Birnbaum H Novgorodiana Stockholmiensia I 1964


154 Scando-Slavica · Tomus X
H E N R IK B IR N B A U M :
Novgorodiana Stockholmiensia
I
Zur Bedeutung und Geschichte der Novgoroder Akten des Stockholmer
Reichsarchivs
1. Das alte Novgorod ist bekanntlich der Ort Russlands, dessen Umgangs­
und Alltagssprache wir dank einer einzigartigen schriftlichen Überlieferung
in ihrer historischen Entwicklung am besten verfolgen können. Neben den
in erster Reihe auf örtliche Geschehnisse - oder doch auf Ereignisse mit un­
mittelbarer Rückwirkung auf die Verhältnisse in Novgorod - beschränkten
und sprachlich in gewissem Masse vom Lokalkolorit ihrer Gegenstandes ge­
färbten Novgoroder Annalen, allen voran die sog. Novgoroder Erste Chro­
nik in ihren zwei Hauptfassungen,1 besitzen wir ja auch eine beträchliche
Anzahl die Novgoroder Amts- und Geschäftssprache (delovoj ja zyk ) älterer
Epochen widerspiegelnder Akten und Aufzeichnungen (gram oty),2 zu denen
sich jetzt auch noch der, wie es scheint, schier unerschöpfliche Schatz von auf
Birkenrinde geritzten, bei den in Novgorod - bisher vor allem in dessen sog.
Narva-Viertel, dem Nerevskij konec - vorgenommenen archäologischen A us­
grabungen an den Tag geförderten Urkunden und Privatschreiben gesellt.3
1 Vgl. die von A. N . Nasonov besorgte Ausgabe Novgorodskaja pervaja letopis' starsego
i mladsego izvodov, Moskau & Leningrad 1950; jetzt auch in phototechnischer Reproduk­
tion: Novgorodskaja charatejnaja letopis'. Izdano pod nabljudeniem M. N . Tichomirova,
M oskau 1964. D ie jüngere Fassung enthält bekanntlich auch die älteste bekannte Version
der altertümlicheren (sog. kurzen) der beiden älteren Redaktionen der frühesten russischen
Sammlung von Rechtssatzungen, der berühmten Russkaja Pravda, die im Aufträge
Jaroslavs des Weisen für Novgorod zusammengestellt w uide und deren altrussische
Sprache als im ganzen besonders rein und ursprünglich gilt. Zum umstrittenen Umfang
des skandinavischen (altschwedischen) Einschlages in der Sprache der Russkaja Pravda
s. zuletzt H. Birnbaum, Ort Old Russian and Old Scandinavian Legal Language. Some
Comparative Notes on Style and Syntax, Scando-Slavica, VIII, 1962, 115-140.
! D ie bisher beste Ausgabe ist Gramoty Velikogo Novgoroda i Pskova. Podgotovili
k pecati V. G. Gejman, N . A . Kazakova, A. I. Kopanev, G . E. Kocin, R. B. Mjuller i
E. A. Rydzevskaja, pod redakciej S. N . Valka, M oskau & Leningrad 1949.
s Die Sekundärliteratur zu den Novgoroder Birkenrindentexten ist bereits recht um ­
fangreich. Bisher wurden insgesamt 405 solche, bei den Ausgrabungen der Jahre 1951-
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So sind wir heute tatsächlich imstande, uns eine ziemlich genaue Vorstellung
von der in und um Novgorod im Mittelalter gesprochenen und geschriebe­
nen Sprache zu machen.
Auch darf gewiss behauptet werden, dass das altrussische Idiom der Nov-
goroder Gegend in mancher Beziehung besonders bemerkenswert ist. Dabei
denken wir weniger an seine dialektischen Eigentümlichkeiten, wie etwa das
Cokan'je oder den Lautwandel e > i, so wichtig und interessant derartige
Züge an und für sich auch sein mögen,4 als vielmehr an den ausgeprägt ost-
slavischen, d. h. vom Kirchenslavischen (Südslavischen) verhältnismässig we­
nig beeinflussten bzw. früh rerussifizierten Sprachtypus des Altnovgoroder
Dialekts als solchen.5 Denn, wie sie uns in mittelalterlichen Schriftquellen ent­
gegentritt, darf die Novgoroder Mundart als für das echt Altrussische be­
sonders charakteristisch gelten.
Die bisher veröffentlichten Novgoroder Birkenrindentexte wurden in den
Ausgrabungsschichten 3-24, dagegen nicht in den zwei obersten Schichten
1-2 und den vier untersten Schichten 25-28, gefunden; d.h. sie stammen,
wie sich mit Hilfe archäologischer (stratigraphischer und dendrochronolo-
gischer) Kriterien feststellen lässt, aus einer Zeitspanne zwischen den 20er
1961 geborgene Texte veröffentlicht; vgl: die entsprechenden Editionen: A. V. Arcichov-
skij i M. N . Tichomirov, Novgorodskie gramoty na bereste (iz raskopok 1951 g.), Moskau
1953; A. V. Arcichovskij, Novgorodskie gramoty na bereste ( iz raspokok 1952 g .), Moskau
1954; A. V. Arcichovskij i V. I. Borkovskij, Novgorodskie gramoty na bereste (iz raskopok
1953-1954 gg.), Moskau 1958; A. V. Arcichovskij i V. I. Borkovskij, Novgorodskie
gramoty na bereste (iz raskopok 1955 g .), M oskau 1958; A. V. Arcichovskij i V. I. Borkov­
skij, Novgorodskie gramoty na bereste (iz raskopok 1956-1957 gg.), Moskau 1963; A. V.
Arcichovskij, Novgorodskie gramoty na bereste (iz raskopok 1958-1961 gg.), Moskau
1963. Die Ausgrabungen sind inzwischen fortgesetzt worden und erstrecken sich jetzt
übrigens auch auf andere Viertel Novgorods als den Nerevskij konec.
4 Vgl. dazu etwa P. Ja. ernżch, Istori%0ńeskaja grammatika russkogo jazyka, 3. Aufl.,
Moskau 1962, 128 u. 146-148; V. Kiparsky, Russische historische Grammatik, I, Heidel­
berg 1963, 21, 89 u. 125-126; V. I. Borkovskij, P. S. Kuznecov, Istori%0Å„eskaja grammatika
russkogo jazyka, Moskau 1963, 84-88, 95-96, 135-136 u. 153.
s Vgl. L. P. Jakubinskij, Istorija drevnerusskogo jazyka, Moskau 1953, 277-280, 283
284 und auch 294-295, sowie, etwas anders, da an A. A. `achmatovs Konzeption vom
kirchenslavischen Charakter der altrussischen Literatursprache und ihrer allmählichen
Durchdringung von lokalen, ostslavischen Elementen - früher in Novgorod, später in
Kiev - anknüpfend, G. Y. Shevelov in A. `achmatov - G. Y. Shevelov, Die kirchenslavischen
Elemente in der modernen russischen Literatursprache, Wiesbaden 1960, 72-73 (sich mit
Jakubinskijs Ansichten auseinandersetzend) und 74-75 (seine These von einer raschen
Russifizierung der kirchenslavischen Literatursprache in Novgorod vortragend). Zu der
genannten Auseinandersetzung - unter Teilnahme auch solcher Forscher wie A. M. Se-
lia%0Å„ev, S. P. Obnorskij und V. V. Vinogradov - s. ferner unsere Bemerkungen in Scando-
Slavica, VIII, 1962, 121-122.
