Die Verwandlung opr


Die Verwandlung - opracowanie

Inhalt

Erster Abschnitt

Der Handelsreisende Gregor Samsa erwacht eines Morgens aus „unruhigen Träumen“ und findet sich in der körperlichen Gestalt eines menschengroßen Ungeziefers wieder. Gregor selbst will diese Verwandlung zunächst nur als vorübergehend akzeptieren und stellt sich nur langsam den verschiedenen Konsequenzen seiner unfreiwilligen Metamorphose. Gregor reflektiert das Verhältnis zu seinem Beruf als reisender Tuchhändler: Die auszehrende Tätigkeit, von einem „nie herzlich werdenden menschlichen Verkehr“ gekennzeichnet, nimmt ihn völlig in Anspruch. Wäre er nicht alleiniger Familienernährer, der die Schulden seines bankrott gegangenen Vaters abarbeiten muss, würde er augenblicklich kündigen und dem despotischen Arbeitgeber „vom Grunde seines Herzens aus“ die Meinung sagen. So aber ist er in scheinbar unüberwindbare ökonomische Abhängigkeitsverhältnisse verstrickt.

Gregor Samsa wird wie immer an seiner Arbeitsstelle erwartet, kann aber aufgrund seiner Ungeziefergestalt nicht das Zimmer der elterlichen Wohnung verlassen. So trifft im Laufe des Morgens der Prokurist, ein Vorgesetzter von Gregor Samsa, ein, um sich insistierend über das unentschuldigte Fernbleiben des Angestellten zu erkundigen. Als er den Verwandelten erblickt, flieht er. Die versammelte Familie ist entsetzt und Gregor wird vom Vater unter Gewaltanwendung zurückgetrieben.

Zweiter Abschnitt

Mit der plötzlich eingetretenen Arbeitsunfähigkeit Gregors wird der Familie Samsa scheinbar über Nacht die finanzielle Lebensgrundlage entzogen. Erst später stellt sich heraus, dass es nicht unbeträchtliche Ersparnisse gibt, von denen Gregor nichts gewusst hat. Gezwungenermaßen drehen sich die Verhältnisse innerhalb der Familie um. Gregors Schwester Grete hatte bis zu dessen Verwandlung ein gutes Verhältnis zu ihm, er war sogar im Begriff, ihr das Studium an einer Musikschule zu finanzieren. Sie ist diejenige, die ihn versorgt und ihm Essen bringt. Jedoch tut sie dies nicht aus gutem Willen oder Zuneigung, sondern sie nutzt ihre Position, um sich die Anerkennung ihrer Eltern zu sichern und sich wichtig zu machen. Die vorerst verbliebenen menschlichen Züge Gregors werden mehr und mehr durch tierische Verhaltensweisen ersetzt und er beginnt, an Wänden und der Decke zu kriechen. Als seine Mutter und seine Schwester aus scheinbarem Wohlwollen für Gregor sein Zimmer ausräumen, versucht Gregor, ein Bildnis an der Wand zu retten, das er liebt (die „Dame im Pelz“).

Gregor will nicht, dass alle Einrichtungsgegenstände aus seinem Zimmer geräumt werden, denn sie erinnern ihn an sein Dasein als Mensch. Daher klammert er sich an das Bild, um es zu schützen. Diese Aktion wertet die Mutter als unerwarteten Angriff und verliert vor Schreck das Bewusstsein. Die Schwester eilt der Mutter mit Medizinflaschen zu Hilfe, die sie aus der Küche holt. Gregor folgt ihr und durch eine herunterfallende Flasche wird er schwer im Gesicht verletzt. Schließlich wirft der von seiner Arbeit wieder heimgekommene Vater mit Äpfeln nach Gregor, von denen einer in dessen Rücken stecken bleibt und ihn wiederum schwer verletzt.

Dritter Abschnitt

Im folgenden Monat leidet Gregor unter seiner Verletzung am Rücken und im Gesicht und nimmt kaum noch Nahrung zu sich. Er wird von der Familie immer mehr vernachlässigt, sein Zimmer wird zur Abstellkammer. Um den Lebensunterhalt zu sichern, haben sich die übrigen Familienmitglieder eine Anstellung gesucht und nehmen auch drei Untermieter in ihrer Wohnung auf. Gregor nimmt kaum mehr am Familienleben teil, lediglich die Wohnzimmertür wird abends offen gelassen, wenn die Familie zusammenkommt und die Untermieter auswärts essen, damit Gregor sich nicht ausgeschlossen fühlt.

Eines Tages bleibt seine Zimmertür trotz Anwesenheit der Untermieter offen. Diesen Umstand ausnutzend und angezogen von Gretes Violinenspiel im Wohnzimmer, bewegt sich Gregor aus dem Zimmer und wird von den Anwesenden entdeckt. Die Untermieter sind entsetzt über den Anblick des Ungeziefers. Sie beschweren sich über den unhygienischen Zustand der Wohnung und kündigen empört das Mietverhältnis. Die Familie hat nun endgültig genug vom Zusammenleben mit einem riesigen Ungeziefer, und die sich vorher fürsorglich um Gregor kümmernde Schwester äußert als erste ausdrücklich den Wunsch, das Ungeziefer loszuwerden. Sie kann in diesem nicht länger ihren Bruder erkennen. Gregor stirbt nach der Erkenntnis, dass er nicht mehr erwünscht ist, vor dem nächsten Sonnenaufgang. Er wird am frühen Morgen von der Haushaltsdienerin gefunden und sein Kadaver wird von ihr weggeschafft.

Die Erzählung endet mit einem gemeinsamen Ausflug der Familie Samsa vor die Stadt in entspannter Aufbruchsstimmung, bei welchem die positiven Zukunftsaussichten der Familie besprochen werden. Die Eltern erkennen die Tochter als aufblühende, junge Frau und sie ist nun der Gegenstand ihrer Zukunftshoffnungen.

Analyse

Struktur der Erzählung

Es lässt sich folgende Dreiteilung erkennen:

Moment der Verwandlung: Es ist das Ende von Gregors menschlicher und beruflicher Existenz (Auseinandersetzung mit Gregors Lebensweise; Verhältnis zu seinem Beruf als Handlungsreisender/Vertreter; Verbindung zwischen Eltern und Beruf; Reaktion der Familie auf die Verwandlung).

Zusammenleben mit dem „Ungeziefer“: Phase, in der das „Ungeziefer“ in der Familie eingeschlossen ist (Beziehung zu den einzelnen Familienangehörigen, insbesondere zur Schwester).

Allmähliches Sterben und Tod Gregors: Interesse der Familie an Gregor schwindet (Unabhängigkeit der Familie); körperlicher Niedergang und Tod.

Stil und Form

Das Ungeheuerliche wird detailliert und sachlich, fast im Stile eines nüchternen Tatsachenberichts geschrieben. Die emotional regungslose Art der Erzählung und die Unfassbarkeit des Inhalts des Erzählten bilden einen scharfen Kontrast, welcher dem Unmöglichen die Qualität der Selbstverständlichkeit und des Alltäglichen zuschreibt.

Die bizarre Fantastik des Inhaltes und der scheinbar trockene Realismus der sprachlichen Darstellung generieren die Wirkung der Erzählung.

Die Erzählform ist ein epischer Bericht aus der Erzählperspektive des Helden. Die fiktionale Wirklichkeit wird durch den Reflektor Gregor dargestellt. Die Person des Erzählers tritt erst nach dem Tod Gregors konkret zu Tage.

In jedem der drei Kapitel dringt Gregor einmal aus seinem Zimmer hervor. Jedes Kapitel endet mit einer Verwundung und seelischer Kränkung bis zum Tod. Durch diese Aufbaustruktur wird das Verhältnis der Familie zu ihm aussondernd und zurückstoßend plastisch. Gleichzeitig wirkt ein anderes Aufbausystem. Gregors eigener Niedergang geht einher mit dem Aufstieg der restlichen Familie. Sukzessiv wird dargestellt, wie eine fragwürdige, fragile Existenz untergeht, während eine vitale Physis überlebt, ähnlich wie in Das Urteil und in Ein Hungerkünstler.[2].

Interpretation

Wie Kafkas Werke überhaupt, so weckt auch diese Erzählung die Neigung vieler Interpreten nach religiöser (Max Brod) oder psychologischer Deutung. Besonders beliebt ist es, Die Verwandlung als Ausdruck von Kafkas Vater-Komplex zu deuten (erstmals von Charles Neider, The Frozen Sea 1948). Neben der psychologischen Deutung erfreuen sich auch soziologische Interpretationen großer Beliebtheit, welche die Familie in Die Verwandlung als Abbild gesellschaftlicher Verhältnisse begreifen.[3]

Vladimir Nabokov weist in seiner Vorlesung über Die Verwandlung, die er im Rahmen einer Vorlesungsreihe über europäische Literatur gehalten hat, derartige Interpretationen als unkünstlerisch zurück. Im Gegensatz dazu unternimmt er vielmehr eine am künstlerischen Detail orientierte Interpretation, die sämtliche symbolischen und allegorischen Bedeutungsebenen kategorisch ausschließt. Gegen die beliebte Vaterkomplextheorie führt er seine Beobachtung ins Feld, dass nicht der Vater, sondern die Schwester die grausamste Figur der Erzählung ist, da sie es ist, die Gregor verrät. Insgesamt ortet er das Thema der Erzählung als die Existenz des Künstlers in einer ihn umgebenden und schließlich auch ihn vernichtenden Gesellschaft von Spießern. Zum Stil Kafkas schreibt Nabokov abschließend: „Die Durchsichtigkeit seines Stils betont den dunklen Reichtum seiner Phantasiewelt. Gegensatz und Einheitlichkeit, Stil und Dargestelltes, Darstellung und Fabel sind in vollkommener Weise ineinander verwoben.“[4].

Nach Ralf Sudaus[5] Darstellung verdienen die Motive der Selbstverleugnung und Realitätsverdrängung besondere Beachtung. Früher hat Gregor Selbstverzicht geübt und war stolz, der Familie ein müßiggängerisches, schmarotzerhaftes Dasein zu ermöglichen. Als er durch seine Verwandlung zum Schmarotzer objektiv in die Lage kommt, umgekehrt Aufmerksamkeit und Fürsorge in Anspruch nehmen zu müssen, gibt er diese Ansprüche vor sich selbst nicht zu und will sich nicht über die nach und nach achtlose, ja feindselige Behandlung durch die Familie enttäuschen lassen. Selbstverleugnend verbirgt er seine ekelerweckende Gestalt unter dem Kanapee und selbstverneinend hungert er sich auf die verhohlenen Wünsche der Familie hin aus der Welt. Dieses Umkommen hat durchaus den Charakter eines tödlichen Hungerstreiks. Allerdings ist es von Seiten Gregors ein unbewusster (und eben erfolgloser) und von Seiten der Familie ein unverstandener (oder ignorierter) Hungerstreik.

