Sprachwissenschaft (=Linguistik) beschäftigt sich mit der systematischen Erforschung und Beschreibung der Sprache unter den Gesichtspunkten ihrer Entstehung, ihrer Funktionen und ihrer inneren Struktur.
Teilgebiete der Allgemeinen Linguistik
Semantik (Bedeutungslehre) und Pragmatik (Anwendungsorientiertheit) gehören zu allen Ebenen außer der untersten, da dort Bedeutung keine Rolle spielt.
Wissenschaften, die sich mit Sprache beschäftigen
Allgemeine Sprachwissenschaft
Angewandte Sprachwissenschaft
Theoretische Sprachwissenschaft
Historische Sprachwissenschaft (komparative Linguistik)
Einzelsprachliche Sprachwissenschaft (z. B. Germanistische Linguistik)
Kommunikationswissenschaft (Informationstheorie, Nachrichtentechnik)
Soziologie (Soziolekt, Sprachkonflikt, Sprachpolitik)
Psychologie (Spracherwerb, Sprachverlust, Mehrsprachigkeit)
Philosophie (Logik, Grammatik, Semiotik, Rhetorik)
=> auch andere Wissenschaften beschäftigen sich mit Sprache
=> die Linguistik besteht aus Einzeldisziplinen
Allgemeine Sprachwissenschaft |
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Angewandte Sprachwissenschaft |
Psycho-, Sozio-, Neuro-, Translationswissenschaft. Gemeinsamkeit: Anwendbarkeit |
Theoretische Sprachwissenschaft |
es geht darum, Theorien in formelhafter Sprache darzustellen, so daß man damit rechnen kann (Leibnitz, Decartes); berührt die Computerlinguistik |
Historische Sprachwissenschaft |
diachronische Sprachwissenschaft (Entwicklung einer Sprache aus Vorgängern) |
Einzelsprachliche Sprachwissenschaft |
hier wird nur das verglichen, was für die Sprache relevant ist |
Kommunikationswissenschaft |
es geht darum, sprachliche Informationen über Nachrichtenkanäle zu übermitteln, ohne daß Information verloren geht (Stichwörter: Abtastrate, Genauigkeit der Messung, bandbreitenbeschränkter Informationskanal (Telefon)) |
Soziologie |
Ideolekt (Besonderheiten der Sprache einer Einzelperson) |
Psychologie |
Spracherwerb (Erst-, Zweitsprache), Sprachverlust / Aphasie (durch Unfall, Gehirntrauma) |
Philosophie |
Logik (Wahrheit ...), Grammatik (Wohlgeformtheit ...), Semiotik (Sprache als spezifisches Zeichensystem) |
Zeichen etwas, das für etwas anderes steht (aliquid stat pro aliquo)
Arten von Beziehungen zwischen Zeichen und Bezeichnetem
ikonisch - z.B. onomatopoetische Wörter - Abbildungsrelation
indexikal - z.B. Donner => Blitz, Alter an der Stimme erkennen
(vor allem im nonverbalen Bereich) - Folgerelation
(oft: Ursache / Wirkung)
symbolisch - z.B. Baum (es gibt keinen besonderen Grund, warum ein Baum Baum heißt) -
Arbitrarität (Relation ist willkürlich)
Konventionalität (innerhalb der Gruppe muß Einigkeit bestehen)
Assoziativität (innere Kohärenz muß da sein; was für Substantive gilt, kann z.B. nicht für Verben auch gelten)
Assoziativität: Verhältnis von Zeichenform und Zeicheninhalt unter psychologischer Perspektive; "Diese Bestimmung macht noch einmal die Verschiedenheit und die Zusammengehörigkeit der beiden Seiten von Zeichen klar: Assoziiert werden können nur unterschiedliche, aber miteinander verbundene Gedächtnisinhalte"
Struktur sprachlicher Zeichen
signifiant z.B. "Gesicht Zeichenausdruck
(Lautbild, Schriftbild) signifié
Zeicheninhalt
(Konzept, Begriff, Vorstellung)
Theoretiker der Semiotik
Unterschied zwischen Phonetik und Phonologie
Phonetik ist die Disziplin, welche die Produktion, die physikalische Beschaffenheit und die Rezeption von Sprachschall zum Gegenstand hat (naturwissenschaftlich).
Phonologie untersucht die Funktion von Sprachlauten im Sprachsystem.
Prosodie (suprasegmentale Eigenschaften)
Phänomene, die sich über mehr als ein Segment erstrecken und an größere Äußerungseinheiten (Silben, Morpheme, Wörter, Phrasen, Sätze) gebunden sind, werden unter dem Terminus Suprasegmentalia zusammengefaßt.
Einige dieser Suprasegmentalia (z.B. Akzent, Dauer, Intonation, Ton) können sprachliche Funktionen wahrnehmen (z.B. umfahren). In diesen Fällen spricht man meist von prosodischen Eigenschaften (oft werden "prosodisch" und "suprasegmental" aber auch einfach synonym gebraucht).
Anmerkungen:
Variation der
Tonhöhe (Geschwindigkeit der Vibration)
Intensität (mehr Druck, mehr Luft)
Dauer (Tempo- und Rhythmusunterschiede, Länge und Anzahl der Pausen)
Beispiele:
Heroin, August, Tenor (Akzent)
chinesisch ma ma ma ma (die Mutter schlägt das Pferd) (Ton)
Hervorhebung neuer, interessanter, unerwarteter Aspekte
Sprechtempo, Lautstärke und Pausen erfüllen auch dialog-strategische Funktionen (signalisieren, daß der andere dran ist oder daß man noch weiterreden möchte)
Prosodie taucht bei Kindern schon in der Lallphase auf, da tonale Verläufe durch die Bauchdecke zum Embryo gelangen (während die Laute selbst nicht durchdringen)
Phonotaktik - Kombinationsregeln, wie Phoneme zu größeren Einheiten verknüpft werden können. zur Verdeutlichung siehe auch folgendes Beispiel: phonotaktische Struktur eines einsilbigen Wortes im Deutschen.
Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache
gesprochene Sprache:
natürlich
flüchtig
Tonbänder wurden erst spät erfunden
verlangen eine hohe Gedächtnisleistung, auch schon zur Verarbeitung
mündliche Überlieferung war eine hohe Kunst
schriftliche Sprache:
künstlich, aus menschlichen Konventionen geschaffen
statisch, konservativ (siehe Rechtschreibreform)
beständig, permanent, kann über Jahrhunderte bewahrt werden
Was ist Morphologie?
Morphologie ist die Lehre von den kleinsten bedeutungstragenden Einheiten.
genauer: Morphologie ist die Lehre von den "kleinsten lautlichen oder graphischen Einheiten mit einer Bedeutung oder grammatischen Funktion" (Linke 1996, S. 60)
Der Begriff stammt von Goethe (Formenlehre; griech. morphé "Gestalt, Form", logos "Wort, Lehre" ).
Erklärung:
Die klassische strukturalistische Morphologie
segmentiert die Wortformen einer Sprache in einzelne Morpheme mit Bezug auf die Merkmale, die die Wortformen als signifiant von syntaktischen Wörtern tragen
inventarisiert die Morpheme
klassifiziert sie und
sucht nach Regeln der Verkettung der Morpheme zu Wortformen für syntaktische Wörter
Arten von Morphemen
frei - gebunden
lexikalisch - grammatisch
Stamm (Wurzel) - Endung
Nullmorphem, Portmanteau-Morphem
frei - gebunden
gebundene Morpheme können nur in Verbindung mit anderen auftreten
freie Morpheme können auch alleine stehen
lexikalisch - grammatisch
lexikalische Morpheme haben eine eigene lexikalische Bedeutung
grammatische Morpheme stehen nicht für irgendetwas, sondern haben eine grammatische Rolle
Zusammenhang (am Beispiel Un|frucht|bar|keit|s|gott|heit|en - 8 Morpheme):
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frei |
gebunden |
lexikalisch |
normal |
Ausnahme |
grammatisch |
Ausnahme |
normal |
Stamm (Wurzel) - Endung
Stamm (Wurzel)-Morphem:
einzelnes freies (lexikalisches) Morphem, z.B. Gott
morphologischer Komplex: z.B. Gottheit
Affix (Endung):
Präfix: z.B. Antrieb, vorkommen
Suffix: z.B. Gottheit, Gottheiten
Infix: z.B. convalescere, arescere (convalere = gesund sein, convalescere = gesund werden; arere = trocken sein, arescere = trocken werden)
Circumfix: z.B. geflogen
Nullmorphem, Portmanteau-Morphem
Dies wird deutlich an der Pluralbildung:
Katze + {n} |
aber: |
Balken + {0} |
Balken: Nullmorphem (Identität zwischen Singular und Plural-Endung)
"Balken hat, wenn es Wortform für das pluralisch markierte syntaktische Wort ist, einen morphologischen Teil mehr, als wenn es für das singularisch markierte Wort steht. Dieser zusätzliche Teil ist allerdings unsichtbar; es handelt sich um das sogenannte Null-Allomorph. Die Wortform für das pluralisch markierte syntaktische Wort Balken hat demnach folgende Struktur: balken-0." (Linke 1996, S. 70)
Mutter: Portmanteau-Morphem
Ein Portmanteau-Morphem ist eine "morphologische Einheit, die mehrere Informationseinheiten übereinander trägt"
Wortbildung: Flexion, Derivation, Komposition
Flexion
Deklination
Konjugation
Komparation
Derivation
Komposition
kopulativ
determinativ
Kasus, Genus, Numerus |
|
Tempus, Modus, Person, Numerus; ggf. Aspekt, Genus Verbi (=Aktionsform: aktiv, passiv, reflexiv) |
|
Positiv, Komparativ, Superlativ |
Gott |
Gottheit |
Sinn |
sinnlich |
Frucht |
Fruchtbarkeit |
Komposita |
kopulativ |
geringes semantisches Gefälle (z.B. sind bei "blaugrau" "blau" und "grau" gleich wichtig) |
|
determinativ |
eins schränkt die Bedeutung des anderen ein oder erweitert sie |
Allomorphe - Realisierung eines Morphems in konkreten Sprachäußerungen,
Identität eines Morphems in verschiedenen Varianten
"Wenn die Verteilung der Varianten komplementär ist, wenn also jede Variante nur in der Umgebung vorkommt, in der die anderen Varianten nicht vorkommen, dann bezeichnet man die Varianten als Allomorphe eines Morphems.
Man unterscheidet phonologisch motivierte und morphologisch motivierte Allomorphie:
Bei phonologisch motivierter Allomorphie wird die lautliche Gestalt des Allomorphs von der phonetischen Umgebung bestimmt; die Auslautverhärtung im Deutschen ist ein Beispiel phonologischer Allomorphie (z.B. Rad, Rades)
Allomorphie, die nicht phonologisch motiviert ist, heißt morphologische Allomorphie" (z.B. seh - sieh, frier - fror - frör)