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bis 50er Jahren des 11. Jahrhunderts (Schicht 24) und den 30er bis 40er Jah­
ren des 15. Jahrhunderts (Schicht 3). Auch paläographische und linguistische
Erwägungen widersprechen nicht einer solchen Zeitbestimmung. D ie auf Per­
gament und Papier geschriebenen Urkunden stammen aus der Epoche der
staatlichen Selbständigkeit Novgorods, also aus der Zeit vor seiner Unter­
werfung durch Ivan III. im Jahre 1478, wenn auch einige Abschriften jün­
geren Datums, nämlich aus dem 16. und sogar 17. Jahrhundert sind. So ver­
siegt der Doppelstrom dieser weltlichen, nicht im strengen Sinne literarischen
Novgoroder Texte, der auf Birkenrinde geschnittenen wie der auf Perga­
ment bzw. Papier geschriebenen gramoty, bereits im 15. Jahrhundert.5®
N icht ebenso gut unterbaut durch Novgoroder Material ist unsere Kennt­
nis der lebendigen Sprachentwicklung des 16. und besonders des 17. Jahr­
hunderts. Dabei ist gerade diese  mittelrussische Periode von besonderer
Bedeutung für unser Verständnis der eigentlich russischen (grossrussischen)
Sprachgeschichte. Trotz einzelner vorzüglicher Untersuchungen über das
 Mittelrussische (oder Spätaltrussische, falls man diese Bezeichnung vor­
zieht) ist dieser Zeitabschnitt bisher immer noch nicht wirklich genügend er­
forscht.6 Es ist auch gewissermassen bezeichnend, dass uns über die damalige
russische Umgangs- und Alltagssprache nicht zuletzt auch der nordwest­
lichen Gebiete (von Pskov, Novgorod, sogar Archangelsk) die um diese Zeit
immer zahlreicher werdenden Anleitungen zur Erlernung des Russischen -
phraseologische Gesprächsbücher, zweisprachige Wörterverzeichnisse, regel­
rechte Leitfäden der russischen Grammatik u. dgl. - aus der Feder west­
europäischer (deutscher, skandinavischer, englischer, französischer usw.)
Verfasser belehren.7
5a Z ur neuerdings umstrittenen Frage, ob die N ovgoroder gramoty als literarische
D enkm äler sensu stricto zu werten sind, vgl. zuletzt N . A. Mea%0Å„erskij, Sua%0Å„estvoval li
'épistoljarnyj stil" v Drevnej R usi? (Iz zametok o gramotach na bereste) , Voprosy teorii i
istorii jazyka. Sborník v %0Å„ e se ... B. A. Larina, Leningrad 1963, 212-217, und dort ver-
zeichnetes einschlägiges Schrifttum.
* Hier sei nur an einige wenige der wichtigsten diesbezüglichen Monographien neueren
D atum s erinnert, etwa an Arbeiten wie B. Unbegaun, L a langue russe au X V Ie siÅcle
(1500-1550), I, La flexion des noms, Paris 1935; V. V. Vinogradov, O%0Å„erki po istorii
riisskogo literaturnogo jazyka X V II-X IX w ., Leiden 1949 (1950), Kap. I (5-47); Chr. S.
Stang, La langue du livre XJienie i chitrose ratnago stroenija p%1łchotnżch ljudej. 1647. Une
monographie linguistique, Oslo 1952; P. Ja. ernżch, Jazyk Ulo~enija 1649 goda, M oskau
1953 (m it einem besonders interessanten Kapitel, IV, 80-110, über die M oskauer Um­
gangssprache - prostore%0Å„ie - um die Mitte des 17. Jahrhunderts); M. A. Sokolova,
O %0ńerki po ja zyku d%1łlovżch pamjatnikov X V I v., Leningrad 1957; F. Cocron, La langue
russe dans la seconde moitié du X VIIe siÅcle (M orphologie), Paris 1962; G . H üttl W orth,
Foreign Words in Russian. A Historical Sketch, 1550-1800, Berkeley & Los Angeles 1963.
7 Vgl. dazu etwa neuerdings die Bemerkungen R. Jakobsons und E. van Schoonevelds
im Vorwort zur Facsimile-Ausgabe von T. Fennes niederdeutschem H andbuch des Rus-
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Im Lichte dieser hier nur kurz angedeuteten sprachhistorischen Gegeben­
heiten gewinnt die im folgenden zu besprechende umfangreiche Sammlung
Novgoroder Akten aus dem zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts, welche
jetzt im schwedischen staatlichen Reichsarchiv zu Stockholm aufbewahrt
wird, nicht zu unterschätzende Bedeutung als Quellenmaterial für die weitere
Erforschung der Geschichte der russischen Sprache in einer ihrer wichtigsten
Entwicklungsphasen.8
2. Zeitlich deckt sich die Besetzung des Novgoroder Gebiets durch die
Schweden etwa mit dem schwedisch-russischen Kriege von 1611-1617. Be­
gonnen als Intervention seitens Schwedens auf der Seite einer der Parteien
im Russland der  Zeit der Wirren (Smuta) und vorangegangen durch den
sischen, Tönnies Fenne's Low German Manual o f Spoken Russian, Pskov 1607. Edited by
L. L. Hammerich, R. Jakobson, E. van Schooneveld, T. Starck and Ad. Stender-Petersen,
Vol. I, Facsimile Copy. Prefaced by R. Jakobson and E. van Schooneveld, Kopenhagen
1961, 16-31, mit weiteren bibliographischen Hinweisen. S. dazu insbesondere ferner P.
Johansen, Fragment eines niederdeutsch-russischen Sprachführers {1551), ZfslPh, XXIII,
1955, 275-283 (über das älteste Manuskript eines solchen Sprachführers, geschrieben
im Jahre 1551 vom Revaler - aus Deutschland eingewanderten - Ratssekretär Laurentius
Schmidt); H. Chr. Sorensen, Ein russisches Gesprächsbuch aus dem 17. Jahrhundert,
Scando-Slavica, I, 1954, 54-63; ferner ders., Ein russisches handschriftliches Gespräch­
buch aus dem 17. Jahrhundert. M it Kommentar, Kopenhagen 1962; sowie die jetzt vor­
liegende Edition der ältesten von einem Nichtslaven verfassten russischen Grammatik
Henrici Wilhelmi Ludolfi Grammatica Russica, Oxonii A. D. M D C XC V I, edited by
B. O. Unbegaun, Oxford 1959; vgl. zuletzt auch noch B. O. Unbegaun, Nabljudenija
anglicanina nad russkim jazykom ko n ca X V l v., Voprosy teorii i istorii jazyka... 299-307
und dort zitiertes weiteres Schrifttum.
