Benda, Georg Anton Ariadne auf Naxos (Original) id


Benda, Georg Anton


Ariadne auf Naxos (Original)





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Georg Anton Benda


Ariadne auf Naxos


Ein Duodrama mit Musick





Personen



Ariadne



Theseus



Eine Oreade



Einige Griechen



Die Scene ist auf Naxus.





Vorbericht.




Minos KÃÅ›nig in Creta, belagerte Athen zu einer Zeit, da eine auÃźerordentliche Hitze ganz Griechenland verwÃźstete. Die bedrÃÅ„ngten Athenienser fragten zu verschiedenen mahlen das Orakel wegen ihrer Befreyung um Rath; endlich erhielten sie zur Antwort, daÃź die GÃÅ›tter nicht eher ihr UnglÃźck endigen wÃźrden, als bis sie dem KÃÅ›nige von Creta eine vÃÅ›llige Genugthunug gegeben hÃÅ„tten. Sie folgten diesem Wink, baten um Friede und Minosschenkte ihnen denselben, unter der Bedingung, ihm alle sieben Jahre sieben atheniensische JÃźnglinge und eben so viel Jungfrauen zum Geschenk zu Ãźberschicken. Dreymal hatten die Athenienser bereits diesen schimpflichen Tribut abgetragen, als Theseus, ein Sohn des Aegens, KÃÅ›nigs von Athen, welcher bisher bey seinem GroÃźvater Pitheus in TrÃÅ›zen erzogen worden war, nach verschiedenen glÃźcklich ausgefÃźhrten Abentheuern, zu Athen anlangte, seine Feinde Ãźberwand und nach erhaltener ErlaubniÃź von seinem Vater, nebst andern durchs Loos gezogenen UnglÃźcklichen, die Reise nach Creta unternahm. Er wurde gleich seinen VorgÃÅ„ngern, vom Minos in das Labyrinth des DÃÅ„dalus gesperrt, um mit dem Minotaurus, einem fÃźrchterlichen Ungeheuer, zu kÃÅ„mpfen. Allein Ariadne, die Tochter des Minos, welche den Theseus bey dem ersten Anblicke lieb gewann, unterrichtete ihn zuvor und gab ihm einen Knaul Zwirn, den er am Eingange des Labyrinths befestigte und wodurch er, nachdem er durch seine Tapferkeit den Minotaurus Ãźberwunden hatte, den Ausgang fand. Die zu zÃÅ„rtliche Ariadne, welche durch diese groÃźe That noch stÃÅ„rker entzÃźndet wurde, entschloÃź sich, Aeltern und Vaterland zu verlassen und ihrem Geliebten zu folgen. Theseus schiffte sich also mit ihr aufs schleunigste ein, verlieÃź Creta und landete ein'ge Zeit darauf auf der Insul Naxus oder Dia. Hier entschloÃź er sich nach einem Aufenthalte von wenigen Tagen, zu der schÃÅ„ndlichen That, seine WohlthÃÅ„terin heimlich zu verlassen und mit seinen Ãźbrigen GefÃÅ„hrten nach seinem Vaterlande zurÃźck zu kehren.

Diese, grÃÅ›Ãźtentheils nach dem Diodor ausgezeichnete Fabel, ist in gegenwÃÅ„rtigem Duodrama dahin abgeÃÅ„ndert, daÃź Theseus nicht den hÃÅ›chsten Grad von Undankbarkeit gegen Ariadnen ÃÅ„uÃźert; er verlÃÅ„Ãźt sie nicht so wohl aus Leichtsinn, als vielmehr ihr Leben gegen die Wuth der auf Naxus angelandeten Griechen in Sicherheit zu setzen.

Die bekannte Cantate des Herrn von Gerstenberg, Ariadne auf Naxos, ist zur Grundlage dieses Duodrama genommen und vieles daraus wÃÅ›rtlich beybehalten worden. Der Ausdruck so mannigfaltiger Leidenschaften, die vortreflichen Gemahlde dieses Dichters sind Ursache, daÃź der Verfasser es gewagt hat, jene so wohl klingende Poesie in Prosa aufzulÃÅ›sen, sie mittelst einiger VerÃÅ„nderungen auch fÃźr die BÃźhne brauchbar zu machen und zugleich durch diesen Weg einem unsrer besten Meister in der Musik *) Gelegenheit zu geben, an einem so reichhaltigen Stoffe sein groÃźes Talent zu zeigen.

