen. Atrotabak wird
derzeit bevorzugt in Südosteuropa angebaut und hat noch einen
angenehmen Nebeneffekt: Samen und Blätter des Stechapfels
wurden nämlich schon seit jeher zu einer Essenz verarbeitet, die
in Verbindung mit anderen Tinkturen entscheidend mithelfen
kann, Asthmaleiden zu mildern. In Kombination mit diesen
anderen Wirkstoffen (Ihr Apotheker berät Sie sicher gern) darf
man Atrotabak also mit Fug und Recht als »gesund«
bezeichnen, und Sie können dem
Bundesgesundheitsministerium mit Ihrer neuen Selbstgedrehten
ein echtes Schnippchen schlagen.

T wie Tanzmaus

Wir sprechen hier nicht von rheinischen »Gardemädeln« oder

besonders ausdauernden Disco-Queens: Nein, die Tanzmaus, die

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hier gewürdigt werden soll, ist eine echte Maus. Allerdings ist
nicht jedes dieser possierlichen Tiere automatisch eine
»Tanzmaus«, sobald es dressiert wurde. Zwar kann theoretisch
jeder kleine Nager mit entsprechender Zuwendung dazu
gebracht werden, »Männchen« zu machen oder bestimmte
Pirouetten zu drehen, doch die »Berufsbezeichnung Tanzmaus«
gebührt ausschließlich einer japanischen Mutation. Durch eine
genetisch bedingte Missbildung im inneren Gehörgang ist bei
diesen Tieren der Gleichgewichtssinn erheblich gestört, so dass
sie dazu neigen, ständig im Kreis herumzulaufen. Manchmal
drehen sich die kleinen Racker auch wie wild auf der Stelle, und
wenn man dazu flotte Musik auflegt, wirkt es tatsächlich so, als
würde das Mäuschen tanzen.

T wie Taschentuch

Respektlos schnäuzen wir im Schnupfenfall

infektionsgeplagten Bazillenmutterschiffe ins Taschentuch und
geben uns der Überzeugung hin, dass es dazu schließlich auch
erfunden worden sei. Falsch, denn ursprünglich war das zarte
Stofftuch ausschließlich für dekorative Zwecke gedacht. Als es
im 15. Jahrhundert in Italien modern wurde, diente der helle
Stofffetzen in erster Linie dazu, geziertes Gestikulieren anmutig
zu untermalen. Erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das
Ziertuch dann allmählich prosaischeren Zwecken zugeführt, ehe
es zwischenzeitlich erneut zur Dekoration mutierte: Die
Herrenmode versah den Gentleman mit einem farblich exakt
abgestimmten Tüchlein in der Brusttasche des Sakkos, in das
zumeist auch noch das persönliche Monogramm eingestickt war.
Zum Schnäuzen viel zu schade!

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T wie Tauben

Warum ausgerechnet die Tauben zum Friedenssymbol

ernannt wurden, weiß wahrscheinlich nicht einmal der Geier.
Allerdings ist diese Symbolik keine Erfindung unserer Tage.
Eine Taube unterrichtete Noah mittels Ölzweig vo m Ende der
Sintflut, Tauben steigen seit alters her aus den Zylindern und
Hüten der Zauberer und im Orient galt das Töten einer Taube
Jahrhunderte lang als Sakrileg ersten Ranges. Besonders
friedlich sind Tauben jedoch nicht, denn Verhaltensforscher
haben ermittelt, dass bei ihnen eine strenge »Hackordnung«
herrscht: Der Stärkere setzt seine vermeintlichen Rechte
durchaus auch mit Gewalt durch und der spitze Schnabel wird
gegen andere, kleinere Vögel gerne als Waffe verwendet.

T wie Teflon

Kommt man heute auf die enormen Kosten der bemannten

Raumfahrt zu sprechen, rechtfertigen Befürworter des
»Abenteuers Weltraum« ihre Vorliebe zumeist mit dem
angeblichen Nutzen der schwerelosen Forschung. Als
Lieblingsbeispiel wird dann das »Teflon« angeführt, das ein
Entwicklungsprodukt der Raumfahrtindustrie sein soll. Zwar
gehört auch der Autor zu den begeisterten Science-Fiction-
Lesern und würde bedenkenlos für den nächsten Flug zum Mars
eine Kabine buchen, doch die Teflon-Story wird er als
Begründung für den Sinn der aufwendigen Technologie
tunlichst vermeiden.

Entdeckt wurde Teflon, das ursprünglich

»Polytetrafluorethylen« hieß, bereits in den 30er Jahren des 20.
Jahrhunderts. Chemiker besetzten die freien Wertigkeiten von
Kohlenstoff ketten mit Fluoratomen und schufen damit einen
neuen Stoff, der allerdings zunächst recht nutzlos schien. 1954

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stieß der Franzose Marc Gregoire per Zufall erneut auf das
mittlerweile fast in Vergessenheit geratene Material, erkannte
dessen Anwendungsmöglichkeiten und gründete die Firma
Tefal. Fortan hieß die Beschichtung seiner Pfannen »Teflon«
und wurde vor allem in den Vereinigten Staaten ein echter
Verkaufsschlager. Zwar behaupten die Amerikaner heute, dass
schon 1950 Töpfe und Pfannen mit »Teflon« (noch unter dem
alten, komplizierten Namen) beschichtet gewesen sein sollen,
doch auch aufwendige Nachforschungen erbrachten dafür keine
Bestätigung.

Auf den Trick mit der »Raumfahrttechnologie« dürften

übrigens geschickte Marketing-Manager gekommen sein. Im
Zuge unserer Nachforschungen stießen wir auch auf einen alten
amerikanischen Werbeprospekt aus dem Jahre 1970, in dem
Teflon als NASA-Produkt angepriesen wurde. Der Prospekt
stammte übrigens von einem New-Yorker Großhändler, der vor
allem Produkte der Firma Tefal im Sortiment führte. Wenn das
kein Zufall ist…

T wie Telefon

Das beliebteste Kommunikationsmittel unserer Tage wurde

nicht von Alexander Graham Bell erfunden. So steht's zwar in
beinahe jedem Nachschlagewerk, doch hatte bereits im Jahre
1860 ein deutscher Lehrer namens Johann Philipp Reis aus
Friedrichsdorf die Idee für das Telefon. Er verwendete einen
Violinenkasten als Resonator, den hohlen Spund eines
Bierfasses als »Sprechmuschel« und für die Membran benutzte
er eine straff gespannte Wursthaut. Den wenigen
Aufzeichnungen, die aus diesen Tagen existieren, ist jedoch zu
entnehmen, dass es seinen Schallübertragungsversuchen an
Verständlichkeit gebrach. 1876 bediente sich Bell dann der
Elektrizität, um die Methode des Deutschen zu verfeinern, und

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schaffte es tatsächlich, die menschliche Stimme hörbar und
verständlich auf die Reise zu schicken. Seine erste Botschaft an
seinen Assistenten lautete übrigens: »Watson, kommen Sie mal
rüber. Ich brauche Sie.«

T wie Tell

Auch wenn die Schweizer hartnäckig an der Legende vom

»Freiheitskämpfer Wilhelm Tell« festhalten, müssen wir
unseren alpenländischen Nachbarn ein für allemal erklären, dass
der angebliche Meisterschütze nie gelebt hat. Die Sage wurde
allerdings auch nicht, wie wiederum die Deutschen gerne
behaupten, vom Dichterfürsten Friedrich Schiller erfunden,
sondern vom Schweizer Dramatiker Aegidius Tschudi. Schiller
»schmückte« Tschudis Version noch weiter aus und brachte
neue Elemente mit hinein.

Nach Tschudi und Schiller soll der besagte Tell, auf Geheiß

des habsburgischen Landvogts Hermann Geßler, seinem eigenen
Sohn mit der Armbrust einen Apfel vom Kopf geschossen
haben. Anschließend »revanchierte« er sich mit einem weiteren
Pfeil für den willkürlichen und gefährlichen Befehl und tötete
den Tyrannen. Damit sei der Aufstand der Schweizer gegen die
verhasste Herrschaft der Habsburger ausgelöst worden.

Wie gesagt - alles reine Erfindung, doch Schweizer Historiker

wiesen nach, dass Tschudi zumindest ein konkretes Beispiel im
Kopf hatte, als er sein Heldenepos erfand. Demnach soll ein
gewisser Rudolf Stauffacher um 1290 den Landvogt Konrad von
Tillendorf erschlagen haben, weil dieser ihn zwingen wollte,
dem auf dem Markt von Altdorf aufgestellten Hut des Vogts
seine Hochachtung zu erweisen. Stauffacher hielt von dieser
Idee offensichtlich nicht allzu viel, doch seinen »Totschlag im
Affekt« überlebte er nicht lange: Er wurde ohne viel Federlesens
hingerichtet, und bis zum Schweizer Freiheitskampf vergingen

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noch viele Jahre.

T wie Tempel

Geldwechsler und angebliche Wucherer im Tempel zu

Jerusalem - nicht nur Jesus fand's verwerflich und wollte sie mit
Bausch und Bogen aus den heiligen Hallen verbannen. Doch
während wir heute zustimmend mit dem Kopf nicken und ihm
das moralische Recht zu seinem Wutausbruch attestieren, stieß
sein Verhalten bei seine n Zeitgenossen zumeist auf
verständnisloses Kopfschütteln. Denn schließlich waren Tempel
in diesen Tagen nicht nur Heiligtümer, sondern auch
Kreditinstitute.

