Elektor
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Die Super Audio Compact Disk unter-
scheidet sich trotz der vielen neuen
Möglichkeiten rein äußerlich auf den
ersten Blick kaum von der bisherigen
CD. Unter der silbrig glänzenden
Oberfläche verbirgt sich aber als
wesentliches Element der neuen Tech-
nik eine hybride Schichtstruktur.
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Ü N F
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N N O V A T I O N E N
Die Super-Audio-CD unterscheidet
sich vom Ausgangsmuster Audio-CD
durch fünf entscheidende Verbesse-
rungen:
1. Anstelle von 16-bit-PCM wird DSD
verwendet. Die Abkürzung steht für
Direct Stream Digital und bezeichnet
eine Kodierung, bei der das Audiosig-
nal mit nur 1 bit Auflösung, dafür aber
mit einer Taktfrequenz von 2,8224 MHz
verarbeitet wird.
2. Für den konventionellen Teil der CD
(kompatibel mit bisherigen Spielern)
wird Super Bit Mapping Direct ver-
wendet, eine Technologie, die ein DSD-
kodiertes Audiosignal auch auf einem
normalen CD-Spieler besser klingen
läßt, weil die 16 bit Auflösung des
PCM-Signals optimal ausgenutzt wird.
Ohne diese Technik ist der Wert des
letzten Bits weniger zuverlässig.
3. Bei dieser CD wird die bereits
erwähnte hybride Beschichtung ver-
wendet, die aus zwei übereinanderlie-
genden, voneinander unabhängigen
Aufzeichnungsschichten mit Daten
besteht. Die eine Schicht ist mit kon-
ventionellen Spielern lesbar und sorgt
damit für Kompatibilität. Ein entschei-
dender Vorteil für den Handel, um bei
neuen CDs nicht mit zwei verschie-
dene Versionen operieren zu müssen.
4. Der digitale Kode auf der neuen
Lage mit höherer Aufzeichnungsdichte
Als die Entwickler der Compact Disk ihre Erfin-
dung vorstellten, war die verwendete 16-bit-
PCM der Stand der Technik. Seither sind aber
bald 20 Jahre ins Land gegangen, in denen
gerade auf dem Gebiet der digitalen Signalver-
arbeitung große Fortschritte erzielt wurden. Die
CD-Erfinder Philips und Sony hatten also eini-
gen Grund, sich über eine Weiterentwicklung
Gedanken zu machen. Das Ergebnis:
Die Super Audio Compact Disc.
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Super-Audio-CD
Besserer Klang, mehr Möglich-
keiten und dennoch kompatibel
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I E W I C H T I G S T E N
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P E Z I F I K A T I O N E N
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onventionelle
Super Audio
Compact Disc
Compact Disc
Durchmesser
120 mm (4fl")
120 mm, (4fl")
Dicke
1,2 mm (
1
/
20
")
1,2 mm, (
1
/
20
")
Anzahl Seiten
1
1
Speicherschichten
1
2
Reflexion
vollständig
halbdurchlässig
Kapazität
780 MByte
4700 MByte
Pitabstand
0,83 µm
0,40 µm
Spurabstand
1,6 µm
0,74 µm
Laser-Wellenlänge
780 nm
650 nm
Numerische Apertur
0,45
0,60
der Abtastlinse (NA)
Kodierung:
Standard-Audio
16-bit PCM
16-bit PCM
44,1 kHz Sampling
44,1 kHz Sampling
Super-Audio
1-bit Direct Digital Stream
2,8224 MHz Sampling
Multi channel
6 Kanäle in
Direct Digital Stream
Frequenzbereich
5...20.000 Hz
DC...100.000 Hz (DSD)
Dynamikbereich
96 dB
120 dB
Spieldauer:
74 Minuten
74 Minuten
Zusatzinformationen:
CD Text
Text, Bilder und Video
INFO & GRUNDLAGEN
wird mit einem Verfahren
namens Direct Stream
Transfer Coding ohne
Datenverluste kompri-
miert, so daß die
Datenmenge auch verbes-
serte Stereo-Wiedergabe, 6-
Kanal-Wiedergabe und die
Wiedergabe von Texten
und Bildern ermöglicht.
In der Praxis wird eine Kompression
auf 50 % erzielt.
5. Sogenannte Digitale Wasserzeichen
verhindern im Interesse der Musik-
industrie das Raubkopieren von Super-
Audio-CDs. Dabei handelt es sich um
sichtbare und unsichtbare Markierun-
gen, von denen man sich einen wirk-
samen Schutz verspricht.