Wesen der Verwandlung

Die unmittelbare Verwandlung des Menschen Gregor in das Ungeziefer Gregor stellt das bei Kafka oft anzutreffende "kritische Moment" der Erzählung dar: Die Unbedingtheit des Käfermotivs in seiner phantastischen Irrealität wird von den übrigen Personen als Gefährdung der Alltagswirklichkeit empfunden. Die Transformation in das Ungeziefer geschieht übergangslos als „absoluter Anfang“: Die Sphäre der Alltagsrealität wird unmittelbar mit jener des Surrealen konfrontiert.

In der Verwandlung bleibt Gregor ein intaktes Identitätsgefühl, obwohl sich seine Lebensweise ins Tierische verändert. Die anthropologische Trennung zwischen Mensch und Tier ist radikal aufgehoben.

Nicht nur Gregors Verwandlung an sich ist ungewöhnlich, auch seine Reaktion darauf und die seiner Umgebung sind es. Daraus leitet sich ab, dass das Käfermotiv den Gesamtrahmen der Erzählung erfüllt, dass die gesamte Welt der Verwandlung eine Ungezieferwelt ist. Durch die Selbstdefinition über die Fremdwahrnehmung der „Anderen“, der Familie, wird Gregors Selbst zum absolut Fremden.

Tatsächlich entspricht die Verwandlung darin nur einer radikalen Verschärfung der vorher bestehenden Umstände, deren Umkehrung nur scheinbar ist.

Gregor und allen anderen fehlt die Einsicht in das, was ihm widerfahren ist: nichts. Das heißt, die Verwandlung machte nur sichtbar, was ohnehin vorhanden war. Ekel und Abscheu sind die Verschärfung der Demütigung und Erniedrigung, die Gregor auch schon bisher erfuhr.

So verleugnen die Eltern Gregors inneren Konflikt und seine Entmenschlichung durch die Arbeit im Dienst der Familie. Gregor selbst hält die Selbstentstellung durch sein Opfer für eine Notwendigkeit. Weiter noch geht der Betrug, da die Eltern dies durch Ersparnisse und Arbeitsfähigkeit gar nicht nötig hatten. Erst in Gregors Entstellung wird das tierische Opfer sichtbar.

Die Befreiung, die eine Revolte gegen Chef und Vater zugleich hätte sein müssen, gelingt erst, als sie gar keine mehr ist: im Moment der Verwandlung.

Symbole

Fenster in Gregors Zimmer: Verbindung zur Außenwelt

Bild der Dame mit Pelz: erotisches Erlebnis für Gregor als Reisender (nur wenig Kontakt zu Frauen), möglicherweise auch Anspielung auf Sacher-Masochs Novelle Venus im Pelz

Zimmer in der Wohnung der Familie Samsa: am Anfang ist jeder Person eine Tür zugeordnet (3 Türen - 3 Personen)

Gregors Zimmer: Kreuzung für die Familie, da alle Zimmer der Personen in sein Zimmer führen

Gregors Zimmertür: Barriere zwischen Gregor und seiner Familie; Schutz vor dem angreifenden Vater

Gregors Zimmer ist der Mittelpunkt: Jedes Zimmer hat eine Tür zu seinem Zimmer; er ist der Versorger der Familie

Gregors Zimmer als Festung und Gefängnis: Im ersten Abschnitt ist die Familie und der Prokurist aus dem Zimmer ausgesperrt, ab dem zweiten Abschnitt ist Gregor immer wieder in sein Zimmer eingesperrt.

Waffen des Vaters (Stock, Zeitung, Äpfel): Gewalt gegen Gregor

Nahrung: Der Käfer Gregor mag keine menschliche Nahrung zu sich nehmen und lehnt mehr und mehr auch seine Tiernahrung ab, was zu völliger Abmagerung und schließlich zum Tode führt.

gestörte Kommunikation: Gregor wird aufgrund seiner Käferstimme von der Familie nicht verstanden, kann aber deren Worte verstehen.

Straußenfeder am Hut der Bedienerin: (ägyptisches) Symbol für Gerechtigkeit/Wahrheit; die ungeschönte Beschreibung/Bezeichnung Gregors durch die Bedienerin (zum Ärger des Vaters, der erst versucht, diese Sicht zu gewinnen)

Sonne am Ende der Erzählung: Neubeginn der Familie

vokale Assoziation (Konsonanz) SAMSA - KAFKA (obwohl Kafka selbst behauptete, dass hier keine gewollte Konsonanz vorliege)

Ergänzungen/Interpretationen

Zu Teil 1

Belegung der Behauptung „Es war kein Traum“ (S.7):

sein Verhalten ist zu realistisch:

verhält sich bis ins letzte Detail wie ein Käfer, der es sich noch nicht gewohnt ist ein Käfer zu sein.

die Reaktion seiner Mutter, dem Vater und der Schwester

das 2. Aufwachen ist symbolisch eine Bestätigung der Realität

das Schmerzempfinden zeugt von Realität

das Zeitgefühl, was in einem Traum nicht vorhanden ist

ebenfalls die Logik der Abläufe

das Verantwortungsgefühl

ebenfalls die flexible Analyse und die Reflexion der Situation

zudem nimmt er die Umwelt unverändert wahr

Was spricht pro/contra für sein Käferdasein?

pro:

Hin- und Hergerissen zwischen Akzeptanz und Ablehnung seines allfälligen Käferdaseins

seine Sprach ist nach der Verwandlung unverständlich

seine Selbstbeschreibung

die Sekrete und andere Körpersäfte

die Reaktion seiner Umgebung:

- Vater verscheucht sich mit dem Stock

- Mutter fällt in Ohmacht

- Prokurist: „Das ist eine Tierstimme.“

contra:

seine Denkvorgänge/Gedankenzüge entsprechen denen eines Menschen:

- in Bezug auf seine Arbeit

- bezüglich der Reaktion seiner Mitmenschen

Sprache zu Beginn der allfälligen Verwandlung noch für seine Mitmenschen verständlich

seine Körpergrösse

die Reaktion seiner Umgebung:

- Es wird nicht so reagiert, als wäre es nicht Gregor

- Er wird nicht explizit als Käfer bezeichnet

Zu Teil 2

Hier spielen vor allem die Erzählformen eine elementare Rolle. Damit ihr nochmals einen kleinen Überblick über die Erzählformen habt, habe ich euch hier noch eine kleine Tabelle mit ihren Eigenschaften und dem Zusammenhang zu Kafkas Werk zusammengestellt:

Ich-Erzählung - hohes Identifikations-/Einfühlungspotential; weniger glaubwürdig, weil z.T. sehr subjektiv; wenn Kafka den Käfer aus der Ich-Perspektive aus beschrieben hätte, wäre der Käfer unglaubwürdiger herübergekommen

Auktoriale Erzählung (= Gott) - distanziert, kritisch und ganz wichtig allwissend; enthält auch persönliche Beiträge/Kommentare des Autors; der auktoriale Erzähler ergreift Partei, d.h. er bewertet und schürt Symphatien; wichtig in Kafkas Werk: der auktoriale Erzähler ist wie schon erwähnt allwissend, darf aber nicht alles was er weiss sagen, sonst würde er auflösend (Käfer ja o. nein?) wirken und die Spannung ginge verloren.

Neutrale Erzählung - der neutrale Erzähler schaut im Prinzip einfach hin und beschreibt was er sieht; er sieht nicht in die Personen hinein, d.h. er weiss ebenso wenig wie der Leser was eine dargestellte Person fühlt oder denkt.; hätte Kafka sein Werk in dieser Form geschrieben, würde man nicht sehen was Gregor als Käfer denkt und fühlt.

Kafka hat in diesem Werk bis zu Gregors Tod PERSONAL, danach, d.h. der Schluss AUKTORIAL geschrieben!! - Personal will heissen, aus der Sicht Gregors aber nicht in Form einer Ich-Erzählung („weiss“ auch mehr als ein Ich-Erzähler, d.h. kommt fast der Allwissenheit eines auktorialen Erzählers nahe)!; nach dem Tode Gregors ist dies natürlich nicht mehr möglich, deshalb schreib er dann auktorial.

Dass sich der Titel „Die Verwandlung“ nicht nur auf Gregor Samsa bezieht, wird im Teil 2 ebenfalls klar

Veränderungen/Verwandlungen:

Zimmer: Möbel werden ausgeräumt, d.h. seine Behausung wird nicht von ihm, sondern von seiner Familie zum „Heim eines Ungeziefers“ gemacht. à „Verhälst du dich wie ein Tier, dann sollst du auch wie eine Tier leben!“

Vater: vor der allfälligen Verwandlung Gregors krank, macht nichts, kann sich kaum bewegen, geht am Stock. Nach der Verwandlung arbeitet er wieder. Er ist nicht mehr der schwache, kranke Mann sondern wird mit der zunehmenden Schwäche Gregors immer stärker. à der schwache Vater ist im Endeffekt doch der Stärkere. Gregor geht wird immer schwächer, geht wie ein Geschwür innerlich kaputt. à das Ganze wird im Buch unter anderem dadurch belegt, dass der Panzer, der eigentlich Schutz und Stärke symbolisiert, von einem Vater durchbrochen werden kann.

Familiensituation: Vor der Verwandlung bringt Gregor das Geld nach Hause. Die Familie nutzt ihn gnadenlos aus, denn niemand arbeitete und die wie sich im Verlaufe des Werkes herausstellt sind die viel grössere Ersparnisse vorhanden, wie zuerst angenommen. Nach der Verwandlung geht nun sein Vater und seine Schwester wieder arbeiten und es findet insofern ein Rollentausch statt, dass sich nun Gregor von seiner Familie „bedienen“ lässt.

Essen: Die Schwester bring zu Beginn gutes Essen, später bring sie nur noch Essensresten und Abfälle.

Schwester: Sie gewinn an innerhalb der Familie an Anerkennung. Zu Beginn des Werkes traut ihr niemand etwas zu. Sie wird als die kleine, schwache, sensible Schwester beschrieben. Nach der Verwandlung wird sie erwachsen, beginn zu arbeiten, wird für die Familie nützlich und wird vor allem als Persönlichkeit immer stärker (ganz zu Beginn weint sie, muss getröstet werden, später ist sie diese, die tröstet). Aus ihr wird auch später eine neue Familie entstehen. Es liegt sehr nahe, dass der Mann der mit ihr eine Familie gründen wird, Gregors Stelle einnehmen wird, denn dann müssen die Eltern wieder weniger arbeiten. à die Schwester wird in das System der kleinbürgerlichen Familie eingespannt, verdient Geld und macht etwas bodenständiges.

Entwicklung Gregor-Schwester: Zu Beginn sucht Gregor für seine kleine Schwester ein „unnützliches“ Ziel à Konservatorium (für Töchter aus gutem Hause), was ein Zeichen für seine Liebe zu seiner Schwester ist. Anfangs (nach der Gregors Verwandlung) kümmert sich die Schwester liebevoll um ihn. Man merkt, dass da ein sehr enges Verhältnis zwischen den beiden vorhanden ist, sie sich liebten und umeinander kümmerten. Doch mit dem Verlauf des Textes kümmert sie sich immer weniger um Gregor, entfremdet sich Stück für Stück von ihm und ist schlussendlich auch die erste, die sagt, dass er kein Familienmitglied mehr ist, sondern bloss ein Tier!

