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Die erste historiographische Leistung gróBeren Umfanges beginnt Johann Filstich am 5. September 1727, ais er laut eigener Aussage die deutsche Ubersetzung einer Chronik der Walachei in Angriff nahm. Unge-fahr zur selben Zeit begann er die Ubersetzung auch des ersten Teiles der Biographie des Fiirsten Constantin Brancoyeanu, da er nach rund einera Jahr darauf, ais er die Yerfassung seines ,,Yersuchs der rumanischen Geschichte*' (Tentamen Historiae Vallachicae) 37 begann (Noyember 1728) yon beiden Ubersetzungen ais yon abgeschlossenen Arbeiten berich-tet. Ebenfalls Johann Filstich iibersetzte, diesmal in die lateinische Sprache, den ersten Teil der Chronik der Walachei des Worniks Radu Popescu 38.
In den nachsten Jahren wird sich der Kronstadter Rektor dauernd mit Fragen der rumanischen Geschichte beschaftigen. Vorerst macht er sich Excerpta Patriae vicinarumque Regionum Historiam concernentia, die zu einem stattlichen Quartband anschwellen 39. Einer Darstellung Siebenbiirgens folgt eine knappe Beschreibung des antiken Daziens sowie der mittelalterhchen geographisch-politischen Kartę der gewesenen ró-mischen Kaiserproyinz; die „Auszuge" umfassen dann die rumanischen Fiirstentumer yon jenseits der Karpaten, die in geographischem, wirt-schafthchem, pohtischem und sozio-administratiyem Hinbhck beschrieben werden; die politische auBere Geschichte der drei yon Rumanen bewohn-ten Provinzen wird zus&tzlich eszerpiert. Hunderte von ijSeiten werden yon Ausziigen iiber das Osmanenreich ausgefiillt. Johann Filstich hat dadurch eigenthch eine umfassende Darstellung der Pforte erzielt, da es ihm nicht nur um die innere und auBere pohtische Geschichte der Osma-nen geht, sondern auch um dereń Verwaltung, Wirtschaft, Kultur, Ziyi-lisation, sozio-militarischen Einrichtungen, Glauben und Brauchen. Dabei drangt sich ein Yergleich mit der Osmanengeschichte des ehemaligen moldauischen Fiirsten Dimitrie Cantemir auf40. Eine yergleichende Un-tersuchung der beiden Werke wiirde sich der Miihe lohnen, da sie sich gegenseitig erganzen. Dabei besteht die Móglichkeit einer ersten Ausbeute der osmanischen Geschichte Cantemirs durch Filstich. Ebenso lohnenswert ware eine eingehende Untersuchung und Auswertung der iibrigen Aus-ziige betreffend die siidosteuropaische Geschichte, weil Johann Filstich ais einer der ersten Wissenschaftler liberhaupt diesen Raum ais eine hi-storische Einheit und Kulturlandschaft mit vielen Yerwandtschaften und Angleichungen empfunden hat. Auf dieses Werk wird spater noch eingegangen !
37 Johann Filstich, Incercare de islorie romóneasca. Tentamen Historiae Vallachicae, lig. Adolf Arinbruster, ubersetzt von Radu Constantinescu, liukarest, 1979.
38 Diese Ubersetzung reicht bis zum Jakre 1566 und hat sich nur in einer Abschrift aus dem 18. Jahrhundert erhalten (Archiv der Schwarzen Kirche, Tq 171/V1, S. 63 — 130; die deutschen Obersetzungen der beiden walachischen Chroniken haben sich in mehreren Abschrif-ten erhalten und erscheinen demnachst in unserer Ausgabe im Kritcrion-Verlag.
39 Staatsarchiv Kronstadt, Sammlung Schwarze Kirche, IV F 125 (unpaginiert f).
40 Incremenla atque decremcnta Aulae Oihomanicae. Dieses Werk verfaBte Dimitrie Cantemir 1714—1716 und ist bis heute unveroffentlicht geblieben 1 Es wurden nur (Jbersetzungen oder Auszuge davon gedruckt : The Hislory of the Growth and Decay of thc Othman Empire, London, 1734—1737, zweite Ausgabe, ebenda, 1755 ; Hisioire de VEmpire Othoman, Pans, 1743; Geschichte des Osmanischen Reichs, Hamburg, 1745 ; Istoria Imperiului otoman, Bukarest, 1877 (Operele principelui Demetriu Cantemir, III — IV) ; vgl. auch Alexandru Du^u und Paul Cerno-vodeanu, Dimitrie Canlemir, Ilistorian of South East European and Oriental Civilizationsr Bukarest, 1973.