Den ersten Home-Computern , die Mitte der siebziger Jahre
auf dem Markt erschienen, folgten im Lauf der Zeit weitere
Systeme. Triebfeder war nicht nur die Konkurrenz unter den Her-
stellern, sondern vor allem der rasante technologische Fort-
schritt. Für viele Systeme, die inzwischen vom Fortschritt überholt
sind, wurden während ihrer Blütezeit Unmengen an Software
geschrieben. Diese Schatzkammer wäre heute dem PC-Besit-
zer verschlossen, wenn es nicht Emulatoren gäbe, Software, die
einen fremden Computertyp auf dem eigenen System nach-
bildet. Das Internet hält für fast alle älteren Systeme Emulatoren
zur meistens kostenlosen Verwendung bereit.
Computer-Emulatoren
Fremdsysteme auf dem PC nachgebildet
Programme neu anschaffen.
Die Arbeit der Programmierer war in
den letzten beiden Jahrzehnten welt-
weit überaus fruchtbar. Die Früchte des
früheren geistigen Schaffens lassen sich
jedoch nicht mehr nutzen, es sei denn,
man ist noch im Besitz einer alten, intak-
ten Maschine, - oder ein Emulator-Pro-
gramm bildet die alte Maschine auf
einem modernen Computer nach.
Fragt man sich nun, welchen Sinn es
hat, mit einem superschnellen Multime-
dia-PC von heute einen im Schnecken-
tempo dahinkriechenden C64 von
gestern nachzuahmen, so ist die Ant-
wort nicht schwierig: Das Ziel der
Bemühungen sind meistens nicht die
klassischen seriösen Anwendungen
wie Textverarbeitung oder Tabellenkal-
kulation, sondern die altvertrauten
Spiele und sonstigen liebgewonnenen
Spielereien. Gerade für den seinerzeit
Bild 1. Meistens werden ältere Systeme auf modernen Maschinen emuliert, um auf altver-
weitverbreiteten C64 von Commodore
traute Spiele nicht verzichten zu müssen. Hier sind einige Szenen aus C64-Spielen wieder-
wurden viele phantasievolle und ideen-
gegeben.
reiche Spiele geschrieben, die heute
eigentlich immer noch ihre Daseinsbe-
rechtigung haben. Die Grafik- und
Die erst rund 20 Jahre alte Geschichte hier außer Betracht bleiben!) im wesent- Soundqualitäten des C64 sind mit den
der Home- und Personal -Computer lichen auf zwei Lager verteilt: die IBM- heutigen Standards zwar nicht ver-
war von außerordentlich schnellen PC-Welt mit ihren zahllosen kompa- gleichbar, sie waren aber für damalige
Bewegungen und Wandlungen tiblen und die Apple-Macintosh-Welt Verhältnisse schon recht weit entwickelt.
geschüttelt. Von den vielen Systemen, stehen sich, wie es scheint, unvereinbar Viele Emulator-Programme wurden von
die das Licht des Marktes erblickten, gegenüber. So wie damals sind die Hobby-Programmierern geschrieben, die
erfreuten sich einige viele Jahre lang Betriebssysteme und Anwenderpro- nach der Spielcomputer-Ära auf andere
einer ungeheuren Beliebtheit, während gramme des einen Systems grundsätz- Systeme umgestiegen sind. Diese Emu-
andere manchmal schon nach ein lich auf dem anderen System nicht latoren werden meistens kostenlos als
paar Monaten sang- und klanglos von lauffähig. Wenn man, aus welchem Freeware weitergegeben, einige muß
der Bildfläche verschwanden. Heute ist Grund auch immer, heute zum Beispiel man gegen ein geringes Entgelt käuflich
dieser Bereich der Computerwelt vom Macintosh auf den PC umsteigt, erwerben. Die Freude am Programmie-
(Großrechner, Mainframes usw. sollen muß man in der Regel auch sämtliche ren war jedoch nicht auf Emulatoren für
X-8 - 5/98 Elektor EXTRA PC-PLUS
Computersysteme der üblichen Art
beschränkt, sondern sie machte auch
vor sogenannten Spielkonsolen nicht
halt. So gibt es zum Beispiel Emulatoren
für das Spielesystem Atari 2600, mit
denen die seinerzeit über den TV-Bild-
schirm laufenden Spiele heute auf dem
PC gespielt werden können.
