Einführung in die Linguistik des Deutschen Semantik

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Einführung in die Linguistik des Deutschen

www.schneid9.de/linguistik.html

Semantik

Was ist Bedeutung?

referentielle Definition:

Die Bedeutung eines Ausdrucks ist der außersprachliche Gegen-
stand, für den er steht.

konzeptuelle Definition:

Die Bedeutung eines Ausdrucks ist das gedankliche Konzept,
das im Kopf jedes Sprechers, der den Ausdruck kennt und ver-
steht, mit ihm verbunden ist.

behavioristische Definition:

Die Bedeutung eines Ausdrucks ist der Reiz, der ihn in einer
Äußerungssituation hervorruft, und/oder die Reaktion, die er
hervorruft.

usuelle Definition:

Die Bedeutung eines Ausdrucks ist sein Gebrauch in der Sprache.

Trilaterales Zeichenmodell mit konzeptuellem Bedeutungsbegriff:

Bedeutung/Sinn/Intension

Form Referenz/Extension

Extension und Intension:

Extension/Referenz:

Menge der Objekte in der realen Welt, auf die ein Zeichen verweist (Be-
deutungsumfang
)

Intension/Sinn:

Eigenschaften bzw. Merkmale, durch die ein Begriff definiert ist (Bedeu-
tungsinhalt
)

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Farbbezeichnungen als Evidenz für die Unterscheidung zwischen Sinn und Referenz:

Einteilung des Spektrums grün–braun im Deutschen und im literarischen Walisisch

Grundlegende Farbkategorien in den Sprachen der Welt

(links: Minimalinventar)

Semasiologie und Onomasiologie:

Semasiologie:

Teildisziplin der Semantik, die von den sprachlichen Ausdrücken ausgeht und
deren semantische Eigenschaften untersucht (Bedeutungslehre)

Onomasiologie:

Teildisziplin der Semantik, die von Sachverhalten und Begriffen der realen
Welt (bzw. allgemeiner von Inhalten) ausgeht und die sich auf diese bezie-
henden sprachlichen Ausdrücke untersucht (Bezeichnungslehre)

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Hierarchie semantischer Merkmale (Ausschnitt):

Merkmalsanalyse deutscher Verwandtschaftsbezeichnungen:

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Prototypensemantik:

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Semantische Relationen:

Hyponymie:

semantische Unterordnung

Rose

•

Blume

•

Pflanze

Hyperonymie:

semantische Überordnung

Pflanze

Ú

Blume

Ú

Rose

Kohyponymie:

semantische Gleichordnung

Rose

Û

Tulpe

Û

Nelke

Polysemie:

Mehrdeutigkeit eines Wortes (Bedeutungen
historisch miteinander verwandt)

Schlange = 1. ›Reptil‹,
2. ›Menschenkette‹,
3. ›hinterlistige Frau‹

Homonymie:

ausdrucksseitige Gleichheit historisch
nicht verwandter Wörter

Ton

1

= ›Töpfermaterial‹,

Ton

2

= ›Klang‹

Homophonie:

Gleichheit der Aussprache bei unterschied-
licher Schreibung

Seite

Û

Saite

Homographie:

Gleichheit der Schreibung bei unterschied-
licher Aussprache

das Band

Û

die Band

Synomymie:

Bedeutungsgleichheit (bzw. -ähnlichkeit)
verschiedener Wörter

anfangen

Û

beginnen

Antonymie:

Bedeutungsgegensätzlichkeit

Komplementarität:

Bedeutungen schließen sich gegenseitig
aus (nicht abstufbar)

ledig

Û

verheiratet

Kontrarität:

Bedeutungen können einander angenähert
werden (abstufbar)

groß

Û

klein

Konversion:

Bedeutungen setzen sich gegenseitig vor-
aus

geben

Û

nehmen

Heteronymie:

Bedeutungsähnlichkeit von Wörtern, die in
geschlossenen Reihen auftreten

Montag, Dienstag, Mitt-
woch, …

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Denotation und Konnotation:

Denotation:

begriffliche Kernbedeutung eines Wortes
(kontext- und situationsunabhängig, konstant,
sachlich neutral)

Gesicht, Antlitz, Visage, Fresse
= ›Vorderseite des mensch-
lichen Kopfes‹

Konnotation:

Nebenbedeutungen eines Wortes (wertende
oder emotionale Komponenten, stilistische
Markierungen, konventionelle Assoziationen
usw.)

