A Droste Hulshoff die Judenbuche


Jahr

Ort

Ereignis

1738

Dorf B.

Geburt Friedrich Mergels.

1747

Dorf B.

Hermann Mergel, der Vater Friedrichs, stirbt im Suff.

1750

Dorf Brede

Adoption Friedrichs durch seinen Ohm Simon Semmler.

1756

Masterholz

Die Blaukittel, eine Bande von Holzfrevlern, treiben ihr Unwesen.

1756 im Juli

Dorf B.

Auseinandersetzung zwischen Friedrich und dem Oberförster Brandes; Ermordung des Försters.

1760 im Oktober

Dorf B./
Brederholz

Auseinandersetzung Friedrichs mit dem Juden Aaron über eine nicht bezahlte Uhr auf einer Dorfhochzeit. Erschlagung des Juden. Friedrich flüchtet mit Johannes Niemand.

24.12.1788

Dorf B.

Friedrich kehrt zurück und gibt sich als Johannes Niemand aus.

1789 im September

Brederholz

Selbstmord Friedrichs.

Wenn man eine Erzählung verstehen und deuten will, muss man sich zunächst einen Überblick über die Ereignisse, Figuren, Zeit und Handlungsorte der Geschichte verschaffen. Das gilt auch für “Die Judenbuche”. Hilfreich ist ein Schema, das die Ereignisse der Novelle chronologisch wiedergibt und sie örtlich verankert. Vernachlässigt man einmal die kurze Vorgeschichte der Erzählung, dann ist ihr Ausgangspunkt die Geburt Friedrich Mergels im Jahre 1738 im Dorf B.

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Friedrich Mergel (1738-1789)
Friedrich ist die Hauptperson der Erzählung. Er hat eine schwierige Kindheit, verliert bereits als 9-Jähriger seinen Vater und leidet darunter, dass die Dorfbewohner den toten Vater als “Gespenst des Brederholzes” bezeichnen. Unter dem Einfluss seines Onkels und Adoptivvaters Simon Semmler entwickelt er sich von einem scheuen, verträumten und zurückhaltenden Jungen zu einem Führer (“Dorfelegant”) der Dorfjugend. Er ist offenbar mitschuldig am Tod des Oberförsters Brandes, was ihm ein schlechten Gewissens verschafft. Weiter spricht alles dafür, dass er den Juden Aaron getötet hat, weil er von diesem in der Öffentlichkeit bloßgestellt wurde.

Johannes Niemand
Johannes ist der Schweinehirt Simon Semmlers und wahrscheinlich auch dessen unehelicher Sohn. Er ist scheu und armselig und das “verkümmerte Spiegelbild” von Friedrich, der ihn zu seinem Schützling macht. Nach dem Mord an dem Juden Aaron fliehen beide.

Simon Semmler
Simon ist der einzige Verwandte der Familie (Bruder von Margret Semmler). Nach dem Tod von Friedrichs Vater adoptiert er den Jungen wird somit dessen Ersatzvater. Er ist ein “unheimlicher Geselle”, dem die Dorfbewohner lieber aus dem Weg gehen. Vieles spricht dafür, dass Simon Mitglied der “Blaukittel” ist, einer Bande von Holzfrevlern, die wahrscheinlich den Oberförster Brandes erschlagen hat.

Hermann Mergel (Friedrichs Vater)
Er ist ein gewalttätiger Mensch (misshandelt seine Frau), aber dennoch ein liebenswürdiger Vater. Sein Drang, ständig zur Flasche zu greifen, ist letztendlich der Grund für seinen Tod. Danach wird Hermann den Ruf des “Gespenstes des Brederholzes” nicht los, worunter Friedrich sehr leidet.

Margreth Mergel, geb. Semmler (Mutter von Friedrich)
Sie ist eine kluge und selbtbewusste Frau, wird aber von ihrem Mann unterdrückt. Ihr Ziel ist es, Friedrich zu einem ehrlichen, gläubigen Menschen zu erziehen und ihm über seinen Vater nichts zu erzählen. Nach der Adoption Friedrichs zieht sie sich mehr und mehr zurück und verarmt seelisch.

Förster Brandes (Vater und Sohn)
Der ältere Brandes wird nach der Auseinandersetzung mit Friedrich und auf dessen “Wegbeschreibung” hin von den Blaukitteln erschlagen. Friedrich hat daraufhin ein schlechtes Gewissen. - Brandes junior findet Jahrzehnte danach die Leiche des erhängten Friedrich Mergel in der Judenbuche.

Aaron
Der Jude Aaron ist Händler und tritt auch als Geldverleiher in Erscheinung. Somit könnte sich Friedrich von ihm das Geld für seine wertvolle silberne Uhr geliehen und nicht zurückbezahlt haben. Aaron ist das Opfer des Mordes, für den erst Friedrich verantwortlich gemacht wird. Später gesteht jedoch ein so genannter “Lumpenmoises” einen gewissen Aaron ermordet zu haben. Ob es jedoch der Aaron ist,  mit dem Friedrich etwas zu tun hatte, bleibt ungeklärt, da sich der “Lumpenmoises” selbst erhängt.