Der Umstand, daÃź dieÃź Duodrama zur Musikbegleitung geschrieben ist, wird dem Leser leicht die Ursache der ÃÅ›ftern AbsÃÅ„tze im Text erklÃÅ„ren. Gotha, den 3. Januar. 1775.



* Der Herzogl. SÃÅ„chÃźl. Gothaische Capelldirector Benda.





Erster Auftritt.





Der Eingang der BÃźhne stellt ein Thal vor, auf beyden Seiten erblickt man hohe und rauhe Felsen, die von der See umschlossen sind.





Ariadne schlÃÅ„ft auf der AnhÃÅ›he eines Felsens, ein andrer hÃÅ›herer Felsen ragt Ãźber ihrem Lager hervor und dient ihr zum Schutz gegen die ungestÃźme Witterung. Theseus kÃÅ›mmt von einem entgegen stehenden Felsen herab.



THESEUS. Noch einmal will ich sie sehn; zum letztenmale!





Er steigt den Felsen hinan auf welchem Ariadne schlÃÅ„ft, nÃÅ„hert sich ihr und betrachtet sie ein'ge Augenblicke voll Unruhe.



So sanft schlÃÅ„fst Du, Ariadne? Ahndest nicht, daÃź dieÃź dein letzter sanfter Schlaf ist?

Du glaubst Dich noch in meinen Armen –

DrÃźckst mich noch an Deinen Busen –

Gutes, treues, liebvolles GeschÃÅ›pf!

Und ich wag es?

Darf ich ihn denken den Gedanken?

Ich wag es, dich zu verlassen?

SchutzgÃÅ›ttin meines Lebens! Meine WohlthÃÅ„terin, meine Geliebte, meine Gattin!

Ha BÃÅ›sewicht! Zeugte je die HÃÅ›lle ein so abscheuliches Ungeheuer?

Sie entriÃź mich der Rache des Minos –

Rettete mich aus dem Labyrinth –

Gab mir den Minotaurus in die HÃÅ„nde. –

VerlieÃź Aeltern, Freunde, Vaterland –

Um mir in eine WÃźste zu folgen!

Und ich sollte sie verlassen?

Ariadnen verlassen?

Sie der schrÃÅ›cklichsten Verzweiflung, dem Hunger, den reissenden Thieren des Waldes Preis geben?

Nein Theseus! Nein Athenienser, so weit geht Eure Grausamkeit nicht!

Ich habe mein Vaterland von dem schimpflichen Tribut befreyt; die Pflichten des BÃźrgers erfÃźllt!

Auch die Liebe hat ihre Pflichten! sie sind mir nicht minder heilig!

Ihr Busen steigt empor –

Sie seufzt!





Man bemerkt, das Ariadne von einem schrÃÅ›cklichen Traume beunruhiget wird.



ARIADNE schlafend. Theseus! Ach Theseus!

THESEUS. Sie ruft mich. –

Auch im Traume –

ARIADNE. Hilf! Rette, rette deine Ariadne!

THESEUS. Deine Ariadne?

ARIADNE. Verlassen? Mich verlassen?

THESEUS. Verlassen? Welcher Gott verrÃÅ„th Dir Dein Geschick, UnglÃźckliche!

ARIADNE. Er flieht? – Barbar! Ach!

THESEUS. Ariadne!





Er will sie umarmen, fÃÅ„hrt aber zurÃźck.



Welche Gewalt, welche unwiderstehbare Zauberkraft reiÃźt mich zurÃźck?

Will es das Schicksal?





Man hÃÅ›rt den Schall ein'ger kriegerischer Instrumente.



Man ruft! die Schiffe sind zur Abfahrt bereit! GÃÅ›tter!

AllmÃÅ„cht'ge Gottheit! Wozu entschlÃźÃź ich mich?





