46675 Obraz7 (33)

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płotzlich Verse sagte, Verse, viel zu schón und viel zu wun-derlich, ais dafi ich daran hatte denken diirfen, sie aufzu-schreiben, die ich am Morgen nicht mehr wufite und die doch in mir verborgen łagen wie die schwere Nufi in einer alten bruchigen Schale. Ein andermal kam es beim Lesen ei-nes Dichters, beim Nachdenken eines Gedankens von Des-cartes, von Pascal, ein andres Mai leuchtete es wieder auf und fuhrte mit goldner Spur weiter in die Himmel, wenn ich bei meiner Geliebten war. Ach, es ist schwer, diese Got-tesspur zu finden inmitten dieses Lebens, das wir fiihren, inmitten dieser so sehr zufriedenen, so sehr biirgerlichen, so sehr geistlosen Zeit, im Anblick dieser Architekturen, dieser Geschafte, dieser Politik, dieser Menschen! Wie sollte ich nicht ein Steppenwolf und ruppiger Eremit sein inmitten einer Welt, von dereń Zieleń ich keines teile, von dereń Freude keine zu mir spricht! Ich kann weder in ei-nem Theater noch in einem Kino lange aushalten, kann kaum eine Zeitung lesen, selten ein modernes Buch, ich kann nicht verstehen, welche Lust und Freude es ist, die die Menschen in den uberfiillten Eisenbahnen und Hotels, in den uberfiillten Cafes bei schwiiler aufdringlicher Musik, in den Bars und Varietes der eleganten Luxussstadte su-chen, in den Weltausstellungen, auf den Korsos, in den Vortragen fur Bildungsdurstige, auf den grofien Sportplat-zen - ich kann all diese Freuden, die mir ja erreichbar Waren und um die tausend andre sich miihen und drangen, nicht verstehen, nicht teilen. Und was hingegen mir in mei-ncn seltnen Freudenstunden geschieht, was fur mich Wonne, Erlebnis, Ekstase und Erhebung ist. das kennt und sucht und liebt die Welt hóchstens in Dichtungen, im Le-ben findet sie es verriickt. Und in der Tat, wenn die Welt recht hat, wenn diese Musik in den Cafes, diese Massenver-gniigungen, diese amerikanischen, mit so wenigem zufriedenen Menschen recht haben, dann habe ich unrecht, dann bin ich verriickt, dann bin ich wirklich der Steppenwolf, den ich mich oft nannte, das in eine ihm fremde und unver-standliche Welt verirrte Tier, das seine Heimat, Lust und Nahrung nicht mehr findet.

Mit diesen gewohnten Gedanken lief ich auf der nasser StraBe weiter, durch eins der stillsten und altesten Quar-tiere der Stadt. Da stand gegeniiber, jenseits der Gasse, in

iln rinsternis eine alte graue Stcinmauer, die ich immer i-- i nc sah, sie stand immer so alt und unbekummert da, zwi-

■    hen einer kleinen Kirche und einem alten Hospital, auf i liter rauhen Flachę liefi ich bei Tage oft meine Augen aos-i nhen, es gab wenige so stille, gute, schweigende Flachen in iln innern Stadt, wo ja sonst auf jedem Quadratmeter ein i n schaft, ein Advokat, ein Erfinder, ein Arzt, ein Barbier nler Huhneraugenheilkunstler einem seinen Namen entge-i nischrie. Auch jetzt wieder sah ich die alte Mauer still in linem Frieden liegen, und doch war etwas an ihr yerandert, u Ii sah ein kleines hiibsches Portal mit einem Spitzbogen in 'ler Mitte der Mauer und wurdc irr, denn ich wufite wahr-IuIlig nicht mehr, ob dies Portal immer dagewesen oder nni hinzugekommen war. Alt sah es ohne Zweifel aus, ur-ili, vermutlich hatte die kleine geschlossene Pforte mit ih-m dunklen Holztur schon vor Jahrhunderten in irgendei-iiiii verschlafenen Klosterhof gefuhrt und tat es heute > mich, wenn auch das Kloster nicht mehr stand, und wahr-

■    heinlich hatte ich das Tor hundertmal gesehen und blofi nie bcachtet, vielleicht war es frisch bemalt und fiel mir hu um auf. Immerhin blieb ich stehen und blickte aufmerk-

■    in hinuber, ohne doch hiniiber zu gehen, die Strafte da-■wischen war gar so bodenlos erweicht und nafi; ich blieb mf dem Trottoir und schaute bloB hinuber, es war alles u hon sehr nachtig, und mir schien, um die Pforte sei ein Kuinz oder sonst etwas Buntes geflochten. Und jetzt, wo n h mir Muhe gab, genauer zu sehen, sah ich uber dem Por-■ il ein helles Schild, auf dem stand, so schien mir, irgend et-• is geschrieben. Ich strengtc die Augen an, und schliefilich i mg ich trotz Schmutz und Pfiitzen hinuber. Da sah ich u het dem Portal auf dem alten Graugriin der Mauer einen i leck matt beschienen, und uber den Fleck liefen bewegli-• In* bunte Buchstaben und verschwanden alsbald wieder,

i unen wieder und verflogen. Nun haben sie, dachte ich, iiihtig auch diese alte gute Mauer zu einer Lichtreklame "illSbraucht! Indesen entzifferte ich einige der fltichtig er-heinenden Wone, sic waren schwer zu lesen und mufiten li ilb erraten werden, die Buchstaben kamen mit ungleichen wischenraumen, so blaB und hinfallig, und erloschen so i im h. Der Mann, der damit sein Geschaft machen wollte,

■u nicht tikhtig, er war ein Steppenwolf, armer Kerl;


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