Wieviel ein Emulator taugt, hängt
davon ab, mit welcher Präzision das
ursprüngliche System auf dem Zielsy-
stem abgebildet wird. Um möglichst
hohe Vollkommenheit zu erreichen,
implementieren die Programmierer
häufig den Inhalt des Boot-ROM aus
dem Originalsystem in ihr Emulatorpro-
gramm. Dazu müssen sie nicht nur auf
das Originalsystem zurückgreifen, son-
dern sie müssen (eigentlich...) auch im
Besitz der entsprechenden Lizenzrechte
sein. Auch im Internet trifft man Emula-
Bild 2. Die alten Video-Spiele-Computer wie zum Beispiel der Atari 2600 haben auch
toren an, die mit ROM-Kopien der Ori-
heute noch ihre Anhänger.
ginalsysteme arbeiten. Solche Emula-
toren verstoßen in der Regel gegen
geltendes Recht, denn die Hersteller
oder Lizenzinhaber stellen ihr geistiges Newsgroups. Auch der Quellcode von nal Computer der Welt. Es wundert
Eigentum normalerweise nicht frei zur CP/M ist hier verfügbar. Bei Simtel kön- daher kaum, daß für diesen Computer
Verfügung. Das gleiche gilt übrigens nen gleich mehrere Z80-CP/M-Emula- eine Vielzahl von ausgereiften und sei-
auch für viele ältere Spiele, die im Inter- toren für DOS-Systeme heruntergeladen nerzeit weit verbreiteten Programmen
net zum Herunterladen bereitstehen. werden. Die Adresse lautet: existiert. Diese Software kann man auch
Die Verbreitungs- und Verwertungs- www.simtel.net/simtel.net/msdos/ heute noch auf dem DOS-PC nutzen,
rechte an der Software liegen immer emulate.html. wenn man Appler einsetzt, einen in
noch bei den ursprünglichen Lizenzin- Darüber hinaus gibt es hier Emulatoren, 386-Assembler geschriebenen Emula-
habern, auch wenn die Software nur die Maschinen wie den TRS-80 von tor. Auf der Home Page von einem der
auf technisch veralteten oder sogar Tandy oder den VC-20 von Commo- beiden Autoren, sein Name ist Emil Dot-
museumsreifen Systemen läuft. dore auf DOS-Systemen nachbilden. chevski, sind nicht nur wichtige Infor-
mationen zu diesem Emulator zu finden.
Apple II Von dort können sowohl der Emulator
Für jeden etwas
Der auf dem Prozessor 6502 basie- als auch sein Quellcode heruntergela-
Wenn man sich im globalen Datennetz rende Apple II gilt als der erste Perso- den werden:
Internet ein wenig umschaut, findet
man für praktisch jedes Ursprungssy-
stem einen Emulator, der das Ursprungs-
Bild 3. Auf dieser Internet-Site geht es um den Emulator PaCifiST , der den Atari ST auf
system auf dem DOS-PC oder auch auf
dem PC nachbildet.
anderen aktuellen Systemen abbildet.
Die nachfolgende Übersicht kann
natürlich nicht vollständig sein, die Rei-
henfolge der Systeme ist rein zufällig.
CP/M
Das Betriebssystem CP/M war gegen
Ende der siebziger und zu Beginn der
achtziger Jahre am weitesten verbrei-
tet; es war für 8-Bit-Systeme entwickelt
worden, die mit den Prozessoren 8080,
8085 und Z80 arbeiteten. Später
erschienen auch 16-Bit-CP/M-Versionen
für die Prozessorfamilien 8086 und
68000. CP/M gilt heute als Urvater des
späteren DOS von Microsoft.
Unter der Adresse www.seasip.demon.
co.uk/Cpm/index.html findet man die
Main Page von John Elliot. Von hier
führen verschiedene Links zu relevan-
ten technischen Informationen, zu
Anwenderprogrammen und Emulato-
ren sowie zu den entsprechenden
PC-PLUS Elektor EXTRA X-9 - 5/98
www.zock.com/8-bit/D_Sinclair.html
zu erfahren.