Diese Tradition wurde schon im alten Ägypten begründet und

von Griechen, Römern und eben auch Juden übernommen.
Eigentlich logisch, denn schon immer brauchte man zum Bau
eines Tempels Geld, und auch die Priester, Tempeldiener und
das »Fußvolk« der Bediensteten konnten von Gotteslohn allein
nicht leben. So hatte es sich beispielsweise im antiken
Grieche nland eingebürgert, dass sich das Heiligtum Olympia
fast ausschließlich über gewonnene Kriege des Staates
finanzierte. Zehn Prozent jeder Kriegsbeute sollen an den
Tempel gegangen sein, der damit weit mehr hatte, als er zur
Instandhaltung und für das Leben seiner »Insassen« brauchte.
Doch die Priesterkaste revanchierte sich dafür wieder, denn
wenn der attische Staat seinerseits Geld für einen neuen Krieg
oder wichtige Bauprojekte brauchte, dann bekam er vom
Tempel einen besonders zinsgünstigen Kredit. Auch
Privatpersonen nutzten die unangreifbaren Heiligtümer als
sichere Aufbewahrungshorte für ihr persönliches Vermögen,
und tatsächlich zahlten die Tempel für bestimmte Anlageformen
sogar Zinsen aus.

Der Jerusalemer Tempel war zu Jesus' Zeiten wahrscheinlich

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der reichste der Welt. Jeder Jude, egal wo er lebte, war
gesetzlich verpflichtet, eine Tempelsteuer zu bezahlen. Vom
eingenommenen Geld finanzierten die Priester den Kauf großer
Ländereien, die sie gewinnbringend verpachteten. Für steten
Geldfluss war also gesorgt. Jesus dürfte sich weniger über die
pekuniären Aktivitäten des Gotteshauses geärgert haben, als
vielmehr über dessen mangelhafte soziale Einstellung.
Geschenkt gab's vom Tempel nämlich gar nichts, und selbst die
Ärmsten der Armen kamen um die Tempelsteuer nicht herum.

T wie Tetanus

Wundstarrkrampf, auch als »Tetanus« bekannt, wird nicht

durch Rost übertragen. Verantwortlich ist einzig und allein das
Bakterium »Clostridium Tetani«, das vor allem in der Darmflora
pflanzenfressender Tiere gedeiht und deshalb durch deren Kot
übertragen werden kann. Die Meinung, dass die
Wundstarrkrampf- Gefahr besonders hoch sei, wenn man sich
eine Wunde an einem scharfkantigen oder spitzen, rostigen
Gegenstand zuziehe, ist also durch nichts zu belegen.

T wie Titanic

Eine Serie von kleineren Rissen im Rumpf und nicht etwa ein

großes Loch hat nach Expertenmeinung den Untergang der
legendären Titanic verursacht. Ein internationales Team von
Tauchern und Wissenschaftlern hat nämlich 1996 festgestellt, so
die renommierte New York Times, dass der eigentliche Schaden
am Rumpf des gewaltigen Schiffes erstaunlich gering gewesen
sei. Sie berichteten von sechs relativ schmalen Öffnungen, durch
die das Wasser ins Schiff eingedrungen sein muss. Bei der
Katastrophe im Jahr 1912 waren auf der Jungfernfahrt des

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Ozeanriesen insgesamt über 1500 Menschen ums Leben
gekommen. Lange Zeit galt es als unumstößlich, dass nur ein
gewaltiges Leck das schnelle Sinken des Schiffes habe
verursachen können. Doch die mit Hilfe von Schallwellen
festgestellten Beschädigungen weisen insgesamt lediglich einen
Umfang von etwa ein bis zwei Quadratmetern auf. Wie die
Wissenschaftler allerdings ergänzend feststellten, hat der hohe
Druck des einströmenden Wasser dennoch sehr rasch für den
schnellen Untergang des Schiffes gesorgt.

T wie Tollkirsche

Die »Atropa Belladonna« ist bei uns weithin unter dem

Namen »Tollkirsche« bekannt und damit vor allem für Kinder
nicht ohne Risiko. Wenn diese nämlich lediglich den Namen des
hübschen roten Nachtschattengewächses erfahren, könnten sie
durchaus losstürmen und ein paar der vermeintlichen
Leckerbissen kosten. Davon wird allerdings dringend abgeraten,
denn schon der Genuss dreier Früchte kann tödliche Folgen
haben.

Ihren Namen trägt die »Tollkirsche« übrigens zu Unrecht,

denn - wie gesagt - es handelt sich bei ihr nicht um ein
Kernobstgewächs und damit auch nicht um eine Kirschenart.
Allerdings sieht vor allem die Schwarze Tollkirsche, deren
Sträucher knapp zwei Meter hoch werden können, einer dunklen
Kirsche sehr ähnlich, und somit ist auch die Bezeichnung nicht
weiter verwunderlich.

Den Zusatz »toll« erhielt die Pflanze schon im Mittelalter.

Damals stellte man fest, dass der Verzehr einer einzigen dieser
»Pseudokirschen« den Esser geradezu »toll« (wirr, wild,
unempfindlich) machen kann: Soldaten spürten auf einmal keine
Schmerzen mehr, Arbeiter vergaßen ihre Müdigkeit. Grund
dafür ist der hohe Alkaloidgehalt der Pflanze, die vor allem

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-215-

Hyoscamin, Scopolamin und Atropin enthält - Essenzen, die
mittlerweile auf keiner ordentlichen Dopingliste fehlen dürfen.
Doch heute profitiert auch die Medizin von der Tollkirsche: Ihr
Saft wird als krampflösendes, gefäß- und pupillenerweiterndes
Mittel geschätzt.

T wie Totes Meer

Der heilige Hieronymus irrte sich, als er den Salzsee im

Jordangraben vor rund 1500 Jahren zum ersten Mal als »Totes
Meer« bezeichnete. Allerdings müssen wir dem Mann natürlich
zugute halten, dass er weder über eine Lupe noch gar über ein
Mikroskop verfügte und mit bloßem Auge die Abwesenheit
jeglichen Lebens festzustellen glaubte. Doch auch in dieser
Salzlake, die mit ihren 393 Metern unter dem Meeresspiegel die
tiefste freiliegende Senke aller Landgebiete der Erde darstellt,
wimmelt es noch von Bakterien, die vor allem Cellulose
abbauen. Schwimmen kann man im »Toten Meer« übrigens nur
sehr mühsam und untergehen schon gar nicht. Das Wasser
besteht nämlich zu 25 Prozent aus Chlormagnesium,
Chlorkalzium und Chlornatrium, was wiederum zur Folge hat,
dass Salz sich darin nicht mehr auflösen kann. Kein Fisch und
kein Krustentier können in dieser Mischung existieren. Beim
»Toten Meer« handelt es sich übrigens nicht um ein »echtes«
Meer, sondern um einen See mit einer 940 Quadratkilometer
großen Wasserfläche. Er wird vom Fluss Jordan gespeist.

T wie Traubenzucker

Obwohl es scheinbar unmöglich ist zu ermitteln, woher der

Name letztlich stammt, können wir mit Bestimmtheit sagen,
dass Traubenzucker nicht aus Trauben gemacht wird. Er ist zwar

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auch in Weintrauben enthalten, doch in allen anderen süßen
Früchten auch. Der heute verkaufte Traubenzucker wird
industriell zumeist aus Kartoffeln und Maisstärke gewonnen und
ist der biologisch bedeutsamste Zucker. Seinen Ruf als
»Energielieferant« trägt er völlig zu Recht. Normalerweise liegt
die Menge Traubenzucker im Blut bei etwa 0,1 Prozent, und
wenn dieser Anteil fällt, kann dies durchaus dramatische Folgen
haben. Der Traubenzucker ist nämlich der einzige
Energielieferant des Gehirns und ohne ihn würden unsere
kleinen grauen Zellen schnell ihren Dienst verweigern.

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19. Von Unabhängigkeitserklärung bis

Völkerwanderung

U wie Unabhängigkeitserklärung

Der 4. Juli ist der amerikanische Nationalfeiertag, denn an

diesem Datum des Jahres 1776 sagten sich 13 britische Kolonien
in Nordamerika vom »Mutterland« England los. Denkste!!
Eigentlich müssten die Amerikaner den 2. Juli feiern, denn an
diesem Tag beschloss der »2. Kontinentalkongress« beinahe
einstimmig, sich der britischen Fesseln ein für allemal zu
entledigen. Zwei Tage später, also am 4. Juli, wurde dieser
Beschluss auch vom Kongress ratifiziert, doch die Entscheidung
war schon zuvor gefallen.