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L A N G
Ohne den bisherigen, im “Roten Buch”
festgelegten Standard für Audio-CDs
zu verletzen, verspricht das Konzept
der Super-Audio-CD auch bei Wieder-
gabe auf älteren CD-Spielern einen
besseren Klang. Auf wundersame
Weise gelingt es, die deutlich verbes-
serte Aufnahmequalität des Masters
auch auf konventionellen CD-Spielern
zu nutzen. Hinter dieser Klangzaube-
rei steckt Super Bit Mapping Direct,
eine von Sony entwickelte Technik, die
innerhalb der Möglichkeiten des Red-
book-Standards die 16 bit Auflösung
der CD optimal nutzt. Das Verfahren
gibt es schon länger, und es wurde
auch in der Vergangenheit vereinzelt
bei konventionellen CDs angewandt.
Bei der Super-Audio-CD wird es im
konventionellen Teil immer verwen-
det, so daß jeder CD-Käufer davon
profitieren kann, ohne gleich einen
neuen Super-CD-Spieler anschaffen zu
müssen. Auf die Vorteile für den Han-
del wurde bereits hingewiesen. Beides
zusammen soll der Super-CD von
Anfang an eine hohe Marktakzeptanz
sichern.
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I R E C T
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T R E A M
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I G I T A L
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N C O D I N G
( D S D )
Im Laufe der Jahre konnte sowohl die
Abtatsrate als auch die Samples immer
weiter gesteigert werden, allerdings
war die dadurch erzielte Qualitätsver-
besserung eher beschränkt. Ein Grund
dafür liegt in der Verwendung von Fil-
tern, die immer von dem Ideal abwei-
chen, das bis 20 kHz auch nicht die
geringste Beeinflussung des Signals
duldet und bei 22,05 kHz bereits eine
vollständige Unterdrückung des Sig-
nals fordert. Eine Verminderung dieser
Problematik konnte durch Oversam-
pling erzielt werden, aber auch da blei-
ben Beschränkungen. Aus
diesem Grund wurde mit
Direct Stream Digital eine
prinzipiell andere Lösung
gewählt. In der Studiotech-
nik haben sich für die A/D-
Wandlung Sigma-Delta-
Wandler mit 64fachem
Oversampling etabliert, die
Abtastfrequenz beträgt dabei 2,8224
MHz. Das resultierende 1-bit-Signal
wird anschließend in PCM-Kode
umgesetzt. Direct Stream Digital ver-
wendet nur das 1-bit-Signal. Da das
von der Sigma-Delta-Wandlung
erzeugte Signal relativ viel Rauschen
enthält, durchläuft das Signal ein Fil-
ter fünfter Ordnung, um das Rau-
schen zu eliminieren.
Das Kodierungssystem wurde so
dimensioniert, daß es in wesentlichen
Parametern die derzeit besten Audio-
rekorder übertrifft. Ein hochwertiger
Halbzollrekorder erzielt eine Band-
breite von 50 kHz bei einer Bandge-
schwindigkeit von 30 Zoll/Sekunde.
DSD erzielt hingegen einen Aufnah-
mebereich von DC bis 100 kHz. Auch
der Dynamikbereich übertrifft mit 120
dB den von analogen Mischpulten.
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U P E R
B
I T
M
A P P I N G
Der DSD-Datenstrom ist bei 1 bit Auf-
lösung 64fach überabgetastet. Um die
Daten auch in bisherigen CD-Spielern
verarbeiten zu können, müssen For-
mat und Abtastrate in ein kompatibles
Format zurückgeführt werden. Hierbei
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HD-Aufnehmer
= 650 nm;
fokussiert auf
HD-Lage
NA = 0,6;
CD-Aufnehmer
= 780 nm;
fokussiert auf
CD-Lage
NA = 0,45;
CD Lage: voll reflektierend
HD Lage: reflektierend für
650 nm,
transparent für
780 nm
0,6 mm
0,6 mm
980065 - 11a
Schutzlage
Reflektierende Standard-Lage
PC-Grundlage
Halbdurchlässige Lage
PC-Grundlage
980065 - 11b
Laser-Aufnehmer
1
Bild 1. Die Super Audio CD besteht aus zwei optisch
abgetasteten Informationsträgerschichten, die über
einander liegen (1a). Die untere Lage ist identisch
mit der Speicherschicht der bisherigen Audio-CD
und kann durch jeden (noch so alten) CD-Spieler
abgespielt werden. Die darüberliegende zweite
Schicht weist eine viel höhere Informationsdichte
auf und kann nur von den künftigen Super-Audio-CD-
Spielern ausgelesen werden (1b).
a
b
ist es wichtig, daß möglichst keine
Information verlorengeht. Sony hat
hierfür spezielle Prozessoren ent-
wickelt, die es erlauben, mit einer 20 bis
24 bit entsprechenden Genauigkeit auf
16 bit umzusetzen. Das bedeutet, daß
alle 16 bit des PCM-Kodes auch zuver-
lässig verwendet werden, auch das
LSB hat seinen definierten Wert. Pro-
totypen dieser SBM-Direct-Prozesso-
ren werden bereits für die Produktion
von normalen Audio-CDs mit verbes-
serter Klangqualität eingesetzt, und es
wird nicht lange dauern, bis die ersten
mit SBM aufgenommenen Titel in den
Handel kommen.
