30 GRUPPE III.
Yorkommen. Das Ergebniss ist also, dass die eben nach Exempla-ren aus Yechten und Ladekopp beschriebene Ubergangsform in Ver-breitung und somit auch in Herkunft noch ganz der Hauptserie folgt, wiihrend die eigenthche Nebenserie »mit Augen am Fuss» (und mit Wulst statt Scheibe}, Fig. 57—61, ausschliesslich nordeuropaiseh und zwar ganz iiberwiegend preussisch ist.
Betrachten wir nun die Entwicklungsgeschichte dicser Serie. Von den 5 Kreispaaren der oben beschriebenen Vechtener Fibel schwindet gleich wieder das oberhalb der Scheibe angebrachte Paar. Auch die Augen am Kopfende halten sich nicht lange1). Am Fusse dagegen sind sie immer vorhanden und zwar fast durehgehends in 3 Paaren; 2 Paare baben nur einige friihe Exemplare, wie Fig. 57, das oben erwahnle aus Ladekopp, Antiąuites Suedoises Fig. 310 u. s. w.
Im iibrigen behalt diese Fibelserie noch lange den Haupteharakler der Formen Fig. 52—53 der Hauptserie. Das obere Bugelen.de bat diesclben »Seitenzapfen», die doch spiiter verkurnmern [Fig. 59) und sebliesslich so vollstandig Yerschwdnden, dass im Gegenteil der Biigel-hals sieh allmahlich verjtmgend in den Spiraldraht ubergeht, Fig. 60 — 61. Der Draki ist bei dieser Serie fast durehgehends (mit Aus-nahme ciniger ganz friihen Exemplaren sowie der Varianten Fig. 62 —64) bandforniig; die erste Neigung hierzu fanden wir ja schon bei den jimgsten Formen der Hauptserie (Fig. 53; vgl. oben S. 24). Der Seknenkaken ist immer bandforniig und ganz schlicht3). Eine Biigel-scheibr wie bei der erwahnten Ubergangsform aus Vechten und Ladekopp ist ausserst selten; gewbhnlich findet man nur einen sehr nie-drigen Wulst; bei ganz spaten Exemplaren wie Fig. 61 ist auch dieser Tersehwunden. In der Verzierung des Btigels erhiilt sich der Perlenstreifen am Ilalse bestandig weiter; audi das Dreieck am Fus-sende triu noch vereinzelt auf (Fig. 58. 62).
Je weiter die Entwicklung dieser Fibeln fortgeht, desto naehliis-siger sind sie ausgefiihrt. Schon die Fig. 60 ist nicht eben hiibsch, aber sie bekali doch noch zicmlich den Charakter der altcren Formen. Sehr unschon ist dagegen die Fig. 61, aus einer gar nieht gegliederten, gegen das Fussende sieli stark verbreiternden Platte bestehend, dereń Kanleri sehr uneben fortłaufen.
Lokale Verbreitung* (s. Bcilagc 1, 9). Wie schon gesagt ist diese Fibelserie hauptsachlieh auf West- und Ostpreussen - beschrankt
') Ganz vcreinzdt sind doch dic Augen am obereti Bugelende noch bei einem spaten Exemplare, wie Fig. 60—6!, aus Gross-Roop in Livland erhalteu; p. Beilage 1, U.
C f3ber e.in Escmplar mit umgdcgter Sehne aus Schlakalken in Ostpreussen, s. Beilage I. vgl, auch unten S. 32 Notę 3.
Aus diesen Provinzen kann man schon etwa 200 solcher Fibeln ziihlen, wogegen sie in anderen Landem sehr vereinzelt vorkommen, am reieii-sten jedoch, wie ganz naturlich, in den russischen Ostseeprovinzen und auf den Ostseeinseln Bornholm, Óland und Gotland. Dass sie in Hinterpommern, Posen, Schlesien und Polen hie und da gefunden sind, kann auch nicht verwundern; und recht charakteristisch ist ihr Vor-kommen in einigen Exemplaren zu Garnuntum, das sehr wahrsuhein-lich der Stapelplatz des preussischen Bernsteinhandels war; man erin-nere sich des rdmischen Ritters, der unter Nero von Carnunturn aus die Reise nach der Bernsteinkiiste unternabm. —Die Fundę in Vester-gotland und Norwegen stehen zweifelsohne im Zusammenhang mit Thatsachen, die wir spater kermen lernen werden. AułTallender sind die westlichsten Fnndorte: Werder bei Potsdam, in Anhalt, Schleswig, Fanen, Jutland (freilich nur je einmal). Uber das ganz alleinslehende Esemplar aus Vechten ist oben geniigcnd gcsprochen1).
Zeitstellung' (vgl. Bcilagc U und die Stufeniabelle). Die alte-sten Formen dieser Serie, Fig. .57—.55, linden sich noch, wie die Fibeln der Hauptserie, mil. friihen Formen anderer Gruppen zusammen, s. die 5unde 89. TI 5, (127)'-}. Der Fund 47 ist auch sehr cha-rakteristisćh, indem das hier vorliegende Esemplar der Form Fig. 72 der fruheren Stule dieses Typus angehort, die, wie die Figur selbst, Stiitzplatte und Sehncnhutse gesondert hat, wahrend die zahlreichen Exemplare, die mit Fibeln wie Fig. 50—67 zusammen vorkommen, alle eine Hiilse haben. Die demselben Fundę 47 angehorende provin-zialromische Fibel wie Fig. 238 ist weniger aufklarend, da dieser Typus, wie wir spater sehen werden, etwa die zwei ersten nachchristlichen Jahrhunderte hindurch gelebt hat. — In den Fundcn 30 und 05, wo die Form Fig. 57—38 mit den etwas spaleren Fibeln Fig. 109 und 150 zusammen vorkommt, ist auch schon die Form Fig. 60 mit dabei. Und diese jiingercn Formen unserer Serie, Fig. 60—61, gehbren olTen bar der ziceitm Abteilung der id teren rdmischen Periode an, wie die Stufeniabelle mit zahlreichen Beispieien bezeugt. Sie fanden sich mit keinen anderen alteren Formen ais eben ihren Yoriaufern Fig. 57—58.
') Bonner Museum (inden sich freilich 2 Fibeln wie Fig. 60—61 (A 587 ttnd A 726), aber man weiss gar nicht, wo sie gefunden sind. Beide sind schon Vora langerer Zeit an die Sainmlung geschenkt worden; von der einen ist es notirt, dass der Geber sie in Koln gekauft hatte. Es ist wohl gar nicht unmog-lich, dass sie aus West- oder Ostpreussen stammen.
2) AufTallenderweise jedoch nicht mit Fibeln dieser Hauptserie selbst, iuner-hałb welcher dagegen die versehiedensten Formen so mit einander vermischt waren. Bei dem geringen vorliegenden Fundmateriale kann dies naturlich ais eine Zufalligkeit betrachtet werden, und derartige Fundę imissen erwartet werden, aber es deutet immerhin auf die spatere Zeitstellung der Nebenserie.