8 In der folgenden Darstellung der äusseren Geschichte sowie der fragmentarischen
gedrängten Inhaltsübersicht der Novgoroder Akten des Stockholmer Reichsarchivs
stützen wir uns in erster Linie auf die maschinenschriftliche Beschreibung dieses Materials
von S. Dmitrievsky, Svenska riksarkivets  novgorodska akter", Band 1, 1955. W ir möchten
an dieser Stelle Herrn D r. Dmitrievsky, dem unermüdlichen Rossica-Bearbeiter des
Stockholmer Reichsarchivs, unseren aufrichtigen Dank für seine stete Hilfsbereitschaft
sowie für die Erlaubnis zur Benutzung und Verwertung seiner Arbeit über die Novgoroder
Akten, von der bisher drei Bände vorliegen, aussprechen. - D ie im Stockholmer Reichs­
archiv aufbewahrten Novgoroder Akten haben, wie aus einer Anzahl einschlägiger
Aufsätze hervorgeht, in jüngster Zeit erneut die Aufmerksamkeit russischer Historiker
auf sich gelenkt. Von solchen Arbeiten sowjetischer Historiker und Archivare- wurden
benutzt: O. L. Vajnstejn, Cennye dokumenty po istorii S S S R v archivach Svecii, Vestnik
A N SSSR, 1957, N o. 1, 83-91; L. V. Cerepnin, V. N. Sumilov, M. I. Aleksandrova,
Dokumenty po istorii S S S R i russko-svedskich otnosenij v archivach Svecii, Istoriceskij
archiv, 1959, No. 6, 113-126; dies., V istoriceskich archivach Svecii, Vestnik A N SSSR,
1959, No. 10, 82-84; L. V. Cerepnin, Materialy po istorii russkoj ku l tury i russko-svedskich
kul turnych svjazej X V II v. v archivach Svecii, Trudy Otdela drevnerusskoj literatury,
XVII (AN SSSR, Institut russkoj literatury), 1961, 454 und insbesondere ders.,
481;
Obzor fonda novgorodskich dokumentov chranjascichsja v Gosudarstvennom Archive Svecii
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Einmarsch eines schwedischen Heeres unter dem Befehl des damals neu er­
nannten Feldherrn Jakob Pontusson D e la Gardie'im Jahre 1709, als dessen
Hauptgegner zunächst die in Russland stehenden von Sapieha, Chodkie-
wicz und Zölkiewski befehligten polnischen Truppen erschienen, entwickelte
sich der Konflikt zwischen den beiden Ländern bald zu einem regelrechten
Krieg, insbesondere nachdem durch die Wahl Michail Romanovs im Früh­
jahr 1613 zum russischen Grossfürsten und die damit folgende Konsolidie­
rung der nationalen Kräfte Russlands zur Liquidierung der  schwedischen
Partei in Moskau führten. Geräumt durch die Schweden wurde Novgorod
erst als Folge des am 27. Februar 1617 Unterzeichneten Friedensvertrages
von Stolbovo, in welchem Schweden zwar die Provinzen Kexholm (Karelien)
und Ingermanland zuerkannt wurden (wodurch Russland vom Zutritt an
den Finnischen Meerbusen ausgeschlossen blieb), dafür aber die Räumung
der auf die Festungen von Pskov, Novgorod und Ladoga gestützten vorgescho­
benen schwedischen Positionen vereinbart wurde.
Die Besetzung des Novgoroder Gebiets durch die Schweden fällt ferner
mit den ersten Regierungsjahren Gustav II. Adolfs zusammen. Novgorod
selbst wurde von den Schweden am 16. Juli 1611 gestürmt, und bereits im
Oktober desselben Jahres starb K önig Karl IX ., nachdem er noch am 13.
September Danksagungen in allen Kirchen Schwedens anlässlich der Er­
oberung Novgorods hatte anordnen lassen können, aber die Nachricht von
dem mit Novgorod getroffenen Abkommen mit der Bitte um Entsendung
und Ernennung eines seiner beiden Söhne, Gustav Adolfs oder Karl Filips,
zum Grossfürsten von Novgorod und ganz Russland - wobei man aller­
dings bereits 1613 zunichte gemachte Hoffnungen auf den Anschluss des
übrigen Russlands hegte - erst auf dem Sterbebett empfangen hatte. Ob­
w ohl selbst unmittelbar vor der. Thronbesteigung in Schweden stehend,
nahm Gustav Adolf die Wahl zum Grossfürsten an, und erst im Herbst
1612 änderte er - auf dringendes Anraten D e la Gardies und anderer - seine
Annahme dahin, dass er die Wahl für seinen Bruder Karl Filip, dessen Über­
tritt zum griechisch-orthodoxen Glauben immerhin erwogen wurde, akzep­
tierte. Neben dem von den Schweden in seinem Amt bestätigten Novgoroder
v Stokgol'me, Problemy istocnikovedenija, IX (AN SSSR, Institut istofcnikovedenija),
1961, 221-257. Hinsichtlich einiger neuerer A rbeiten über den in einigen Rollen (Nr. 55,
139 und 202) der Novgoroder Aktensammlung des Stockholmer Reichsarchivs in Erschei­
nung tretenden Amtsschreibers (d'jak) Ivan Timofeev, des Verfassers des bekannten
Vremennik, dessen Biographie gerade in bezug auf seine N ovgoroder Zeit bisher noch
besonders dunkel war, s. Anm. 15. Nachtrag. Erst während der K orrekturdurchsicht er­
fahren wir wom Tode D r. Dmitrievskys im Juni 1964. Sein Verlust ist für das schwe­
dische Reichsarchiv und die an dessen Novgoroder A kten Interessierten schlechthin
unersetzlich.
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Statthalter Ivan Nikitiö Bol'soj-Odoevskij sowie dem Oberkommandieren­
den der schwedischen Armeen Jakob D e la Gardie findet daher Herzog Karl
Filip als Grossfürst von Novgorod und Russland in den Novgoroder Akten
des Stockholmer Reichsarchivs nicht zuletzt als Adressat eingereichter Bitt­
schriften häufig Erwähnung.9
3. Den Hauptteil der Novgoroder Akten des schwedischen Reichsarchivs
bildet das Amtsarchiv der schwedisch-russischen Kanzlei aus der Zeit der
schwedischen Besetzung und Verwaltung des  Novgoroder Reiches (Nov-
gorodskoe gosudarstvo, wie es durchweg in den betreffenden Akten selbst
genannt wird) in den Jahren 1611-1617. Indessen befinden sich unter den
hier erörterten Dokumenten auch einige etwas älteren Datums, nämlich aus
den Herrschaftsjahren des letzten Rurikiden Fedor Ivanoviös, ferner Boris
Godunovs, Fedor Borisovics, des ersten Falschen Dimitrij und Vasilij Suj-
skijs.10 Eine Rolle enthält auch einige im Namen des polnischen Prätendenten
auf den russischen Thron, Wladystaw (Vladislav), angeordnete Verfügun­
gen.11 Auf der anderen Seite steht einwandfrei fest, dass die im Reichsarchiv
aufbewahrte und dort auch noch vervollständigte Sammlung Novgoroder
Akten nicht das gesamte Archiv der schwedisch-russischen Kanzlei in N ov­
gorod ausmacht. Da sich in den Stockholmer Novgoroder Dokumenten
übrigens auch einige mit der Jahreszahl 1620 datierte Aktenstücke befinden,
darf angenommen werden, dass diese Sammlung als Ganzes nicht vor jenem
Jahre nach Schweden gebracht worden ist.
D as Schicksal der Novgoroder Akten seit ihrer Überführung nach Schwe­
den - frühestens also im Jahre 1620 - und vor ihrer ersten  Entdeckung
durch den russischen Gelehrten und Helsingforser Universitätsprofessor S.
V. Solov'ev im Jahre 1839 ist weitgehend in Dunkel gehüllt. Gegenüber der
u.a. von S. Bergh vertretenen Ansicht, wonach die Novgoroder Akten be­
reits in den 20er Jahren des 17. Jahrhunderts dem Stockholmer Reichsarchiv
einverleibt wurden, erwägt S. Dmitrievsky die Möglichkeit, dass diese Akten­
sammlung zunächst zusammen mit dem Privatarchiv Jakob D e la Gardies
in das schwedisch verwaltete Baltikum kam, wo der Feldherr bis zum Au­
gust 1628 als schwedischer Generalgouverneur amtierte, und erst um jene
s F ür weitere Einzelheiten des schwedisch-russischen Krieges von 1611-1617, der Ok­
kupation des Novgorodgebiets sowie der Bestimmungen des Friedensvertrages von
Stolbovo s. etwa die ausführliche Darstellung in Generalstaben, Sveriges krig 1611-1632,
Band I: Danska och ryska krigen, Stockholm 1936, 318-572 ( Kriget mot Ryssland 1611
1617 ).
10 Es handelt sich um die folgenden Rollen: N r. 136, 143, 187; 308 u. 316; 129; 106;
112, 133, 151, 201, 212, 237, 319. Vgl. dazu L. V. Cerepnin, Problemy istocnikovedenija,
IX, 228.