Wichtige Frage: Wie stark machte die Familie Gregor zum Käfer? Wie stark war seine Schuld daran, d.h. wie stark liess er dies auch zu?

Zu Teil 3

Die hier angesprochene Banalität ist so zu interpretieren, dass Gregor im Prinzip total innerlich verfressen ist, ein Verdränger ist, der das Schlechte/Unangenehme einfach so weit von sich wegzuschieben versucht und „darüberhinweg“ zu leben versucht, was zur Folge hat, dass sein banales Leben weiter geht! (S.71 Mitte: „..lasst schon endlich die alten Sachen.“)

Schlussteil

Es entsteht ein scheinheiliges Bild der Familie, denn als der Störfried Samsa (bzw. im Realen Kafka) tot ist, verhält sich die Familie wieder harmonisch!

Kritik zum Schlussteil: Der Schlussteil verstärkt die Vermutung, dass Gregor doch ein Käfer ist. Passender wäre ein offener Schluss gewesen.

Allgemeine Fragen

Wieso hat Kafka Verwandlung in ein Käfer gewählt?

Käfer ist wie ein Kind (kriecht, krabbelt, ist hilflos und muss keine Verantwortung übernehmen) -> Parallele zu seinem Kinderkomplex

ist ein Ausdruck für das durch die familiäre Schuld deklassierte Selbstbild

ein ohnmächtiger Protest gegen die von aussen aufgezwungenen Erwartungen (Arbeitgeber sowie Familie!)

Der „Brief an seinen Vater“

der Brief wurde nie abgesandt -> wie Gregor ständig hin- und hergerissen

Kafkas letzter Wille war, dass all seine Nichtveröffentlichten Werke, darunter eben auch der Brief an den Vater verbrannt werden sollten, weil er sie als „nichterhaltenswert“ einstufte. Seine bester, langjähriger Freund Max Brod hielt sein Versprechen nicht und publizierte seine Texte -> die Vermutung liegt nahe, dass Kafka absichtlich Max Brod ausgewählt hat, in der Hoffnung, dass er sich nicht an sein Versprechen hält.

Vater-Sohn/Tochter-Verhältnis:

- heute: eher kollegiale Verhältnisse

- vs. früher: Hierarchiedistanz, förmlich, Respekt, Angst, Hass, Kritik -> die „Gegenspieler“ Angst vs. Kritik haben auch sehr stark Kafkas Brief geprägt -> einerseits starke Kritik andererseits unterwürfig, ängstlich gezeigt durch sein ständiges „Zurücknehmen“, relativieren seiner Kritik und sogar seinen Selbstvorwürfen

Thema: Schuld -> „k/eine Anklage“

- S.1 Abs. 4: „Du bist zwar der Böse, aber kannst nichts dafür.“ -> mitverursacht (Kritik), aber ohne Schuld

- S.2: ständiges hin und her, schwanken, doppeldeutig (wie Gregor Käfer oder nicht?) -> schlimmste Vorwürfe, aber hat keine Schuld

- S.2 Abs. 3: Vorwürfe relativiert mit Selbstvorwürfen (Kinder haben nicht die Geduld auf Güte des Vaters zu warten!)

- S.3 Abs. 3: Samsa hat durch Verwandlung eine Fluchtmöglichkeit, die Kafka nicht hat, sich aber wünschen würde -> wieder Indiz für Verdränger Kafka -> Verwandlung in Käfer = Flucht in eine andere Existenz, die die bestehenden Verhältnisse z.T. umkehrt -> Wahnsinn) -> dafür hatte Kafka eine andere Möglichkeit mit seine Probleme, Komplexe zu verstehen und zu verarbeiten, nämlich das Schreiben, was Gregor nicht hat!

Ziel: objektive Wahrheit der Verhältnisse/Konflikt finden:

Erkenntnis dass dieses Ziel für Kafka unerreichbar ist, denn für Kafka gibt es die Wahrheit nicht mehr, was sich durch sein ständiges hin und her bemerkbar macht. Weil es die Wahrheit nicht mehr gibt, kann man auch nicht sagen wer schuldig ist oder nicht -> wiederum ständiges hin und her -> Ursprung seiner Komplexe

Weshalb schrieb er den Brief?

Verlobung mit Schusterstochter Julie: Kafka stammt aus einer Kaufmannsfamilie. Seine Vater war mit dieser Verlobung alles andere als Zufrieden, weil eine Heirat mit einer Schusterstochter ein sozialer Abstieg bedeutet hätte.

Kafka hat zwei seiner Werke „der Landarzt“ und später „die Strafkolonie“ seinem Vater gewidmet. Der Vater zeigte auf diese Widmungen keinerlei Reaktion, was Kafka sehr verletzt hatte. Allerdings ist unklar, ob die Widmung dieser Bücher nicht auch den Vater verletzt haben, den „die Strafkolonie“ könnte stark im Zusammenhang mit dem Verhältnis zu seinem Vater stehen.

Parallelen „Brief an den Vater“ und „die Verwandlung“

scheinbares Verständnis für Misshandlung (Äpfelwürfe mit der starken schlussendlichen Verletzungsfolgen) -> starke Vorwürfe, aber immer wieder relativiert mit Verständnis -> sichtbar auf S.2 langer Abs. die letzten Zeilen („hätte mich plattdrücken können“)

Familie, eine Familie sein -> das nicht Heiraten können (siehe Kafkas Autobiographie). Diese Angelegenheit wird im Buch durch Samsas Bild in seinem Zimmer symbolisiert (S.7 Mitte):

- Es zeigt eine mit einem teuren Pelzmantel gekleidete Dame. Sie symbolisiert für ihn das Bild einer idealen Frau, die aber für ihn unerreichbar ist, da er schon eine Familie versorgen muss und somit keine eigene gründen kann. Das zeigt die Tatsache, dass der Rahmen des Bildes nur vergoldet ist („nicht alles was glänzt ist Gold“) und das Bild nur aus einer Illustrierten herausgerissen ist.

- Kafka hat eigentlich ein machtloses Verlangen nach einer Ehe, nach Kindern, die Fruchtbarkeit symbolisieren, doch seine grosse Angst vor der Ehe und Kindern, vor einer eigenen Familie, lassen seine Verlobungen immer wieder brechen -> er hat Angst dass er gleich wie sein Vater wird und seine Kinder gleich wie er!

Allgemeine Bemerkungen zum Brief an den Vater:

Der „Brief an den Vater“ ist wie in der Autobiographie bereits aufgelistet nach „dem Landarzt“, „der Strafkolonie“ und „der Verwandlung“ entstanden.

Der Brief an den Vater enthält eine Besonderheit. Auf S. 4. grosser Abs. schreibt Kafka aus der Perspektive des Vaters (fiktiver Vater), d.h. Kafka hat sich vorgestellt wie sein Vater auf sein Brief/Fragen antworten würde.

Man muss immer den ganzen Abschnitt lesen, bevor man sich eine Meinung bilden darf und eine Aussage zu Kafkas Aussage machen darf! -> ständiges hin und her!

Entstehungsgeschichte

Kafka begann sein Werk am 17. November 1912 und wollte dieses wie seine Erzählung �Das Urteil� in einem Zug beenden. Doch erwies sich das Projekt als ein hinausgezögerter Prozess, da Kafka den Umfang der geplanten Arbeit unterschätzt hatte. Schließlich beendete er seine Erzählung am 7. Dezember 1912.

Während des Schreibprozesses hatte er keine genauen Pläne oder Vorlagen, sondern wollte seine über längere Zeit entstandenen Vorstellungen innerhalb kürzester Zeit zu Papier bringen, um somit seine kreative Phase- geprägt von Konzentration und geistiger Klarheit- auszunutzen.

Die Entstehungszeit war gekennzeichnet von einem angespannten Verhältnis zu Felice, seiner damaligen Verlobten. Kafka kritisierte sich selbst als untauglicher Ehemann und Vater und mit dem Ausbleiben von Felices Briefen wandte sich der krankhaft sensible Kafka von seiner geliebten ab und seine Erzählung �fiel ihm im Jammer im Bett ein� und �hat ihn innerlichst bedrängt�. Dabei setzten sich seine literarischen Phantasien in der Schaffensphase um 1912 mit dem Vater- Sohn- Konflikt, Eheproblemen und Identitätsverlust auseinander. Kafka setzte sich somit auf schriftstellerische Weise mit seinen eigenen Problemen auseinander und hoffte, auf einen neuen Weg oder gar eine Lösung zu stoßen. Die literarische Produktion fungiert für ihn somit als Lebensbewältigung.

Ursprünglich sollten die Erzählungen �Das Urteil�, �Die Verwandlung� und �Der Heizer� in einem Sammelband namens �Die Söhne� erscheinen, wobei diese Idee keine Verwirklichung fand. Dennoch lässt sich daraus schließen, dass diese Werke thematische Gemeinsamkeiten und autobiografische Züge aufweisen, wie bereits der Titel andeutet.

Die Thematik

�Die Verwandlung� thematisiert in erster Linie auf ungewohnte Weise ein alltägliches Problem des menschlichen Miteinanders: Im Mittelpunkt des Geschehens steht der Konflikt zwischen Vater und Sohn, obgleich die Familie zunächst einen harmonischen Eindruck macht. Die anfangs von Gregor geschilderte Idylle impliziert jedoch automatisch ein Hinterfragen beim Leser, denn das gesamte Wohl der Familie basiert auf der kompletten Abhängigkeit von Gregor und dessen Verdienst. Seine Eltern erscheinen als lethargisch- phlegmatische, beinah entmündigte Familienmitglieder und die Schwester Grete ist extrem stark auf ihren Bruder fixiert und wirkt für ihre 17 Jahre eher unreif.

