Obraz1 (22)

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dies Chaos fur eine Einbeit anzuseben bestrebt ist und von seinn Ich redei, ais sei dies eine einfache, fest geformte, klar umrissene El scheinung: diese, jedem Menscben (auch dem bochsten) geldufig Tduscbung scheinl eine Notwendigkeit zu sein, eine Forderung de, Lebens wie Atemholen und Essen.

Die Tduscbung beruht auf einer einfachen Ubertragung. Ais Korpe, ist jeder Mensch eins, ais Seele nie. Auch in der Dichtung selbst i> der rafftniertesten, wird herkbmmlicherweise stets mit scheinbar gan zen, scheinbar einheitlichen Personen operiert. An der bisheriget Dichtung schdtzen die Fachleute, die Kenner am bochsten da. Drama, und mit Recbt, denn es bietet (oder bóle) die gro(he Moglich keit zur Darstellung des Ichs ais einer Vielheit - wenn dem nich der grobe Augenschein widersprache, der uns jede einzelne Person ei nes Dramas, da sie in einem unweigerlich einmaligen, einheitlichen abgescblossenen Kórper steckt, ais Einheit nortduscht. Am hóchsteschdtzt denn auch die naive Asthetik das sogenannte Charakter drama, in dem jede Figur recht kennllich und abgesondert ais Etn heit auftritt. Nur von feme erst und allmdhlich ddmmert die Ah nung in Einze/nen, dafi das uielleicht alles eine billige Oberfldchen asthetik ist, da fi wir irren, wenn wir auf unsre grofien Dramatike die herrlichen, uns aber nicht eingeborenen, sondern blofi aufge schwatzten Schonheitsbegriffe der Antike anwenden, welche, iiberal vom sichtbaren Leibe ausgehend, recht eigentlich die Fiktion vom Ich von der Person, erfunden hal. In den Dichtungen des alten Indien is dieser Begriff ganz unbekannt, die Helden der indischen Epen sim nicht Personen, sondern Personenknduel, Inkarnationsreihen. Um in unsrer modernen Welt gibt es Dichtungen, in denen hinter den Schleier des Personen- und Charakterspiels, dem Autor wohl kauń. ganz bewufit, eine Seelenoielfalt darzustellen versucht wird. We dies erkennen will, der mufi sich entschliefien, einmal die Figuren ei ner solchen Dichtung nicht ais Einzelwesen anzuseben, sondern al Teile, ais Seiten, ais oerschiedene Aspekte einer hiiheren Einhei (meinetwegen der Dichterseele). Wer etwa den Faust auf diese Art betrachtet, fur den wird aus Faust, Mephisto, Wagner und allen an dem eine Einheit, eine Uberperson, und erst in dieser hóhem Ein heit, nicht in den Einzelfiguren, ist etwas vom wahren Wesen de Seele angedeutet. Wenn Faust den unter den Schullebrem beruhm ten, vom Philister mit Schauer bewunderten Spruch sagt: „Zwei Set len wohnen. ach, in meiner Brustl", dann uergifil er den Mephist und eine ganze Menge andrer Seelen, die er ebenfalls in seiner Brus hat. Auch unser Steppenwolf glaubt ja, zwei Seelen (Wolf um


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Mensch) in seiner Brust zu tragen, und findet seine Brust dadurch u bon arg beengt. Die Brust, der Leib, ist eben immer eines, der •i.tein wohnenden Seelen aber sind nicht zwei oder funf sondern uniki ige; der Mensch ist eine aus hundert Scbalen bestebende Zwiebel, <in aus vielen Fdden bestehendes Gewebe. Erkannl und genau genu fil haben dies die alten Asiaten, und im buddbistischen Yoga ist me genaue Technik dafiir erfunden, den Wahn der Persónlichkeit u ntlamen. Lustig und vielfdltig ist das Spiel der Menschheit: der Wahn, zu dessen Entlanung Indien tausend Jahre lang sich so sehr ■mgestrengt hat, ist derselbe, zu dessen Stutzung und Stdrkung der Hk.zident sich ebenso viele Muhe gegeben hat.

Hrlrachten wir von diesem Standpunkt aus den Steppenwolf, so wird uns klar, warum er so sehr unter seiner lacherlichen Zweiheit leidet. Ir glaubt, wie Faust, da fi zwei Seelen fur eine einzige Brust schon ariel seien und die Brust zerreifien mufiten. Sie sind aber im Ge-fenteil viel zu wenig, und Harry oergewaltigt seine arme Seele lurcbtbar, wenn er sie in einem so primitioen Bilde zu begreifen mcht. Harry oerfahrt, obwohl er ein hochgebildeter Mensch ist, etwa n ie ein Wilder, der nicht iiber zwei hinaus zdhlen kann. Er nennt m Stuck von sich Mensch, ein andres Wolf und damit glaubt er abon am Ende zu sein und sich erscbópft zu haben. In den „Men-1‘ben" pach er alles Geistige, Sublimierte oder doch Kultwierte hinna. das er in sich rorfindet, und in den Wolf alles Triebhafte, Wilde and Chaotische. Aber so simpel wie in unsem Gedanken, so grób ii ie in unsrer armen Idiotensprache geht es im Leben nicht zu, und Harty belugt sich doppelt, wenn er diese negerhafte Wolfsmethode anwendet. Harry rechnet, so furcbten wir, ganze Prooinzen seiner Srele schon z um „Menschen", die noch lange nicht Mensch sind, und rechnet Teile seines Wesens zum Wolfe, die langst iiber den Wolf hinaus sind.

Wie alle Menscben, so glaubt auch Harry recht wohl zu wissen, was •Ur Mensch sei, und weifi es doch durchaus nicht, obschon er es, in Trdumen und anderen schwer kontrollierbaren Bewufilseinszustdn-•Im, nicht seiten ahnt. Mochte er diese Ahnuńgen nicht oergessen, machtc er sie sich doch móglichst zu eigen machen! Der Mensch ist ja ' r'me feste unddauernde Gestaltung (dies war, trotz entgegengesetz-irr /ihnungen ihrer Weisen, das Ideał der Antike), er ist oielmehr fin Vtrsucb und Ubergang er ist nichts andres ais die schmale, ge-uhrliche Brucke zwischen Natur und Geist. Nach dem Geiste hin, m Gott hin treibt ihn die innerste Bestimmung - nach der Natur, ■nr Mutter zuruck zieht ihn die innigste Sehnsucht: zwischen beiden

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