(Tafel D, Abb. 6).97
Neben diesen verschiedenen Formen des leich-ten Kopfputzes, bei dem die Haare mehr oder we-niger sichtbar bleiben, gewinnt - vor allem in Deutschland - im Laufe des Jahrhunderts die Um-htillung des Kopfes durch verschiedene undurch-sichtige Hals- und Kopftiicher an Bedeutung. Aus dem einfachen, schulterlangen Kopftuch der Man-essischen Liederhandschrift, ein auf die Halfte ge-falteter Vollkreis, wird im Laufe des 2. Viertels des 14. Jahrhunderts ein schweres, vielfach geleg-tes Tuch, welches auf Schultern und Riicken her-abfallt. Das Gebende wird durch den Wimpel (frz. guimple) ersetzt, ein Tuch, welches relativ straff um Hals, Kinn und Wangen gelegt wird und des-sen unterer Rand im Gewandausschnitt verschwin-det. Anfanglich wcist das Kopftuch noch eine glat-te Vorderkante auf. Um 1330 wird es oft mit einer Krauselung besetzt, eine modische Neuerung, die in der Folgezeit zur Herausbildung eines speziel-len Kopfputzes fiihrt, des aufgrund dieser Kriiuse-lung sogenannten kruselers.
Der Kruseler ist ein vielfach gelegtes halbkreis-formiges Tuch, der entweder knapp bis zu den Schultern reicht oder diese bedeckt (Kragenkruse-ler). Das Gcsicht wird von mindestens drei Reihen mehr oder weniger voluminoser Riischen einge-rahmt (vgl. Tafel D, Abb. 8 a - c). Diese Riischen konnen sich auf den Kopfbercich beschranken, durchgehend die ganze Vorderkante saumen oder beidseitig auf der Hohe der Schultern unterbro-chen sein (Kleeblattkruseler). Der Kruseler taucht 1342 erstmals in Schlesien auf und vcrbreitet sich nicht nur in Deutschland und in England,98 son-dern auch in den skandinavischen Landem" und in Norditalien100, wobei siidlich der Alpen die Schleier weniger schwer und die Riischen weniger voluminos erscheinen. Mit der Zeit steigert sich die Zahl der Stofflagen und auch der Riischen, so daB sich die Obrigkeit veranlaBt sicht, gegen sol-che Ubertreibungen einzuschreiten. So wird z. B. in den Kleiderordnungen von Speyer, Frankfurt und Gottingen dereń Anzahl vorgeschrieben. Der Kruseler wird sowohl ohne ais auch mit Wimpel getragen. Die Figur der hi. Flisabeth im StraBbur-ger Miinster scheint unter dem Kruseler sogar eine Art ungcschwanzte Gugel zu tragen, bei der Kra-gen und Gesichtsausschnitt mit drei schmalen Rii-schenreihen besetzt sind.
Kruseler-Variationen trach Houston
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