Handlung

Friedrich Mergels Werdegang scheint schon vor seiner Geburt festzustehen durch seine Familie, in der „viel Unordnung und böse Wirtschaft“ herrscht. Hermann Mergel, Friedrichs Vater und starker Alkoholiker, heiratete Margret Semmler, nachdem ihm seine erste Frau in der Hochzeitsnacht weggelaufen war. Mitten in das Chaos wird 1738 Friedrich geboren. Als dieser neun Jahre alt ist, kommt sein Vater ums Leben, als er betrunken mitten im Wald einschläft und dabei erfriert. Dies hat zur Folge, dass Friedrichs soziales Ansehen im Dorf stark nach unten rutscht; er hütet fortan die Kühe.

Als ihn 1750 sein Onkel Simon Semmler adoptiert, verhilft ihm dieser wieder zu einem „bedeutenden Ruf“. Zugleich schließt Friedrich Freundschaft mit Simons Kuhhirten Johannes Niemand, womöglich dessen unehelicher Sohn, der Friedrich zum Verwechseln ähnlich sieht. Der einzige Unterschied in der äußeren Erscheinung der beiden ist eine kleine Halsnarbe Friedrichs.

Die bisher vom Dorf nicht groß beachteten Holzdiebstähle durch die sogenannten Blaukittel nehmen in nächster Zeit zu. Daher verstärken die Förster zwar ihre Kontrollen, können aber die Diebe dennoch nie auf frischer Tat ertappen. Als dies dem Oberförster Brandis im Juli 1756 dann doch gelingt, wird er von den Blaukitteln brutal erschlagen. Friedrich fühlt sich, obwohl man ihm vor Gericht nichts davon beweisen konnte, mitschuldig an Brandis' Tod, hatte er ihn doch in die Richtung der Blaukittel geschickt, als ihn dieser danach fragte. Zuvor hatte Brandis versucht, Friedrichs Hund zu töten.

Im Oktober 1760 wird Friedrich auf einer Hochzeitsfeier von dem Juden Aaron bloßgestellt, der ihn „laut vor allen Leuten um den Betrag von zehn Talern für eine schon um Ostern gelieferte Uhr gemahnt hatte“. Aarons Leiche wird wenig später im Wald unter einer Buche aufgefunden. Sofort gerät Friedrich wegen der Vorkommnisse während der Hochzeitsfeier unter Verdacht; als man dessen Haus umzingeln will um ihn festzunehmen, flieht er zusammen mit Johannes Niemand durch das Gartenfenster. Der Verdacht wird später durch das Geständnis eines anderen entkräftet, wobei nicht geklärt werden konnte, ob sich dieses Geständnis tatsächlich auf den im Dorfe B. ermordeten Aaron bezog.

Eine Delegation der Juden des Dorfes kauft die Buche, unter der Aaron gefunden wurde, und ritzt den Satz „Wenn du dich diesem Orte nahest, so wird es dir ergehen, wie du mir getan hast“ in hebräischen Schriftzeichen in die Rinde. Die Buche wird deshalb von den Dorfbewohnern fortan Judenbuche genannt.

Der Mord ist längst verjährt und vergessen, als Friedrich Mergel am 24. Dezember 1788 nach achtundzwanzig Jahren wieder in das Dorf B. zurückkehrt und sich als Johannes Niemand ausgibt. Simon und Margret Semmler sind zu diesem Zeitpunkt schon tot, sie starben beide in Armut. Margret verblieb zudem seit der Flucht ihres Sohnes in einem Zustand „völliger Geistesstumpfheit“ .

Im September 1789 kehrt Friedrich Mergel alias Johannes Niemand nicht aus dem Wald zurück. Als man schließlich nach ihm suchen lässt, findet der junge Brandis, Sohn des ermordeten Oberförsters, Friedrichs Leiche. Er hatte Selbstmord begangen, indem er sich an der Judenbuche erhängte. Als der Gutsherr die Leiche betrachtet, entdeckt er die Halsnarbe, die bekanntlich nur Friedrich hatte und somit das einzige Unterscheidungsmerkmal der beiden darstellte. Friedrichs Leiche wird auf dem Schindanger ohne geistlichen Beistand verscharrt.

Interpretation

Recht und Gerechtigkeit

Die Gesetze sind einfach und teilweise unzulänglich. Neben dem gesetzlichen Recht hat sich so ein zweites Recht gebildet: Recht der öffentlichen Meinung, der Gewohnheit und entstandenen Verjährung. Gutsbesitzer wie Volk handelten frei nach ihrem Gewissen, nur den Unterlegenen waren bisweilen die geschriebenen Gesetze wichtig. Alle Dorfbewohner sind fromm, fast alle sind aber auch irgendwie in den Holz- und Wilddiebstahl verstrickt. Ein Beispiel sind Margret Mergel und ihr Bruder Simon Semmler: Während Margret äußerst fromm ist, aber das Bestehlen von Juden für ebenso akzeptabel hält wie Wilderei und Holzfrevel, hat Simon als Sinnbild des Bösen immer noch einen Funken von Gewissen und Frömmigkeit in sich (wenn er letzteres auch vielleicht nur vorschiebt).