U wie Unfehlbarkeit

Die katholische Kirche mag ihre Fehler und

Unzulänglichkeiten haben und vieles von dem, was man ihr
heute vorwirft, ist sicherlich auch berechtigt. Doch dass das
sogenannte »Unfehlbarkeitsdogma« des Papstes erst in jüngster
Zeit eingeführt worden ist und deshalb auf keinerlei religiös
motivierte Tradition zurückblicken kann, ist falsch. Denn schon
die allerersten Päpste haben diesen Anspruch erhoben, und
somit ist dieses Dogma beinahe so alt wie die christliche Kirche
selbst. Das Vertrauen des Papstes in die eigene Vollkommenheit
ist sozusagen eine Dienstpflicht und basiert auf der festen
Überzeugung, dass Gott selbst seine Schäfchen in
Glaubensdingen vor Irrtümern und Missverständnissen bewahrt.
Auf dem ersten Vatikanischen Konzil (1870), das viele heute für

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die Geburtsstunde des Dogmas halten, wurden nur die
Richtlinien und Bedingungen für die Unfehlbarkeit noch einmal
ausdrücklich festgeschrieben. Demnach gelten nicht nur der
Papst, sondern auch die Gesamtheit der Bischöfe und ein Konzil
als unfehlbar - vorausgesetzt, sie entscheiden einstimmig.

V wie Vampire

Schon beim Stichwort »Dracula« haben wir uns mit dem

schaurigschönen Thema Vampire beschäftigt. Ohne Sie jetzt
unnötig erschrecken zu wollen, müssen wir Ihnen mitteilen: Es
gibt sie wirklich. Einschränkend sei allerdings hinzugefügt, dass
es sich nicht um Untote handelt, die nur mit Hilfe spitzer
Holzpflöcke von ihrem ewigen Dasein erlöst werden können,
und dass sie für Menschen in der Regel auch nicht gefährlich
sind. Richtig ist an der verbreiteten Legende allerdings der
Fledermaus-Faktor, denn die Vampire, von denen wir hier
berichten, gehören tatsächlich zur Gattung der geflügelten
Nager. Sie leben vorzugsweise in den feuchten Urwäldern des
Amazonas-Beckens, hausen in modrigen Höhlen oder
Baumstämmen und leben vom Blut anderer Säugetiere.

Nachts nämlich verlassen sie ihren Unterschlupf (… um

Mitternacht hob sich knarrend der Sargdeckel…) und machen
sich auf die Jagd nach vierbeinigen Opfern. Mit
rasiermesserscharfen Schneide- und Eckzähnen suchen sie sich
dann eine möglichst unbehaarte Stelle aus (…oooh, wie glatt
war dieser Alabasterhals…), säbeln blitzschnell eine kleine
Wunde in die Haut und lecken das austretende Blut auf. Dies
geht normalerweise so schnell, dass die Betroffenen außer einem
ganz leichten Piekser überhaupt nichts davon mitbekommen.
Gefährlich kann ein derartiger Biss nur deshalb sein, weil die
Tiere natürlich auch Krankheiten, wie beispielsweise die
Tollwut, übertragen können.

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V wie Vandalen

Wenn von jugendlichen Kleinkriminellen des Nachts sinnlose

Verwüstungen begangen werden, so spricht der Polizeibericht
gerne davon, dass die Unbekannten »wie die Vandalen«
hausten. Nun möchten wir aber unsere wackeren Gesetzeshüter
und jeden anderen in aller Bescheidenheit davon in Kenntnis
setzen, dass der germanische Volksstamm der Vandalen seinen
schlechten Ruf zu Unrecht trägt.

Während der Völkerwanderung waren die Vandalen

(zuweilen auch Wandalen) aus dem Gebiet des heutigen
Schlesien quer durch Europa über Spanien bis nach Nordafrika
gezogen. Dort ließ sich das wehrhafte Völkchen zunächst
häuslich nieder, und ihr damaliger König Geiserich errichtete in
der sogenannten »Kornkammer« des weströmischen Reiches
tatsächlich einen unabhängigen Germanenstaat. Mit Kaiser
Valentinian schloss Geiserich einen Friedensvertrag, in dem sich
beide Seiten zu friedlicher Kooperation verpflichteten und rege
Handelsbeziehungen unterhielten. Doch dann wurde Valentinian
in Rom ermordet, und Geiserich betrachtete dies als das Ende
aller Formalitäten. Überraschend segelte er mit seiner
ansehnlichen Flotte in Richtung Rom, und als er vor der
Tibermündung gesichtet wurde, versetzte dies Valentinians
Nachfolger Maximus derart in Panik, dass er seinem Hofstaat
und den »besseren Kreisen« die Parole »Rette sich wer kann«
ausgab. Fast ohne Widerstand konnten die überraschten
Vandalen also Rom besetzen, und dies scheint ihnen die
Kampfeslust ein wenig genommen zu haben. Zwar plünderten
sie nach Kräften, doch vom vielzitierten »Morden,
Brandschatzen und Schänden« ist in zeitgenössischen
Überlieferungen nirgendwo die Rede, und dass nach ihrem
Abzug (schon nach knapp zwei Wochen) kein Stein mehr auf
dem anderen war, ist ebenfalls frei erfunden.

Dass den Vandalen trotzdem soviel Schlechtes nachgesagt

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-220-

wird, mag zum einen an ihrer germanischen Gründlichkeit
gelegen haben: Sie nahmen nämlich wirklich alles mit, was
irgendwie von Wert sein konnte, und deckten dabei sogar das
goldene Dach des Jupitertempels ab. Außerdem verschleppten
sie eine stattliche Anzahl Gefangener, darunter auch die
Kaiserin und deren Tochter, die sich wenig später mit Geiserichs
Sohn Hunerich vermählt fand.

Zum anderen könnte der »Rufmord« an den Vandalen auch

damit zusammenhängen, dass die berühmteste Stadt der
bekannten Welt so einfach überfallen und besiegt worden war.
Schnell reimten sich die Menschen überall zusammen, dass dies
nur durch besondere Brutalität und Rücksichtslosigkeit möglich
gewesen sein konnte, und damit hatten die Vandalen, die sich
hochzufrieden und schwer bepackt in ihren Heimathäfen feiern
ließen, ihren miserablen Ruf auch schon weg.

V wie Vatikan

Wenn Sie sich beim Lesen des vorliegenden Buches an die

alphabetische Reihenfolge gehalten haben, dann ist Ihnen sicher
noch geläufig, dass die Ansprüche der Stadt Hamburg auf den
Titel »Freie Hansestadt« auf einer Menge gefälschter Urkunden
basieren. Ein weiteres gutes Beispiel für den ehedem recht
sorglosen und höchst unmoralischen Umgang mit Dokumenten
ist eine der moralischsten Instanzen der Welt: der Vatikan.

Der kleine Kirchenstaat im Herzen Roms hatte nicht immer

diese relativ bescheidenen Ausmaße. Einstmals nannte der
»Vatikanstaat« ausgedehnte Ländereien und Besitztümer in ganz
Italien sein eigen. Seinen Anspruch begründete der »Heilige
Stuhl« Jahrhunderte lang mit der sogenannten Konstantinischen
Schenkung, die als Urkunde dem Frankenkönig Pippin um 760
präsentiert wurde. Diesem Pippin, dem mächtigsten Mann des
Abendlandes, hatte die Kurie das Dokument vorgelegt, in dem

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der einstige Kaiser des Römischen Reiches, Konstantin, erklärte,
durch Papst Silvester vom Aussatz geheilt worden und dadurch
zum christlichen Glauben bekehrt worden zu sein. Als Dank
habe er die römische Kirche über sein eigenes Kaiserreich
erhoben und den Bischof von Rom zum Herren aller Bischöfe
der Welt gemacht. Außerdem habe er der römischen Kurie
sämtliche Provinzen Italiens unterstellt.

Obwohl Pippin die Urkunde sicherlich mit Skepsis gelesen

haben dürfte und sie wahrscheinlich auch nicht ganz so ernst
nahm, wagte der fromme Christ doch auch nicht, sie öffentlich
in Zweifel zu ziehen. Außerdem waren seine politischen
Interessen in Italien äußerst gering und folgerichtig bestätigte er
bereitwillig den erhobenen Anspruch. Die römische Kirche hatte
ihr Ziel erreicht: Sie etablierte sich als bestimmende Gemeinde
und ihren Bischof als »Fürsten aller Bischöfe«. Dagegen hatten
sich bisher andere Bischöfe stets gewehrt, doch nun wagte
niemand mehr, gegen den römischen Führungsanspruch
aufzubegehren.

Erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts, also rund 750 Jahre nach

Pippin, entlarvte der Humanist Lorenzo Valla die
»Konstantinische Schenkung« als recht plumpe Fälschung.
Valla wies zweifelsfrei nach, dass Papst Silvester sich niemals
als Heiler betätigt hat, dass Kaiser Konstantin an keinerlei
Aussatz gelitten und niemals auch nur im Traum daran gedacht
hat, riesige Teile seines Reichs an eine damals noch skeptisch
beäugte Religionsgemeinschaft abzutreten. Außerdem deckte er
sprachliche und stilistische Fehler auf, die Kons tantins
Schreibern sicher nicht passiert wären. Doch zu diesem
Zeitpunkt war der Zweck der Fälschung schon erreicht: Die
Führung der christlichen Kirche saß in Rom und scheffelte
Reichtümer.

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V wie vegetarisch

Im Gegensatz zu dem, was Vegetarier gerne behaupten, hat

der Mensch schon immer Fleisch verzehrt. Die vegetarische
Ernährungsweise mag zwar gesünder sein (auch dazu gibt es
verschiedene Standpunkte), doch »natürlicher« ist sie deshalb
noch lange nicht. Zoologen behaupten sogar, dass nur die
gemeinsame Jagd den Homo sapiens zu dem gemacht hat, was
er heute ist: ein wehrhaftes, rudelerfahrenes Raubtier.