11 Rolle N r. 186; vgl. L. V. Cerepnin, ebda.
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Zeit nach Schweden geführt wurde, ohne jedoch etwa sofort ins Reichs­
archiv zu gelangen. D ie erste Inventur des D e la Gardieschen Archivs vom
Jahre 1629 ergänzende Bestandaufnahmen zeitigten u.a. auch  eine rote
Wagenkiste {en rödh wagnkiste) mit einer Menge von Kanzleiakten, dar­
unter in numerierten Bündeln geordnet russische und den russisch-schwe­
dischen Krieg von 1611-1617 betreffende Dokum ente. Zweifellos führt diese
 rote Wagenkiste - also wohl eine Art von Feldarchiv - die Gedanken zu
jenem  D e la Gardieschen Koffer , in welchem Solov'ev später die hier er­
örterten Novgoroder Akten entdeckte. Wahrscheinlich gelangte der  D e la
Gardiesche Koffer erst später, vielleicht zur Zeit der sog. Reduktion, d.h.
in den 80er oder 90er Jahren des 17. Jahrhunderts, und womöglich auf dem
Umwege über das Kammerarchiv (Kammararkivet), ins Stockholmer Reichs­
archiv, w o er dann, auch wenn die Archivare wohl eine ungefähre Vorstel­
lung von seinem Inhalt hatten, kaum näher gesichtet über ein Jahrhundert
lang stehen blieb, bis Solov'ev im Jahre 1839 einige Hefte dieser Sammlung
zu Gesicht bekam und im folgenden Jahre dann durch Vermittlung der Pe­
tersburger Archäographischen Kommission die Erlaubnis erhielt, selbst in
das  geheime Gewölbe (hemliga valvet) des Reichsarchivs hinabzusteigen,
um den Inhalt des dort aufgestellten  D e la' Gardieschen Koffers näher zu
untersuchen. Diese Hypothese hinsichtlich der Wege, auf welchen, und des
ungefähren Zeitpunktes, zu welchem die Novgoroder Akten ins Stockholmer
Reichsarchiv gelangten, verdient umso mehr Beachtung, als eines der zwei­
fellos zu dieser Sammlung gehörenden Hefte erst im Jahre 1887 von der
Lunder Universitätsbibliothek, wo es der D e la Gardieschen Aktensamm­
lung angehört hatte, dem Reichsarchiv zugeführt wurde, sowie wegen der
Tatsache, dass ein kleinerer Teil der Rollen der N ovgoroder Akten, dem
Reichsarchiv nachweislich vom Kammerarchiv überlassen wurde.12 Für Ein­
zelheiten der Geschichte der bisherigen Erforschung der Novgoroder Akten
des Stockholmer Reichsarchivs seit 1839 sei hier vor allem auf die ausführ­
liche einschlägige Darstellung in der Einführung des maschinenschriftlichen
Katalogs dieses Materials von S. Dmitrievsky verwiesen.13 Über das neuer-
15 Vgl. S. Dmitrievsky, op. cit., 11-14. U ber das D e la Gardiesche Archiv und die
 rote Wagenkiste s. ferner S. Hedar, Enskiläa arkiv under Karolinska enväldet. Studier i
svensk arkivhistoria och räfstepolitik, Stockholm 1935, besonders 44-48.
 S. Dmitrievsky, op. cit., 3-11. Vgl. ferner noch über die von Solov'ev entdeckten
russischen historischen Dokumente in Protokoly zasedanij Archeograficeskoj kommissii,
vyp. 1 (St. Petersburg 1885), 169-180, 304-305, 319, 343-346, 349-355, 367-385, 416-417,
483-485, 499, 535-538, 546-547, 561-562, 566, 577, 583, 598-599, 602, 625; vyp. 2 (1886),
4-11, 17-18, 112-113, 153-156, 418-421, 440-441. Eine Beschreibung der von Solov'ev
für die Archäographische Kommission erworbenen A kten bietet M. G . Kurdjumov,
Opisanie aktov chranjaScichsja v archive Archeograficeskoj komissii, Letopis' zanjatij
Henrik Birnbaum: Novgorodiana Stockholmiensia 161
dings erwachte rege Interesse seitens sowjetischer Gelehrter an den N ovgo-
roder Akten s. das oben (in Anmerkung 8) angeführte Schrifttum.
4. D ie Sammlung Novgoroder Akten im schwedischen Reichsarchiv zu
Stockholm besteht aus Dokumenten zweierlei Art: 1) aus einer Anzahl von
Heften oder  Büchern (knigi), nämlich 139 Einzelnummern, einem Ge­
samtumfang von zirka 12.000 Blatt gleichkommend und in 14 grösseren
 Bündeln oder Packen (schwed. buntar) zusammengefasst, sowie 2) aus
einer Reihe von Papierrollen aus aneinandergeklebten Blättern (stolbcy), ins­
gesamt 351 Nummern, an die 16.000 Blatt umfassend. Diese Ziffern geben
bereits eine gewisse Vorstellung von dem zumindest quantitativen Gewicht,
das dieser Sammlung  mittelrussischer Dokumente auch im Sinne von
Sprachdenkmälern beizumessen ist.
Die Novgoroder  Bücher dieser Sammlung gliedern sich nach ihrem In­
halt wiederum in verschiedene Abarten.14 Einen Grossteil der Bücher machen
die sog. Erhebungs- oder Revisionsbücher (dozornye bzw. perepisnye oder
obysknye knigi) aus, welche nach den Novgoroder Verwaltungs- und Ab­
lieferungsbezirken (pjatiny, weil es insgesamt fünf solche Bezirke gab, bzw.
pogosty) geführt wurden. Es sind dies die mit 1, 6-8, 16-17, 28-30, 39-40,
63, 67-68, 70, 90 b, 95, 106, 113 und 132 bezifferten Bücher. Ihr Inhalt ist
für die Kenntnis der Verwaltung des Grundbesitzes sowie der Produktions­
verhältnisse, aber auch des täglichen Lebens im Novgoroder Gebiet überaus
aufschlussreich. So enthält z.B . das Buch Nr. 63 eine farbige Schilderung
des Jahrmarkts von Staraja Russa.
D ie sog. Abgaben- und Einzelbücher (  dacnye bzw. otdelnye knigi) bieten
Material zum Studium der Verwaltung des feudalen Grundbesitzes. Es han­
delt sich dabei um die Bücher mit den Nummern 20-21, 37-38 und 86 bzw.
18, 24-25, 41, 58, 62, 69, 75, 79, 90a, 118-119, 124-125. Weitere grössere
sachliche Unterabteilungen der Novgoroder  Bücher bilden ferner etwa
noch die sog. Konfiskationsbücher (otpisnye und z. T.  vydel'nye knigi) mit
Angaben über für den schwedischen Herzog Karl Filip beschlagnahmte
Landgüter (die Nummern 49-50, 52-54, 83, 131); ferner die  Ernte- und
Dreschertragbücher (uzinnye [ pozonnye ] bzw. umolotnye knigi) und die
Archeograficeskoj komissii za 1918 g., vypr31 (Petrograd 1923), 3-7 ( Vvedenie ) u. 25-89
(die eigentliche Beschreibung); s. dazu jetzt auch noch PutevoditeV po archivu Leningrad-
skogo otdelenija Instituta istorii A N SSSR , pod red. A. I. Andreeva (Moskau-Leningrad
1958), 438-440. Zu den später von K . I. Jakubov unternommenen Archivstudien s. seine
Arbeit Russkija rukopisi Stokgol mskago gosudarstvennago archiva (M oskau 1890; auch
in den Ctenija v Imperatorskom ObscestvS Istorii i Drevnostej Rossijskich pri Moskovskom
Universiteti, 1890, 1: 2, 1-38 u. IV : 3, 39-78).
11 Näheres zur inhaltlichen Gliederung der Novgoroder  Bücher und Rollen s. bei
L. V. Cerepnin, Problemy istocnikovedenija, IX , 222-227 bzw. 227-257.
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ihnen nahestehenden  Besitzanteilbücher (vydel'nye knigi), nämlich die
Bücher mit den Nummern 10, 12-13, 50, 52, 55, 57, 88 bzw. 94, 99 und
109-110.
