44. Heinrich von Kleist.
* 18. Oktober, nach Kleists eigenen Angaben 10. Oktober 1777 in Frankfurt (Oder);
† 21. November 1811 am Kleinen Wannsee in - damals bei - Berlin;
stand als „Außenseiter im literarischen Leben seiner Zeit [...] jenseits der etablierten Lager“ und der Literaturepochen der Weimarer Klassik und der Romantik;
Bekannt ist er vor allem für seine Lustspiele Der zerbrochne Krug und Amphitryon, das Trauerspiel Penthesilea, das „historische Ritterschauspiel“ Das Käthchen von Heilbronn sowie seine Erzählungen Michael Kohlhaas und Die Marquise von O…
1788-1799: Ausbildung und Militärzeit;
Berlin -> Pension des reformierten Predigers Samuel Heinrich Catel; wahrscheinlich durch Catel auf die Werke der klassischen Dichter und der zeitgenössischen Philosophen der Aufklärung aufmerksam gemacht;
Juni 1792 ->Garderegiment zu Potsdam; nahm u.a. am Rheinfeldzug gegen Frankreich teil sowie an der Belagerung der ersten bürgerlichen Republik auf deutschem Boden in Mainz. 1797 zum Leutnant befördert;
1799-1801: Studium:
Anfang 1800: Verlobung mit der Generalstochter Wilhelmine von Zenge;
Volontär im preußischen Wirtschaftsministerium in Berlin;
1801-1804: Paris und Thun (Schweiz):
Königsberg (1804-1807):
Dresden (1807-1809):
Dezember 1808 -> Die Hermannsschlacht. Gegenstand des Dramas, mit dem Kleist den seit dem 16. Jahrhundert bestehenden Arminius-Kult in der deutschen Literatur aufgriff, war die Varusschlacht, in der im Herbst des Jahres 9 n. Chr. drei römischen Legionen in einer vernichtenden Niederlage gegen ein germanisches Heer unter Führung des Arminius untergegangen waren;
Berlin (1809-1811):
ab dem 1. Oktober 1810 neues Zeitungsprojekt: die Berliner Abendblätter; täglich erscheinendes Zeitungsblatt mit lokalen Nachrichten, als dessen Zweck die Unterhaltung aller Stände des Volkes und die Beförderung der Nationalsache angegeben wurde. Als Autoren schrieben: Achim von Arnim, Clemens Brentano, Adelbert von Chamisso;
Literaturgeschichtliche Bedeutung:
Kleists ganzes Leben war erfüllt vom ruhelosen Streben nach idealem und trügerischem Glück, und dies spiegelt sich in seinem Werk wider;
wie man versucht, Kleist in die Strömungen der Romantik einzuordnen, wird auch eine Affinität zwischen den Dramen Kleists und der klassischen Dichtung betont. Diese Zuordnung beruht auf der stofflichen Wahl, denn mehrmals adaptiert Kleist antike mythologische Inhalte, was eigentlich ein Kennzeichen klassischer Ästhetik ist, und hält sich bei seiner Bearbeitung an den klassischen Dramenaufbau;
Zugleich werden aber in Kleists „klassischen“ Dramen die klassischen Stilprinzipien in hohem Maße verletzt, wie schon die Stoffwahl belegt: Nicht mehr das allgemein-menschliche, zivilisierende, klassisch-befriedete Element antiker Dichtung, sondern das Besondere, Extreme und Grausame rückt in den Vordergrund;
Dramatisches Werk:
Seine zweite Tragödie Penthesilea 1808 ist inspiriert von drei antiken Tragödien des Euripides (Medea, Hippolytos und Die Bakchen). Sie handelt von einer Amazonenkönigin, die in kriegerischer Weise auf einem Schlachtfeld vor Troja um den griechischen Helden Achilles wirbt und dabei scheitert. Wegen der stilistisch gehobenen Sprache, den damals nicht darstellbaren Kriegsszenen und der der antiken Tragödie nachempfundenen Grausamkeit war dem Stück zu Kleists Lebzeiten kein Erfolg beschieden;
Erfolgreicher als diese beiden Tragödien war damals sein romantisches Schauspiel Das Käthchen von Heilbronn, oder Die Feuerprobe 1808, ein poetisches Drama voller Rätsel und mittelalterlichem Treiben, das sich seine Popularität erhalten hat;
Die Hermannsschlacht (1809) behandelt ein historisches Thema und ist zugleich voller Referenzen auf die politischen Bedingungen seiner Zeit. In der Hermannsschlacht verleiht Kleist seinem Hass auf die Unterdrücker seines Landes Ausdruck;
Erzählerisches Werk:
Michael Kohlhaas gilt als eine der wichtigsten deutschsprachigen Erzählungen ihrer Zeit. Darin gibt der berühmte Brandenburger Pferdehändler Kohlhase aus Luthers Tagen seine Familie, die gesellschaftliche Position und sein sonstiges Hab und Gut auf, verletzt schließlich sogar selbst die Rechtsnormen, nur um in einem relativ geringfügigen Streitfall, bei dem ihm ein klares Unrecht zugefügt worden ist, Recht zu erhalten; ihm wird in der Erzählung ein ambivalentes Denkmal gesetzt. Bedeutend sind weiterhin die Erzählungen Das Erdbeben in Chili, Die Marquise von O. und Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik.
Ästhetische Programmatik:
Im Gegensatz zu zeitgenössischen Gepflogenheiten hat Heinrich von Kleist keine offenkundig ästhetisch-programmatische Schrift hinterlassen. Insbesondere das Marionettentheater wurde auf seinen theoretisch-poetologischen Gehalt hin untersucht. Doch wurde hierbei generell der fiktive Charakter des Gesprächs vernachlässigt: Es handelt sich um einen Bericht über ein Gespräch, das zum Zeitpunkt der Wiedergabe bereits einige Jahre zurückliegt. Nur unter Vorbehalt lässt sich in dem kurzen Aufsatz die Proklamation der Wiedererlangung eines paradiesischen Zustandes erkennen. Besonders Hanna Hellmann, die das Marionettentheater im Jahre 1911 wiederentdeckte, deutete diesen Text im Sinne der romantischen Triade, die die dritte Stufe der menschlichen Entwicklung - d.h. die Wiedererlangung des paradiesischen Zustandes - im Bereich der Kunst verwirklicht sieht.
Lyrisches Werk: