Deutsche Rechtschreibung


Deutsche Rechtschreibung

Als deutsche Rechtschreibung wird die Rechtschreibung der deutschen Sprache bezeichnet.

Geschichte

Vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert [Bearbeiten]

Die ersten erhaltenen schriftlichen Zeugnisse der deutschen Sprache stammen aus dem 8. Jahrhundert. Das lateinische Alphabet diente als Grundlage für die Verschriftung. Dabei war die Schwierigkeit zu überwinden, dass es nicht für alle deutschen Laute, zum Beispiel die Umlaute, eigene Schriftzeichen gab. Um das Jahr 1000 legt Notker von St. Gallen seiner Rechtschreibung phonetisch-phonologische Beobachtungen zugrunde (Notkersches Anlautgesetz). Die Interpunktion entwickelt sich ab dem Hochmittelalter. Ab 1300 wird die Virgel als Satzzeichen genutzt, und Großbuchstaben werden allmählich eingesetzt, um Anfänge zu markieren. Ab dem 14. Jahrhundert verdrängte das Deutsche zunehmend das Lateinische als Kanzleisprache.

Zur Verbreitung einer hochdeutschen Schriftsprache kam es ab 1522 durch die deutsche Bibelübersetzung von Martin Luther. In Texten des 16. bis 18. Jahrhunderts finden sich noch in großer Zahl Doppelkonsonanten an nach heutigen Maßstäben unnötiger Stelle („auff“). Einen guten Eindruck einer Schreibweise des späten 18. Jahrhunderts vermittelt der aus vielen Quellen in Originalorthografie verfügbare „Urfaust“ Goethes.

1788 veröffentlichte Johann Christoph Adelung Orthographievorschläge, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Grundlage für den Rechtschreibunterricht in den deutschen Schulen bildeten. Sie schränkten unter anderem den bis dahin oft überschwänglichen Gebrauch des ß ein, waren aber im Detail nicht unwidersprochen.

19. Jahrhundert

Seite aus dem Manuskript Jacob Grimms zum Deutschen WörterbuchIn der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde statt heutigem ei in vielen Wörtern noch ey geschrieben. Die Wissenschaftler und Literaten, die sich intensiv mit der deutschen Sprache befassten, hatten recht unterschiedliche Zielvorstellungen zur Rechtschreibung. Sie reichten von „Schreib wie du sprichst!“ bis zu extrem historischer Schreibweise, beispielsweise Leffel statt Löffel, weil hier kein o zum Umlaut wurde, sondern das voranstehende l ein ursprüngliches e verfärbt hat. Die Gebrüder Grimm, die mit ihrem Deutschen Wörterbuch einen Meilenstein der deutschen Linguistik setzten, propagierten und praktizierten eine gemäßigte Kleinschreibung mit extrem sparsamen Gebrauch großer Anfangsbuchstaben. Ein Autor schrieb in seinem gesamten umfangreichen Werk z statt tz.

Ab etwa 1850 gab es Beratungen, die zur Entstehung von Orthographieanweisungen für Schulen führten (Hannover 1854, Leipzig 1857, Württemberg 1860, Preußen 1862, Bayern 1863, Österreich 1868).

Das erste bayerische Regelbuch von 1879Nach der Reichsgründung von 1871 wurde der Ruf nach Vereinheitlichung der Regeln lauter. Im Januar 1876 tagte in Berlin auf Einladung des Preußischen Kultusministers Adalbert Falk die I. Orthographische Konferenz zur Herstellung größerer Einigung in der Deutschen Rechtschreibung, an der außer Vertretern der Staaten des Deutschen Reiches auch Delegierte aus Österreich und der Schweiz teilnahmen. Nach teilweise weitgehenden Vorschlägen einigte man sich sehr maßvoll. Die Beschlüsse wurden aber in den Staaten des Reichs unterschiedlich umgesetzt. 1879 und 1880 erfolgte die Veröffentlichung der bayerischen und preußischen offiziellen Regelbücher, die dann mit geringen Veränderungen auch im übrigen Deutschland angenommen wurden. 1879 erfolgte in Österreich die erstmalige Einführung der dort bis 1901 gültigen heyseschen s-Schreibung.

Aus dem „Buch der Schrift“, Wien 1880., s und z sind Lautschrift, wie heute IPADie wenigen Neuerungen wurden teilweise von prominenten Personen des öffentlichen Lebens bekämpft, bis zu Debatten im deutschen Reichstag.

Wirksamer als Tagungen von Akademien war die Arbeit Konrad Dudens. Mit der Erstellung und Herausgabe (1880) seines orthographischen Wörterbuchs mit dem Titel „Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache - Nach den neuen preußischen und bayerischen Regeln“ propagierte er - als Einzelperson - eine Synthese aus den einzelstaatlichen (insbesondere preußischen und bayerischen) Schulvorschriften.

20. Jahrhundert

Dreißig Jahre nach der deutschen Reichsgründung von 1871 wurde auf der II. Orthographischen Konferenz von 1901 die deutsche Schriftsprache erstmals einheitlich geregelt. Eine wichtige Veränderung war die endgültige Abschaffung des th in Wörtern deutschen Ursprungs wie bei thun, Thür, Thal. Dass die th-Schreibung in Wörtern griechischen Ursprungs wie Thron und Theater beibehalten wurde, wurde oft dem persönlichen Einwirken des deutschen Kaisers Wilhelm II. zugeschrieben. Verhältnismäßig viele Wortschreibungen betraf die Einführung von Variantenschreibungen und Neuschreibungen bei Fremdwörtern mit c: In den allermeisten Wörtern durfte nun auch, in vielen musste nun z oder k (je nach Aussprache) geschrieben werden (Akzent neben Accent). Dudens Wörterbuch blieb maßgeblich, als der Bundesrat 1902 für das gesamte Deutsche Reich verbindliche „Regeln für die Deutsche Rechtschreibung nebst Wörterverzeichnis“ erließ. Die neue Orthographie nach Duden wurde per Erlass zum 1. Januar 1903 in den Behörden verbindlich eingeführt und am 1. April 1903 in den Schulen. Sie wurde aber auch in Österreich und der Schweiz beachtet.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erschuf der Germanist Joseph Lammertz einen Text, das vom Breslauer Lehrer Oskar Kosog verbreitete und nach ihm benannte Kosog'sche Diktat, den bis heute niemand fehlerfrei schreiben kann. Durch die Veröffentlichung dieses Textes in der kleinen Schrift Kosogs Unsere Rechtschreibung und die Notwendigkeit ihrer gründlichen Reform (1912) machte dieser einer größeren Öffentlichkeit deutlich, dass noch immer Reformbedarf besteht.

Eine Einschränkung der großen Anzahl von eingeführten und zugelassenen Variantenschreibungen und weitergehende Regelungen zur Zeichensetzung, die bei der II. Orthographischen Konferenz nicht beschlossen wurden, wurden von Konrad Duden 1915 durch Integration des „Buchdruckerduden“ in den allgemeinen Duden eingeführt.

Als in den 1920er Jahren viele Traditionen kritisch hinterfragt wurden, gab es auch Forderungen nach einer grundlegenden Reform der deutschen Rechtschreibung. So schlug ein Autor namens A. Schmitz 1920 in der Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins unter der Artikelüberschrift „Was muß eine neue Rechtschreibung leisten?“ vor, die Darstellung der Vokaldehnungen zu vereinfachen, v und ph durch f zu ersetzen und die Schreibweise von Fremdwörtern an deutsche Ausspracheregeln anzupassen, wo beispielsweise g nicht als [g] gesprochen wird oder h stumm bleibt. [4]

„Kurz iſt das Leben“ Lang-s (noch in der Form vor Sütterlin und Schluss-s in Kurrentschrift des frühen 19. Jh.Weitgehend unbekannt blieb, dass in der Zeit des Nationalsozialismus der Versuch einer Rechtschreibreform unternommen wurde. Neue Regeln der Reform der deutschen Rechtschreibung von 1944 lagen gedruckt in einer Million Exemplaren vor, wurden aber nicht mehr umgesetzt.. Eine nachhaltige Auswirkung auf das Erscheinungsbild deutschsprachiger Texte hatte die allgemeine Einführung der Lateinschrift. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts hatten im Druck gebrochene Schriften, handgeschrieben die Sütterlinschrift und andere Kurrentschriften dominiert. Die zunehmende Verwendung von Antiquaschriften und ihres handgeschriebenen Gegenstücks, der Kursivschriften, war zunächst von den Nationalsozialisten noch heftiger bekämpft worden als von anderen nationalistischen Kreisen. 1941 kehrte sich das ins Gegenteil um. Hitler ordnete die sofortige Umstellung auf Antiqua an [5]. In dem Zusammenhang wurden die im Prinzip einfachen, insgesamt aber umfangreichen Bestimmungen bedeutungslos, die den Einsatz von Lang-s (ſ) und Schluss-s regelten. Inzwischen sind sie so weit in Vergessenheit geraten, dass sich schon so mancher Anhänger altertümlicher Schriftarten blamiert hat.

In den folgenden Jahrzehnten wurde die Deutsche Rechtschreibung de facto von der Redaktion des „Duden“ weiterentwickelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Tradition in Leipzig und in Mannheim doppelt fortgeführt (Ost- und West-Duden). In Westdeutschland griffen zu Beginn der 1950er Jahre einige Verlage das faktische Dudenmonopol an, indem sie Wörterbücher mit abweichenden Schreibweisen herausbrachten. Daraufhin erklärten die Kultusminister der westdeutschen Bundesländer den Duden per Beschluss vom November 1955 in allen orthographischen Zweifelsfällen für verbindlich.

Die Dudenredaktion ging einerseits konservativ vor, indem sie es als ihre primäre Aufgabe betrachtete, im Wörterbuch den vorherrschenden Sprachgebrauch zu dokumentieren. Andererseits entwickelte sie im Regelwerk zur Klärung immer neuer Zweifelsfälle immer feinere Verästelungen.

Die fachwissenschaftliche Debatte politisierte sich im Gefolge der 1968er-Bewegung: Eine normierte Rechtschreibung wurde als repressiv und als Mittel der sozialen Selektion kritisiert. Reformvorschläge bemühten sich nun nicht mehr nur um die Klärung von Zweifelsfällen, sondern wollten die deutsche Rechtschreibung grundlegend vereinfachen und dadurch insbesondere das Schreibenlernen vereinfachen.

Vielen Vorschlägen gemeinsam war die Forderung nach „gemäßigter Kleinschreibung“: Die generelle Großschreibung von Substantiven sollte abgeschafft, die von Eigennamen dagegen beibehalten werden. Eine solche Reform hatte nach dem Zweiten Weltkrieg Dänemark durchgeführt.

Allerdings ergab eine viel beachtete Untersuchung in den Niederlanden, dass eine dem Deutschen entsprechende Groß- und Kleinschreibung einen großen Einfluss auf die Lesegeschwindigkeit hat. Die Probanden waren mit einer solchen Groß- und Kleinschreibung in der Lage, Texte in ihrer Muttersprache sehr viel schneller zu lesen als in gemäßigter Kleinschreibung. (Darstellung und Literaturhinweise in der Grammatik das Wort/der satz.) Als Reaktion wurde in verschiedenen europäischen Ländern, darunter Großbritannien, darüber diskutiert, eine dem Deutschen entsprechende Groß- und Kleinschreibung einzuführen. Die Diskussionen verliefen jedoch ausnahmslos im Sande.

In der Zeit der deutschen Teilung nach 1949 war die Wahrung der sprachlichen Einheit ein Motiv zur Unterlassung neuerlicher Reformversuche. Im Gefolge der Entspannungspolitik der sozialliberalen Koalition konnte sich jedoch ab 1980 der Internationale Arbeitskreis für Orthographie zusammenfinden, dem Fachleute aus beiden deutschen Staaten sowie Österreich und der Schweiz angehörten. Bald nach der deutschen Wiedervereinigung kam es dann zu der Rechtschreibreform von 1996. Anders als beispielsweise in Frankreich mit der Académie française gab es im deutschen Sprachraum keine aus Tradition zur Sprachbeobachtung und -regelung berufene Instanz. Eine entsprechende Einrichtung wurde nach anhaltender Kritik an der Reform von 1996 mit dem Rat für deutsche Rechtschreibung erst 2004 geschaffen, deren erste Aufgabe, zunächst die strittigsten Bereiche der bestehenden Neuregelung der Rechtschreibung zu überarbeiten, im Februar 2006 abgeschlossen wurde.

