023 028 Teil 1 Und wenn alles, was wir wissen, falsch wäre

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Teil

I

Und wenn alles, was wir wissen,

falsch wäre?

»The best way to face the unknown is by not knowing.«'

SwAMI

BEYONDANANDA

Betrachten Sie in einer klaren, mondlosen Nacht den Sternenhimmel:
Sie werden Tausende von winzigen Lichtpunkten sehen – riesige,
herrliche Sterne in einem Universum, das größer ist, als wir uns
vorstellen können. Konzentrieren Sie sich auf einen Stern und machen
Sie sich klar, dass er vielleicht nicht mehr existiert, sondern längst
verglüht ist und nur noch aus einem Haufen Weltraumschutt besteht.
Aber weil er so weit von uns entfernt ist, können wir immer noch das
Licht seiner früheren Existenz wahrnehmen, und unsere Seeleute
bestimmen nach ihm ihren Kurs.

Und dann wenden Sie Ihren Blick vom Sternenhimmel auf unsere

nicht ganz so himmlische Welt. Wäre es möglich., dass wir auch auf
philosophischer Ebene unseren Kurs nach längst verglühten Sternen
ausrichten? Was wäre, wenn unsere Annahmen über das Leben falsch
wären?

Oberflächlich betrachtet erscheint diese Behauptung seltsam.

Schließlich erzeugen und verarbeiten wir zurzeit durch Bücher, CDs,
DVDs, Radio, Fernsehen und Internet mehr wissenschaftliche Infor -

Branche Bonmots von Swami Beyondananda sind Wortspiele. die nicht adäquat

übersetzt werden können. Deswegen lassen wir sie in solchen Fällen im Original und

geben in den Fußnoten annähernde Übersetzungen. In diesem Fall: »Der beste Weg,
sich dem Unbekannten (oder: dem, was wir nicht wissen) zu stellen, ist, nicht(s) zu
wissen.« (Anm. d. Übers.)

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mationen als je zuvor. Aber Informationen allein reichen nicht. Der
richtige Inhalt in einem falschen Kontext kann immer noch zu Fehl-
informationen führen, die uns vom Kurs abbringen oder uns in eine
gefährliche Richtung lenken.

Kennen Sie die Geschichte des Kapitäns, der verlangte, dass das

Licht, das er vor sich in der Dunkelheit erblickte, ihm ausweichen
solle? Als die Stimme dieses anderen Lichts über Funk me inte, der
Kapitän möchte doch bitte seinerseits den Kurs ändern, bestand der
Kapitän lautstark auf seinem Recht, seinen Kurs beizubehalten. Doch
die Stimme erwiderte: »Käpt'n, wir sind ein Leuchtturm!«

Sie sehen, es hängt von unserer Perspektive ab, welche n Weg wir

einschlagen.

In Abbildung A können Sie entweder ein altes Weib oder eine

junge Dame sehen (der Mund der alten Frau ist dann der
Hals-schmuck der jungen; die Nase der Greisin ist das Kinn der jungen
Schönen). In Abbildung B sehen Sie den binären Code für Abbildung
A. In den Daten von Abbildung B ist der Inhalt von AbbildungA
enthalten, aber welches der beiden Bilder Sie in Abb A jeweils
wahrnehmen, steht nicht darin. Das obliegt völlig Ihrer lnterpretation
als Beobachter.

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Die Botschaft ist einfach:

Dieselben wissenschaftlichen Daten

kön-nen

zwei völlig unterschiedliche Wahrnehmungen

beschreiben. Doch

wenn wir von einer Wahrnehmung überzeugt sind, betrachten wir sie
als die einzige Wirklichkeit und ignorieren alle anderen Möglichkeiten.

Als Individuen und als Gesellschaft navigieren wir unseren Kurs

nach alten, wissenschaftlich widerlegten philosophischen Annahmen.
Wie bei jenen verglühten Sternen hat uns die Nachricht von ihrem
Dahinscheiden noch nicht erreicht. Doch es gibt durchaus auch
Lichtstrahlen, die uns den neuen Weg weisen können — wenn wir sie
richtig wahrnehmen.

Die menschliche Evolution steht heutzutage an einem Scheide-weg.

Das alte Paradigma und das neue Bewusstsein versuchen tapfer,
miteinander auszukommen. Gewohnheit und Tradition binden uns an
eine überholte Sicht des Universums, während die Zivilisation mit
einem neuen, aufregenden und optimistischen Verständnis des Lebens
schwanger geht.

Um unsere missliche Lage besser zu verstehen, begeben wir uns

500 Jahre zurück in die Zeit, als der Astronom Nikolaus Kopernikus
bei seiner Himmelsbeobachtung eine welterschütternde Beobachtung
machte: Die Erde ist mitnichten der Mittelpunkt des Univer sums!
Täglich dreht sie sich um ihre Achse, während sie alljährlich um die
Sonne wandert.