Schon die Urwaldaffen, von denen wir abstammen (wenn

auch nicht in gerader Linie), bevorzugten neben Blättern,
Beeren und Früchten vor allem rohe Käfer, Eidechsen und
kleine Säugetiere, wobei sich die Jagd auf letztgenannte
schwierig gestaltet haben dürfte. Mit dem »Auszug« unserer
Vorfahren vom Urwald in die Steppe wurde das »Fleisch-
Essen« noch wesentlich wichtiger - schon allein deshalb, um
gegen die mit Zähnen und Beinen besser ausgestatteten Wölfe,
Bären oder Raubkatzen bestehen zu können. Wie wir heute
wissen, war der Mensch dabei erfolgreicher als alle anderen
Arten - ob dies positiv zu bewerten ist, lassen wir dahingestellt.
Festzustehen scheint indes, dass der Homo sapiens als reiner
Vegetarier in seiner jetzigen Form wohl kaum existieren würde.

V wie Venedig/Venezuela

»Papa, Papa - liegen Venedig und Venezuela nebeneinander«,

fragt der Sprössling seinen geographieerfahrenen Erzeuger.
»Aber nein, mein Kind. Venedig ist eine Stadt und Venezuela
ein Land. Die haben nichts miteinander zu tun«, antwortet dieser
und… liegt voll daneben. Zwar stimmt der erste Teil seiner
Antwort der mit der Stadt und dem Land - aber was kaum
jemand weiß, ist, dass Venezuela seinen Namen tatsächlich von
der norditalienischen Lagunenstadt ableitet.

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Als der spanische Entdecker Alonso de Hojeda nämlich 1499

zu einer Halbinsel am Karibischen Meer kam, entdeckte er
Pfahlbauten, in denen die einheimischen Indianer wohnten.
Diese Häuser erinnerten ihn stark an Venedig, so dass er das
Land als »Klein-Venedig« - Venezuela - bezeichnete.

V wie Venus von Milo

Wer schuf die berühmte Statue »Venus von Milo«. 99 Prozent

aller Befragten halten dies für eine Scherzfrage und antworten
mit eine m breiten Lächeln: »Na, Milo natürlich.« Nun mag es
zwar dereinst einen Milo gegeben haben, doch die
Frauengestalt, die als Verkörperung klassischer Schönheit gilt
und seit 1820 im Louvre zu bewundern ist, leitet ihren Namen
einfach von ihrem Fundort ab. Sie wurde nämlich bei
Ausgrabungen auf der griechischen Insel Melos - italienisch
Milo - entdeckt.

V wie Verbrennungen

Bei Verbrennungen aller Art greift der »Doityourself-

Mediziner« gerne zur Brandsalbe. Dies jedoch hat keinerlei
heilende Wirkung, sondern kann die Gewebeverletzungen sogar
zu bleibenden Schäden werden lassen. Zumindest hässliche
Narben sind beinahe garantiert. Statt dessen raten die Ärzte
dazu, die betroffene Körperpartie so schnell wie möglich bis zu
20 Minuten lang mit fließendem eiskalten Wasser zu kühlen.
Anschließend soll man die Wunde mit einem
Brandwundenverbandtuch oder mit keimfreien Tüchern
abdecken und schleunigst einen Spezialisten aufsuchen. Erst
nach dieser Sofort-Behandlung lohnt der Griff zur Brandsalbe.
Dann nämlich entwickelt sie eine langfristig kühlende und damit

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schmerzlindernde Wirkung.

V wie Vertrag

Um einen Vertrag rechtsgültig zu gestalten, bedarf es nicht

der schriftlichen Form. Entgegen landläufiger Meinung genügt
in der Regel schon eine mündliche Absprache, wobei man
allerdings darauf achten sollte, dass Zeugen anwesend sind. Dies
ist zwar nicht zwingend vorgeschrieben, doch wenn sich eine
Partei nicht an die Abmachungen gebunden fühlt, muss das
Gericht entscheiden. Und der Richter tut sich naturgemäß
leichter, wenn er Dritte zum Inhalt der geschlossenen
Vereinbarung befragen kann.

Einige Verträge müssen allerdings schriftlich abgeschlossen

werden. In Deutschland sind dies Ausbildungsverträge,
Schenkungsversprechen, Ratenzahlungsvereinbarungen und
Bürgschaften. In den meisten anderen Ländern der Europäischen
Gemeinschaft kommen noch Pacht- und Kreditverträge hinzu.

V wie Visitenkarte

Der schwungvolle Griff zur eleganten Visitenkarte kann

gesellschaftlich durchaus ein »Missgriff« sein. Wenn man
nämlich die Etikette befo lgt, darf man seine Karte zumindest bei
gesellschaftlichen Anlässen (Einladungen, Feiern u. ä.) nicht
persönlich übergeben. Die Vorstellung beim Gastgeber
übernimmt jemand, der mit beiden Betroffenen bekannt ist, und
überreicht dabei auch die Visitenkarte.

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V wie Vitamine

Vitamine kann man gar nicht genug zu sich nehmen, lautet ein

weit verbreiteter Irrtum der Gesundheits-Fetischisten. Doch
unser Körper kann nur seinen »echten« Bedarf an Vitaminen
verarbeiten - alles, was darüber hinausgeht, ist überflüssig und
zuweilen sogar gefährlich. So kann das berühmte Vitamin C in
hohen Dosierungen zu Nierensteinen führen, große Mengen von
Vitamin A verursachen bei einigen Menschen Kopfschmerzen,
Gliederreißen und Haarausfall, und zuviel Vitamin D kann in
dramatischen Fällen eine Dehydrierung des Körpers zur Folge
haben, die mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfall einhergeht.

Man sollte also nur so viele Vitamine zu sich nehmen, wie der

Körper wirklich benötigt. Eine entsprechende Übersicht liefert
Ihnen in der Regel ein guter Hausarzt.

Zum Thema Vitamine gleich noch eine Anmerkung: Viele der

angeblichen Heilwirkungen sind blanker Unsinn. So hat Vitamin
A keinerlei Auswirkungen auf schlechte Augen, und Vitamin C
senkt weder den Blutdruck noch hilft es beim Auskurieren einer
Erkältung entscheidend weiter. Eine Besserung können Sie nur
dann spüren, wenn Sie bislang zu wenig Vitamine
aufgenommen haben.

V wie Vögel

Fische leben im Wasser und sind uns wahrscheinlich deshalb

oft fremd (siehe Stichwort »Fische«). Vögel fliegen in der Luft
und… ergänzen Sie bitte den Rest. Wie schon bei unseren
geschuppten Freunden kommen wir nun auch bei unseren
gefiederten Kumpanen unserer Pflicht nach und korrigieren
einige elementare Irrtümer. Einer davon steckte schon im
vorangegangenen Satz, denn beileibe nicht alle Vögel können
sich in die Lüfte erheben. Der Vogel Strauß (siehe auch

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Stichwort »Strauß«) bleibt am Boden kleben und kompensiert
seine nur rudimentären Stummelflügelchen mit seinen langen
Beinen und einer erstaunlichen Laufgeschwindigkeit. Ein
anderes Beispiel ist der Pinguin, der zwar Eier legt und ebenfalls
Flügel hat, sich aber viel lieber im Wasser tummelt. Dabei sind
ihm seine »angedeuteten Schwingen« als Seitenruder behilflich.

Und gleich noch ein Irrtum hinterher: Vögel erfrieren im

Winter. Nein, nein und nochmals nein. Ihr dichtes Federkleid
befähigt sie ohne weiteres, auch arktische Temperaturen
einigermaßen unbeschadet zu überstehen. Ein anderes Problem
ist allerdings die Futtersuche bei einer dichten Schnee- oder
Eisdecke, denn Verhungern können die sangesfreudigen
Gesellen allemal.

V wie Vogelspinne

Der Verfasser dieser Zeilen bekennt offen, an Arachnophobie

(Angst vor Spinnen) zu leiden, und schon der Anblick einer
Vogelspinne lässt ihm das Blut in den

Adern gefrieren. Doch auch wenn es viele behaupten - der

Biss dieses behaarten Spinnentiers ist nicht tödlich. Erstens sind
die bis zu zwölf Zentimeter langen Tiere recht scheu und beißen
nur im äußersten Notfall, zum anderen hat ihr Gift auf den
Menschen ungefähr dieselbe Wirkung wie ein Bienenstich. Nur
Säuglinge könnten mit einer Vogelspinnen-Attacke größere
gesundheitliche Probleme haben.

V wie Völkerwanderung

Es waren keine »Völker«, die in den bewegten Zeiten

zwischen dem dritten und dem sechsten Jahrhundert quer durch
Europa zogen und sich fernab ihrer ursprünglichen Heimat

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niederließen. In erster Linie waren es germanische Stämme,
wobei sich die vagabundierenden Massen nicht etwa aus
einzelnen, fest umrissenen Gruppen zusammensetzten, sondern
jeweils aus mehreren unterschiedlichen Stammeseinheiten
bestanden. Sie folgten in aller Regel einer oder mehreren
charismatischen Führungspersönlichkeiten und wurden durch
die gemeinsame Flucht aus dem alten, übervölkerten
Lebensraum zu einer neuen Einheit zusammengeschweißt. Der
Begriff Völkerwanderung basiert auf einer missverständlichen
Interpretation des Wortes »Volk«. So wurden beispielsweise die
Goten, die aus rund 25 verschiedenen Stämmen bestanden und
nachweislich völlig unterschiedliche Sprachen, Dialekte und
Bräuche pflegten, gerne als »Volk« bezeichnet. Dies lässt sich
aber mit der heutigen Definition nicht mehr vereinbaren.
Korrekt müsste man die »Völkerwanderung« also als
»Stämmewanderung« bezeichnen.