Gegenwart

Mit der Reform der deutschen Rechtschreibung von 1996 wurde ein präskriptives Regelwerk geschaffen, das nach einer kleinen Überarbeitung im Jahr 2004 und einer größeren im Jahr 2006 seit 2007 an Schulen in Deutschland und in ähnlicher Form auch in Österreich und der Schweiz verbindlich ist. Seit 1999 ist das Regelwerk auch für die deutschen Bundesverwaltungen verbindlich.[6]

Das modifizierte Regelwerk trat in Deutschland am 1. August 2006 amtlich in Kraft. Vor allem bei Fremdwörtern, aber auch in etlichen anderen Fällen, sind auch in der neueingeführten Rechtschreibregelung viele Variantenschreibungen zugelassen worden (z.B. Orthographie/Orthografie). In der 24. Aufl. des Dudens (2006) versucht nun der Duden-Verlag durch die Integration seiner Variantenempfehlungen (gelb unterlegte sog. „Duden-Empfehlungen“) in den allgemeinen Duden die Variantenvielfalt einzuschränken, was der Intention der „Väter“ der Reform widerspricht. (Im „Hinweis zur Wörterbuchbenutzung“, Beiblatt zu dieser Auflage, liest sich das so: „Wer sich an diesen Empfehlungen orientiert, stellt eine einheitliche Rechtschreibung sicher.“).

Die reformierte Rechtschreibung wird jedoch nur von einer kleinen Minderheit der deutschen Bevölkerung befürwortet und von einer Mehrheit abgelehnt, wie mehrere Umfragen übereinstimmend ergeben haben.

Bedeutende Personen der deutschen Orthographiegeschichte

15./16. Jh.: Niklas von Wyle, Heinrich Steinhöwel

17. Jh.: Justus Georg Schottel, Philipp von Zesen

18. Jh.: Johann Christoph Gottsched, Johann Christoph Adelung, Carl Friedrich Aichinger

19. Jh.: Johann Christian August Heyse, Jacob Grimm, Karl Weinhold, Rudolf von Raumer, Konrad Duden, Wilhelm Wilmanns

20. Jh.: Eugen Wüster, Gerhard Augst, Horst Haider Munske, Peter Eisenberg, andere Mitglieder der Zwischenstaatlichen Kommission

Soziale Faktoren für die Orthographievereinheitlichung

Laut Mattheier ist das Bildungsbürgertum Träger der gesellschaftlichen Entwicklungen am Ende des 18. und im Verlauf des 19. Jahrhunderts. Diese Schicht der Bevölkerung gewann an Einfluss und sie wirkte somit stark sozialhistorisch. Die Sprache avancierte zum Sozialsymbol der bürgerlichen Gesellschaft. Durch sie wurde das Bildungsbürgertum als eine Gruppe definiert. Dies beinhaltete die Möglichkeit der Abgrenzung gegenüber unter dem Bürgertum stehenden Schichten und gegenüber dem niederen Adel. Die Bürger hoben sich zeitweise von diesen anderen gesellschaftlichen Gruppen durch ihre Sprachlichkeit, kommunikative Kompetenz und eine eigene Sprachvarietät, die sie schriftlich und mündlich gebrauchten, ab. Durch das Prestige des Bürgertums und dieser Varietät imitierten andere Bevölkerungsschichten die Sprache und Benimmformen des Bürgertums, was unter anderem für die Ausbreitung verantwortlich war.

Am Ende des 19. Jahrhundert zählten laut Mattheier nicht mehr die Werte der vorherigen Jahrhunderte. Adelsprivilegien und Landwirtschaft galten als nichtig. Was nun zählte war Besitz und Bildung. Gebildete waren Träger der Gesellschaft. Sie hatten die anerkanntesten Positionen inne. Am Anfang ihrer Karrieren waren die Gebildeten Schriftsteller, Journalisten, Hauslehrer, Theologen. Viele stiegen sozial auf zu Pfarrern, Professoren, Lehrern an höheren Schulen, Rechtskundigen oder sie kamen sogar in hohe Verwaltungspositionen. Legitimiert zu diesen Positionen wurden sie durch ihr Wissen.

