Elektor
6/98
Wegen der wahren Flut an (deutsch-
sprachigen) kommerziellen Program-
men , die über Satellit ins Kabel
schwappt, werden terrestrisch zu
empfangende ausländische Pro-
gramme häufig nicht mehr einge-
speist. Leider sind es zum Beispiel bei
österreichischen und niederländischen
Programmen gerade solche, die nicht
über Satellit ausgestrahlt werden, so
daß man weiter auf den terrestrischen
Empfang angewiesen ist. Ein erhebli-
ches Interesse gilt im deutschen Süden
den Programmen des ORF, da sie
hochkarätige Sportereignisse wie Fuß-
ball und Formel 1 unverschlüsselt und
werbungsfrei übertragen, die über
Kabel und Satellit nur von kommerzi-
ellen Programmen (wenn nicht Pay-TV,
dann werbungsverseucht) angeboten
werden. Allerdings ist eine einwand-
freie terrestrische Versorgung immer
nur für das jeweilige Inland garantiert.
Eine Versorgung der Nachbarn jenseits
der Grenze ist aus technischen Grün-
den zwar unvermeidlich (Funkwellen
22
Von Walter Fischer, DD0RQ
Störausblendung
mit zwei Antennen
Gegen Gleichkanalstörungen
auf VHF und UHF
Obwohl immer mehr Haus-
halte ihre TV-Programme über
Kabel und Satellit erhalten,
kann es sehr interessant sein,
zusätzliche terrestrische Pro-
gramme einzuspeisen. Das
sind zum Beispiel Programme
aus Nachbarländern, die nur
terrestrisch zu empfangen
sind. Dabei kommt es wegen
der begrenzten Kanalanzahl
im VHF- und UHF-Bereich oft
zu Gleichkanalstörungen mit
wesentlich stärkeren inländi-
schen Sendern. Wie man sol-
che “Störer” mit Zwillingsan-
tennen ausblenden kann,
beschreibt dieser Beitrag, der
sicher auch für den ungestör-
ten UKW- und Amateurfunk-
empfang von Interesse ist.
machen auch vorm Freistaat nicht
halt), aber nicht beabsichtigt (jedenfalls
nicht offiziell). Also brauchen sich die
deutschen Senderbetreiber auch nicht
darum zu kümmern, daß sie in ihrem
Bereich möglicherweise den Empfang
ausländischer Programme stören. So
ist es, um beim Beispiel des ORFs in
Bayern zu bleiben, dort zum Beispiel
so, daß der Empfang von ORF2 oft
unter Gleichkanalstörungen mit einem
ARD-Sender leidet. Ähnliche Probleme
gibt es nicht nur im Fernsehbereich
und nicht nur im Grenzland, sondern
bei UKW und Amateurfunk auch im
Binnenland. Die Lösung besteht in der
Verwendung von zwei Antennen.
Doppelt hält hier zwar nicht besser, es
blendet aber Störsender aus.
S
T Ö R A U S B L E N D E R
Das Prinzip der Ausblendung des
störenden Senders ist in Bild 1 zu
sehen: Zwei gleiche Antennen werden
im Abstand “d” montiert und über
Kabel gleicher Länge über einen Lei-
stungsaddierer zusammengeschaltet.
Bei Ausrichtung der Antennengruppe
auf den Nutzsender treffen die Signale
phasengleich am Leistungsaddierer ein
und addieren sich dort theoretisch um
3dB (in der Praxis meist etwas weni-
ger).
Ein im Winkel α von der Hauptemp-
fangsrichtung einfallendes Störsignal
trifft an den Antennen nicht mit glei-
cher Phasenlage ein. Das Signal an
der Antenne A2 muß einen um s = d ·
sin α weiteren Weg zurücklegen.
Dabei erfährt es eine Phasenverschie-
bung von ϕ = 360 · s/λ (λ ist die Wel-
lenlänge des Signals). Zur vollständi-
gen Auslöschung des Empfangs aus
dieser Richtung müssen die Span-
nungen an beiden Antennen exakt
gleich, jedoch in der Phase um genau
180° verschoben sein.
In der Montageebene treten dabei
mindestens vier Nullstellen auf, die
spiegelsymmetrisch zu den beiden
Hauptachsen liegen (siehe Bild 2).
Der Abstand “d” der Antennen errech-
net sich nach der Formel:
Ist der berechnete Abstand “d” so
klein, daß sich die Wirkflächen der
d
n
=
+ ⋅
λ
λ
α
/
sin
2
Antennen überlappen oder die Reflek-
torenschirme sich berühren, ist für “n”
der Wert 1 oder 2 usw. einzusetzen.
Ein Ausblendwinkel von 180° ist mit
einer Zweiergruppe nicht realisierbar.
In diesem Fall würde auch das Nutz-
signal ausgelöscht. Bei sorgfältigem
Aufbau der Zweiergruppe kann mit
einer Störunterdrückung von über
25dB gerechnet werden.
23
Elektor
6/98
Störsender
Nutzsender
Leitung 1
Leitung 2
Leistungs-
addierer
L
d
S
A
1
A
s
L
α
α
980041 - 11
1
Bild 1. Prinzip der Störausblendung
mit zwei auf den gleichen Sender
ausgerichteten Antennen.