Gregor erweist sich als fürsorglich und aufopferungsvoll, erntet dennoch wenig Anerkennung von seinen Eltern. Er fungiert vor der Verwandlung als Familienoberhaupt und stellt somit die Autorität dar. (siehe Anhang 1)

Mit seiner Verwandlung zieht er sich jedoch aus dem Konkurrenzkampf mit dem Vater zurück und es erfolgen komplementäre Verwandlungen: Der Vater entwickelt sich zu einer vitalen, entschlussfreudigen Person und Grete reift zu einer jungen Frau heran. Somit verbessern sich die Umstände ohne Gregor- er ist lediglich das Ungeziefer der Familie und wird als belästigend empfunden. Durch das sich verändernde Verhältnis von Gregor und seinem Vater gewinnt die Erzählung an Dynamik. (siehe Anhang 2)

Gregors Fantasien vs. die Realitäten der Familie

Gregor hat im Verlauf der Jahre ein sehr naives Wunschbild von seiner Familie aufgebaut und kann die Wirklichkeit nicht kritisch reflektieren. So entschuldigt er den Betrug des Vaters, seine Aggressivität und die Vernachlässigung durch die Familie, obwohl Gregor selbst als Ernährer der Familie fungierte. Er befindet sich somit in einer kindlichen Abhängigkeit zu den anderen Familienmitgliedern. Auch bedauert er die Familie um die Arbeit, welche sie ab nun zu leisten haben und zeigt Verständnis für diese auf, obwohl er der einzige wirklich hart Arbeitende in der Familie war. Schließlich bejaht er sogar das Urteil der Schwester, Gregor müsse endlich verschwinden und kurz vor seinem Tod denkt er noch mit Rührung und Liebe an die Familie zurück. Er behält somit die Illusion von Harmonie als Käfer bei, da deren Entblößung seine bisherige Existenz in Frage stellen würde. Lediglich einmal kritisiert er ansatzweise die Undankbarkeit der Familie: �man nahm das Geld dankbar an, er lieferte es gern ab, aber eine besondere Wärme wollte sich nicht mehr ergeben.�

Kafka liefert jedoch keine Beschreibung des Familienlebens vor der Verwandlung und der Leser kann lediglich Rückschlüsse aus Andeutungen ziehen: So durchlief Gregor seinen Bildungsweg vom Volksschüler über den Bürgerschüler bis zum Handelsakademiker und sein Einsatz für die Familie lassen ihn als einen verantwortungsbewussten, jungen Erwachsenen auftreten. Die Mutter hingegen beschreibt ihn als einen kindlichen, in sich gekehrten und sehr fügsamen Menschen: Gregor geht nie aus und verrichtet allein auf seinem Zimmer Laubsägearbeiten. Die Personencharakteristik ist somit sehr subjektiv von den Ansichten der Mutter gefärbt und der Leser ist aufgefordert, sich ein eigenes Bild mittels der verschiedenen subjektiven Beschreibungen zu errichten.

Während der meisten Zeit ist Gregor jedoch auf Reisen und folglicherweise vom Familienleben abgeschottet. Auch ist in keinster Weise die Rede von Gesprächen oder anderen Gemeinsamkeiten. Die Isolierung Gregors vom Familienleben wird besonders bei dessen Heimkehr deutlich: Der Vater empfängt ihn im Schlafrock im Lehnstuhl und hebt dabei nur leicht die Arme, die Mutter liegt jeden zweiten Tag mit Asthma auf dem Sofa und die Schwester legt in den Tag hinein, kleidet sich nett und spielt Violine. Gemeinsame Gespräche kommen in den wenigsten Fällen zustande, anstatt dessen liest Gregor Zeitung oder studiert am Tisch den Fahrplan. Es herrschst somit ein kühles Nebeneinander, für welches die Mutter folgende Begründung liefert: �Der Junge hat ja nichts im Kopf außer

Das Geschäft.� Dem Leser ist jedoch bewusst, wie sehr Gregor seinen Beruf verabscheut: �was für einen anstrengenden Beruf habe ich gewählt! Tag aus, Tag ein auf der Reise. Die geschäftlichen Aufregungen sind viel größer, als im eigentlichen Geschäft zu Hause, und außerdem ist mir noch diese Plage des Reisens auferlegt, die Sorgen um die Zuganschlüsse, das unregelmäßige, schlechte Essen, ein immer wechselnder, nie andauernder, nie herzlich werdender menschlicher Verkehr. Der Teufel soll das alles holen!� (S.1; Z. 34ff.)

Gerade nun wären doch eine unterhaltsame Abwechslung und menschliche Wärme daheim von Nöten!

Wohnverhältnisse

Gregors psychische Situation drückt sich in der physischen Beschaffenheit der Wohnung aus. Die Räume besitzen alle eine metaphorische, symbolische Bedeutung. (siehe Anhang 3)

Die Wohnung wird als eine für die gegenwärtigen Verhältnisse zu große, staatliche Wohnung beschrieben, Gregors Zimmer hingegen als ein zu kleines Menschenzimmer definiert. Es besitzt eine einfache Einrichtung: Bett und Tisch mit der Musterkollektion von Tuchwaren, einen Kasten mit Weckuhr, einen Stuhl und ein Kanapee- ein Symbol für du zunehmende Isolation Gregors, da er sich unter diesem verkriecht und mithilfe eines Leinentuchs, dessen Wortklang eher an ein Leichentuch erinnert, versteckt. Auf dem Schreibtisch prangt ein Bild mit einer Pelzdame- ein Wunschbild, ja unerreichbares Idol Gregors und zugleich ein Symbol für seine erotische Begierde, welche insbesondere beim Ausräumen des Zimmers aufgrund zweideutiger Formulierungen zum Vorschein kommt: �und presste sich an das Glas, das ihn festhielt und seinem heißen Bauch wohl tat.�

Dieses Bild stellt einen harten Gegensatz zu der abstoßenden äußeren Erscheinung Gregors da und auch eine Fotografie Gregors in Uniform steht im Kontrast zur pelzbekleideten, lasziv wirkenden Dame. Die vernünftige, mächtige Wirkung Gregors auf diesem Bild signalisiert seine äußere, bereits vergangene Macht, deren Symbolgehalt später durch die Uniform des Vaters wieder aufgegriffen wird.

Gregors Zimmer befindet sich im Zentrum der Wohnung und von diesem gehen drei Türen aus, vor welchen sich die Familienmitglieder nach der Verwandlung einfinden, um sich nach Gregors Befinden zu erkundigen. Mit nur wenigen Worten liefert Kafka an dieser Stelle eine präzise psychologische Charakterisierung der Personen: �(�) klopfte es vorsichtig an die Tür am Kopfende seines Bettes. (�) es war die Mutter.� (S. 7; Z. 12f.) �(�) und schon klopfte an der einen Seitentür der Vater, schwach, aber mit der Faust.� (S. 7; Z. 28ff.) �An der anderen Seitentür aber klagte leise die Schwester (�)� (S. 7; Z. 32f.)

Schon zu Beginn der Erzählung wirkt Gregor somit von der Familie eingekreist, bedrängt und umzingelt. Die Türen sind jedoch verschlossen, was Gregor mit der Vorsicht eines Reisenden begründet. Es drängt sich jedoch eher die Vermutung auf, dass er sich von seiner Umgebung absetzen und schon vor der Verwandlung einen Panzer vor der Außenwelt schaffen will. Sein Wunsch nach Abgrenzung in einer ausweglosen Lage bestätigt das Gefühl, Gregor sei mitten in seiner Familie ein Fremder und würde auch dementsprechend behandelt.

Kafkas Zimmer lieferte hierfür die Vorlage, denn in einem Brief an Felice vom November 1912 schrieb er: �Die Mutter ging durch mein Zimmer als ich gerade nicht

darin war- mein Zimmer ist ein Durchgangszimmer oder besser eine Verbindungsstraße

zwischen dem Wohnzimmer und dem Schlafzimmer der Eltern [�].�

Eine augenblickliche Veränderung der Wohnsituation ergibt sich mit dem Einzug der Zimmerherren: Diese speisen im Wohnzimmer, die Familie wurde in die Küche degradiert und die Wohnsituation scheint somit zunehmend beengender. Der geplante Wohnwechsel der Samsas bezeugt ihren sozialen Abstieg aufgrund finanzieller Verarmung und niederer beruflicher Stellung, da sie ihren früheren großbürgerlichen Status- demonstriert durch die Haltung eines Kindermädchens bei zwei Kindern- aufgeben mussten.

Die Bedeutung der Wohnverhältnisse für den gesellschaftlichen Status erfuhr auch Kafka, denn zahlreiche Wohnungswechsel der Familie waren begründet im Streben des Vaters, den sozialen Status äußerlich zu verbessern. In Armut aufgewachsen und schon als Kind zum Arbeiten gezwungen, arbeitete der Vater später hart und etablierte sein Geschäft als Großhandlung, um somit eine sichere soziale Stellung, Reichtum und einen gewissen Status zu erlangen und zu erhalten, wobei er seine Ziele stets mithilfe brutaler Ellenbogenmentalität und sturer Konzentration erreichte.

Die Situation für Gregor wird im Verlauf der Erzählung immer erdrückender und die Türen sind als die letzte Verbindung nach außen zunehmend geschlossen. Auch mit dem Blick aus dem Fenster auf ein Krankenhaus trübt sich Gregors Blick und verschließt ihm die Sicht nach außen. Des Weiteren stellt die Treppe ein zentrales Fluchthindernis für ihn dar: Der Prokurist nutzt sie nach der grausamen Entdeckung Gregors zur Flucht und auch die Zimmerherren werden beim Verlassen der Wohnung auf der Treppe erblickt, während ein Fleischergesell mit stolzer Haltung hinaufsteigt. Als die Familie Samsa erstmalig nach Gregors Tod geschlossen die Wohnung verlässt, wird die Treppe bereits nicht mehr erwähnt- sie stellt für sie kein nennenswertes Hindernis dar.

Die Raumsituation Gregors ist eine Situation der Gefangenschaft- nicht nur im Sinne von Reduzierung der Bewegungsfreiheit- sondern auch in Verbindung mit sozialer Isolation und Kommunikationsverlust- Thematiken, mit welchen sich Kafka zeitlebens beschäftigte und welche auch seinen persönlichen Verlauf nachhaltig bestimmten.

Der Umzug der Samsas nach Gregors Tod gleicht einem Identitätswechsel: �Die größte augenblickliche Besserung der Lage musst sich natürlich leicht durch einen Wohnungswechsel ergeben; sie wollten nun eine kleinere und billigere, aber besser gelegene und überhaupt praktischere Wohnung nehmen, als es die jetzige, noch von Gregor ausgesuchte war.� (S. 50; Z. 28ff.) Die Familie schließt endgültig mit der Vergangenheit ab und hat Gregor bereits vergessen resp. verdrängt.

Gregor - Beruf

Die berufliche Situation Gregors spielt bereits zu Beginn eine entscheidende Rolle, denn beim Erwachen erblickt dieser die Musterkollektion auf dem Tisch während er den Käferkörper im Bett wälzt. Somit wird dem Leser suggeriert, dass Beruf und Verwandlung in einem gewissen Beziehungsgefüge miteinander verknüpft sind und einander bedingen. Gregor berichtet aus seiner Perspektive, wie sehr ihm der Beruf verhasst ist und das das dieser lediglich zum Schulden abzahlen der Eltern dient.

Auch hier ergeben sich einige Parallelen zu Kafkas leben, da dieser eigentlich den Wünsch verspürte, Philosophie zu studieren, doch entschied er sich unter dem Einfluss des Vaters für ein Studium der Rechtswissenschaften. Der Vater lenkte das Familiengeschehen, denn auch die Mutter und später auch teilweise die Kinder mussten im Geschäft mitarbeiten.

Ansprüche auf ein selbstbestimmendes Leben, welche Gregor angesichts seiner Eltern unterdrückt, kommen gegenüber dem Chef zumindest in seiner Phantasie zum Ausdruck. Gregors Einstellung zu seinem Beruf erweist sich somit als durchaus zwiespältig: Einerseits verhält er sich dem Prokuristen gegenüber devot und unterwirft sich ihm, doch andererseits entwickelt er Rachefantasien- so stellt er sich die Kündigung vor- doch sein Handeln bleibt hinter den Wünschen und Vorstellungen zurück. Diesen unterdrückten aggressiven Impuls hinter der von Normen und Konventionen bestimmten Fassade musste auch Kafka zeitlebens spüren, denn seine Anstellung in einer Versicherungsgesellschaft und sein schneller Aufstieg in dieser dienten lediglich dem Lebensunterhalt, doch sah er diese Arbeit als eine essentielle Behinderung an seiner eigentlichen Arbeit, welche er nur noch nachts verüben konnte: das Schreiben.