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20. Von Wasser bis Wüste

W wie Wasser

Wasser ist Leben. Um dies zu bemerken, muss man nicht

unbedingt in der Wüste fassungslos die leere Feldflasche
schütteln. Es reicht, sich zu vergegenwärtigen, dass der
menschliche Körper zu zwei Dritteln aus Wasser besteht, dass
die Erdoberfläche zu drei Vierteln von Wasser bedeckt wird und
dass Wasser die Basis jeder trinkbaren Flüssigkeit ist. Eines aber
ist Wasser nicht: des Menschen ureigenes Element. Und
wahrscheinlich haben sich deshalb im Laufe der Jahre einige
Halbwahrheiten zum Thema »Wasser« eingeschlichen, die es zu
berichtigen gilt. Beispielsweise wird behauptet, Wasser koche
exakt bei 100 Grad Celsius. Dies stimmt aber nur dann, wenn
der Luftdruck bei exakt einem bar liegt, und das ist natürlich in
den seltensten Fällen so. Auf dem Gipfel eines hohen Bergs ist
der Luftdruck beispielsweise wesentlich geringer, und deshalb
köchelt Ihr »Süppchen« dort womöglich schon bei einer
Temperatur von 90 Grad. An einem Ort, der unter Meereshöhe
liegt - zum Beispiel im »Tal des Todes« in den Vereinigten
Staaten -, müssen Sie hingegen schon rund 110 Grad Hitze
erzeugen. Wasser kann sogar bei 0 Grad kochen. Wenn Sie
beispielsweise mittels einer Pumpe den Luftdruck innerhalb
eines Wassertopfs auf zwei Hundertstel des normalen Wertes
verringern, kocht Ihr Wasser exakt bei der Temperatur, bei der
es unter normalen Bedingungen beginnen würde zu gefrieren.

Außerdem wiegt ein Liter Wasser keineswegs immer genau

ein Kilogramm. Als Berechnungsgrundlage dürfen Sie diese
»Eselsbrücke« zwar getrost weiterhin benutzen, doch ganz
korrekt ist sie nicht. Ein Liter wiegt bei einer Temperatur von

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genau 0 Grad exakt 999,8 Gramm. Wenn dieser Liter nun
allmählich erwärmt wird, steigt die Dichte zunächst an und
erreicht bei vier Grad Celsius das erste und einzige Mal die
»Ein-Kilogramm-Marke«. Von nun an nimmt die Dichte jedoch
wieder ab, und wenn 20 Grad erreicht sind, wiegt der Liter nur
noch 998 Gramm.

So richtig verblüffend wird es, wenn der Liter bei

Minusgraden gefrorene Konsistenz angenommen hat also zu Eis
wurde. Dann nämlich hat sich seine Dichte rapide verringert,
und er wiegt nur noch knapp 917 Gramm. Nur deshalb
schwimmt Eis nämlich auf der Wasseroberfläche.

Abschließend noch ein wichtiger Gesundheitstipp:

Destilliertes Wasser eignet sich keinesfalls als Trinkwasser.
Normales Brunnen- oder Quellwasser nämlich ist reich an
Mineralien und keinesfalls chemisch rein. Diese mineralischen
Bestandteile jedoch benötigt der Körper unbedingt, um das
aufgenommene Wasser ablagern und verarbeiten zu können -
beim Genuss von destilliertem Wasser kann es zu osmotischen
Reaktionen kommen, die zur Sprengung der Körperzellen
führen. Übrigens - auch Regenwasser enthält normalerweise
herzlich wenig Mineralstoffe und ist folgerichtig auch nicht
unbedingt - zumindest nicht in größeren Mengen - zum Trinken
geeignet.

W wie Wasserdampf

Was sieht man, wenn ein Topf mit Wasser auf dem Herd

kocht, zur Decke steigen? »Natürlich den Wasserdampf«, lautet
die übliche Antwort, doch die ist falsch. Wasserdampf ist
vollständig unsichtbar, und wer's nachprüfen will, sollte den
Kochtopf im entscheidenden Moment mal genau über der
Öffnung unter die Lupe nehmen: Dort sieht er nämlich gar
nichts. Bei den aufsteigenden »Wolken« handelt es sich um

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winzige Wassertröpfchen, die dadurch entstehen, dass der
Dampf blitzschnell abkühlt. Doch nur Sekunden nach ihrer
Entstehung sind sie auch schon wieder verschwunden, denn
infolge ihrer vergleichsweise großen Oberfläche verdunsten sie
sehr schnell.

W wie Wasserfälle

Die größten Wasserfälle der Welt hat noch kein menschliches

Auge je erblickt. Anders als beinahe alle Nachschlagewerke
behaupten, sind nämlich nicht die Angelsfalls in Venezuela mit
ihrer stolzen Höhe von knapp 1000 Metern die höchsten
Wasserfälle und schon gar nicht die berühmten Niagara-Fälle in
Nordamerika. Die gewaltigsten Wasserfälle erreichen eine
Breite von etwa 200 Kilometern, eine Höhe von mindestens
4000 Metern und lassen pro Sekunde rund fünf Millionen
Kubikmeter in die Tiefe stürzen. Sie verlaufen unter der
Meeresoberfläche zwischen Island und Grönland, wo das kalte
und schwere Nordpolwasser mit atemberaubender Wucht auf
das tiefer gelegene, wärmere Atlantikwasser stürzt.

W wie Wasserwaage

…enthält überhaupt kein Wasser. Das Glasröhrchen, das

»Libelle« genannt wird, ist mit Alkohol gefüllt.

W wie Weihnachten

Am 25. Dezember feiert die vereinte Christenheit einmütig

den Geburtstag des Heilands. Doch dieses Datum ist
vollkommen willkürlich festgelegt worden, denn in den

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Anfängen des Christentums feierten die einzelnen Gemeinden
an ganz unterschiedlichen Daten. Tatsache ist, dass keine
einzige Überlieferung darüber Aufschluss gibt, wann Jesus
tatsächlich geboren wurde, und auch in der Bibel findet sich
kein konkreter Hinweis. In der Mitte des 4. Jahrhunderts einigte
man sich erstmals auf den 25. Dezember, denn man glaubte zu
wissen, dass Marias Empfängnis zum Jahresanfang
stattgefunden hatte. Nach dem alten, babylonischen Kalender,
aus dem später auch die jüdische Zeiteinteilung entstand (ca.
400 v. Chr.) und der in den nichtchristlichen Ländern des
Vorderen Orients nach wie vor Bestand hat, war dies der 25.
März. Nach der Kalenderreform der Römer, die ihrerseits die
ägyptische Zeitrechnung übernommen und modifiziert hatten
(Julianischer Kalender), musste man nun neun Monate dazu
addieren und kam folgerichtig auf den 25. Dezember. (Die
nächste, große Kalenderreform erfolgte dann im Jahre 1582 -
siehe auch Stichwort »Kalender«.) Wenn man aber den
Schriften des Evangelisten Lukas Glauben schenkt, dann dürfte
selbst die Theorie vom »Jahresanfang« falsch sein, denn bei ihm
»lagerten die Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei
ihrer Herde«. Dafür dürfte es jedoch auch in und um Bethlehem
im Dezember deutlich zu kalt gewesen sein - im Winter blieb
das Vieh normalerweise durchgehend in den Ställen.

W wie Wein

Um sich auf dem glatten gesellschaftlichen Parkett möglichst

geschmeidig zu bewegen, ist es fast unumgänglich, sich als
»Weinkenner« zu zeigen, denn schließlich gilt der Wein seit
geraumer Zeit als »Kulturgetränk«.

Folgerichtig sollten die folgenden Irrtümer im Zuge

unverbindlicher Partyplaudereien unbedingt vermieden werden:
Weißwein wird nicht ausschließlich aus weißen Trauben

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hergestellt. Im Gegenteil: Zu 75 Prozent basiert auch »der
Weiße« auf roten Trauben, wobei der Unterschied zum Rotwein
vor allem in der Herstellungsart liegt. Beim Rotwein nämlich
lässt man den Most ungekeltert auf der Traubenmaische stehen.
Bei der Gärung löst sich die rote Farbe der Trauben und geht in
den Most über. Beim Weißwein hingegen wird der Most von der
Maische getrennt und in großen Bottichen aufgefangen. Von
dort gelangt er dann in die Gärfässer und bleibt demzufolge
wesentlich farbloser als sein roter »Kollege«.

Ein anderes wichtiges Thema ist die richtige Trinktemperatur.

Häufig wird behauptet, einen guten Rotwein müsse man bei
»Zimmertemperatur« genießen. Dies jedoch stammt aus Zeiten,
in denen die Räumlichkeiten noch lange nicht so gut geheizt
waren wie in unseren Tagen, denn die Temperatur in den
deutschen Wohnstuben schwankt heutzutage zwischen 20 und
23 Grad. Wenn man den Wein tatsächlich mit dieser Temperatur
servierte, würde er reichlich lauwarm und abgestanden
schmecken. Die korrekte Temperatur liegt je nach Sorte -
zwischen 12 und 18 Grad Celsius.