D ie Einnahmen- und Ausgabenbücher (prichodo-raschodnye knigi) der
Hofbehörden (die mit 34, 36, 46, 76, 98, 108, und 116 bezifferten Bücher)
geben Auskunft u.a. über die auf Befehl von D e la Gardie und Odoevskij
angeordneten Einnahmen und Ausgaben der Schloss- und Hofverwaltung.
In besonderen Einnahmenbüchem (primocnye kormovye knigi) wurden die -
in Geld sowohl als in natura - von der Bevölkerung entrichteten Abgaben
zur Verpflegung des  deutschen Volks (nemeckich ljudej), d .h. der schwe­
dischen Besatzungstruppen, registriert (die Bücher mit den Nummern 2, 9,
23, 27, 35, 48, 71-72, 74, 87, 97, 101-102, 127, 129, 135) sowie die Ausgabe
dieser Verpflegung gebucht (die Nummern 72, 81-82, 89, 101, 117, 128).
Erwähnt seien ferner noch zwei Vertreter der für die Sozialgeschichte
Russlands so überaus wichtigen sog. Hörigkeitsbücher (kabal'nye knigi) in
unserem Aktenmaterial: das Buch Nr. 65 von der Hand des Amtsschreibers
Semen Lutochin für den Zeitabschnitt vom September 1614 bis zum August
1615 sowie das Buch Nr. 107 für die Periode September 1615-Juni 1616.
V on Interesse sind schliesslich noch etwa einige Bücher des Novgoroder
Münzhofs (deneznij dvor) mit Angaben über den vorrätigen Silberbestand
sowie über bei der Bevölkerung zum Guss neuer Münzen aufgekaufte  alte
Gelder (in den Büchern mit den Nummern 14-15, 33 und 111) sowie die
über Branntwein- und Bierbestände und -verbrauch informierenden Schenk-
bücher (ka ta ckie knigi): die Nummern 3, 19, 43, 60-61, 96, 105, 112.
Weitere inhaltlich gewiss nicht minder charakteristische, z.T . aber we­
niger zahlreich vertretene Spielarten der Novgoroder  Bücher lassen wir
hier vorläufig unerwähnt.
5. Inhaltlich weniger übersichtlich und daher schwerer in bestimmte Grup­
pen zu gliedern sind die noch zahlreicheren Rollen der Novgoroder Akten
des Stockholmer Reichsarchivs. Das in ihnen enthaltene Material bildet eine
wertvolle und vielseitige Ergänzung zu den oben in groben Zügen und un­
vollständig aufgeführten  Büchern der gleichen Sammlung.
In diesen Rollen spiegelt sich die Schriftführung der Novgoroder Amts­
kanzlei Jakob De la Gardies und Evert Horns in den Jahren der schwedi­
schen Besatzung des Novgoroder Gebiets in ihrer ganzen Mannigfaltigkeit
wider. Neben einer grossen Anzahl von eingereichten Bittschriften (celobit-
nye), darunter einigen auch älteren Datums, finden sich hier nicht nur die
diesbezüglichen Beschlüsse sowie sonstige Resolutionen, sondern - z.T . als
Beweismaterial in Rechtsstreitfällen - auch verschiedene Dokum ente an­
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Henrik Birnbaum: Novgorodiana Stockholmiensia 163
derer Art einschliesslich einer Anzahl sog. Kataster oder Grund- und Steuer­
bücher (piscovye knigi).
Von ganz besonderem Interesse nicht zuletzt für sprachwissenschaftliche
Zwecke sind die zahlreichen bei der schwedischen Verwaltung eingebrachten
Beschwerden und Klageschriften (~aloby, ~alobnye knigi) sowie die von der
Novgoroder Kanzlei aufgrund ihrer geführten Verhörs- und Untersuchungs­
protokolle, welche teilweise die um jene Zeit in der Novgoroder Gegend
gesprochene Alltags- und Umgangssprache recht treu wiedergeben. So findet
sich hier vielfach ein buntes Nebeneinander lebendiger, volkstümlicher Rede
(prostore%0Å„ie) und amtlicher Novgoroder Kanzleisprache (prikaznyj jazyk).
Ein Einzelfall einer solchen Beschwerde und des demzufolge geführten
Untersuchungsprotokolls sei hier als historisch besonders bemerkenswert,
zugleich aber doch auch typisch herausgegriffen. In der im Katalog des
Reichsarchivs summarisch verzeichneten Rolle Nr. 55 findet sich wichtiges
Material zur bisher nur recht unvollständig bekannten Biographie eines der
ersten bedeutenden russischen Geschichtsschreiber, Ivan Timofeevs, welcher
die Zeit der schwedischen Okkupation halb unfreiwillig in Novgorod ver­
brachte und dessen Vremennik wohl grossenteils gerade dort entstanden sein
dürfte.15 .
15 Über den Amtsschreiber (d'jak) Ivan Timofeev und seinen Vremennik s. besonders
die neue Edition Vremennik Ivana Timofeeva. Podgotovka k pe%0Å„ati, perevod i kommentarii
O. A. Der~avinoj. Pod redakciej V. P. Adrianovoj-Peretc, Moskau-Leningrad 1951; dazu
die Besprechung von I. Polosin in den Izvestija A N S SS R , Otdelenie literatury i jazyka,
X I [: 1], 1952, 85-89. Ferner die grundlegende Untersuchung von 1.1. Polosin, Ivan Timo­
feev - russkij myslitel', istorik i d'jak X V II veka, U%0Å„. zap. Mosk. gos. ped. in-ta im. V. I.
Lenina, LX: 2 (1949), 135-192 (drei Abschnitte umfassend: 1.  Istoriografija voprosa
(1834-1949) ; 2.  Struktura tak nazyvaemogo  Vremennika Ivana Timofeeva ; 3.  Dati-
rovka rukopisi ) sowie die Fortsetzung (unter dem gleichen Titel) in dem posthumen
Aufsatzband Social'no-politi%0Å„eskaja istorija Rossii X V I - na%0Å„ala X V II v., Sbornik statej,
Moskau 1963, 263-352 (drei weitere Abschnitte umfassend: 1.  Fakty i idei ; 2.  Zametki
istorika o jazyke i stile Timofeeva ; 3.  Zaklju%0Å„enie ). Älteres einschlägiges Schrifttum
wird in diesen beiden neueren Arbeiten zitiert. Z ur Bedeutung des Vremennik als Geschichts­
quelle und über ihren Platz in der zeitgenössischen historischen Literatur vgl. jetzt etwa
M. N. Tichomirov, Isto%0Å„nikovedenie istorii SS S R , I : S drevnejaego vremeni do konca X V III
veka, Moskau 1962* 302-303. Zu dem neuen Licht, das die Novgoroder Akten des Stock­
holmer Reichsarchivs plötzlich auf die Biographie Ivan Timofeevs werfen vgl. besonders
die neulichen Aufsätze L. V. erepnins Novye materialy o d'jake Ivane Timofeeve - avtore
'Vrem ennika', Istori%0Å„eskij archiv, 1960, No. 4, 162-177, sowie - trotz dergleichen Über­
schrift anders - in der oben (in Anm. 8) angeführten A rbeit Materialy po istorii russkoj
k u ltu ry ... , Trudy Otdela drevnerusskoj literatu ry ..., X VII, 454-470 ( Novye materialy
o d jake Ivane Timofeeve - avtore  Vremennika  ). - U ber Schilderungen der Einnahme
und Besetzung Novgorods durch die Schweden in der zeitgenössischen russischen Dich­
tung s. C. Stief, Studies in the Russian Historical Song, Kopenhagen 1953, 50-53, sowie Ad.