Man kann dieses Gewohnheitsrecht als Zeichen der Rückständigkeit des Dorfes interpretieren, die die Autorin am Anfang des Buches anspricht. Bezeichnenderweise ist diese Rückständigkeit 1789 beendet: Etwa zwei Monate nach Ausbruch der Französischen Revolution wird der echte Schuldige bestraft, zuvor können Adel und Volk über Recht und Gerechtigkeit entscheiden. Die Autorin heißt die ältere Form der „Gerechtigkeit“ weder gut, noch verurteilt sie sie.

Bemerkenswert ist, dass die Natur in der Novelle stets als Richter und Zeuge auftritt. Dies zeigt durch die Verbindung zwischen Taten der Dorfeinwohner und der sie umgebenden Natur, dass sie, wenn sie ihr „inneres Rechtsgefühl“ verlieren, ebenso auch die Gemeinsamkeit von Menschen und Natur stört, welche durch die göttliche Seinsordnung festgelegt ist.

Die negativen Ereignisse der Novelle geschehen allesamt in der Nähe der Buche im Brederwald, vom zeitlichen Rahmen her immer in der Nacht beziehungsweise auch während der Dämmerung, aber nicht am Tag. So wird der Brederwald zu einer Art „magischen Raum“ (Kindler), die Buche zum „Dingsymbol für ein Geschehen des Unheils“ (B. v. Wiese). [1]

Der Autor Steffen Ewig befand in Kindlers Literatur Lexikon, der „sachlich-nüchterne, durch genaue Zeitangaben äußerst distanzierter Berichtstil“ lasse „die ständige Bedrohung des Menschen (...) durch die Macht des Dunklen und Irrealen noch unheimlicher hervortreten“[1].

Bild der Juden

Die Juden gelten bei der Bevölkerung als sehr geschäftstüchtig und fleißig, aber auch als verschlagen und betrügerisch. Wie so häufig in dieser Zeit lebten die Juden in ihren eigenen Vierteln, wo sie die Synagoge besuchen oder beim Metzger z.B. koscheres Fleisch kaufen konnten. Zudem verbot es ihnen ihr Glaube nicht, Zinsen zu nehmen, weswegen Juden häufig Geld verliehen, was ihnen auch den Ruf von „Halsabschneidern“ einbrachte.

Zusammenfassung:

Die Geschichte spielt in der Mitte des 18. Jhdts. in einem westfälischen Dorf. Holz- und Jagdfrevel sind an der Tagesordnung der Dorfbewohner, ebenso tägliche Straftaten.
In diese Welt wird Friedrich Mergel hineingeboren und sein Lebensweg ist damit im
Voraus geprägt.
Sein Vater ist ein chronischer Alkoholiker, eigentlich ein verkommenes Subjekt. Seine erste Frau ist im weggelaufen. Einige Zeit später heiratet er die stolze und fromme Margret Semmler. Als Friedrich 9 Jahre alt ist, wird sein Vater tot im Brederholz unter einer ausgehöhlten Eiche gefunden.
Dieses schreckliche Ereignis kann er kaum verkraften und wird zum Einzelgänger. Drei Jahre später wird er von seinem Onkel Simon Semmler aufgenommen und gerät durch in ins Milieu der Wilderer und Holzdiebe. Friedrich bekommt damit einen zweifelhaften Ruf im Dorf,
einerseits wird er bewundert, andererseits aber gefürchtet. Sein ständiger Begleiter ist Johannes Niemand, in gewisser Weise sein verkümmertes Spiegelbild.
Friedrich wird, ohne dass man ihm vor Gericht etwas nachweisen kann, mitschuldig am Tod des Oberförster Brandes. Tatsächlich wurde dieser aber von den Blaukitteln erschlagen.

Bei einer Tanzveranstaltung wird Friedrich mit der Restschuld von 10 Talern beim Juden Aaron bloßgestellt. Aaron wird noch in dieser Nacht ermordet und unter einer Buchte tot aufgefunden. Friedrich und Johannes fliehen überstürzt ins Ausland.
Die Juden des Ortes gehen zum Gutsbesitzer Herr von S. und kaufen diese Buche. Folgender Spruch wird eingeritzt:

"Wenn du dich diesem Baum näherst, so wird es dir ergehen, wie du mir getan hast."
Nach einiger Zeit gesteht ein anderer Jude diese Tat.

28 Jahre später kehrt Friedrich unter dem Namen seines Freundes Johannes Niemand ins Dorf zurück. Er arbeitet noch einige Zeit als Tagelöhner. Die Judenbuche zieht ihn immer wieder irgendwie an und er wird letztendlich erhängt an der Buche aufgefunden.



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