Die Kirchenfürsten hielten seine Idee für Blasphemie und klam-

merten sich an ihre alten Überzeugungen. Noch 90 Jahre später
zwangen sie Galileo Galilei mit Gewalt, sich von der kopernikanischen
Theorie abzuwenden, und sperrten ihn für den Rest seines Lebens im
Gefängnis ein. Ironischerweise waren ihnen die mathema tischen
Formeln des Kopernikus jedoch recht, um ihren kirchlichen Kalender
zu berichtigen. Wie Galileo schmerzlich erleben musste, braucht es
Zeit, bis das menschliche Bewusstsein größere Veränderungen
integrieren kann.

Seit Einstein bewiesen hat, dass alles im Universum aus Energie

besteht und miteinander zusammenhängt, ist inzwischen ein
Jahr-hundert vergangen. Doch die überwiegende Mehrheit der Mensch-
heit lebt immer noch nach den veralteten Prinzipien der Newton'schen

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Physik: Die Welt wird hier als eine Reihe von Aktionen und Reak-
tionen betrachtet, die nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung
ablaufen. Die Machthabenden verwendeten zwar Einsteins Relati-
vitätsrheorie, um damit Atomwaffen herzustellen – ähnlich wie die
Kirche mit Kopernikus' Berechnungen ihren Kalender auf Vordermann
brachte –, aber die ungeheuren Auswirkungen, welche die
Bombardierung auch nur eines kleinen Teils unseres gemeinsamen
Planeten nach sich zieht, wurden im Wesentlichen ignoriert.

Inzwischen hat unsere Neigung zu Missverständnissen und Wahr-

nehmungs-Mythen die Menschheit so weit von der Natur entfernt, dass
das menschliche Tun im wahrsten Sinn des Wortes »lebensbe drohlich«
geworden

ist.

In

den

Schlagzeilen

lesen

wir

von

den

Selbst-mordattentätern im Nahen Osten und merken nicht, dass unsere
gesamte Art zu einer tickenden Zeitbombe für den Planeten geworden
ist. Wissenschaftlich ist eindeutig erwiesen, dass die menschliche
Prasserei und Umweltverschmutzung zum größten Massenaussterben
seit dem Verschwinden der Dinosaurier vor 65 Millionen ahren
geführt hat. Wenn die gegenwärtigen Trends fortgesetzt werden, wird
noch in diesem Jahrhundert die Hälfte aller Arten ausgestorben sein.'

Natürlich meinen wir, weiterhin unseren Alltag fortsetzen zu

kön-nen, auch wenn keine Löwen mehr durch die Serengeti wandern –
schließlich können wir sie uns im Zoo anschauen, oder? –, aber wir
vergessen dabei, dass alles zum großen Netzwerk des Lebens gehört.
Kaum jemand spricht darüber, doch letztlich ist bei all den Warnungen
über das Aussterben von Pflanzen und Tieren die Gefahr unserer
eigenen Vernichtung inbegriffen.

Die moderne Menschheit ist sehr stolz auf das Wissen, das sie über

das Universum und das Leben angesammelt hat. Wir sind die am
höchsten gebildete und am meisten mit Informationen beladene
Bevölkerung der Geschichte. Aber was wissen wir wirklich? Sicher
verfügen wir über eine Menge Daten, aber die Krisen, in denen wir
stecken, offenbaren, dass es uns doch an einem echten Verständnis
dieses Wissens mangelt.

Unsere Probleme haben weniger mit den Daten als solchen zu tun,

sondern mehr mit deren Interpretation. Wie das Bild von der Greisin
und der jungen Frau gezeigt hat, kann man aus den gleichen

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Daten zwei völlig verschiedene Wahrnehmungen ableiten. Und wenn
es um das Leben selbst geht, kann die Art, wie wir die Daten inter-
pretieren, über Leben und Tod einer ganzen Zivilisation entscheiden.
Zum Glück bieten die radikal neuen Wissenschaften, die in diesem
Buch dargestellt werden, uns eine neue Deutung der wissenschaft -
lichen Daten, welche die konventionellen Sichtweisen infrage stellt.

Rene Descartes riet uns, alles anzuzweifeln. Es ist Zeit, damit

anzufangen. Nicht alles, was wir wissen, ist falsch, aber alles, was wir
denken, sollte überprüft und bedacht und neu bewertet werden.