Stender-Petersen, Scando-Slavica, III, 1957, 121-123.
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Henrik Birnbaum: Novgorodiana Stockholmiensia
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Beschluss Novgorods
vom 25. Dezember 1612
um einen schwedischen
Prinzen als Zar zu bitten.
Aus : Sweden and the
m ^ H O (t.cjSftttl/A fsrrTVV.d.^Y '
World. Documents from
the Swedish National
Archives, Stockholm
1960, Tafel 15. Vb t< TtC^3 S3. <* ft « '· frÇ^3 f ^ A fo w « ^
166 Scando-Slavica · Tomus X
U m hier wenigstens eine allgemeine Vorstellung von dem verschieden­
artigen Inhalt der Rollen der Novgoroder Akten im schwedischen Reichs­
archiv zu vermitteln, sei im folgenden ein repräsentativer erster Teil der
kurzen Angaben über den Inhalt der einzelnen Rollen im maschinenschrift­
lichen Katalog S. Dmitrievskys angeführt, welche sich auf die von K. Ja-
kubov bzw. M. Polievktov ihrerzeit angefertigten Verzeichnisse stützen. Da­
bei bieten wir auch die Angaben für die in den Schachteln I und II auf­
bewahrten Rollen 1-47, welche Jakubov recht ausführlich beschrieben hat,
nur in wesentlich gekürzter Form.16
Schachtel I
Rolle 1. Untersuchungsprotokoll des Unteramtsschreibers (pod'jacij) Selivan
Fom in betr. gewisser Landbesitzungen. Insgesamt 3 Protokolle auf je
einem Blatt. August 1590.
Rolle 2. Lehnbriefe für die Witwe Vasilisa Sarapova-Glotova und ihre Kin­
der. 5 Blatt. Januar 1592.
Rolle 3. Fürst Kropotkins Bittschrift an Zar Boris Godunov nebst Auszügen
aus Grund- und Lehnbüchem. 1604. '
Rolle 4. Lehnbrief für Stefan Redrov sowie dessen Bittschrift an Vladislav
2igim ontoviÅ (d. h. Wladyslaw, den Sohn des polnischen Königs Sigis­
mund [Zygmunt] III aus dem Hause Wasa). 9 Blatt. Januar 1611.
Rolle 5. Lehnbriefe für Tomilo Pavlov. 8 Blatt. Juni 1611.
Rolle 6. Akten betr. Danilo Rozladins Landbesitzungen und ihrer Auftei­
lung zwischen den Erben. 25 Blatt. Januar 1612.
Rolle 7. Akten betr. eines Tausches von Landbesitz zwischen Nikita Obol-
janinov und Fedor Skryplev. 16 Blatt. M ai 1612.
Rolle 8. Akten betr. der Landbesitzungen der Familie Dirin. 23 Blatt. Juni­
Juli 1612.
Rolle 9. Akten betr. des Landbesitzes von Andrej und Osip Maslenickij.
10 Blatt. Oktober 1612.
Rolle 10. Lehnbriefe für Michail Obutkov. 5 Blatt. November 1612.
Rolle 11. Notizen des Verwalters der Weinkellerei Afanas'ev und der Schenk-
verkäufer über die im Novgoroder Gebiet an verschiedenen Orten im
18 S. S. Dmitrievsky, Svenska riksarkivets  novgorodska akter , 19-74 (Jakubovs
Verzeichnis und Kommentare in schwedischer Übersetzung wiedergebend) bzw. 75-84
(Polievktovs summarisches Verzeichnis enthaltend). Vgl. auch K . Jakubov, Russkija rukopisi
. . . , 9-23 ( Stolbcy ) u. 25-38 ( Priloienie k opisaniju stolbcov ). Polievktovs Verzeichnis
ist niemals im D ruck erschienen; vgl. aber die handgeschriebene Förteckning öfver R iks­
arkivets ryska handlirtgar i kartonger (2: a sekt., 7) im Reichsarchiv.
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Verlaufe eines Jahres für die Hofkellerei ausgeschenkten Quantitäten
' Branntwein. 60 Blatt. 1612.
Rolle 12. Lehnbriefe für die Witwe Mar'ja Neugasova-Bazarova nebst dazu­
gehörigen Akten (u.a. über die unrechtmässige Aneignung des Neuga-
sovschen Besitzes durch Stepan Mel'nickij). 15 Blatt. Januar 1613.
Rolle 13. Akten betr. des Landbesitzes von Fedot Vatazin, der von  litaui­
schem Volk (d.h. Soldaten der polnisch-litauischen Truppen) getötet
worden war. 7 Blatt. Mai 1613.
Rolle 14. Akten betr. Ivan Mordvinovs Landbesitzes. 7 Blatt. Mai 1613.
Rolle 15. Akten betr. des von  litauischem Volk getöteten Ivan Rozladins
Landbesitzes. 22 Blatt. Mai 1613.
Rolle 16. Lehnbrief für Venedikt Timaaev. 6 Blatt. Mai 1613.
Rolle 17. Unvollständiger Lehnbrief für Anc Brjakilev (d.h. H ans=Johann
Brakei). 2 Blatt. Juli 1613.
Rolle 18. Akten betr. Kuz'ma Chvostovs hinterlassenen Landbesitzes. 19
Blatt. September 1613.
Rolle 19. Lehnbrief für Anc Brjakilev (vgl. Rolle 17) betr. eines ehemals
 verräterischen Landbesitzes (izm%1Å‚nni%0Å„eskago pom%1Å‚seja). 15 Blatt. D e­
zember 1613.
Rolle 20. Berichte, Verordnungen, Untersuchungsprotokolle und sonstige
Dokumente betr. des Schleichhandels mit Pskov. 52 Blatt. Januar-Sep­
tember 1613. Dazu 5 weitere diesbezügliche Dokumente (auf insgesamt
15 Blatt), z.T. aus den Jahren 1614-1615.
Rolle 21. Zwei unvollständige Lehnbriefe von je 3 Blatt für Ivan Vypovskij
bzw. Dru~ina Zv%1Å‚rev. 1613 bzw. ohne Jahreszahl.
Rolle 2 2 .7 Bürgschaften und eine Bittschrift aus den Jahren 1613 bzw. 1615.
Angabe über Blattzahl fehlt.
Rolle 23. Denkschrift, Bittschriften und Bürgschaften aus den Jahren 1612
1614. Ohne Angabe der Blattzahl.
Rolle 24. Bürgschaften und Bittschriften aus den Jahren 1613-1615.. Ohne
Angabe der Blattzahl.
Rolle 25. Lehnbriefe für zwei neugetaufte Tataren, Nikita Maksutov und
Vasilij Kingil'deev. 8 Blatt. August 1614.
Rolle 26. Akten betr. der Entsendung von Landarbeitern nach Novgorod
 zum Mähen für das deutsche (d.h. schwedische) Kriegsvolk (dlja
kosen ja pro n%1Å‚meckich ratnych ljudej). 19 Blatt. September 1614.
Rolle 27. Lehnbrief für Semen Boborykin. 3 Blatt. September 1614.
Rolle 28. Verzeichnisse über staatseigene Getreidebestände sowie Briefent­
wurf der  Bojaren in Novgorod an den Wojewoden von Staraja Russa
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Sachovskoj und dessen. Antwortschreiben bezüglich dieser Getreide­
bestände. 60 Blatt. 1614.
Rolle 29. Lehnbrief für Jakov Borkov. 6 Blatt. März 1615.
Rolle 30. Akten betr. durch die Bauern der Gutsbesitzerin Arina Novok-
senova erwiesenen Ungehorsams. 3 Blatt. April 1615.
Rolle 31. Akten zum Diebstahl in der Kirche der hll. Kosm a und Damian
zu N ovgorod in der Nacht vom 23. auf den 24. April 1615. Keine Blatt­
zahlangabe.