Noch einmal zurück zur Farbe. Rosewein wird nicht, wie

häufig angenommen, aus rotem und weißem Wein gemixt. Rosé
wird in der Regel aus roten Trauben gewonnen und nach dem
Vermaischen so gekeltert, dass nur ein kleiner Teil der
Beerenfarbe in den Most gelangt. Eine Ausnahme machen nur
die rosefarbenen Sorten von Sekt und Champagner. Diese
basieren ohnehin auf Weinmischungen, und hier entsteht die
Farbe tatsächlich durch eine Kombination aus roten und weißen
Weinen.

W wie Weißbrot

Das Weißbrot hat seinen Namen nicht wegen seiner hellen

Farbe, sondern hieß ursprünglich Weizenbrot. »Weizen« wurde

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im Mittelhochdeutschen nämlich »Weiße« genannt. Daraus
entstand zunächst »Weißenbrot« und später das heute verkaufte
»Weißbrot«.

W wie Wellen

Skeptiker bleiben zumeist felsenfest bei ihrer Überzeugung,

sogenannte »Riesenwellen« seien bloßes »Seemannsgarn«.
Doch es kann tatsächlich zu Meereswellen kommen, die sich bis
auf eine Höhe von knapp 40 Metern »hochschaukeln«. Vor
allem im Atlantik, aber auch im Pazifik wurden solche
gigantischen »Freakwaves« schon mehrmals gesichtet. Am
Rande von Meeresströmungen muss mit ihnen gerechnet
werden, wobei vor allem die Agulhas-Strömung vor Südafrika
berüchtigt ist für ihre alles zermalmenden Wellen, die sogar
Riesentanker und die allergrößten Passagierschiffe in ernste
Schwierigkeiten bringen können.

W wie Wikinger

Vor allem in Deutschland lebt die Legende vom Wikinger als

»edlem Wilden« noch heute fort. Für uns gutgläubige Germanen
stellen die Wikinger wohl das Pendant zu den Indianern dar,
doch erklärbar ist dies lediglich mit einer romantischverklärten
Sicht der Geschichte.

In Wirklichkeit waren die Wikinger ein Volk, das seinen einst

miesen Ruf völlig zu Recht hatte. Mit ihren unvergleichlich
schnellen und wendigen Schiffen beherrschten sie zwischen dem
9. und dem 11. Jahrhundert die europäischen Meere und nutzten
dies weidlich aus. Von Skandinavien führten ihre wilden
Raubzüge sie nach England, Irland, Frankreich und Spanien bis
nach Italien. Über die Ostsee wurden auch Polen und Russland

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attackiert, und über die Elb- und die Wesermündung fielen sie
regelmäßig auch über deutsche Städte her. Ihre Taktik dabei war
ebenso simpel wie erfolgreich: Die Angriffe erfolgten
blitzschnell und mit beeindruckender Brutalität. Jeder potentielle
männliche Feind wurde möglichst sofort getötet - unabhängig
davon, ob er bewaffnet war oder nicht. Frauen wurden häufig
vergewaltigt und anschließend ermordet, zahlreiche Kinder
wurden verschleppt und fanden sich später als Leibeigene auf
skandinavischen Einödhöfen wieder. In den Städten, die sie
heimsuchten, bemühten sich die »Wölfe des Nordens« nach
einer gründlichen Plünderung, möglichst keinen Stein auf dem
anderen zu lassen, und wenn ihnen dies zu langwierig erschien,
legten sie einfach an mehreren Stellen Feuer und guckten sich
die verzehrenden Brände frohgelaunt vom Deck ihrer davon
segelnden Schiffe an.

Manche Nationen wurden so oft und so unbarmherzig von

verschiedenen Wikingerstämmen heimgesucht, dass sie
schließlich sogar bereit waren, einen »Friedensobolus« zu
entrichten. So zahlte der französische König Karl der Kahle im
Jahre 845 nachweislich 7000 Pfund Silber - für damalige
Verhältnisse eine schier unvorstellbare Summe -, damit sie
wieder abzogen, und auch die Engländer sahen sich genötigt,
Jahr für Jahr einen 10000-Pfund-Tribut an die Anführer der
wilden Horden zu entrichten.

Der Hauptumschlagsplatz für ihre Waren und ihre Sklaven

war die Stadt Haithabu, unweit des heutigen Schleswig. Dorthin
verschifften sie ihre Beute, wobei die Raubzüge immer
müheloser und gleichzeitig lohnender wurden - allein ihr Ruf
bescherte den Wikingern schon einen steten Einnahmefluss. So
paradox dies klingen mag, so war es doch dieser mühelose
Erfolg, der für sie den Anfang vom Ende bedeutete. Immer mehr
der kriegerischen Nomaden wurden in Irland, der Normandie
und in Süditalien sesshaft, immer mehr wurden friedliche
Händle r, die ein ungefährliches Leben bevorzugten, und etliche

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-235-

ließen sich sogar zum Christentum bekehren. Schon Ende des
12. Jahrhunderts waren die Raubzüge der Wikinger nur mehr
Legende.

W wie willensschwach

Im Jahr 1996 existierte im Deutschen Fernsehen eine

Sendung, in der vollständig normale Menschen minutenlang der
festen Überzeugung waren, ein Staubsauger zu sein, und
tatsächlich auch die entsprechenden Geräusche und
Bewegungen vollführten. Sie waren freiwillige Opfer eines
»Hypnotiseurs« und wurden von diesem mit eleganten Gesten
der Lächerlichkeit preisgegeben. Die Sendung »überlebte« nicht
lange - die Grenzen des guten Geschmacks schienen dem
Publikum verletzt zu sein. Auch Kritiker schossen sich auf die
neue Show ein, und in einer bekannten Programmzeitschrift
schrieb einer von ihnen, dass es sich bei den Probanden um
ausgesprochen willensschwache Hohlköpfe handeln müsse.

Dies jedoch kann eigentlich kaum sein, denn entgegen der

allgemeinen Ansicht sind willensschwache oder minderbegabte
Menschen nur äußerst schwer zu hypnotisieren. Dies liegt daran,
dass sie sich in der Regel nicht besonders gut konzentrieren und
ihre Gedanken in eine bestimmte Richtung lenken können. Die
besten »Opfer« sind die Intellektuellen, die sich ganz und gar
auf die Wirkung der Hypnose konzentrieren und sich
demzufolge tatsächlich leichter manipulieren lassen.

W wie Windstärken

Im allgemeinen spricht man von zwölf Windstärken, doch ist

dies ein Denkfehler. Tatsächlich gibt es nämlich 13, da die
Messung bei Null (Windstille) beginnt und bei Zwölf (Orkan)

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endet.

W wie Winterschlaf

Zugegeben - in der Regel dauert ein Winterschlaf tatsächlich

nur einige Monate - manchmal sogar nur Wochen. Doch an
dieser Stelle sei erwähnt, dass auch schon ein über 100jähriger
Winterschlaf nachgewiesen wurde. Bei Arbeiten in einer
Goldmine Ostsibiriens entdeckten Bergleute einen
Winkelzahnmolch, der im Dauerfrostboden im Inneren eines
großen Eisklumpens nachweislich mehr als zehn Dekaden
geschlafen haben musste. Nachdem man das Eis langsam
weggeschmolzen hatte, erwachte das Tier aus der Gattung der
Schwanzlurche zum Erstaunen aller Anwesenden wieder zum
Leben. Es dürfte sich bei ihm damit um den ältesten Vertreter
seiner Gattung gehandelt haben, denn Winkelzahnmolche haben
normalerweise nur eine Lebenserwartung von etwa 15 Jahren.

W wie Wodka

Als »Kartoffelschnaps« wird Wodka gern bezeichnet, doch

auch wenn er ursprünglich aus gepressten Erdäpfeln hergestellt
wurde, so ist die Bezeichnung mittlerweile doch übertrieben.
Denn Wodkahersteller achten peinlich genau darauf, ihr Produkt
so zu destillieren und zu filtern, dass überhaupt kein
Geschmacksstoff erhalten bleibt, und nur durch das vollständige
Fehlen sämtlichen Buketts ist die charakteristische Reinheit und
Weichheit von Wodka überhaupt zu erreichen. Man könnte
durchaus sagen, dass es sich beim russischen Nationalgetränk
um »gesäuberten Sprit« handelt, der erst durch das Hinzufügen
von möglichst neutralem Wasser überhaupt trinkbar wird.
Folgerichtig auch der Name: Wodka bedeutet »Wässerchen«.

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-237-

Übrigens gibt es noch einen »trinkbaren Sprit«: Rapsöl, von

Landwirten produziert, kann zum Anmachen eines Salats ebenso
verwendet werden wie zum Autofahren. Nötig ist allerdings ein
leicht veränderter und umgerüsteter Motor, doch dann hat das
dickflüssige Öl in etwa dieselben Eigenschaften wie Diesel-
Kraftstoff.