Allmählich wurden Zugangsvoraussetzungen für bestimmte Positionen geschaffen, die die Bildungsbürger meist eher erfüllten als Adelige. Für den Eintritt in eine preußische Offizierslaufbahn, zum Beispiel, wurde Primarreife an einem preußischen Gymnasium gefordert. Im 19. Jahrhundert war das Bildungsbürgertum folglich faktisch Funktionselite. Zudem führt Mattheier an, dass diese gesellschaftliche Schicht durch die Aufklärung und zusätzlich durch eine philosophisch-ästhetische und pädagogische Überhöhung eine ideologische Aufwertung erfahren hat. Dazu kam die staatliche Zersplitterung des deutschen Sprachgebiets. Das Ideal der Kulturnation entwickelte sich, welches ebenfalls vom Bürgertum mit seinem literarisch-ästhetischen Anspruch, dass sich auf die Klassik und somit unter anderem auf Goethe stützte, getragen wurde. Dieses Ideal konnte nur durch eine standardisierte deutsche Hochsprache durchgesetzt werden. Die Sprachvarietät des Bildungsbürgertums diente hier als Leitbild.

Die Imitation durch die anderen Schichten führte jedoch dazu, dass die neu geschaffenen Grenzen durchlässiger wurden. Die Standardsprache avancierte vom Sozialsymbol der Bildungsbürger zum Nationalsymbol aller Deutschsprechenden. Für den Prozess der vollständigen Durchsetzung der Standardsprache macht Mattheier den Prozess der Popularisierung und der Pädagogisierung verantwortlich. Popularisierung versteht sich als die eben schon genannte Ausbreitung und die Verdrängung aller konkurrierenden Varietäten. Pädagogisierung meint hier, dass sie in allen Schultypen vermittelt wird.

Popularisierung der deutschen Standardsprache

Im Prozess der Popularisierung der deutschen Standardsprache wurden alle anderen Varietäten stigmatisiert. Dialekte wurden negativ bewertet und galten als Zeichen der Rückständigkeit. Besonders stark erfolgte die Stigmatisierung in Mittel- und Norddeutschland. Dialekt wurde in Verbindung mit Bäuerlichkeit oder Arbeiterschaft und mangelnder Bildung gesehen. Diese Stigmatisierung ist auch heute gerade deswegen noch vorhanden.

Der Prozess der Standardherausbildung vollzog sich im Zusammenhang mit einer Institutionalisierung. Theater, öffentliche Verwaltungen und parlamentarische Institutionen begannen schon früh wegen ihrer überregionalen Funktion mit einer Standardisierung. Die Entwicklung der Sprachstandardisierung umfasste sogar den neugeschaffenen vierten Stand - den der Arbeiter. Für Mitglieder der sozialdemokratischen Arbeiterpartei wurden intensive Rednerschulungen geschaffen.

Pädagogisierung der deutschen Standardsprache

Im 19. Jahrhundert erfuhr das Deutsche eine Aufwertung. Es wurde als selbstständiges Fach in der Schule eingeführt. Techniken, wie Lesen und Schreiben, wurden jetzt gezielt unterrichtet. Auch Textsorten wurden unterrichtet. Die Schüler lernten nach dem Ideal der Klassik unter anderem Reden, Briefe und Verwaltungstexte in einer standardsprachlichen Form zu produzieren. Hochsprachliche Literatur wurde dabei kanonisiert und zum Lerngegenstand gemacht. Die Standardsprache wurde instrumentalisiert und dialektale Sprache in der Schule verdrängt. Orthographische Regeln wurden ausgebaut, vereinheitlicht und verfestigt. Verstöße wurden zunehmend scharf sanktioniert.

Niederdeutsche Sprache

Im Gegensatz zur hochdeutschen Schriftsprache ist die niederdeutsche Schriftsprache offiziell nicht normiert, wird aber zunehmend durch die 1956 in Hamburg aufgestellten „Regeln für die plattdeutsche Rechtschreibung“ und das Wörterbuch von Johannes Saß beeinflusst.

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