Atari
Während der recht wechselhaften Zeit
seines Bestehens brachte Atari die
unterschiedlichsten Computermodelle
und Spielesysteme heraus. Ein beson-
ders unter jugendlichen Freaks belieb-
tes System war der Atari 2600 Video-
Computer. Bei diesem Computer han-
delte es sich um eine Spielekonsole,
die keine Tastatur, sondern nur zwei Joy-
sticks als Bedienelemente besaß. Die
Spiele wurden in Form von ROM-Modu-
len in den Aufnahmeschacht der Kon-
sole eingeschoben, und als Sichtgerät
diente ein direkt anschließbarer TV-
Apparat. Der Atari 2600 kann als Mei-
lenstein in der Geschichte der Spiele-
computer betrachtet werden. Natürlich
Bild 4. Video-Spielekonsolen erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Auf Paul s
gibt es für ein solches System auch
Emulator Pages (www.cs.tamu.edu/people/pforeman/emulator/index.shtml?) sind zahlrei-
Emulatoren, so daß man den legen-
che Spiele versammelt.
dären Pacman auch heute noch in
seiner Originalfassung spielen kann. Bei
Classic Gaming unter der Adresse
www.geocities.com/SiliconValley/Bay/ keiten wurden für diese Maschinen www.classicgaming.com/pcae/
3577/appler.html. viele Spiele geschrieben, die sich main.html
damals eines regen Umlaufs erfreuten. steht ein Emulator bereit, und sofern
Sinclair ZX81/Spectrum Im Internet gibt es verschiedene Emu- man daran interessiert ist, kann man
Mitte der achtziger Jahre waren der latoren für den ZX81 und den ZX-Spec- dort auch den zugehörigen Quellcode
kleine ZX81 mit seiner Folientastatur und trum, und zwar bei Dave s Classics herunterladen.
sein etwas ausgewachsenerer Nach- unter der Adresse Auch die richtigen Atari-Computer
folger Spectrum, der immerhin schon www.davesclassics.com/spectrum_emu. zogen zu ihrer Zeit in viele Wohn- und
echte Tasten aus gummiähnlichem html Kinderstuben ein. Für die 8-Bit-Modelle
Material besaß, außerordentlich sowie bei Stephan s Retrocomputing 400 und 800 gab es eine Reihe origi-
populär. Einen eigenen Monitor Site, deren Adresse neller und aufwendig programmierter
brauchten beide Geräte nicht, sie www.gm.fh-koeln.de/~it048/ Spiele, deren Vorbilder die Arcade-
konnten einfach an die Antennen- emulator/zx81/zx81.html Games der Spielhallen waren. Auf die-
buchse des häuslichen TV-Gerätes lautet. Einiges über die recht unge- sen Systemen basierte der Spielecom-
angeschlossen werden. Dank der wöhnliche Geschichte der Sinclair- puter 5200, so daß die meisten Atari-
guten grafischen Gestaltungsmöglich- Computer ist in deutscher Sprache bei Emulatoren diese Spielekonsole
ebenfalls nachbilden können. Die
Suche nach einem geeigneten Emula-
tor führt wieder zu Dave s Classics, wo
Bild 5. Free64 ist ein Emulator, der den Commodore C64 auf dem PC abbildet. Er wurde
gleich mehrere Emulatoren zur Auswahl
von einem 16-jährigen amerikanischen Schüler geschrieben.
stehen:
www.davesclassics.com/atari8emu.html.
Der ST war die letzte erfolgreiche
Maschine von Atari, ein fortschrittlich
konzipiertes Gerät, das mit dem Prozes-
sor 68000 von Motorola arbeitete. Ein
Emulator für den Atari ST nennt sich
PaCifiST , er ist im Internet unter
www.pacifist.fatal-design.com/ zu fin-
den.
Acorn Computer
Der englische Hersteller Acorn zählt mit
seinem Acorn Atom , einem 6502-
Computer mit nur wenigen Kilobyte
Arbeitsspeicher, zu den Anbietern der
frühen Stunde. Für den Atom gibt es
einen Emulator bei wwwis.cs.utwente.nl:
8080/~faase/Ha/Atom
Im Jahr 1981 kam Acorn mit einer
wesentlich leistungsfähigeren Maschine
X-10 - 5/98 Elektor EXTRA PC-PLUS
auf den Markt: dem BBC-Computer.
Eine erweiterte Version des BBC-Com-
puters folgte etwas später, sie trug den
Namen Electron . Die BBC-Computer
waren in einigen Ländern (u.a. in ihrem
Ursprungsland Großbritannien) außer-
ordentlich beliebt, während sie in
anderen Ländern (z.B. in Deutschland)
kaum Marktanteile gewinnen konnten.