Man hÃÅ›rt die Instrumente noch einmal.



Noch einmal! Grausame!

Welcher feindsel'ge DÃÅ„mon fÃźhrte euch auf Naros?

Welche Furie entdeckte euch unsern Aufenthalt?

Dieser von den Ungeheuern des Meers belagerte Felsen, dieser von LÃÅ›wen bewohnte Wald, war fÃźr unsre Liebe ein Elysium!





Nach ein'ger Ueberlegung, in der er einen heftigen Kampf zu erkennen giebt.



Aller Widerstand ist vergebens! Man wird mich mit Gewalt aus ihren Armen reissen!

Ha Schande! Theseus! Der Liebling, der Stolz Athens, der Befreyer seines Vaterlandes, der Ueberwinder des Minotaurus seufzt zu den FÃźssen eines Weibes!

Fort Mitleid! Liebe! Fort!

Ermanne Dich verzÃÅ„rtelter JÃźngling!

ZerreiÃź diese Dich entehrende Bande!

Sey wieder Theseus!

Ich folg' Euch Ihr Griechen! Ich folge dem Rufe der Ehre, des unerbittlichen Schicksals; ich opfr' euch meine Ruhe, mein Leben!





Er blickt voll GefÃźhl auf Ariadnen.



Fluche mir nicht, LiebenswÃźrd'ge! Fluche mir nicht! Ich muÃź! Ich muÃź!

Reue, Angst, Gewissensbisse sind Deine RÃÅ„cher! Sie werden mir Ãźberall folgen!

Ich fÃźhls! Diese in dem Innersten meines Herzeus lodernde Flamme wird umsonst unterdrÃźckt; sie ist unauslÃÅ›schlich!





Man hÃÅ›rt von neuem den Schall der Instrumente.



Ach! Noch einmal! GÃÅ›tter!

Sie kommen selbst! Ich sehe sie, die Unerbittlichen!

Sie winken! Sie drohen! Ha! Noch ein Augenblick und Ariadne wird ihrer Wuth geopfert!

Ariadne? Meine Ariadne?

Nein! Nein! Ich eile, ihr Leben zu erhalten!

GÃÅ›tter! Erbarmt Euch! Sendet ihr einen Erretter!

Sie bewegt sich –

Fort! Ehe sie erwacht! Ihr Flehn mÃÅ›chte mich erweichen! Fort, Sohn des UnglÃźcks!





Es erscheinen auf dem gegenÃźberstehenden Felsen ein'ge Griechen, er eilt ihnen schnell entgegen.



ZurÃźck, Ihr Griechen! ZurÃźck! Ihr Leben sey euch heilig! Sie rettete das meinige; die GÃÅ›tter bestimmen ihr Geschick! Ich folg' Euch!





Er wirft, indem er sich bereits auf der AnhÃÅ›he des andern Felsens befindet, noch einen Blick voll Wehmuth und ZÃÅ„rtlichkeit nach Ariadnen.



Ariadne! Ariadne!





Er geht mit den Griechen ab.





Zweyter Auftritt.




Ariadne. (hernach) Die Stimme der Oreade.



ARIADNE durch den letzten Ausruf des Theseus aus dem Schlaf erweckt. Theseus! Riefst du nicht mein Theseus? Nanntest Du nicht meinen Namen?

Nein, es war ein Traum! Der schÃÅ›ne Morgen hat mir ihn entfuhrt.

Sey mir gegrÃźÃźt, herrliches Morgenroth!

Noch nie sah ich es so schÃÅ›n, so glÃźhend!

Jezt steigt die Sonne herauf; mit welcher Pracht!

Seit den drey glÃźcklichen Tagen auf Naxos HÃÅ›hen Ãźberraschte sie mich in deinen Armen, mein Theseus! Nur heute bist du ihr zuvor gekommen!

Sie errÃÅ›thet nicht umsonst, die VerrÃÅ„therin unsrer Freuden!

Wie durch ihren Anblick sich diese WildniÃź erheitert!

Ohne dich, Geliebter! Welch ein Schauervoller Aufenthalt!

