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90 JOHANNES JMMISCHER 6

teil des Restaurationswerkes ! 25 — zu verherrlichen. Er hat diese Auf-

gabe, getragen von Sachkenntnis, mit den Stilmitteln des Panegyrikus und trotzdem nicht oline kritische Anspielungen wurdig erfullt28. Dafi Justinian fiir sein Werk die jeweils zweckdienlichsten und keineswegs nur die ihm bedingungslos ergebenen Persónlichkeiten heranzuziehen wuBte, wird noch an aruleren Beispielen verdeutlicht Averden; dafi dieser Weg sich ais richtig und nutzbringend erwies, wurde sichtbar. Dabei war Prokop Opportunist genug, um gegenuber dem gemeinsamen Interesse (man ist beinahe geneigt zu sagen : Klasseninteresse) die taktischen Mei-nungsverschiedenheiten zuruckzustellen 27).

Ebenjenen Opportunismus legte er aueh in religióser Beziehung an den Tag. Es ist in der Natur des Gegenstandes begrundet, dafi zumal in den ersten Buchern von Tlepi y.TLap.aTcov, in denen vornehmlich von Kirehenbauten die Eede ist, das Christentum starker ais sonst in den Yordergrund trat28, und es versteht sich ebenso von selbst, dafi Prokop, nachdem das Christentum seit mehr ais 200 Jahren die offizielle Religion ausmachte, vielfaltig sich christliclier Yorstellungen und Flos-keln bedient, genauso wie er dank seiner klassischen Bildung mit dem Tychebegriff operiert in dem Smne, in welchem ihn die griechische Histo-riographie seit ihrem Stammvater Herodot pragte und dann namentlich der philosophische Eklektizismus der rómischen Kaiserzeit ausbildete, und uberdies wei!3 er, der politische Kopf, um die Bedeutung der Ortho-doxie ais eines Unterpfandes fur die Einheit des Reiches. Aber es bedeutet mehr ais blofie Beachtung klassizistischer Stilprinzipien, werin er insbeson-dere in den Buchern „Uber die Kriege” das christliche Vokabular geflis-sentlich meidet und uber Christentum und Kirche mit fuhlbarer Distanz referiert; ja, an einer gewichtigen Stelle tritt er sogar aus der Zuruckhal-tung des Geschichtschreibers heraus und halt mit dem persónlichen Bekenntnis nicht hinter dem Berge.

Im ersten Buche des „Gotenkrieges” namlich hat er von einer Bischofsgesandtschaft zu berichten, die wegen einer Auslegungsfrage, offenbar wegen eines christologischen Streitpunktes, zum Papst geschickt wurde. Der Historiker nimmt. dazu, wie folgt, Stellung : „Die Streit-punkte sind mir wohlbekarmt, und trotzdem werde ich nicht darauf eingehen. Derm ich halte es fur eine wahnsinnige Verirrung, die Beschaf-fenheit der Natur Gottes ergrunden zu wollen. Fur den Menschen namlich ist, so meine ich, nicht einmal das Menschliche voll erfafibar, ge-schweige denn was die Natur-Gottes angelit. Ich darf daher ohne Gefahr dariiber schweigen, da ich ja die anerkannten Auffassungen nicht an-zweifle 29. Ich selber mochte namlich uber Gott nichts anderes aussagen, ais daB er absolut gut ist und alles in seiner Gewalt halt. Es spreche aber

26 Ober Rcnaissancetendcnzen in der Justinianischen Epoche spricht Władimir R. Zalo-ziecky, Die Sopluenkirche in Konstantinopel, Citta del Yaticano 1936, 253.

26    Ahnlich Rubin, Zeitaltcr, 175 ff.

27    Simplifiziert sieht J. llaury, ,,Byzantinische Zeitsclirift*', 37, 1937, 1 ff. das Verhalt-nis Justinian — Prokop.

28    Richtig Rubin, Zcilallcr, 177. Ober die Verchristlichung des fruhbyzantinischen Stadt-bildes gcncrcll Klaus-Peter Matsclike, ,,Zeitschrift fur Gescllichts^^Tisscnschaft,^ 18, 1970, 1221 f.

29    Oberlicfcrung und Interpretation der Stelle bedurfen der Oberprufung; unverstand-lich ist die Obcrsetzung der Ausgabe von Guiliclmus Dindorfius : Procopius, 1, Bonn, 1833,17.



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