Obraz2 (18)

Obraz2 (18)



Mdchten schwankt angstvoll bebend sein Leben. Was die Menscbe jeweils unter dem Begriff,.Mensch" rersteben, ist stets nur eine ve gdnglicbe burgerliche Ubereinkunft. Gewisse robeste Triebe w er de von dieser Konoention abgelehnt und oerpiint, ein Stiick Bewufitseh Gesittung und Entbestialisierung wird eerlangt, ein klein weni Geist ist nicbt nur erlaubt, sondem wird sogar gefordert. De „Menscb" dieser Konvention ist, wie jedes Biirgerideal, ein Komprt mifi, ein schuchterner und naiv-scblauer Versuch, sowohl die bot Urmutter Natur wie den lastigen Uruater Geist um ihre beftige\ Forderungen zu prellen und in lauer Mitte zwischen ihnen zu woh nen, Darum erlaubt und duldet der Burger das, was er „ Petsónlid keit“ nennt, liefert die Personlichkeit aber gleichzeitig jenem Moloc* „Staat" aus und spielt bestdndig die beiden gegeneinander au. Darum terbrennt der Burger heute den ais Kelzer, hdngt den al Yerbrecher, dem er ubermorgen Denkmdler setzt.

Dafi der „Menscb" nicbt schon Erschaffenes sei, sondem eine Fordt rung des Geistes, eine feme, ebenso ersehnte wie gefiirchtete Mdglich keit, und dafi der Weg dahin immer nur ein kleines Stiickchen wet und unter furcbtbaren Qualen und Ekstasen zuruckgelegt wird, ebei eon jenen seltenen Einzelnen, denen beute das Scbafott, morgen da Ehrendenkmal bereitet wird - dies Ahnen lebt auch im Steppen wolf Was er aber, im Gegensatz zu seinem „Wolf, in sic „Menscb" nennt, das ist zum grofien Teil nichts andres ais eben jt ner mediokre „Menscb" der Burgerkoneention. Den Weg zum wat ren Menschen, den Weg zu den Unsterblichen kann Harry zwa recht wohl ahnen, gebt ihn auch bie und da ein winziges, zógemdt Stiickchen weit und bezahlt das mit schweren Leiden, mit schmerzli cher Yereinsamung. Aber jene bóchste Forderung jene echte, vot Geist gesucbte Menschwerdung zu bejahen und anzustreben, de\ einzigen schmalen Weg zur Unsterblichkeit zu geben, daeor scbeut e sich dach in tiefster Seele. Erfiihlt recbt wohl: das fiihrt zu nocb gra fieren Leiden, zur Acbtung zum letzten Verzicht, eielleicht zur Scbafott - und wenn auch am Ende dieses Weges Unsterblichke, lockt, so ist er doch nicbt gewillt, all diese Leiden zu leiden, alle dies Tode zu sterben. Obwohl ihm vom Ziel der Menschwerdung meh bewufit ist ais den Burgem, macht er doch die Augen zu und wil nicbt wissen, dafi das oerzweifelte Hdngen am Ich, das nerzweifelt Nicbtsterbenwollen der sicherste Weg zum ewigen Tode ist, wahrent Sterbenkónnen, Hiillenabstreifen, ewige Hingabe des Ichs an di Wandlung zur Unsterblichkeit fiihrt. Wenn er seine Lieblinge unie den Unsterblichen anbetet, etwa Mozart, so sieht er ihn letzten En

20

./n doch immer nocb mit Burgeraugen an und ist geneigt, Mozarts I "llendung recht wie ein Scbullehrer blofi aus seiner hoben Speziali-nbegabung zu erkldren, stalt aus der Grafie seiner Hingabe und I ndensbereitscbaft, seiner Gleichgiiltigkeit gegen die Ideale der Bur-■n und dem Erdulden jerier dufiersten Vereinsamung die um den

I    eidenden, den Menschwerdenden alle Burgeratmosphare zu eisigem

II    eltdther eerdunnt, jener Yereinsamung im Garten Getbsemane.

I mmerbin bat unser Steppenwolf wenigstens die faustische Zweibeit m lich entdeckt, er bat herausgefunden, dafi der Einheit seines Lei-Hi nicbt eine Seeleneinbeit innewohnt, sondem dafi er bestenfalls "in auf dem Wege, in langer Pilgerschaft zum Ideał dieser Harmonii begriffen ist. Er mdchte entweder den Wolf in sicb iiberwinden und ganz Menscb werden oder aber auf den Menscb en eerzicbten und wenigstens ais Wolf ein einheitlicbes, unzerriSsenes Leben leben.

I rrmutlich bat er nie einen wirklichen Wolf genau beobachtet, er bdlle dann vielleicht geseben, dafi aucb die Tiere keine einbeitliche Sr de haben, dafi auch bei ihnen hinter der scbónsten straffen Form dri Leibes eine Yielfalt von Strebungen und Zustanden wohnt, dafi .uub der Wolf Abgrunde in sich bat, dafi aucb der Wolf leidet. Nein, mil dem „Zuruck zur Natur!" gebt der Menscb stets einen leidwllen und boffnungslosen Irrweg. Harry kann niemals wieder ganz zum Wolfie werden, und wurde er es, so sabe er, dafi auch der Wolf wieder nu bis Einfaches und Anfdngliches ist, sondem schon etwas sehr I 'irlfaches und Kompliziertes. Aucb der Wolf bat zwei und mehr ais iw ci Seelen in seiner Wolfsbrust, und wer ein Wolf zu sein begebrt, hrgebt dieselbe Vergefilichkeit wie der Mann mit jenem Liede: „O irlig ein Kind nocb zu sein!" Der sympatbische, aber sentrmentale Mann, der das Lied vom seligen Kinde singt, mochte ebenfalls zur Natur, zur Unschuld, zu den Anfangen zuruck und bat ganz oerges-||•n. dafi die Kinder keineswegs selig sind, dafi sie vieler Konflikte, dafi sie yieler Zwiespdltigkeiten, dafi sie aller Leiden fdbig sind. Zuruck fubrt iiberhaupt kein Weg nicbt zum Wolf nocb zum Kinde. Im Anfang der Dinge ist nicbt Unschuld und Einfalt; alles Er-ubaffene, aucb das scbeinbar Einfacbste, ist schon scbuldig ist schon i ielspdltig ist in den schmutzigen Strorn des Werdens geworfen und 1 ann nie mehr, nie mehr stromaufwdrts scbwimmen. Der Weg in die l hschuld, ins Unerschaffene, zu Gott fiihrt nicbt zuruck, sondem i nrwdrts, nicbt zum Wolf oder Kind, sondem immer weiter in die Schuld, immer tiefer in die Menschwerdung hinein. Auch mit dem Sclbstmord wird dir, armer Steppenwolf, nicbt ernstlicb gedient sein, ilu wirst scbon den langeren, den muheeolleren und scbwereren Weg


21



Wyszukiwarka

Podobne podstrony:
Obraz2 (18) Mdchten schwankt angstvoll bebend sein Leben. Was die Menscbe jeweils unter dem Begriff
Obraz2 (18) Mdchten schwankt angstvoll bebend sein Leben. Was die Menscbe jeweils unter dem Begriff
król serca Nowa kolekcja filmowa jo lice;obraz 18:9 Copyriglt 2000 Vamis. AK Kghts Resepvefl Wszelki
król serca Nowa kolekcja filmowa jo lice;obraz 18:9 Copyriglt 2000 Vamis. AK Kghts Resepvefl Wszelki

więcej podobnych podstron