Gregors Überlegungen zeigen die harten Umstände und das Abhängigkeitsverhältnis auf, unter denen dieser arbeiten muss: Ein Geschäftsdiener überwacht die pünktliche Ankunft Gregors am Bahnhof und Krankmeldungen werden durch den Chef oder einen Krankenkassenarzt vor Ort geprüft, wobei für den Arzt lediglich gesunde, oder aber arbeitsscheue Menschen existieren. Das verspätete Erscheinen Gregors verursacht somit das Eintreffen eines Angestellten und die in einer wirtschaftlich radikal aufstrebenden Zeit nicht unüblichen Kontrollmechanismen aufgrund des Misstrauens der Geschäftsleitung gegenüber dem Angestellten wird verdeutlicht.

Zunächst scheinbares Verständnis vorheuchelnd, meint der Prokurist schließlich, dass Gregor eine leichte Erkrankung zum Fehlen ausnutze und deutet an, dass der Chef Gregor verdächtige, diesem Geld unterschlagen zu haben. Es werden folglicherweise ohne Kenntnis der wahren Ursache Unterstellungen und Beschuldigungen ausgesprochen, welche belegen, dass der Einzelne im ökonomischen Prozess keinerlei Recht, Schutz oder Anspruch auf menschenwürdige Behandlung hat- es ist die Aufgabe der Angestellten, im Arbeitsprozess wie eine Maschine zu funktionieren und tragischerweise war dies die Realität um die Jahrhundertwende.

Gregor ist nicht in der Lage, angemessen auf den Prokuristen zu reagieren, da die Jahre der Unterdrückung Spuren hinterlassen haben. In seinem Monolog versucht er, sich zu entschuldigen und den Prokuristen durch Unterwerfung für sich zu gewinnen. Seine Bitte wirkt jedoch grotesk, da seine Tierstimme nicht mehr verstanden werden kann.

Mit dieser langen, monologischen Ansprache beendet Gregor die Kommunikation mit der Umwelt und bleibt fortan stumm- er zeigt sich damit auch zum letzten Mal als angepasster, heuchlerischer und angstvoller Untertan, der nur in Gedanken eine Rebellion wagt.

Gregors innere Verwandlung - Befreiung

Gregors innere Verwandlung - Befreiung von der Verantwortung

Bis zu diesem Zeitpunkt hat Gregor seine Verwandlung noch nicht recht wahrgenommen. Er stellte die Veränderungen seines Körpers mit erstaunlicher Gelassenheit fest und bemühte, sich zu beherrschen, obgleich er immer wieder nach neuen Erklärungsansätzen sucht: Für die veränderte Stimmung macht er eine Erkältung verantwortlich und die Steifheit seines Körpers schiebt er auf ungeschicktes Liegen. Im Folgenden beschließt er, die Entscheidung über seinen Zustand den Eltern und dem Prokuristen zu überlassen: �Würden sie erschrecken, dann hatte Gregor keine Verantwortung mehr und konnte ruhig sein. Würden sie aber alles ruhig hinnehmen, dann hatte auch er keinen Grund sich aufzuregen, und konnte, wenn er sich beeilte, um acht Uhr tatsächlich auf dem Bahnhof sein.� (S. 13; Z. 19ff.)

Dieser Gedanke Gregors ist naiv und listig zugleich, denn er entlastet ihn in jedem Fall. Doch übergibt er gleichzeitig auch die Definition des eigenen Status an die anderen und macht somit das eigene Handeln von Urteilen der Außenwelt abhängig. Obgleich die Reaktion seiner Umwelt ihm beweisen müsste, dass er keinerlei Verantwortung mehr übernehmen braucht, versucht Gregor trotzdem, den Prokuristen zurückzuhalten und seine Eltern werten dies als Angriff, weshalb der Vater das �Ungeheuer� in sein Zimmer zurücktreibt.

Von nun an ist Gregor nicht mehr für sich selbst verantwortlich, sondern er wird versorgt.

Die Verwandlung kann ebenfalls als eine Entfaltung von Kafkas Aussteigerfantasien gedeutet werden, denn diesem war sein Beruf und das ständige Reisen, zu welchem er ebenfalls beruflich gezwungen war, verhasst und es störte seinen Lebensrhythmus.

Die Stufen der Verwandlung

Die anfänglichen böswilligen Unterstellung des Prokuristen, Gregor würde seine Aufgaben nicht hinreichend erfüllen, zu wenig Aufträge einbringen und keine Verantwortung für seinen Beruf übernehmen, erfüllt Gregor als Käfer nun vollends. Er ist vom erfolglosen Handelsreisenden zum nutzlosen Käfer geworden, was sich auch in seinem Verhalten niederschlägt: Er verliert die Sprache, bevorzugt vergammeltes Essen, sein menschliches Sehvermögen nimmt ab und er bevorzugt Zerstreuung durch Herumkrabbeln an den Wenden oder Herabfallen von der Decke. Seine Denkvorgänge im Bezug auf Arbeit oder bezüglich der Reaktion seiner Mitmenschen entsprechen jedoch noch denen eines Menschen und wichtige menschliche Empfindungen und Wesenszüge wie etwa das Einfühlungsvermögen gegenüber der Familie, Rücksichtnahme und das Schämen für seine Gestalt und der damit verbundene erwünschte Rückzug bleiben jedoch erhalten.

Doch folgt Gregor zunehmend auch stärker seinen Instinkten: Als sein Zimmer ausgeräumt wird, verlässt er sein Versteck, kriecht verstört im Zimmer herum und schützt das Bild der Pelzdame. Die schwere Verletzung Gregors durch die Apfelwürfe des Vaters verdeutlichen Gregors Ausschluss aus der nur seine tierische Existenz akzeptierende Familie.

Vor seiner Schwester versteckt er sich nun nicht mehr, sondern stellt sich vorwurfsvoll in die schmutzigen Ecken und die schlechte Versorgung versetzt ihn immer mehr in Wut, so dass er sich überlegt, die Speisekammer zu stürmen. Schließlich eröffnet ihm das Violinenspiel der Schwester einen völlig neuen Horizont. Hingegen zu früheren Zeiten, als er sich nicht viel aus der Musik seiner Schwester machte, fühlt er sich nun als Tier von ihr gerührt und sie löst ein verbotenes Begehren gegenüber der Schwester aus. So sieht er die Zimmerherren als Konkurrenz im Kampf um seine Schwester. Auch ist es kein Zufall, dass dies gerade durch die Musik in Gang gesetzt wird, denn diese galt schon in der Romantik als die Kunst, welche die Menschen am ehesten zu seinen verborgenen Wünschen und Begierden zurückführt.

Kafka beschreibt so die Annäherung Gregors an seine Schwester ähnlich wie im Falle der Pelzdame mit einem doppeldeutigen Unterton: Gregor will ihrem Blick begegnen, erhofft sich von ihr eine unbekannte, ersehnte Nahrung, will sie mit in sein Zimmer nehmen, um sie vor den anderen zu verteidigen und ihren nackten Hals küssen. Die Erotik dieser Szene ist somit unübersehbar und mit dem Hintergrundwissen, dass Kafka sich zu dieser Zeit mit der Thematik des Geschwisterinzests befasst hat, macht sie auch Sinn. So schreibt er in einem Tagebucheintrag vom 15. 9. 1912: �Liebe zwischen Bruder und Schwester- die Wiederholung der Liebe zwischen Mutter und Vater.�

Allerdings bedient sich der sensible Literat an dieser Stelle auch der Ironie, da er den Mensch, welcher seine menschliche Identität aufgrund von Nützlichkeit im Arbeitsprozess erwiesen hat, nun in nutzloser Tiergestalt ein bisher unbekanntes Menschsein erfährt, für welches die Musik und Sehnsucht nach unbekannter Nahrung als Sinnbild stehen.

Kafka entwickelt eine deutlich satirische Perspektive, denn es drängt sich die Frage auf, was es doch für eine Welt ist, in der ein Mensch erst zum Tier werden muss, um zu erfahren, was Mensch und Tier traditionsgemäß unterscheidet. Die Ironie zeigt sich auch in der Komposition der Szene, denn während sich Gregor selbst als Menschen identifiziert, wird er zugleich von seiner Schwester als Untier definiert. (siehe Anhang 5)

Schwester

Gregor verbindet ein sehr ungewöhnliches Verhältnis zu seiner Schwester, welches sich im Verlauf der Erzählung verändert. Anfang ist ihre Beziehung zueinander durch eine besondere Vertrautheit gekennzeichnet, doch dies schlägt im Verlauf der Erzählung ins Gegenteil um.

Schwester:

Die verwöhnte, fürsorgliche Schwester

Gretes Wandlung und Abwendung vom Bruder

Die verwöhnte, fürsorgliche Schwester

Gregor nimmt es seiner Schwester vor der Verwandlung nicht übel, dass sie sich in der Familie parasitenhaft aufführt, denn im Gegensatz zu ihm kann sie lang schlafen, sich nett kleiden und kleinen Vergnügungen wie etwa ihrem Violinespiel hingeben. Die Eltern sehen in ihr ein etwas nutzloses Mädchen und ärgern sich des Öfteren über sie, aber Gregor gönnt ihr diesen Lebensstil und wollte sie sogar auf Konservatorium schicken, obwohl sie in seinen Augen noch ein Kind ist.

Das Leben Gretes steht gleichzeitig im krassen Gegensatz zu dem des 16-jährigen, den ganzen Tag über in der Samsaschen Küche arbeitenden Dienstmädchens.

Unmittelbar nach der Verwandlung stellt Grete zusammen mit der Mutter den Gegenpol zum Vater da, denn sie sind besorgt um Gregor und insbesondere Grete sehr fürsorglich. Gregor hält sie für klug und sensibel und meint, sie wäre in der Lage, dem Prokuristen seinen Schrecken auszureden.

Im Verlauf der Erzählung vollzieht sich eine Funktionsverschiebung, indem die frühere Nutzlosigkeit der Schwester auf Gregor übertragen wird, während diese sich nun in der Familie nützlich macht. Das Verbindungsgefüge Familie erscheint als ein labiles Gleichgewicht von Kräften, welches sensibel auf Veränderungen reagiert und immer auf Ausgleich bedacht ist.

Gretes Wandlung und Abwendung vom Bruder

Nach der Verwandlung verliert Gregor jedoch zunehmend Einfluss auf seine Schwester. Sie bringt ihm zwar noch Essen und zeigt somit Verantwortungsgefühl, jedoch ist diese Fürsorge der erste Schritt in ihre Selbstständigkeit. Zu Beginn beansprucht sie die gesamte Versorgung Gregors für sich und sieht darin ihre erste wahre Aufgabe, da sie bisher eher nutzlos war.