W wie Wölfe

Zwei der am häufigsten gehörten Vorurteile über Wölfe

lauten: »Sie jagen in Rudeln« und »sie attackieren Menschen
grundlos«. Beides trifft nicht zu: Lediglich im Winter, wenn das
Futter knapp wird, schließen sich Wölfe bei der Jagd zu
größeren und damit effizienteren Gruppen zusammen. Während
der übrigen Zeit des Jahres fangen sie sich ihre Eichhörnchen,
Mäuse oder Kaninchen viel lieber allein, weil sie dann natürlich
auch nicht teilen müssen. Eine Ausnahme bildet für eine Weile
nur eine Wolfsfamilie, denn zumindest die Mutter bleibt solange
bei ihren Jungen, bis sie sicher ist, dass sie sich behaupten
können.

Auch die vielzitierten »Menschenfresser-Ambitionen« der

Wölfe sind ein Märchen. Natürlich wurden in der Vergangenheit
auch Menschen von den Wildtieren angefallen und getötet, doch
dabei handelte es sich nicht um gewöhnliche Reisende, sondern
zumeist um Jäger, die den Tieren zuvor nachgestellt hatten.
Verhaltensforscher bezeichnen Wölfe heute als »sehr scheue
Tiere«, denen man möglichst ohne Angst oder Aggression
gegenübertreten sollte. Bei entsprechendem Verhalten können
sie sogar Menschen in ihre Zweckgemeinschaft aufnehmen, was
ein hessischer Wolfsforscher über mehrere Jahre hinweg
eindrucksvo ll bewiesen hat. Er »heulte« in einem riesigen
Freigehege zusammen mit den Tieren, die ihn nach
anfänglichem Misstrauen schließlich als »harmlosen

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-238-

Sonderling« akzeptierten. Die einzigen Kratzer, die er sich je
zugezogen hat, stammten von spielerischen Balgereien.

W wie Wolkenkratzer

Angesichts der Skyline von Manhattan könnte dem Betrachter

angst und bange werden um die New Yorker Halbinsel.
Wolkenkratzer reiht sich da an Wolkenkratzer, und nicht wenige
vermuten, dass jedes weitere derartige Bauwerk zuviel für das
bisschen Boden wird: Manhattan wird eines Tages versinken.

Keine Panik: In Wirklichkeit ist der Boden New Yorks durch

die Monumentalbauten weniger belastet als ohne sie. Für die
Fundamente mussten nämlich gewaltige Mengen von Granit
ausgehoben und entfernt werden, und das ausgehobene Gewicht
übertrifft das der Hochhäuser deutlich. Manhattan ist damit
sogar »leichter« geworden als zuvor.

W wie Wolpertinger

Arme Preußen. Da tragt Ihr Jahr für Jahr Millionen Eures

sauer verdienten Geldes ins idyllische bayerische Bergland und
dann werdet Ihr auch noch gnadenlos veralbert: Denn noch
immer erzählen kernige Bergführer ihrer atemlos staunenden
Touristenschar die Geschichte vom Fabeltier namens
»Wolpertinger«. Je nach Region und Phantasie des Erzählers
soll dieses Vieh eine Mischung aus Fuchs und Gemse, aus
Eichhörnchen und Katze oder aus Hecht und Drachen sein,
wobei den Kombinationsmöglichkeiten kaum Grenzen gesetzt
sind. Fangen ließe sich das scheue Tier nur von einem verliebten
Paar im Vollmond, wobei lediglich eine Kerze und ein Sack als
Hilfsmittel erlaubt sind.

Ein für allemal, liebe gutgläubige Pensionsgäste: Obwohl es

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mittlerweile ein »Wolpertinger-Museum«, mehrere
wissenschaftliche Abhandlungen und erstaunlich unscharfe
Photographien des gespenstischen Tieres gibt, hat und wird es
nie existieren. Der »Wolpertinger« wurde ausschließlich für
Euch erfunden. Tut mir leid.

W wie Woodstock

Über 200000 Menschen sollen im Sommer des Jahres 1969

zum Rockkonzert von »Woodstock« gepilgert sein, um die Idole
der Beat- und Hippieära »livehaftig« zu erleben. Mit einem
derartigen Ansturm hatten die Veranstalter nie und nimmer
gerechnet, und so musste man schließlich die Kassenhäuschen
aufgeben und die anbrandende Menge umsonst aufs Gelände
lassen. Ansonsten hätte man nämlich noch drei weitere Tage mit
Kassieren verbracht.

Doch Joe Cocker, Joan Baez, Carlos Santana und die anderen

Musikgrößen dieser Tage waren gar nicht in Woodstock. Zwar
spielten und sangen sie tatsächlich vor den enthusiastischen
Massen, doch das Konzertgelände lag unweit der Stadt Bethel.
Die Kommune »Woodstock« ist davon rund 100 Kilometer
entfernt, aber die Plattenfirma fand, »Bethel« sei kein
angemessener Titel für das hitparadenverdächtige Doppelalbum.

W wie Wüste

Mahnend hebt der Biologielehrer den Zeigefinger: «… doch

selbst in der trockensten Wüste gibt es noch Spuren von Leben«,
doziert er, und diejenigen seiner Eleven, die ihre Augen noch
offen halten können, nicken beeindruckt. Was sie jedoch nicht
wissen - der Mann irrt. Im Zentraliran existiert ein sogenannter
»abiotischer« Bereich, eine Gegend, die für jedwede Form

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-240-

pflanzlichen oder tierischen Lebens zu trocken und zu windig
ist. Der Name der ausgesprochen abweisenden, mehrere tausend
Quadratkilometer großen Fläche lautet »Wüste Lut«.

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21. Von Xanthippe bis Zigarren

X wie Xanthippe

Als »Xanthippe« werden seit geraumer Zeit besonders

kratzbürstige und streitlustige Ehefrauen bezeichnet. Das geht
zurück auf die gleichnamige Ehefrau des griechischen
Philosophen Sokrates. Doch nach dessen eigene n
Aufzeichnungen war sein Weib alles andere als ein typischer
Hausdrachen, sondern vielmehr eine durchaus treusorgende und
angenehme Gemahlin. Dass ihr Name dennoch als Synonym für
»zänkische« Frauen herhalten muss, liegt an einigen
schlampigen Übersetzungen und Fehlinterpretationen aus den
Werken eines Sokrates-Schülers. Dieser, ein Mann mit Namen
Xenophon, hatte die Frau seines Lehrmeisters in seinem Werk
»Erinnerungen an Sokrates« mehrfach erwähnt. Neueren
Übersetzungen ist jedoch zu entnehmen, dass Xant hippe
(griechisch für »blondes Pferd«) offensichtlich keineswegs so
streitsüchtig war, wie lange angenommen wurde.

Z wie Zahnersatz

Jahrhunderte lang war das Wissen verloren, doch die

weißbekittelten Dentisten der Neuzeit haben es uns
zurückgebracht: Noch im vergangenen Jahrhundert war es ein
Ding der Unmöglichkeit, ausgebrochene Zähne zu ersetzen, und
so mancher Mensch musste sich nach einem herzhaften Biss ins
harte Kotelett für immer entstellt fühlen. Doch die Zahnärzte des
20. Jahrhunderts waren nicht die ersten, die um die
Möglichkeiten von Brücken, Kronen, Stiftzähnen und Prothesen

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-242-

wussten. Schon die Etrusker und die alten Römer waren echte
Künstler beim Anfertigen von Zahnersatz.

In etruskischen Gräbern fanden Archäologen in den Schädeln

der Toten raffinierte Brücken, bei denen zum Teil drei oder vier
Zähne aus Elfenbein zwischen »echten« Zähnen geschickt
eingeklemmt waren.

Goldzähne gab es schon im alten Ägypten, wie dortige

Gräberfunde bewiesen, und dass auch im blühenden Rom die
Herstellung und das Tragen von Zahnersatz zum Alltag
gehörten, lehrt uns die Literatur: In seinen Spottversen dichtete
beispielsweise der Satiriker Martial (1. Jh. n. Chr.) von
»gekauften Zähnen« und berichtet von Prothesen, »die du nachts
beiseite legst, wie dein seidenes Kleid.« Dass das Wissen um
künstliche Zähne so lange verschüttet war, liegt wahrscheinlich
an der allmählichen Dominanz des Christentums. Schließlich
war in dieser Lehre, die zunächst noch buchstabengetreu befolgt
wurde, kein Raum für schnöden Schein. Künstliche Zähne
wären wohl als »Teufelswerk« gebrandmarkt worden, und bevor
sich die Kirche etwas weltlicher geben konnte, war's um große
Teile der zahnärztlichen Kunst schon geschehen.

Z wie Zauberberg

Seine schöpferische Kraft in allen Ehren, doch alles konnte

Thomas Mann sich doch nicht »aus den Fingern saugen«. Und
somit gibt es, entgegen anderslautenden Behauptungen, für sein
Berg-Sanatorium im Roman »Zauberberg« durchaus ein
konkretes Vorbild.

Man schrieb das Jahr 1912, als Manns kränkelnde Gattin

notgedrungen ein Lungensanatorium unweit der Schweizer Stadt
Davos aufsuchen musste. Für drei Wochen leistete ihr Thomas
Mann dort Gesellschaft, was er in einem Brief an einen Freund
unter anderem mit folgenden Worten beschrieb: »Ein paar Tage

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-243-

machten mir die 1600 Meter Höhe sogar Fieber, so dass der
Professor mich schon profitlich lächelnd für offenbar tuberkulös
und einer längeren Kur bedürftig erklärte.« Nun - auf die Kur
konnte der Schöpfer der »Buddenbrooks« und des
»Hochstaplers Felix Krull« verzichten, doch seine Eindrücke
verarbeitete er in seiner fast drei Jahre dauernden Arbeit am
berühmten »Zauberberg«.