Bild 2. Lage der Nullstellen im Richtdiagramm einer hori-
zontalen Zweiergruppe.
Bild 3. Praktisches Fallbeispiel mit zwei Sendern auf der
gleichen Frequenz. Sender X ist der ausgeblendete Stör-
sender, Sender Y der zu empfangende Nutzsender.
α
α
α
α
A
1
180°
0°
A
2
Empfangs-
richtung
980041 - 12
α
A
1
A
2
180°
150°
Sender
X
K55
Sender
Y
0°
980041 - 13
2
3
Anzeige
B
E I S P I E L
In Bild 3 ist eine Beispielsituation dar-
gestellt, in der an einem Standort zwei
Sender auf der gleichen Frequenz zu
empfangen sind. Sowohl Sender X als
auch Sender Y arbeiten auf Kanal 55 =
743,25 MHz (Bildträgerfrequenz). Sen-
der Y ist in unserem Beispiel der Nutz-
sender, den es von den Störungen zu
befreien gilt, die von dem auf der glei-
chen Welle angesiedelten ”Störsender”
X verursacht werden.
Da es sich um ein praktisches Beispiel
handelt, sei hier verraten, daß es sich
um eine real existierende Empfangssi-
tuation mit folgenden Daten handelt:
Sender X = ARD, Standort Cham,
Leistung ca. 100 KW
Sender Y = Ö2, Standort Zugspitze,
Leistung ca. 2 KW
A = Empfangsanlage, Standort Voh-
burg/Donau
Der Abstand der beiden indentischen
Antennen voneinander wird nun wie
folgt berechnet:
d
n
=
+ ⋅
=
+ ⋅
°
λ
λ
α
/
sin
,
/
,
sin
2
0 403 2
0 0 403
150
λ =
=
300
743 25
0 403
,
,
MHz
m
λ =
300
f
Da sich die beiden Antennen nicht in
diesem (zu geringen) Abstand mon-
tieren lassen, setzt man für n = 1 ein
und erhält dann mit d = 1,209 m den
Wert, mit dem die Zweiergruppe
tatsächlich realisiert wurde.
P
R A K T I S C H E
R
E A L I S I E R U N G
Beide Antennen werden über eine
Ringweiche (z.B. Reichelt RW021-DC)
zusammengeschaltet. Diese einfache
und auch preiswerte Lösung hat aller-
dings den Nachteil, daß die Durch-
gangsdämpfung der Weiche von ca. 4
dB den Empfangsgewinn der Anten-
nengruppe von 3 dB wieder zunichte
macht.
Bei schwachen Antennensignalen
empfiehlt sich daher eine andere
Methode der Leistungsaddierung,
nämlich die Verwendung eines soge-
nannten Viertelwellentransformators,
den man leicht selbst herstellen kann,
wie Bild 4 zeigt. Die Antennendipole
sind in diesem Bild zum besseren Ver-
ständnis nur angedeutet.
Durch die Parallelschaltung der beiden
Antennen über die beiden 75-Ω-Koax-
d
m
= 1 2096
,
d
m
=0 403
,
Antennenkabel (die gleich lang sein
müssen!), ergibt sich am Knotenpunkt
der beiden Antennenkabel ein Quell-
widerstand von 37,5 Ω. Mit einem
Stück 50-Ω-Koaxkabel (z.B. RG58) wird
dieser Quellwiderstand wieder auf 75
Ω hinauftransformiert, um die Anpas-
sung an die 75-Ω-Ableitung herzustel-
len. Die 50 Ω für die Leitung ergeben
sich wie folgt:
Daß hier nicht genau 50 Ω, sondern 53
Ω errechnet werden, ist zu vernachläs-
sigen, da dies in einer durchaus ver-
tretbaren Toleranz liegt.
Die Formel für die Berechnung der
Länge des Anpaßstücks ist in Bild 4
angegeben. Bei dem Faktor v in der
Formel handelt es sich um den soge-
nannten Verkürzungsfaktor, eine Mate-
rialkonstante, die bei jedem Koaxkabel
in den technischen Daten neben der
Impedanz und der Dämpfung spezifi-
ziert ist. Für das verwendete Kabel
RG58 wird ein Verkürzungsfaktor von
0,66 angegeben. Damit wurde die
Länge des 50-Ω-Kabels für die Bei-
spielanlage aus Bild 3 folgendermaßen
berechnet:
f = 743,25 MHz
Kabel = RG58 CU v = 0,66
Mit der beschriebenen Störausblen-
dung kann bei sorgfältigem Aufbau
der Antennenanlage ein vorher bis zur
Unkenntlichkeit gestörtes Fernsehbild
in (fast) optimaler Qualität empfangen
werden!
(980041)
λ
λ
=
[ ]
= ⋅
[ ]
=
30000
4
6 66
f
cm
cm
cm
l
l
v
,
Z
Z
Z
L
qell
abl
=
⋅
25
Elektor
6/98
Ableitung
980041 - 14
1
4
4
Bild 4. Zusammen-
schaltung der beiden
Antennen über einen
sogenannten Viertel-
wellentransformator.
Anzeige