Gesicht [neutral],
Antlitz [gehoben],
Visage [salopp abwertend],
Fresse [derb]

Kategorien des semantischen Wandels:

Bedeutungs-
erweiterung:

Vergrößerung des Bedeutungsumfangs
durch:

1. Verallgemeinerung einer Bedeutung

Frau ›adliger weiblicher Mensch‹

Ú

›weiblicher Mensch‹

2. Entstehung einer neuen Bedeutung

Schlange ›Reptil‹

Ú

+ ›Menschen-

kette‹

Bedeutungs-
verengung:

Verkleinerung des Bedeutungsumfangs
durch:

1. Spezialisierung einer Bedeutung

Hochzeit ›Fest‹

Ú

›Fest zur Ehe-

schließung‹

2. Wegfall einer Bedeutung

brav ›mutig‹ + ›artig‹

Ú

›artig‹

Bedeutungs-
verschiebung:

qualitative Veränderung des Bedeu-
tungsumfangs

auffallen ›auf etwas fallen‹

Ú

›Aufmerksamkeit erregen‹

Bedeutungs-
verbesserung:

Aufwertung der konnotativen Bedeu-
tung

schwul [abwertend]

Ú

[neutral]

Bedeutungs-
verschlechterung:

Abwertung der konnotativen Bedeu-
tung

Pfaffe [neutral]

Ú

[abwertend]

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Wortfeldtheorie:

Wortfeld:

Menge von sinnverwandten Wörtern, deren Bedeutungen sich gegenseitig begren-
zen und die lückenlos (mosaikartig) einen bestimmten begrifflichen oder sach-
lichen Bereich abdecken

Grundannahmen der Wortfeldtheorie:

Prinzip der Ganzheit:

Der gesamte Wortschatz einer Sprache lässt sich in Feldern
ordnen.

Prinzip der Lückenlosigkeit:

Die zu einem Feld gehörenden Lexeme decken das gesamte
Bedeutungsspektrum ab.

Prinzip der hierarchischen
Ordnung:

Die Lexeme eines Feldes bilden eine hierarchische Ordnung.

Prinzip der wechselseitigen
Bedeutungsbestimmung:

Die Bedeutungen der Lexeme eines Feldes bestimmen sich ge-
genseitig. (Erfährt ein einziges Wort einen Bedeutungswandel,
so ändert sich die Struktur des gesamten Wortfeldes.)

Beispiel: Wortfeld „Verstoß gegen die Norm“ (nach Leo Weisgerber)

ohne Wissen

und Wollen

Wissen

möglich

Verpflich-

tung zum

Wissen

Ansatz des

Wissens

Aufhören

des Nicht-

wissens

mit Wissen

und Wollen

aus Anlage

unzweck-

mäßig

Versehen

(Bock,

Lapsus)

Gedanken-

losigkeit

Unbedacht-

heit

Unüberlegt-

heit

Sinnlosigkeit

Torheit

ungehörig

Fehler

Schnitzer

Ungeschick-

lichkeit

Ungehörigkeit

Unfug

Böswilligkeit

Tölpelei

unver-

nünftig

Irrtum

Fehlgriff

Dummheit

Unbesonnen-

heit

Unvernunft

Verrücktheit

Narrheit

unge-

bührlich

Entgleisung

Missgriff

Unziemlich-

keit

Ungebühr-

lichkeit

Unver-

schämtheit

Gemeinheit

Flegelei

nicht sat-

zungsgemäß

Verletzung

Zuwider-

handlung

Über-

schreitung

Übertretung

Widersetz-

lichkeit

Vergehen

(Rebellion)

(unrecht-

mäßig)

Verfehlung

Fehltritt

Übergriff

Übeltat

Missetat

Verbrechen

Schurkerei

unsittlich

Verirrung

Untat

Schandtat

Ruchlosigkeit

Frevel

Sünde

Teufelei


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