Mit dem Wandel von der untätigen Tochter zur Pflegerin Gregors gewinnt sie jedoch Ansehen und Einfluss innerhalb der Familie und entwickelt dabei mehr Selbstvertrauen.

Die Art mit Gregor umzugehen, ähnelt dabei eher dem Verhalten gegenüber einem Haustier. Bei der ersten Begegnung mit ihm schreckt sie angeekelt zurück und flieht aus dem Zimmer. Des Weiteren weigert sie sich, seinen Napf mit bloßen Händen anzufassen. Schließlich ist sie diejenige, welche die Isolierung Gregors gegen den Willen der Mutter vorantreibt. Sie schlägt vor, sein Zimmer auszuräumen, um ihm angeblich mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen, doch die Mutter durchschaut die wahre Motivation der Schwester- das Vergessen der menschlichen Vergangenheit Gregors mittels dem Berauben seiner Einrichtungsgegenstände, da dieses Zimmer für ein Wesen mit menschlichen Gefühlen unbewohnbar wäre.

So verschwindet die anfängliche Sorge der Schwester um Gregor zunehmend und je lästiger ihr die Versorgungsarbeit wird. Gregor sieht seine Schwester jedoch anfangs als sehr fürsorglich und opferbereit und ist der Meinung, sie kümmere sich rührend um ihn. Doch die Gesten der Schwester sprechen eine andere Sprache: �Außerdem stellte sie zu dem allen noch den wahrscheinlich ein für allemal für Gregor bestimmten Napf, in den sie Wasser gegossen hatte. Und aus Zartgefühl, da sie wusste, dass Gregor vor ihr nicht essen würde, entfernte sie sich eiligst und drehte sogar den Schlüssel um, damit nur Gregor merken könne, dass er es sich so behaglich machen dürfe, wie er wolle.� (S. 22; Z. 20ff.)

Der Erzähler lässt offen, warum Gregor einen eigenen Napf bekommt, die Schwester das Zimmer eiligst verlässt und abschließt oder durch das Zimmer läuft, um sofort das Fenster aufzureißen, als ersticke sie fast. Doch die Summierung der Einzelheiten lässt den Leser keineswegs zu einem so nachsichtigen Urteil wie das Gregors kommen, denn während er glaubt, seine Schwester sähe in ihm ein vollwertiges Familienmitglied, ist der Ausgrenzungsprozess bereits in vollem Gange. Dafür muss Gregor allerdings als Tier empfunden werden und deshalb wehrt sich Gregor so immens dagegen, die Wahrheit der zunehmenden Ablehnung zu erkennen.

Die schwere Störung der Bruder- Schwester- Beziehung zeigt sich auch darin, dass Grete ihren Bruder nie direkt anspricht und nur im Zorn seinen Vornamen gebraucht. So ist es ebenfalls die Schwester, welche die Verdinglichung Gregors mit dem Benutzen des Personalpronomens �es� einführt, was ihren Entfremdungs- und Ablösungsprozess von Gregor, der für sie bereits alle menschlichen Züge verloren hat, verdeutlicht.

Nach Gregors Tod fühlt Grete sich erleichtert, als würde eine schwere Last von ihr fallen und auch die Eltern teilen die Erleichterung der Tochter.

Mit der vollkommenen Befreiung Gretes vom Einfluss ihres Bruders hat auch ihr körperlicher Reifungsprozess vom Kind zur jungen Frau einen vorläufigen Abschluss gefunden, denn die Eltern meinen, sie sei zu einem schönen, üppigen Mädchen aufgeblüht.

Mit Gregors Tod ist die letzte Hemmschwelle aus dem Weg geräumt und sie kann ihre Persönlichkeit nun vollends entfalten. Folglich denken die Eltern sogar daran, einen Ehemann für sie zu suchen- die Verdeutlichung ihres Eintritts in das Reich der Erwachsenen.

Kafka musste im Oktober 1912 selbst die Erfahrung machen, dass seine Lieblingsschwester Ottla, die sonst immer gegen den Vater zu ihm gehalten hatte, sich auf die Seite der Familie schlug und Ottlas Aufforderung, sich mehr um das Familienunternehmen zu kümmern, sah Kafka als Verrat an und die Kritik ließ ihn sogar an Selbstmord denken.

Der schwache Vater

Der Vater wird zu Beginn als sehr schwach und kränklich beschrieben. Er hat sei seinem Bankrott vor fünf Jahren nicht mehr gearbeitet und schon viel Fett angesetzt, ist schwerfällig und träge geworden, obgleich er durchaus gesund ist und in der Lage wäre zu arbeiten.

Aus dem Zusammenbruch seines Geschäfts hat er einen letzten Profit gezogen, missbraucht jedoch den geschäftlichen Niedergang als Vorwand für sein müßiggängerisches Leben und unterschlägt Gregor sein eigenes Geld, indem er ihm die Ersparnisse seines eigenen Verdienstes verheimlicht.

Kafka stellt die Familie in seinem Werk nicht als Solidargemeinschaft dar, sondern sie wird von den Ausbeutungsstrukturen des Berufslebens durchdrungen.

Auch Gregor hat nur scheinbar die ökonomische Seite der Vaterrolle übernommen, denn die Verfügungsgewalt hat sich der Vater vorbehalten und nutzt somit Gregors Leichtgläubigkeit und Vertrauen aus, während dieser die Vorsicht des Vaters als lobenswert einstuft.

Rückkehr des autoritären Familienoberhaupts

Erst nach der Verwandlung zeigt sich, dass der Vater seine ursprüngliche Dominanz und Macht nie aus der Hand gegeben hat, da Gregor unterschwellig noch immer die Autorität des Vaters akzeptiert. Gleich nach Gregors Metamorphose übernimmt der Vater die Leitung der Familie, indem er dieser die augenblickliche finanzielle Situation darlegt und nimmt zugleich ein völlig neues Selbstbewusstsein an. Bisher hatte sich der Vater eher als Parasit verhalten und wurde vom blindäugigen Gregor in Schutz genommen- nun ist der Vater nicht mehr bereit, den Käfer- einen neuen Parasiten in der Familie- zu dulden.

Er nimmt notgedrungen eine niedere berufliche Anstellung als Bankdiener an und trägt seine Arbeitsuniform als sichtbares Zeichen seiner neu gewonnenen Macht und seines Selbstwertgefühls auch zu Haus, doch lässt sich weiterhin als Patriarch bedienen und umsorgen: �Und auf die beiden Frauen gestützt, erhob er sich, umständlich, als sei er für sich selbst die größte Last, ließ sich von den Frauen bis zur Türe führen, winkte ihnen dort ab und ging nun selbstständig weiter, während die Mutter ihr Nähzeug, die Schwester ihre Feder eiligst hinwarfen, um hinter dem Vater zu laufen und ihm weiter behilflich zu sein.�

(S. 37; Z. 3ff.)

Gegenüber Gregor tritt der Vater energisch, zupackend und aggressiv auf und wird bereits bei der ersten Verfolgungsjagd gewalttätig, indem er Gregor rapide in sein Zimmer verdrängt, ihm mit dem Stock des Prokuristen droht, ihm einen starken Stoß gibt und schließlich als Zeichen der Trennung Gregors von der Familie die Tür mit dem Stock zuschlägt. Somit verweist das Familienoberhaupt Gregor in seine Schranken, wobei dies bei der zweiten Verfolgungsjagd, welche mit Apfelwürfen und einer tödlichen Wunde endet, noch aggressiver umgesetzt wird. Der Vater entpuppt sich immer mehr als der wahre Konkurrent Gregors und verletzt ihn mit seinen aggressiven Ausbrüchen sowohl körperlich als auch seelisch. Der Vater bleibt somit die bleibende Wunde des Sohnes und im Machtkampf mit Gregor der ewig Überlegene.

Vollständigerweise muss man jedoch anfügen, dass der Vater nicht objektiv, sondern aus der Perspektive Gregors beschrieben wird.

Die Vater- Sohn- Beziehung weist deutliche Parallelen zu Kafka und seinem autoritären Vater, der ihm als Tyrann begegnete, auf. Kafka schildert seine Sichtweise auf die Vatergestalt im �Brief an den Vater�, wobei sich die ängstigende Unberechenbarkeit auf Gregors Vater überträgt und somit die Widersprüchlichkeit der väterlichen Erscheinung, in welcher sich die Schwäche des Vaters mit übermächtiger Stärke verbindet, sinnvoll erscheinen lässt: �In Deinem Lehnstuhl regiertest Du die Welt.� (Brief an den Vater)

Im zweiten Kapitel fragt sich Gregor, ob das noch sein Vater war, denn er erkannte den ehemals schwächlichen Vater nicht mehr wieder. Die Verfolgungsjagd wird auch im �Brief an den Vater� thematisiert: �Das Schimpfen verstärktest du mit Drohen. (�) Schrecklich war es auch, wenn Du schreiend um den Tisch herumliefst, um einen zu fassen, offenbar gar nicht fassen wolltest, aber doch so tatest und die Mutter einen schließlich scheinbar rettete.�

Das übermächtige Vaterbild wird jedoch durch das gehorsame Auftreten des Vaters gegenüber den Zimmerherren korrigiert, denn diese vertreiben seine Familie aus dem Wohnzimmer und als sie Gretes Violinenspiel lauschen, stellt er in devoter Haltung die ängstliche Frage, ob es den Herren unangenehm ist. Auch die gegenüber dem Prokurist aufkommenden sprachlichen Verrenkungen sind sehr bezeichnend: �Er wird die Unordnung im Zimmer zu entschuldigen schon die Güte haben.�

So erweist sich Gregor jedoch auch als der Sohn seines Vaters, da beide gegenüber dem Prokuristen kriecherisch und unterwürfig handeln.

Der wichtigste und letzte Schritt zur Wiederherstellung seiner Autorität wird mit dem energischen und selbstbewussten Rausschmiss der drei Untermieter aus der Wohnung vollzogen.

Im letzten Teil der Erzählung wirkt der Vater jedoch einfühlsamer gegenüber Gregor als Grete, denn unter anderem verwendet er das Pronomen �er� und scheint somit noch stärker als Grete an Gregors Identität zu glauben, wenngleich dies ihn nicht davon abhält, sich aufgrund dessen Todes erleichtert zu fühlen.

Die Mutter

Die Mutter übernimmt die traditionellen Aufgaben der Ehefrau und Mutter wahr: sie kümmert sich um ihre Kinder, umsorgt den Vater, bringt ihn zu Bett und überwacht gesamten Haushalt. Außerdem ist sie für Anstellung und Entlassung des Dienstpersonals verantwortlich, ordnet sich in ihren Entscheidungen jedoch dem Vater und der Tochter unter. Ihre Unselbstständigkeit entspricht der Situation der meisten Ehefrauen zu Kafkas Zeiten.

Sie verteidigt Gregor vor dem familiären Ausschluss und will Grete davon abhalten, Gregors Zimmer auszuräumen. Außerdem bittet sie ihren Mann um die Schonung Gregors Leben, während dieser ihn mit Äpfeln beschmeißt. Sie setzt sich jedoch nie entscheidend durch.