Rolle 32. Unvollständige Akten betr. Missbrauchs und Übelstände bei Be­
standaufnahme und Einheimsung des Getreides auf den  verräterischen
Gütern (vgl. Rolle 19). 4 Blatt. 1615.
Rolle 33. Zwei Untersuchungsprotokolle über die Ursachen der Abnahme
der bäuerlichen Bevölkerung. 3 Blatt. Oktober 1615.
Schachtel II
Rolle 34. Akten betr. des Landbesitzes von Vasilij Efim'ev K olobov, einem
nach Pskov entkommenen  Verräter an Herzog Karl Filip. 10 Blatt.
1615.
Rolle 35. Fragmente von Gerichtsdokumenten betr. illegaler Herstellung und
Verkaufs von Branntwein. 1616. Keine Angabe über Blattzahl.
Rolle 36. Fragmente von Gerichtsdokumenten betr. der von dem Münz­
schmelzer Afanas'ev durch drei Schweden erhaltenen Prügel. 2 Blatt.
1616 (bei Jakubov, op. cit., 20, irrtümlicherweise 1615).
Rolle 37. Akten betr. der staatseigenen Obstgärten im Novgoroder Gebiet.
11 Blatt. 1616.
Rolle 38. Bittschriften und Beschwerden aus den Jahren 1613-1616. Ins­
gesamt 7 Schreiben, keine Angabe über Blattzahl.
Rolle 39. Fragmente zweier Gerichtsdokumente über eine Flucht nach
Pskov bzw. das Verschwinden gewisser Waren. 5 Blatt. 1616-1617.
Rolle 40. Akten betr. der  verräterischen Landbesitze. Zirka 25 Blatt. Aus
den Jahren 1614-1616.
Rolle 41. Verschiedene kleinere Dokumente aus den Jahren 1614-1616, aber
ohne Datum. 10 Blatt (kleinen Formats).
Rolle 42. Bittschriften aus den Jahren 1604-1616. Zirka 25 Blatt (kleinen
Formats), meist ohne Datum.
Rolle 43. 3 Bittschriften sowie Kaufbrief (anlässlich des Verkaufs eines Hau­
ses). 1616. Blattzahlangabe fehlt.
Rolle 44. Fragmente von  Verpflegungsbüchern (kormovye knigi), Auf-
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Zeichnungen über Steuererhebung und Bürgschaften; eine Anordnung
betr. Pferdefuhrwerke. Ohne Jahreszahl und Blattzahlangabe.
Rolle 45. Verzeichnis von Pferdefuhrwerken zum Transport  deutschen
Kriegsvolks . Ohne Jahreszahl oder Angabe über Blattzahl.
Rolle 46. Antwortschreiben des Petr N ogin an Fürst Ivan Nikitic Odoevskij
und den Amtsschreiber Monsa Martynovic (d. h. den schwedischen
Vorsteher der Novgoroder Amtskanzlei Mans Märtensson Palm). Nogin
war mit  deutschem Kriegsvolk und Tataren in die Obonezskaja
pjatina entsandt worden, um Getreide aufzusammeln. 2 Blatt. Ohne
Jahr.
Rolle 47. Eine Sammlung von 35 Fragmenten verschiedenen Inhalts (Kanzlei­
notizen,-Revisionsbücher, Lehnbriefe, Untersuchungsprotokolle) und
16 ganz erhaltenen Dokumenten (Untersuchungen, Verordnungen,
Anweisungen, Bittschriften und Bürgschaften). Sämtliche aus den Jahren
1611-1616. Genaue Angabe über Blattzahl der Rolle als Ganzen fehlt.
Rolle 48. Fragment einer medizinischen Schrift des 17. oder 18. Jahr­
hunderts.
Rolle 49. Fürst Gavriil Narymovs Bittschrift an Fürst Ivan Odoevskij nebst
dazugehöriger Akten (betr. einer Agrarfrage). 1615.
Rolle 50. Kataster. 1613.
Rollen 51, 52 und53. Verordnungen und Briefwechel administrativen Inhalts
(ab 1614).
Schachtel III
Rolle 54. Bittschrift Dmitrij Bestuzevs an Herzog Karl Filip. 1614.
Rolle 55. Untersuchungsprotokoll und Beschluss betr. einer Beschwerde
(Bittschrift) des Amtsschreibers Pjatoj Grigor'ev an Evert Horn und
Ivan Odoevskij (über die gegenseitigen Beschuldigungen des Bittstellers
und des Amtsschreibers Ivan Timofeev; vgl. oben). 1615.
Rolle 56. Das Einnahmenbuch des Amtsschreibers Pjatoj Grigor'ev für sog.
Hofdörfer (ab 1614).
Rolle 57. Anordnungen D e la Gardies und Odoevskijs über die Einziehung
von Bogdan Pomesöikovs Landbesitz. 1613.
Rolle 58. Semen Erochovs Bittschrift an Jakob de Ia Gardie und Ivan
Odoevskij. 1613. 
Rolle 59. Akten zum Rechtsstreit zwischen Boborykin und Eremeev betr.
des Bauern Lukjan. 1615.
Rolle 60. Untersuchung und Beschluss betr. Timofej und Pavel Rostopsins
Bittschrift an Jakob D e la Gardie und Ivan Odoevskij. März 1613.
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170 Scando-Slavica · Tomus X
Rolle 61. Beschluss betr. der Bittschrift Lev 2igalovs. Dessen Bericht über
Steuererhebungen im Dorf Korolevo. 1615.
Rolle 62. Administrative Verordnungen Jakob D e la Gardies und Ivan
Odoevskijs. 1615.
Rolle 63. Bittschriften von Bauern verschiedener Dörfer an Evert Horn
und Ivan Odoevskij. 1615.
Rolle 64. Boborykins und Andreevs Bittschriften an Herzog Karl Filip
(ohne Datum).
Rolle 65. Bittschriften an Jakob De la Gardie und Ivan Odoevskij in Agrar­
fragen.
Rollen 66-69. Einnahmenbücher (Anfang des 17. Jahrhunderts).
Rolle 70. Kataster (Anfang des 17. Jahrhunderts).
Schachtel IV
Rolle 71. Einnahmenbuch (Anfang des 17. Jahrhunderts).
Rolle 72. Bittschrift Garaburdas an Herzog Karl Filip nebst diesbezüglicher
Untersuchung. 1615.
Rolle 73. Verschiedene Pfand- und Kautionsbriefe (Anfang des 17. Jahr­
hunderts).
Rolle 74. Bittschriften und administrative Verfügungen (Anfang des 17.
Jahrhunderts).
Rolle 75. Einnahmen- und Ausgabenbücher betr. Verpflegung und anderer
Ausgaben für die Truppen in Novgorod. 1618-1621.
Rolle 76. Semen Boborykins Erwiderung an ein Gericht in einem Rechts­
streit. 1615.
Schactel V
Rolle 77. Schreiben Evert Horns und Ivan Odoevskijs an Staraja Russa und
andere Ortschaften. 1615.
Rollen 78 und 79. Kataster. 1614.
Rollen 80, 81 und 83. Beschlüsse Jakob D e la Gardies und Ivan Odoevskijs
in Landbesitzfragen.
Rolle 82. Kaufbrief. 1613.
Rollen 84-86. Einnahmenbücher (aus den 20er Jahren des 17. Jahrhunderts).
Rollen 87 und 88. Katastef (aus derselben Zeit).
Rolle 89. Kaiitionsbrief. 1904 vermisst, jetzt wieder aufgefunden.
Rolle 90. Verschiedene Fragmente in Agrarfragen.
Rollen 91-96. Bittschriften an Jakob De la Gardie und Ivan Odoevskij (um
1615).