Hier glÃÅ„nzt kein stiller Sommertag, wie in den kÃÅ›niglichen GÃÅ„rten meines Vaters, hier blÃźhen keine RosenstrÃÅ„uche, unter deren Schatten uns die Liebe verbarg; kein Zephir spielt mit unsern Locken, keine SÃÅ„ngerin der Nacht weckt uns zu neuen Freuden!

Alles ist hier wild, fÃźrchterlich!

Das Meer tobt gegen diesen Felsen, will ihn verdrÃÅ„ngen!





Blickt Ãźber sich.



SchrÃÅ›klich beugt sich der Felsen, droht einzustÃźrzen!

Der LÃÅ›we brÃźllt!

Ach Theseus! Theseus! komm; ich bin erwacht!

Wo bist du?

Du jagst im fernen Thale nach LÃÅ›wen und Tyger und verlÃÅ„Ãźt Deine Ariadne, die fÃźr Dein Leben zittert!

Komm! Sie ist erwacht; komm in meine Arme!

Wie hab ich ihn diese Nacht beweint!

Noch nie hatt ich einen so schrÃÅ›cklichen Traum!

Er wollte mich verlassen; umsonst streckt' ich die HÃÅ„nde nach ihn aus, rief ihn umsonst, sucht ihn umsonst auf dieser HÃÅ›he!

Himmel! Wenn sein Muth ihn zu weit verleitete!

Nicht der Minotaurus allein war seinem theuren Leben furchtbar; es giebt mehr SchrÃÅ›cken der Natur!

Reissende Thiere kÃÅ›nnen ihn anfallen! Schlangen ihn umwinden!

Wer, GÃÅ›tter! Wer rettet ihn?

Ach Theseus, komm! Sieh meine ThrÃÅ„nen! Deine Ariadne weint um dich!

Du weiÃźt, wie zÃÅ„rtlich ich dich liebe; kennst mein weibliches, zur Furcht geneigtes Herz und kannst mich so ÃÅ„ngstigen?

Er kÃÅ›mmt nicht!

Er hÃÅ›rt mich nicht!





Sie ruft laut.



Theseus! Theseus! Er antwortet nicht! Welch SchrÃÅ›cken ergreift mich!

Wie schlÃÅ„gt mein Herz!





Sie ruft.



Theseus!

Welch ein fÃźrchterlicher Wiederhall!

Was bedeutet das Brausen im Walde?

Gewitterwolken steigen auf – Der Sturm ist nicht ferne! Und Theseus kÃÅ›mmt noch nicht?





Sie eilt voll Angst vom Felsen hinab und ruft, indem sie den Theseus allenthalben sucht.



Theseus! Mein Geliebter! Wo bist Du? Wo find ich Dich?

DIE STIMME DER OREADE.

ÂZu weit entfernt das Meer den Frevler schon!

Er ist auf ewig Dir entflohn! – «

ARIADNE. Entflohn! Entflohn? Welche Stimme? Wer? –

DIE STIMME DER OREADE.

ÂIch, Nympfe dieser HÃÅ›hen,

Hab ihn im Sturme Dir entfliehen sehn.

Er fÃźrchtete das Licht,

Dein bittend Angesicht,

Dein weinend Auge, nur den Sturm der Wogen nicht.«

ARIADNE. Ihr GÃÅ›tter!





Sie sinkt zur Erde.



Verlassen! Verlassen? Hier allein? Auf diesem Felsen? Hier am Meer?

GÃÅ›tter! GÃÅ›tter! Und Theseus! Er! kann Theseus mich verlassen?

Gerechte GÃÅ›tter! Er?





Sie fÃÅ„hrt plÃÅ›tzlich auf, indem sie auf der hohen See ein Schiff erblickt, das schnell vorÃźber eilt.



Ha! Was erblick ich? Wer rettet mich? Ein Schiff am Horizont! Es fliegt!

Ah VerrÃÅ„ther! Mein UnglÃźck ist gewiÃź!





Sie sinkt von neuem zur Erde.