Die Versuche, mit Sohn Kontakt aufzunehmen, werden von Vater und Schwester unterbunden, dabei ist sie die Einzige, die in dem Käfer ihren �unglücklichen Sohn� sieht und hoffnungsvoll auf ein gutes Ende wartet. Unfähig, das Ausmaß der Veränderung zu erfassen, verschließt sie die Augen vor der Verwandlung, die ihn für immer von ihr entfernt, ebenso wie sie das Erwachsenwerden Gregors ignoriert und ihn weiterhin wie ein Kind behandelt hat. Sie fungiert als der passive Part der Familie und ihre Ohnmacht wird an mehreren Stellen deutlich: Als sie Gregor das erste Mal sieht, blickt sie hilfesuchend zu ihrem Mann und wird ohnmächtig. Diese Ohnmacht enthebt sie jeder Entscheidung und ermöglicht ihr die Flucht aus der grässlichen Wirklichkeit. Sie spiegelt ebenfalls die Machtlosigkeit innerhalb der Familie wider, da sie sich in kritischen Augenblicken von anderen abhängig macht. Beim nächsten Zusammentreffen mit Gregor flüchtet sie hilflos in die Arme ihres Mannes und als Gregor beim Ausräumen des Zimmers sein Versteck verlässt, sinkt die Mutter wieder ohnmächtig zusammen. Auf diese Weise entflieht sie jeder Notwendigkeit, sich mit Gregors Zustand auseinanderzusetzen und ihn zu akzeptieren respektive abzulehnen.

Mit ihren Ohnmachten entflieht sie der Wirklichkeit, ihre Atemnot wird immer bedrängender und bei der Verurteilung Gregors kann sie dieser nur noch atemlos folgen und fängt zu husten an. So ist sie auch an dieser Stelle einer eigenen Meinungsäußerung oder selbstständigen Entscheidung enthoben.

Die übrigen Figuren

Die Nebenfiguren erweisen sich als völlig frei von familiären Bindungen. Sie repräsentieren somit die Außenwelt mit ihren Forderungen und Ansprüchen, wobei sie, stark stilisiert, eher gewisse Typen als menschliche Personen darstellen.

3.5.1 Prokurist

Der Prokurist, verlängerter Arm des Chefs, ist ein Abgesandter der Macht und ersetzt die Autorität des Vaters in dessen Abwesenheit, bis der Vater nach der Verwandlung wieder zu seiner alten Macht gelangt.

Er symbolisiert die vergiftete Berufsatmosphäre, in welcher das Prinzip von Konkurrenz und Feindschaft vorherrschend ist. Mit der Begegnung Gregors verliert er jedoch augenblicklich seine Machtposition und der vorherige Rachewunsch Gregors, dass dem Prokuristen dasselbe wie ihm widerfahren sollte, wird auf indirekte Weise aufgrund dem Stoßen an eigene Grenzen und der Konfrontation mit dem Ungeheuerlichen umgesetzt.

3.5.2 die drei Zimmerherren

Die drei Zimmerherren wirken aufgrund ihres marionettenhaften Auftretens und der äußerlichen Gemeinsamkeiten unwirklich, klonhaft und eher an Märchen erinnernd. Sie können ihre Macht nur im Kollektiv ausspielen, doch unterliegen sie letztenendes der

Familiengemeinschaft, da sie aus dem Haus vertrieben werden.

3.5.3 Dienstpersonal

In der Erzählung tauchen ebenfalls drei Hausangestellte auf: Das erste Dienstmädchen kündigt nach der Verwandlung und symbolisiert somit die grauenhafte Wirkung Gregors auf

die Außenwelt. Das zweite 16-jährige Dienstmädchen bittet nach der Entlassung der Köchin darum, nur noch in der verschlossenen Küche arbeiten zu müssen. Sie wird jedoch später aufgrund finanzieller Defizite der Familie gekündigt.

Die alte Bedienerin stellt die einzige Nebenfigur dar, welche im Laufe der Erzählung Konturen gewinnt. Der Leser erfährt etwas über ihre proletarische Herkunft, sie ist sehr erdverbunden, grob und agiert selbstständig. So knallt sie die Türen trotz der Bitte des Vaters und setzt sich somit über dessen Autorität hinweg.

Auch von Gregor lässt sie sich nicht beeindrucken, denn der Bereich des Naturhaften scheint ihr nicht fremd zu sein. Ihre kraftvolle Figur stellt den Gegensatz zur Figur der kränklichen Mutter dar und erst nach Gregors Tod und der Wiederherstellung des familiären Gleichgewichts wird sie ähnlich wie die drei Zimmermänner als störende Mitwisserin entlassen.

Entfremdung Gregors

Ein weiteres Strukturmerkmal stellt die zunehmende Entfremdung Gregors einhergehend mit seiner Verwandlung dar. Zunächst scheint die Verwandlung nur rein äußerlich zu wirken. Körperlich ist er zu einem Tier geworden, doch im Bewusstsein noch ein Mensch, denn schließlich will er sich noch wie ein Mensch bewegen und vollzieht lange Denkvorgänge.

Während des zweiten Kapitels wird er zunehmend vertrauter mit seiner Tiergestalt, behält jedoch das menschliche Bewusstsein und seine Empfindungsfähigkeit bei. Erst im dritten Kapitel erreicht seine Metamorphose die entscheidende Wendung: Zunächst wird Gregor von der Bedienerin als Tier akzeptiert, indem sie ihn als alten Mistkäfer bezeichnet. Es folgt die Verdinglichung Gregors mittels dem Pronomen �es� und somit die Auslöschung seines Namens, welche in einer Selbstauslöschung Gregors- vollzogen mit dem Entschluss zu verschwinden- einhergeht und in dieser gipfelt.

Erzählzeit

Kafka verwendet sowohl die Mittel der Zeitdehnung als auch Zeitraffung, wobei die Erzählzeit der Kapitel ungefähr gleichlang ist. In der erzählten Zeit ergeben sich jedoch Unterschiede.

Das erste Kapitel berichtet über circa eineinhalb Stunden- folglich wurde die Technik der Dehnung verwendet- um lange Bewusstseinsvorgänge und Gregors Gedanken und Empfindungen in Form der erlebten Rede und des inneren Monologs, bezeichnende Elemente Kafkas, um subjektive Empfindungen wiederzugeben, authentisch erscheinen zu lassen. Außerdem schildert er gewisse Handlungsabläufe sehr detailliert, um deren Wichtigkeit hervorzuheben.

Ein weiterer Grund für die Ausführlichkeit der Darstellung ergibt sich aufgrund der Dialogsequenzen, denn ab dem zweiten Kapitel ergreift Gregor nicht mehr das Wort- ein Ausdruck des Verstummens und der sozialen Isolation. Die Dialoge symbolisieren somit im Allgemeinen das Scheitern hinsichtlich der Verständigung miteinander.

Das zweite Kapitel umfasst einen Zeitraum von schätzungsweise zwei Monaten, wobei diese Straffung der Geschehnisse mit Zeitraffung erreicht wurde, indem neben der Schilderung besonders wichtiger Ereignisse, beispielsweise das Ausräumen Gregors Zimmers, alltägliche Vorgänge mit Zeitadverbien wie �oft�, �täglich� oder �immer wieder� markiert sind.

Das dritte und letzte Kapitel berichtet von einem ungefähr drei Monate andauernden Zeitraum und die Zeitraffung übernimmt somit dieselbe Funktion wie im vorangegangenen Kapitel, wobei inhaltlich wichtige Situationen, so der Tod Gregors, ausführlicher beschrieben werden.

Zeitraffung und �dehnung sind somit funktional auf den Inhalt bezogen und lassen beispielsweise den Ausbruchssituationen ein besonderes Gewicht zukommen.

Erzählweise

Das Geschehen wird aus der Perspektive Gregors berichtet und der Leser weiß somit nie mehr als er. Allerdings wird sein Weg nach der Verwandlung von einem auktorialen Erzähler, welcher jedoch eine sehr große Nähe zu Gregor aufweist, dargestellt. Er sympathisiert mit der Wahrnehmungsweise Gregors und es erfolgt somit kein Perspektivwechsel, etwa aus der Sicht des Vaters auf das Geschehen.

Zum einen lässt sich dies mit der erheblichen Nähe Kafkas zu seinem Protagonisten begründen; andererseits hängt der subjektive Erzählerstandpunkt und die Einengung des Blickwinkels mit den Wahrnehmungsweisen der sich herausbildenden Moderne zusammen: Aufgrund schwieriger gesellschaftlicher Zusammenhänge und kontinuierlicher Veränderung legte man wieder mehr Wert auf das individuelle Bewusstsein und auch spielte die Erfahrung sozialer Isolation eine entscheidende Rolle. Mit der Jahrhundertwende entstand des Weiteren ein wachsendes psychologisches Interesse an Bewusstseinsvorgängen und der Erforschung des Unbewussten- zum Beispiel durch Freud.

Die mit Gregor sympathisierende Erzählperspektive ist jedoch nicht konstant durchgehalten und an einigen Stellen tritt der auktoriale Erzähler in Erscheinung, um Gregors Verhalten- so seine ersten Gehversuche- kritisch zu kommentieren oder Hinweise auf die Selbsttäuschungen Gregors- unter anderem hinsichtlich seiner naiven Einschätzung der Schwester- zu geben.

Die weitgehend einsinnige Erzählweise stellt eine hohe Anforderung an den Leser und Kafka macht diesem klar, dass eine objektive Stellungnahme nicht möglich ist.

Zum Schluss der Erzählung tritt der auktoriale Erzähler deutlich hervor, da Gregor bereits gestorben ist, er distanziert sich jedoch vom Geschehen und berichtet relativ nüchtern aus der Sicht der Restfamilie. Seine Präsenz ergibt sich jedoch aus der leisen Ironie zwischen den Zeilen aufgrund der biedermeierlichen Idylle.

Sprachstil

Die sachlich- nüchterne Sprache steht in Kafkas Werk im scheinbar krassen Widerspruch zum Inhalt. Er verwendet Adjektive zur detaillierten Beschreibung und stellt die Sprache in den Dienst einer neuen Expressivität mit starker Metaphorik, Doppeldeutigkeiten und ungewöhnlichen, �kafkaesken� Wortverbindungen: �Gregor sah seinen gewölbten, braunen, von bogenförmigen Versteifungen geteilten Bauch, auf dessen Höhe sich die Bettdecke, zum gänzlichen Niedergleiten bereit, kaum noch erhalten konnte�.

Mit einer beinahe zoologischen Genauigkeit wird das neue Äußere Gregors beschrieben und die Dinge scheinen sich zu verselbstständigen.

Die umfangreichen Satzkonstruktionen (Parataxe, Hypotaxe) dienen der Anreicherung von Informationen oder schränken gewisse Aussagen durch Einschübe ein.

Kafka bedient sich des Weiteren verschiedener Elemente des Komischen, Satirischen oder gar Grotesken, wobei hierdurch der Erzählung die erdrückende Schwere genommen wird. Die Absurdität des Ganzen wird schon zu Beginn der Erzählung klar, als Gregor über Beruf sinnt und ihn ein Blick auf Uhr mehr erschreckt als seine neue Gestalt.