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I R E C T
S
T R E A M
T
R A N S F E R
Die zusätzliche Aufzeichnungsschicht
der Super-Audio-CD hat eine Spei-
cherkapazität von 4,7 Gigabyte, was
reicht, um zwei verschiedene Versio-
nen einer 74-Minuten-CD aufzuzeich-
nen: DSD 2-Kanal-Stereo und DSD 6-
Kanal-Stereo unter Verwendung von
Direct Stream Transfer mit Datenkom-
pression. Im Gegensatz zu der bei
Mini-Disc und bei DAB angewandten
Audio-Datenreduktion (MUSICAM
bzw. MPEG) handelt es sich bei der
Direct-Stream-Transfer-Kodierung um
eine verlustfreie Kompression, wie sie
auch aus dem PC-Bereich bekannt ist
(zum Beispiel nach dem ZIP-Protokoll).
Durch die Kompression geht kein ein-
ziges Datenbit verloren, dennoch kann
mit dem verwendeten Algorithmus die
aufzuzeichnende Datenmenge um
rund 50 % reduziert werden. Bei der
MPEG-Kodierung ist die Datenreduk-
tion zwar wesentlich stärker, dafür
wird das Audiosignal bei der Wieder-
gabe nicht exakt in seiner ursprüngli-
chen Form, sondern nur in einer
annähernden Rekonstruktion repro-
duziert.
D
A S
G
E H E I M N I S D E R
Z W E I T E N
S
C H I C H T
CD-Spieler der nächsten Generation
sind Super-Audio-CD-Spieler, die auch
die neue zweite Speicherschicht ausle-
sen können. Diese wird auf der glei-
chen CD-Seite als optisch halbdurch-
lässige Deckschicht auf die bisherige
Speicherschicht aufgebracht.
Ein konventioneller CD-Spieler tastet
die unter dieser Deckschicht liegende
"alte" CD wie bisher ab, ohne durch die
darüberliegende neue Schicht beein-
trächtigt zu werden. Spieler der neuen
Generation hingegen können die
obere Schicht auswerten und damit
sowohl die hochauflösende 2-Kanal-
Version als auch die 6-Kanalversion
und die begleitende Text- und Bildin-
formation abspielen. Sowohl bei der
Zweikanal- als auch bei der Sechska-
nal-Version erstreckt sich die für das
Audiosignal zur Verfügung stehende
Bandbreite von DC bis 100 kHz (bei
der konventionellen CD sind es 20 Hz
bis 20 kHz). Der Dynamikbereich
beträgt 120 dB (bisher waren es maxi-
mal 94 dB). Damit nimmt die CD
unter den digitalen Tonträgern auch
weiterhin eine Spitzenstellung ein.
(980065)
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Elektor
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980065 - 12
12 cm
CD-Lage
High-density-Lage
Zusätzliche Daten:
•Text
•Graphics
•Video
6-Kanal Mix
SBM Direct CD (16/44,1)
Zweikanal-Stereo
Bild 2. Der Aufbau der hybriden 2-Schicht-CD. Der Laser
tastet wie bisher die Unterseite der CD ab. Die halb-
durchlässige Deckschicht wird nur von Super-Audio-CD-
Spielern gelesen und von den Laser-Abtastern konven-
tioneller CD-Spieler gar nicht wahrgenommen.
2
1-bit-ADC
Front End
Digitales
Dezimierungs-
filter
PCM-
Recorder
Analoger
Tiefpaß
64 fs
1 bit
fs
20 bit
fs
20 bit
Digitales
Interpolations-
filter
Delta-Sigma-
Modulator
64 fs
24 bit
64 fs
1 bit
1-bit-ADC
Front End
DSD-
Recorder
64 fs
1 bit
64 fs
1 bit
980065 - 13
Analoger
Tiefpaß
OVERSAMPLED 20-BIT-STRUKTUR
OVERSAMPLED 20-BIT-STRUKTUR
3
Bild 3. Die konventio-
nelle Anordnung mit
PCM bedingt Filter an
der Aufnahme- und
Wiedergabeseite.
Gebraucht man Digital
Stream Direct, entfal-
len dieEingangsfilter
und originale 1-bit-
Daten werden verwen-
det.