Mich so zu hintergehen! Mich, die ihn unaussprechlich liebte, ihr Leben fÃźr das seinige wagte, mit Freuden hingegeben hÃÅ„tte!

Ach Theseus! Theseus! Theseus! Du kannst mich verlassen? Mich, die Dich den ausgestreckten Klauen des Ungeheuers entriÃź, Dich voll wahrer ZÃÅ„rtlichkeit aus dem Labyrinth des DÃÅ„dalus befreyte, mich kannst Du verlassen?

Weh mir! Weh mir! Warum muÃźt ich ihn sehn?

Als er nach Creta kam, Alcidens Freund, so tapfer, so vollkommen! Sein Angesicht so mÃÅ„nnlich schÃÅ›n! Sein Haar so lockicht! Solch ein edler Stolz in seinen Blicken, solche stille GrÃÅ›sse, selbst bey der ÃÅ„ussersten Gefahr! Wer hÃÅ„tt' ihm widerstanden?

Wie hob sich diese Brust! Wie wallte sie, wie bebte sie, von Lieb und Mitleid!

Nun bezwang ich mich nicht mehr; floh seinen Armen zu, schlang mich um seinen Hals und weinte!

ÂStaunst Du, Theseus? Mitleid, Liebe fÃźhren mich her!

Fleuch und rette mir Dein Leben!

Fleuch, Geliebter!

Sieh hier den Ausgang! Der Minotaurus fÃÅ„llt von Deiner Hand!

Die Liebe hilft Dir siegen!«

Und er erschlug das Ungeheuer!

Nahm mich in seinen Arm und floh!

Wohin? Ach! In diese WÃźste!

Hier bin ich nun – verlassen! Auf ewig verlassen!

GÃÅ›tter! Gerechte, beleidigte GÃÅ›tter! Ihr kÃÅ›nnt diesen Frevel dulden?

Ihr hÃÅ›rtet seine SchwÃźre, wiÃźt seinen Meyneid, sein Verbrechen und bestraft ihn nicht?

Warum trift mich, nicht ihn der Donner Eurer Rache?

Warum verfolgt Ihr mich?

Ach! Nicht diese langsame Todesangst! Nicht diesen unaufhÃÅ›rlichen Tod! Endigt meine Qualen! Vernichtet mich! Zerschmettert mich durch Eure Blitze!

Ha! Ist dieÃź nicht das Ufer des Cocht? DieÃź Meer der Phlegeton? Der Abgrund dort, die HÃÅ›hle der Furien?

Horch! Welch Geheul!

Sie sinds! Sie sinds! Und Theseus unter ihnen!

Kommt! Schleudert ihn her, daÃź mein Auge sich an seiner Marter weide!

Umschlingt mit Eurem Schlangenhaar sein Herz, sein treuloses Herz!

Durchbort, zerreiÃźt es!

Ha! Jezt fallen sie ihn an!

Der Abgrund ÃÅ›fnet sich! Die Flamme steigt empor!

Hinab mit ihm! Hinab!

Halt! Halt ein! Ach! Ich lieb' ihn noch!

SchrÃÅ›ckliche Phantasie! Wie sie mein Gehirn zerwÃźhlt!

Fort! Entsetzliches Gesicht! Fort von mir!

Wo bin ich? Leb' ich noch? Ists mÃÅ›glich? Ariadne hier? Auf Naxos? Ohne Theseus?

Hier – Ariadne? Sie, die Lust und Hofnung eines KÃÅ›nigreichs! Die Tochter Minos! Eines Gottes Enkelin – muÃź hier, in ihres Lebens MorgenrÃÅ›the, die HÃÅ„nde ringend und verlassen, auf diesen Felsen irren? Ein Spott der GÃÅ›tter, ein Raub der Thiere seyn?

Einst war ich schuldlos! Ohne Kummer, ohne ThrÃÅ„nen, heiter und froh blÃźhte mein FrÃźhling, noch unbekannt der Liebe!

An meiner Mutter Busen ruhend, ihr Stolz, ihre geliebte Ariadne! Von ihren KÃźssen bedeckt, von ihren Armen umschlungen – so entfloh sie mir, die beÃźte goldne Zeit!