Z wie Zeit

Seit jeher hat die Zeit die Menschen fasziniert und

beschäftigt. Ist sie nur ein Kunstgebilde des menschlichen
Intellekts? Sind unsere Ansichten über Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft richtig? Wie definiert man die
Unendlichkeit? Am Versuch, diese philosophischen Fragen zu
beantworten, sind schon klügere Köpfe gescheitert, doch es gibt
einige »Schludrigkeiten« beim alltäglichen Umgang mit der
Zeit, denen sich ohne weiteres auf den Zahn fühlen lässt.

So gilt beispielsweise die Faustregel, dass jedes vierte Jahr ein

Schaltjahr ist. Zurückzuführen ist dies auf den Gregorianischen
Kalender, der im Jahr 1582 eingeführt wurde und den Zeitraum
eines Jahres exakt auf 365,2424 Tage festlegte. Die
»Bruchteile« werden durch das Einschieben sogenannter
»Schalttage« ausgeglichen und zwar in den Jahren, deren letzte
beiden Zahlen durch vier teilbar sind. Demnach waren zum
Beispiel 1988, 1992 und 1996 »Schaltjahre«. Der »Schalttag« ist
jeweils der 29. Februar, der in den übrigen Jahren bekanntlich
entfällt. Doch trotz dieses genialen Tricks wurde die Differenz
noch nicht vollständig ausgeglichen, und deshalb müssen in
einem Zeitraum von 800 Jahren sechs Schaltjahre ausfallen.
Diese »Ausfälle« werden jeweils auf den Jahrhundertbeginn
gelegt, und deswegen sind diejenigen »Säkularjahre«, deren
Jahreszahl nicht durch Vier teilbar ist, keine Schaltjahre (z. B.

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-244-

1800, 1900, 2100).

Übrigens beginnt unsere Zeitrechnung auch nicht mit dem

Jahr von Christi Geburt. So paradox das klingen mag -
Bibelwissenschaftler haben errechnet, dass Jesus im Jahre 6 v.
Chr. geboren sein muss. Schließlich ist der Sohn des Herrn - laut
Matthäus-Evangelium - in der Amtszeit des Königs Herodes zur
Welt gekommen und nicht im Jahre 754 der alten, varronischen
Zeitrechnung. Da war nämlich Herodes schon einige Jahre tot.
Die Festlegung von Christi Geburt traf im Jahre 525 n. Chr. ein
römischer Mönch namens Dionysius Exiguus. Heute müssen wir
dem frommen Mann leider vorhalten, dass er sich verrechnet
hat.

Dazu passt auch die folgende Frage: »Nennen Sie mir doch

einmal den ersten Tag des 20. Jahrhunderts.« Die Antwort lautet
in 99,9 Prozent aller Fälle: »Na der erste Januar 1900,
natürlich.« Genaugenommen ist dies falsch. Als nämlich der
schon erwähnte Gregorianische Kalender aufgestellt wurde, ließ
man - aus welchen Gründen auch immer - das Jahr Null einfach
unter den Tisch fallen. Im Klartext: Dem Jahre 1 v. Chr. ließ
man sogleich das Jahr 1 n. Chr. folgen, und dieser Fehler
schleppt sich natürlich seit jenem Zeitpunkt durch die
Jahrhunderte (siehe auch Stichwort »Kalender«).

Z wie Zentralheizung

Egal, was der Heizungsbauer sagt und was der Klempner

denkt: Die Zentralheizung gab's schon lange vor der Etablierung
des ungemein tüchtigen deutschen Handwerkerstandes. Schon
die alten Römer kannten das sinnreiche Prinzip, das sie sogar in
Form einer Fußbodenheizung verwirklicht hatten. Wie
Ausgrabungen belegen, funktionierte das System mit Hilfe eines
außerhalb des Hauses gelegenen Wärmeraumes (Formax), in
dem permanent ein Feuer unterhalten wurde. Von diesem aus

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-245-

wurden Rohre und Kanäle verlegt, durch die die heißen Gase in
einen Hohlraum unterhalb der zu beheizenden Räumlichkeit
geführt wurden. An der entge gengesetzten Raumseite konnten
Rauch und Gase durch einen Lüftungsschlitz wieder abziehen.
Benutzt wurde diese Konstruktion vor allem in öffentlichen
Bädern und in den Häusern wohlhabender Bürger. Ein gewisser
C. Sergius Orato soll das Prinzip im 1. Jahrhundert v. Chr.
erdacht und in die Tat umgesetzt haben.

Z wie Zeppelin

Fälschlich wird dem deutschen Adeligen Ferdinand Graf von

Zeppelin die Erfindung des ersten lenkbaren Luftschiffs
zugeschrieben. Sein Verdienst besteht lediglich darin, bereits
bestehende Konstruktionen entscheidend verbessert zu haben.

Schon im Jahre 1852 erhob sich ein Franzose namens Henry

Giffard mit einem Gasballon in die Lüfte, der mittels eines
Propellers auch gelenkt werden konnte, und im Jahr 1884
machten es ihm seine Landsleute Renard und Krebs nach, die
sogar schon recht exakt zu manövrieren wussten. 1898 sorgte
dann der Brasilianer Alberto Santos-Dumont für Aufsehen, als
er in Paris ein Luftschiff mit Benzinmotor vorstellte. Der junge
Mann, von Beruf »reicher Sohn«, soll sogar die Champs-Elysees
hinuntergeflogen sein und beim Café-Besuch sein Luftschiff per
Seil an ein Geländer gebunden haben.

Graf Zeppelin blieb es im Jahre 1900 vorbehalten, die

Konstruktionen seiner Vorgänger entscheidend zu verbessern.
Sein Luftschiff, das am 2. Juli zum Jungfernflug aufbrach, hatte
riesige Dimensionen, da Zeppelin die berechtigte Hoffnung
hatte, mit großen Ausmaßen auch viel Stabilität zu erreichen. Im
Gegensatz zu den meisten anderen Pionieren verwendete er eine
starre Außenhülle und Segeltuc hsteuer an Bug und Stern.

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-246-

Z wie Zigarren

Auch wenn's edel aussieht und angenehm versnobt wirkt:

Zigarren müssen vor dem Genuss heute nicht mehr erwärmt
werden. Das Ritual, eine Zigarre vor dem eigentlichen
Anzünden über einer offenen Streichholzflamme hin und her zu
drehen, stammt aus einer Zeit, in der das Deckblatt bestimmter
spanischer Zigarren noch mit Tragantgummi angeklebt worden
war. Dieser roch ein wenig streng, und deswegen gewöhnten es
sich die »Edel-Paffer« an, den Geruch durch eine offene
Flamme zu vertreiben.

Mittlerweile werden die Deckblätter jedoch absolut geruchlos

angeklebt - bei wahren Zigarrenkennern würde die vormals
beschriebene Geste nur noch verständnisloses Kopfschütteln
auslösen.

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-247-

Literatur

Beim Schreiben dieses Buches stützte sich der Autor auf

folgende Quellen:

Asimov, Isaac: »Kleine Geschichte der Chemie«, München

1969.

Bergmann, Edgar: »Wie intelligent bin ich?«, Wiesbaden.

Brandon, S. George Frederick und Heer, Friedrich (Hrsg.):

»Meilensteine der Geschichte«, Ovelgönne

Büchmann, Georg: »Geflügelte Worte«, München 1986.

»Der DUDEN 7, Das Herkunftswörterbuch«, 1. Auflage,

Mannheim 1963.

»Der Sport-Brockhaus«, 5. Auflage, Mannheim 1989.

Elias, Norbert: »Über den Prozeß der Zivilisation«, Band l

und II, 1. Auflage, Frankfurt am Main 1976.

»Flaggen, Wappen, Daten«, Wien 1975.

Hansen, Walter: »Die Ritter«, Gütersloh 1977.

Krämer, Waller und Trenkler, Götz: »Lexikon der populären

Irrtümer«, Frankfurt am Main 1996.

Krüger-Lorenzen, Kurt: »Deutsche Redensarten«, Wiesbaden.

Michael, Roland (Hrsg.): »Wie, Was, Warum«, Augsburg

1993.

Mickel, Wolfgang W. (Hrsg.): »Politik und Gesellschaft«,

Band l, 14. Auflage, Frankfurt am Main 1985.

Morawetz, Werner: »Freude an Haus und Garten«, Bindlach

1990.

Morris, Desmond: »Der Mensch, mit dem wir leben«,

München 1977.

Nigg, Walter: »Große Heilige«, 10. Auflage, Zürich und

background image

-248-

München 1981.

Pförtner, Rudolf: »Die Wikinger Saga«, 6. Auflage, München

1977.

Prause, Gerhard: »Tratschkes Lexikon für Besserwisser«,

München 1984. Toynbee, Arnold J.: »Der Gang der
Weltgeschichte«,
Band l und II, München 1970. Vester,
Frederic: »Ausfahrt Zukunft«, 2. korrigierte Auflage, München
1990.

…sowie etliche Meldungen der Deutschen Presse Agentur

(dpa), Veröffentlichungen im »Spiegel«, »Geo« und diverse
Seiten des Internets.


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