Auch ist Kafka ein Meister der unterschwelligen Über- oder Untertreibungen, so bekommt die Schwester einen Weinkrampf, als die Mutter Gregors Zimmer gesäubert hat.

Das Verwandlungs- und Käfermotiv

In Märchen oder Mythen ist die Verwandlung vom Mensch zum Tier nichts Ungewöhnliches, doch erfährt der Leser die Vorgeschichte und es ist meist ein Grund für die Verwandlung angegeben- bei Kafkas �Verwandlung� ist dies nicht der Fall.

Die Erzählung ergibt sich bei ihm zwangsläufig aus einem �unerhörten Ereignis�- ein Element der Novelle. Diese Struktur einer Erzählung wird aufgrund der Zerstörung von Illusionen- schließlich wird Gregor nicht erlöst, sondern stirbt- auch als ein Antimärchen bezeichnet.

Das Käfermotiv erfüllt hierbei mehrere Aufgaben. Zum einen hat die äußere Erscheinung eine abstoßende, anekelnde Funktion. So ähnlich muss sich auch Kafka in bestimmten Situationen vor allem in der Anwesenheit seines Vaters gefühlt haben. So schreibt er im �Brief an den Vater� eine fiktive Antwort des Vaters, welche seine Inferioritätskomplexe gegenüber dem Vater verdeutlicht: � Du hast es dir nämlich in den Kopf gesetzt, ganz und gar von mir leben zu wollen. Ich gebe zu, dass wir miteinander kämpfen, aber es gibt zweierlei Kampf. Den ritterlichen Kampf, wo sich die Kräfte selbstständiger Gegner messen, jeder bleibt für sich, verliert für sich, siegt für sich. Und den Kampf des Ungeziefers, welches

nicht nur sticht, sondern gleich auch zu seiner Lebenserhaltung das Blut saugt. Das ist ja der eigentliche Berufssoldat und das bist Du.�

Aus diesem Briefteil geht ein grundlegendes Gefühl Kafkas als parasitenhafter Sohn oder Schmarotzer gegenüber seinem Vater hervor.

Der Käfer scheint außerdem genauso hilflos und desorientiert auf dem Boden zu krabbeln, wie es ein Baby tut und ist somit seiner Umwelt und den darin lebenden Menschen vollständig ausgeliefert, wobei dieses Ausgeliefertsein an eine Autorität, eine höhere, undefinierbare Macht auch in anderen Schriften Kafkas, so etwa der eingangs genannten Parabel �Gib´s auf� thematisiert wird und somit die alltägliche Bedrängnis und Wichtigkeit dieser Problematik für Kafka aufzeigt.

Eine Parallele zwischen Gregors vorherigem Leben und der Erscheinung des Käfers ergibt sich aufgrund der Äußerlichkeiten: So besitzt ein Käfer ein von einem harten Panzer geschütztes weiches Inneres. Da Gregor ständig unterwegs und isoliert von der Familie war, hatte er keinerlei Bezug zu ihr, doch in stillen Stunden sinnte er über deren Bedeutung für sein Leben nach.

Auch Kafka wird zeitlebens als ein sehr sensibler, introvertierter Mensch eingeschätzt, baute sich doch in Form einer Näheangst eine Schutzmauer auf: Seine menschlichen Beziehungen beschränkten sich vorwiegend auf Briefkontakt, woraus sich zwangsweise ein umfangreiches Zeugnis seiner Briefwechsel oder Tagebucheinträge für die Nachwelt ergibt. Kafka konnte sich in schriftlicher Art und Weise auf idealstem Weg mit seiner Umwelt und den in ihr bestehenden Verhältnissen auseinandersetzen und diese analysieren, wobei insbesondere seine Beziehungen zu Frauen erwähnt seien. Dieser Ansatz wird jedoch im nächsten Inhaltskriterium noch weiter ausgeführt.

Grundlegend lässt sich aber daraus schließen, dass sowohl Kafka als auch Gregor trotz ihrer Schale ein leicht zu erdrückendes �Insekt� waren.

Des Weiteren gehört der Käfer der Gruppe der Kriechtiere an und es wird somit eine Froschperspektive, welche dem unterwürfigen, kriecherischen Verhalten Gregors gegenüber seinem Chef entspricht, suggeriert.

Die Notwenigkeit des Kriechens und die verlorene Sprache eines Käfers fungieren ebenfalls als ein Symbol für die Hilflosigkeit, ja das Ausgeliefertsein dieses Individuums.

Mit seinem Wunsch, keine Zeichnungen zu seinem Werk anzufertigen, wollte Kafka das Bild des Käfers nicht auf einen Gedanken festlegen und lässt somit mittels einer gedanklichen Leerstelle Raum für die Ideen und Vorstellungen des Lesers.

Selbstsicht, Verhältnis zum Vater/Frauen

Kafkas Selbstsicht und das Verhältnis zum Vater/ Frauen

Kafka schaffte es zeitlebens nicht, sich selbst und seinen eigenen Fähigkeiten zu vertrauen. Besonders im Vergleich mit dem Vater fühlte er sich psychisch und physisch unterlegen:

�Ich war ja schon niedergedrückt durch Deine bloße Körperlichkeit. (�) Ich mager, schwach, schmal, Du stark, groß, breit. Schon in der Kabine kam ich mir jämmerlich vor, und zwar nicht nur vor Dir, sondern vor der ganzen Welt, denn Du warst für mich das Maß aller Dinge. Traten wir dann aber aus der Kabine vor die Leute hinaus, ich an Deiner Hand, ein kleines Gerippe, unsicher, bloßfüßig auf den Planken, in Angst vor dem Wasser, unfähig Deine Schwimmbewegungen nachzumachen, die Du mir in guter Absicht, aber tatsächlich zu meiner tiefen Beschämung immerfort vormachtest, dann war ich sehr verzweifelt und alle meine schlimmen Erfahrungen auf allen Gebieten stimmten in solchen Augenblicken großartig zusammen.� (Brief an den Vater)

Seine Versagensängste wurden nicht minder von der fehlenden Anerkennung seines Vaters und der dafür erfahrenen Kritik geschürt respektive aufrechterhalten:

"Je älter ich wurde, desto größer war das Material, das Du mir zum Beweis meiner Wertlosigkeit entgegenhalten konntest, allmählich bekamst Du in gewisser Hinsicht wirklich Recht. Wieder hüte ich mich zu behaupten, daß ich nur durch Dich so wurde; Du verstärktest nur, was war, aber Du verstärktest es sehr, weil Du mir gegenüber sehr mächtig warst und alle Macht dazu verwendetest." (Brief an den Vater)

Kafkas Wunsch nach Akzeptanz durch den Vater kommt auch in seinem Brief deutlich zum Ausdruck, denn er spricht keine direkten Schuldzuweisungen aus (�Wobei ich Dich aber immerfort bitte, nicht zu vergessen, daß ich niemals im entferntesten an eine Schuld Deinerseits glaube� Brief an den Vater), da er sich nie vollständig von seinem Vater und dessen Einfluss lösen könnte, während seine Schwester ihre eigenen Wünsche in Ehe und Beruf realisierte. Kafka fühlte sich von seiner liebevollen Mutter zurückgehalten. Sie machte die Quälereien des Vaters wieder wett: �Wenn schon Deine Erziehung in irgendeinem unwahrscheinlichen Fall mich durch Erzeugung von Trotz, Abneigung oder gar Haß auf eigene Füße hätte stellen können, so glich das die Mutter durch Gutsein, durch vernünftige Rede (sie war im Wirrwarr der Kindheit das Urbild der Vernunft), durch Fürbitte wieder aus, und ich war wieder in Deinen Kreis zurückgetrieben, aus dem ich sonst vielleicht, Dir und mir zum Vorteil, ausgebrochen wäre.� (Brief an den Vater)

Kafka analysierte das Wesen seines Vaters und sein eigenes immer wieder, um Gemeinsamkeiten und damit verbundene Hoffnungen zu finden. Es war im zeitlebens nicht vergönnt, diese Beziehung mit der nötigen Distanz zu betrachten und sich von seinem Vater zu lösen.

Das Vater- Sohn- Verhältnis lässt sich ebenfalls aus seinen Erzählungen erschließen, womit die Rolle des Schreibens als essentieller Bestandteil seiner Lebensbewältigung und

-auseinandersetzung bestärkt wird. Denn nicht zuletzt war dies ein Gebiet, in welchem der Vater ihn nicht verfolgen oder gar bevormunden konnte.

Seine eigene Welt war die Welt des Schreibens, ein Ventil für seine Gedanken und Gefühle und aus diesem Grund weisen viele seiner Werke autobiografische Züge aus und beschäftigen sich mit den für Kafka all anwesenden Problematiken.

Wie schon genannt, bestimmte die schriftstellerische Tätigkeit auch seine zwischenmenschlichen Beziehungen, da ihm aufgrund dieser Art der Kommunikation die nötige Distanz, um sich dem anderen ganz und gar zu öffnen, gegeben war. Seine schriftlichen Zeugnisse treffen ebenfalls eindeutige Aussagen zu seiner Einstellung hinsichtlich der Ehe: "Heiraten, eine Familie gründen, alle Kinder, welche kommen, hinnehmen, in dieser unsicheren Welt erhalten und gar noch ein wenig führen, ist meiner Überzeugung nach das Äußerste, das einem Menschen überhaupt gelingen kann." (Brief an den Vater) Doch trotz dreier Verlobungen hatte Kafka keine dauerhafte Beziehung geführt.

Das Vorleben einer harmonischer Ehe seitens seiner Eltern übte einen immensen Druck auf den Sohn ein und anstatt dem Vater gerecht zu werden, hatte dieses Vorbild genau die gegenteilige Funktion, denn Ehe war für Kafkas Verständnis das Terrain des Vaters und somit für ihn unbetretbar.

Kafka hatte ebenfalls Angst davor, Verantwortung für andere zu übernehmen, da er schließlich nicht mal mit seiner eigenen Person zurecht kam. Obwohl er sich doch die Gemeinschaft mit anderen wünschte, fühlte er sich in Gegenwart sowohl fremder als auch vertrauter Personen unwohl, was nicht zuletzt auf seine sexuellen Ängste zurückzuführen ist:

"Der Coitus als Bestrafung des Glücks des Beisammenseins."

�Wenn ich mir Ekel erregen will, brauche ich mir nur vorzustellen, daß ich einer Frau den Arm um die Hüfte lege.�

Seinen letzten Rest der Freiheit in Form des Schreibens wollte Kafka durch eine Beziehung nicht verlieren und pflegte deshalb nur distanzierte Verbindungen in Briefform, denn er konnte sich über das geschriebene Wort bei gleichzeitiger körperlicher Distanzwahrung vollends öffnen.

Seine eigene Ansicht zur Ehe war wohl auch der Grund, weshalb er die Heirat seines engen Freundes Max Brod, welcher Kafkas Nachlass nach seinem Tod gegen dessen Wunsch veröffentlichte, der Nachwelt zugänglich machte und somit seinen Ruhm begründete, als Verrat ansah.



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