Kann sie mir nichts zurÃźck erflehen?

Bin ich ohne Rettung verlohren?

Durch einen einz'gen Fehltritt verlohren?

Um eines einz'gen Fehltritts willen von GÃÅ›ttern und Menschen verstossen?

MuÃź ich in grÃÅ„nzenlosem Jammer verschmachten, ohne daÃź irgend ein mitleidiges Wesen mich in der Stunde des Todes trÃÅ›ste und meine letzten Seufzer meiner Mutter bringe?

KÃÅ›nnt' ich nur noch einmal zu Deinen FÃźsse sinken, o meine Mutter! In den Staub gebeugt, noch einmal Deine FÃźsse mit meinen ThrÃÅ„nen netzen!





Kniend.



Kennst du mich nicht mehr? Deine undankbare, Deine Pflichtvergessene, Deine reuige Tochter?

Vergieb ihr! Es ist so edel, so gÃÅ›ttlich zu verzeyhen! Vergieb ihr! Er ist erfÃźllt dein Fluch! Nimm ihn zurÃźck! Seegne mich und laÃź mich sterben!

DIE STIMME DER OREADE.

ÂEr kÃÅ›mmt! Er kÃÅ›mmt Dein RÃÅ„cher, Dein Erretter!

Er eilt herab im Donnerwetter,

Dich schleunig zu befreyn.

Allein, der GÃÅ›tter Zorn zu stillen,

MuÃźt Du dein Schicksal ganz erfÃźllen,

MuÃźt Du Neptunens Opfer seyn.«

ARIADNE. Wie? FÃźr mich ein RÃÅ„cher? Ein Erretter?

TÃÅ„uschest Du mich, GÃÅ›ttin dieser Felsen?

Ha! Ich verstehe deinen Wink! Der Retter, den Du mir ankÃźndigst, ist der Tod, der Tod in den Wellen!





Man hÃÅ›rt den Donner rollen und den aussteigenden Sturmwind brausen; die Luft verdunkelt sich und endlich erfolgt eine vÃÅ›llige FinsterniÃź, die nur dann und wann durch einen Blitz zertheilt wird.



Aber GÃÅ›tter! Welch ein Aufruhr in der Natur? Die Sonne verbirgt sich! Am frÃźhen Morgen Nacht? So plÃÅ›tzlich!

Wie schwarz und fÃźrchterlich das Meer!

Es blitzt!

Noch einmal!

Der Donner hallt vom Felsen wieder!

Wer steht mir bey?

Hinauf, hinauf zum Sitz der Oreade!





Sie steigt den Felsen hinan.



Ach! Oefnet sich der Himmel?

SchrÃÅ›cklich! SchrÃÅ›cklich!





Kniend.



Barmherz'ge GÃÅ›tter! Gnade! Gnade!

DIE STIMME DER OREADE.

ÂSie stÃźrzen, die Felsen! Sie bersten die SchlÃźnde!

Es donnert der Donnrer! Geschwinde geschwinde

Vom Felsen, vom Felsen hinab!«

ARIADNE. Wohin? Wohin entflieh ich?

Hier ist der Tod!

Neben mir – unter mir – Ãźber mir Tod!

Von allen Seiten verfolgt, von allen MÃÅ„chten bestÃźrmt! Wer rettet mich? Weh mir!

Der Blitz! Jetzt trift er mich!

Der Sturm! – Er schleudert mich hinab!

Nicht dieÃź Ende, nicht diese Schmach, nicht dieÃź Grab in den Wellen hab' ich um Dich verdient, o Theseus! Deine Ariadne! Sie war einst glÃźcklich!





Hier fÃÅ„hrt Ariadne unter einem schwachen GetÃÅ›se der Musick fort.



Meine KrÃÅ„fte – der Sturm – unwiderstehlich! – GÃÅ›tter! – Vergebens! – Vergebens! – HÃźlfe! HÃźlfe! – Theseus! – GÃÅ›tter! Theseus! – Ach!





Ein Blitz fÃÅ„hrt auf sie zu; sie erschrickt und stÃźrzt vom Felsen ins Meer.







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