Für die BBC-Computer-Begeisterten von
damals gibt es einen Emulator mit dem
Namen BeebEm , der das BBC-Com-
puter-Modell B auf dem PC abbildet. Im
Gegensatz zu den meisten anderen
Emulatoren läuft dieser Emulator nicht
unter DOS, sondern unter Windows. Den
Emulator und seinen Quellcode findet
man bei
members.aol.com/mikebuk/beebem/
index.htm
Bild 6. Dave s Classics ist die erste Anlaufadresse bei der Suche nach Emulatoren und Spie-
Einen weiteren BBC-Computer-Emulator
len im Internet. Bei Dave findet man eine der größten Sammlungen auf diesem Gebiet.
gibt es bei Tom Seddon; die Adresse
lautet:
www.ncl.ac.uk/~n5013784/
bbc-emu.htm zweiter C64-Emulator sei Free64 einen neuen Standard für Homecom-
genannt, ein vollwertiger Emulator, den puter zu etablieren. Diese Maschinen
Commodore C64 ein 16-jähriger Schüler schrieb, um sich hatten den Prozessor Z80 als Basis, sie
Wenn man das Internet nach Program- in der Programmiersprache C++ zu erschienen ab 1982 auf dem Markt.
men für den C64 durchforstet, gewinnt üben. Free64 gibt es kostenlos bei: Trotz größer angelegter Werbung und
man sehr schnell den Eindruck, daß home.gvi.net/~martin/free64.htm einigem Erfolg in manchen Ländern
der C64 der populärste Computer aller wurde die Produktion nach wenigen
Zeiten gewesen sein muß. Im Rückblick Amiga Jahren in aller Stille wieder eingestellt.
auf die Vergangenheit ist das auch Der Amiga, den Commodore im Jahr Trotzdem gibt es auch für MSX-Compu-
sicher zutreffend. Der C64 war ein ech- 1985 auf den Markt brachte, war ver- ter Emulatoren, mit denen die Pro-
ter Volkscomputer, er war erschwinglich glichen mit dem C64 eine wesentlich gramme von damals auf dem PC von
und nur dazu konzipiert, im häuslichen größere und komplexere Maschine. heute laufen. FMSX ist ein Emulator, den
Bereich Freude an der neuen Technik Das mit dem 68000 von Motorola es sowohl in einer DOS- als auch in
zu verbreiten. In den achtziger Jahren bestückte Gerät wurde sogar von Insi- einer Windows-Version gibt. Da der
verkaufte Commodore mehr von die- dern als ungeeignet für eine Emulation Emulator in verschiedenen Untervari-
sen Computern als IBM und Apple auf anderen Systemen eingeschätzt. anten in Umlauf ist, schaut man am
zusammen! An den Maßstäben seiner Nach einigen mißglückten Anläufen ist besten bei Dave s Classics nach, denn
Zeit gemessen war der C64 mit einem das aber doch ganz gut gelungen. dort wurden die besten zusammenge-
riesigen Arbeitsspeicher (64 Kbyte RAM!) Unter der Adresse tragen:
ausgestattet, und darüber hinaus www.freiburg.linux.de/~uae/ www.davesclassics.com/msxemu.html
konnte er mit richtungweisenden Gra- findet man UAE, ein Programm, das
fik- und Sound-Eigenschaften aufwar- den Amiga 500 fast vollständig emu- Macintosh
ten. Auf dem C64 liefen Spiele und liert. Das Programm wurde ursprünglich Wie schon erwähnt, ist die heutige
ernsthaftere Anwendungen gleicher- für Linux geschrieben, eine Version für Büro- und Home-Computerwelt in zwei
maßen gut. Kein Wunder, daß für diese Windows 95/NT existiert jedoch inzwi- Lager gespalten: in PC und Mac. Es
Maschine auch zahlreiche Emulatoren schen ebenfalls. Sie ist zu finden bei: überrascht daher kaum, daß auch
geschrieben wurden. Hier sollen exem- www.informatik.tu-muenchen.de/ Emulatoren geschrieben wurden, die
plarisch nur zwei genannt werden: ~ortmann/uae/ Brücken zwischen diesen beiden Com-
Der erste ist der CCS64, von dem eine puterwelten schlagen sollen.
Shareware-Version bei MSX
www.fatal-design.com/ccs64/ Die MSX-Computer waren ein gemein-
. . . Fortsetzung auf Seite X-16
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