H enrik Birnbaum: Novgorodiana Stockholmiensia 171
Rollen 97-102. Resolutionen Jakob De la Gardies und Ivan Odoevskijs (aus
derselben Zeit).
Rolle 102 1/2. Fragment unbestimmten Inhalts.
Schachtel VI
Rolle 103. Abrechnungen betr. des Branntweinhandels.
Rolle 104. Topographische Beschreibung einer Anzahl von Ortschaften
(1613).
Rolle 105. Kautionsbrief (1614). 1904 vermisst, jetzt wieder aufgefunden.
Rolle 106. Bittschrift an Zar Dmitrij Ivanovic (1606).
Rolle 107. Resolution Jakob De la Gardies und Ivan Odoevskijs bezüglich
einer kirchlichen Frage (1613).
Rollen 108-109. Einnahmenbücher (17. Jahrhundert).
Rolle 110. Einnahmen- und Ausgabenbücher für Novgorod (1620).
Rolle 111. Bittschrift in einer Agrarfrage (17. Jahrhundert).
Rolle 112. Verschiedene Bittschriften und Resolutionen in Agrarfragen (um
1610).
Rolle 113. Resolution Evert Horns und Ivan Odoevskijs in einer Agrarfrage
(1614).
Rolle 114. Resolution Jakob De la Gardies und Ivan Odoevskijs in einer
Agrarfrage (1613).
Rolle 115. Schreiben an Ivan Odoevskij und Murav'ev (ohne Datum).
Rolle 116. Denkschrift (1611).
Rolle 117. Verordnung Jakob D e la Gardies und Ivan Odoevskijs in einer
Agrarfrage (1612).
Rolle 118. Fragment unbestimmten Inhalts (1612).
Rolle 119. Denkschrift betr. des Branntweinhandels (1611).
Rolle 120. Denkschrift betr. der Aufhebung gewisser Steuern (1612).
Hier brechen wir ab und verweisen für den Rest dieser summarischen
Inhaltsangaben auf den Katalog von S. Dmitrievsky.17 Das Angeführte mag
nämlich schon genügen, um eine gewisse Vorstellung von sowohl der in­
haltlichen Vielfalt als, auf der anderen Seite, doch auch wieder einer gewis­
sen sachlichen Einförmigkeit der hier behandelten Novgoroder Akten des
schwedischen Reichsarchivs zu Stockholm zu geben.
6. D a es sich ja bei unseren Texten nicht um literarische Werke handelt,
ist es auch kaum möglich ihre Sprachform gewissen Stilarten oder gar
17 Vgl. a. a. O., 79-84.
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172 Scando-Slavica · Tomus X
künstlerischen Gattungen zuzuweisen. Seinen natürlichen Platz findet das
Schrifttum solcher amtlicher Akten und Dokum ente am ehesten neben den
älteren, oben bereits erwähnten gramoty, den auf Pergament oder später
auch auf Papier geschriebenen bzw. auf Birkenrinde geritzten Urkunden
und Privatschreiben des alten Novgorod. Von zeitlich näher stehenden
Sprachquellen dürfte ein Vergleich besonders mit den sog. Hörigkeits­
büchern (kabal'nye knigi) und den zahlreichen Katastern oder Grund- und
Steuerbüchern (piscovye knigi), welche ja in unseren Novgoroder Akten
ebenfalls vertreten sind, und deren zwar in mancher Hinsicht recht einförmige,
in anderer aber wiederum interessantes neues Material bietende Sprache
noch nicht genügend untersucht worden ist, besonders ergiebig sein.18
In. einer weiteren Beziehung dürften die Novgoroder Akten des Stock­
holmer Reichsarchivs bestimmt wichtige linguistische Aufschlüsse geben
können. Wir denken dabei an das in diesen zahllosen Akten enthaltene
reiche Namenmaterial - Orts-, Flur- und Gewässernamen sowohl wie
Personennamen (Eigennamen, Familiennamen usw.) - dessen eingehende
Untersuchung noch aussteht, bisherige Forschungen auf dem Gebiete
des älteren Novgoroder Namenguts aber bestimmt in sehr wertvoller Weise
ergänzen würde.19 Der 3., das Namenregister enthaltende Band von Dmitriev-
11 Besondere Erwähnung verdient an dieser Stelle die leider bisher als Ganzes noch
unveröffentlichte Lizentiatarbeit der Stockholmer Slavistin G . Eriksson, Spräket i  Pisco­
vye knigi". Ein Exemplar dieser maschinenschriftlich vervielfältigten Untersuchung kann
im Russischen Institut der Universität Stockholm eingesehen werden. Einen zentralen
Abschnitt ihrer Studie hat Frl. Eriksson in etwas umgearbeiteter Form veröffentlicht:
Z u r Verallgemeinerung der Endungen -am, -ami und -ax im Russischen, Scando-Slavica,
VI, 1960, 75-91, wo sie aufgrund ihres vor allem den Piscovye knigi Moskovskogo gosu-
darstva (aus dem 16. Jahrhundert) und den Rjazanskie piscovye knigi (aus dem 16. und
Anfang des 17. Jahrhunderts), ergänzt u. a. auch durch Material aus den Novgorodskie
piscovye knigi (aus dem 16. Jahrhundert), entnommenen Befundes zu wichtigen neuen
Ergebnissen über die Verallgemeinerung des -a-Typus in der nominalen Pluralflexion des
Russischen gelangt. W ir glauben G. Eriksson auch Recht geben zu müssen, wenn sie
B. O. Unbegaun vorhält, den philologischen Wert der piscovye knigi wohl etwas unter­
schätzt zu haben; vgl. a. a. O., 77. Über eine weitere, auf Belegmaterial aus den piscovye
knigi gestützte Studie G. Erikssons zur Derivation  mittelrussischer Eigennamen s. Anm.
19. Vgl. auch die Ergänzung zu Anm. 18 auf S. 173.
** Vgl. dazu etwa besonders die Untersuchung A. Baecklunds Personal Names in
Médiéval Velikij Novgorod. I. Common Names, Stockholm 1959 (Acta Univ. Stockholmien-
sis. Études de philologie slave, 9), Material aus den geschriebenen und n ur in geringem
Umfang auch aus den geritzen gramoty sowie zusätzlich aus der Novgoroder Ersten
Chronik zusammentragend. Vgl. ferner G. Eriksson Über einige Diminutivsuffixe in mittel­
alterlichen russischen Eigennamen, Scando-Slavica, VII, 1961, 183-195, wo Material aus
den Novgorodskie piscovye knigi des ausgehenden 15. Jahrhunderts und den Rjazanskie
piscovye knigi des 16. Jahrhunderts herangezogen wird.
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Henrik Birnbaum: Novgorodiana Stockholmiensia 173
skys Katalog wird sich in diesem Zusammenhang zweifellos als überaus
nützlich erweisen.
In einer Reihe von Einzelstudien, welche dieser allgemeinen Einführung
über Bedeutung und Geschichte des Novgoroder Aktenmaterials im Stock­
holmer Reichsarchiv in künftigen Heften dieser Zeitschrift folgen sollen,
wollen wir es unternehmen, bestimmte ausgewählte Teile dieser quantitativ
so imposanten Sammlung  mittelrussischer Sprachquellen einer ins Ein­
zelne gehenden linguistischen Analyse zu unterziehen.
Ergänzung zu Anm. 18: Mit der Sprache und dem kulturgeschichtlichen Zeugnis der
Novgoroder kabal'nye knigi aus der Zeit um 1600 hat sich B. O. Unbegaun selbst neuer­
dings wieder eingehend befasst. Vgl. u. a. seinen Artikel  Les anciens russes vus par eux-
męmes , Annali dell Istituto Universitario Orientale. Sezione Slava, VI (Neapel 1963),
1-16, sowie seinen Beitrag in der demnächst erscheinenden Festschrift für D . Tschizewskij,
Orbis scriptus (München 1965).
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