In Teil I dieses Buches erfahren Sie, wie wir aus biologischer Sicht

zu den Überzeugungen gekommen sind, die uns so lieb und teuer sind.
Wir erkennen die Beziehung zwischen Überzeugungen und
biologischen Prozessen und wie die Wechselwirkung zwischen beiden
unsere Wirklichkeit erschafft.

Im 1. Kapitel (Man sieht, was man glaubt,) stellen wir den alten

Spruch »Man glaubt, was man sieht« auf den Kopf. Wir schauen uns
an, wie Zellen Informationen verarbeiten, und verfolgen dann biolo -
gische Pfade, auf denen aus Wahrnehmungen Überzeugungen und
scheinbare Realitäten werden. Wir führen unwiderlegbare Beweise
dafür an, dass der Geist (engl. mind) tatsächlich der Herr über die
Materie ist. Dann begeben wir uns auf die zelluläre Ebene, um zu
zeigen, wie das Leben wirklich funktioniert, und warum.

Im 2. Kapitel (Handle lokal— wirke global, erklären wir, wie

unter-bewusste Programmierungen auch die besten Absichten
durchkreuzen. Wir verfolgen die evolutionäre Entwicklung des Geistes
(Mind) und zeigen, wie jeder von uns zugleich schuldlos und für sein
Handeln voll verantwortlich ist.

Im 3. Kapitel (Ein neuer Blick auf die alte Geschichte) begeben wir

uns von der Biologie zur Philosophie und beschreiben, wie die

*

im Kontext dieses Buches steht in der Regel »Geist<, für den englischen Begriff

mind und »Geist« (kursiv gesetzt) für spirit. »Geist« im Sinne des englischen mind
erklärt Bruce Lipton anhand der Analogie eines Radioprogramms: Das Gehirn
entspricht dem Radio. Das Programm ist nicht «im« Radio, aber es benötigt das

Radio, um in einen für uns wahrnehmbaren Zustand zu kommen. Darüber hinaus
sei der Geist (Mind) auch die Schnittstelle zwischen unseren sinnlichen
Erfahrungen und unserem Geist (Spirit) = dem Feld. Durch den Geist (Mind) kann

sich der Geist (Spirit) oder die Quelle mir dem Körper verbinden und auf ihn
einwirken. (Anm. d. Übers.)

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Geschichte, mit der wir die Wirklichkeit erklären, unsere Wahrneh-
mung steuert und damit auch unser Verhalten. Sie erfuhren, wie es im
Lauf von Jahrtausenden zu Zivilisationen kam und wie jedes neue
Paradigma die Welt unserer Ahnen prägte — sowie die Welt, die wir
heute sehen und erschaffen.

Wenn wir aus unseren Geschichten heraustreten, können wir

erkennen, dass sie nur Geschichten sind, nicht realer als die Worte auf
einer Speisekarte. Dennoch hat die Bedeutung, die wir diesen Worten
bei messen, einen großen Einfluss auf unsere Entscheidung, was wir
essen wollen. Wenn wir uns über die Matrix der fraglos akzeptierten
Überzeugungen erheben, lassen wir den Blick auf neue Geschichten
zu, die uns von der Tragödie des vierten Akts zu einem leichteren,
heitereren fünften Akt führen.

Im 4. Kapitel

(Die WiederentdeckungAmerikas

beziehen wir die

Prinzipien und Praktiken, die zur Unabhängigkeitserklärung geführt
haben, auf die Evolution, die gerade stattfindet. Dabei geht es nicht
um einen patriotischen Lobgesang, sondern um die Anerkennung der
revolutionären, visionären Wahrheit, »dass alle Menschen gleich
erschaffen wurden und dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen
unveräußerlichen Rechten begabt wurden, worunter heben, Freiheit
und das Streben nach Glückseligkeit sind«. Diese Wahrheit, die
immer noch ihrer Umsetzung harrt, war eigentlich ein Geschenk an
die ganze Welt, ein Geschenk, das von den indigenen Völkern Nord-
amerikas stammte.

Die Lektüre von Teil 1 sollte ein wenig Erleichterung verschaffen.

Es wird erklärt, warum in der Welt so vieles im Argen liegt, und eine
neue, lebensfördernde Geschichte wird entwickelt. Wenn wir
verstehen, dass unsere kulturelle Philosophie und unsere individu ellen
Wahrnehmungen

erworbene Überzeugungen

sind, die nicht nur unsere

Biologie bestimmen, sondern auch die Welt formen, in der wir leben,
gelangen wir zu Erkenntnissen, die unser Selbstbild und unser
Weltbild verändern. Wir hören auf, benommene, dahindämmernde
Unfallopfer zu sein, und fangen an, unser Recht in Anspruch zu
nehmen, machtvolle Mitschöpfer und Architekten einer schönen,
liebevollen, neuen Welt zu werden.

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