Modalverben


Jagiellonen-Universität

Institut für Germanistik

WS 2004/2005

Vorlesung: Deskriptive Grammatik des Deutschen - Modalverben (MV)

Leiter: Andrzej S. Feret Ph.D.

Modalverben (dürfen, können, mögen, müssen, sollen, wollen) haben die Aufgabe, das Geschehen im Infinitiv genannten Verbs in einem neuen Licht zu stellen, d. h. sie zu modifizieren. Modalität wird dabei als Beziehung einer Äußerung zur außersprachlichen Wirklichkeit verstanden. Man unterscheidet zwischen objektiver und subjektiver Modalität. Bei der objektiven handelt es sich um die Beziehung zwischen dem Subjekt des Satzes und dem infinitivischen Geschehen: z. B. Er hat das Auto waschen müssen.

Bei der subjektiven dagegen handelt es sich um die Beziehung zwischen dem Sprecher der Äußerung und deren Inhalt, vor allem um seine Einschätzung der Realität des Satzinhalts: z. B. Er muss das Auto gewaschen haben. (gegenwärtige Vermutung (MV im Präsens) des Sprechers über das Subjekt des Satzes und seine Handlung in der Vergangenheit (Infinitiv Perfekt))

In der subjektiven Modalität haben die MV zwei Bedeutungsvarianten - Behauptung (sollen, wollen) und Vermutung (dürfen - im Konjunktiv Präteritum, können, mögen, müssen).

Es gibt zwei Behauptungsarten:

  1. Behauptung einer fremden (im Satz nicht genannten Person) über das Subjekt und seine Handlung: z. B. Er soll das Auto gewaschen haben. (≈ Man sagt, dass er das Auto gewaschen hat.)

  2. Behauptung des Subjekts über seine Handlung in der distanzierten Relation einer fremden (im Satz nicht genannten) Person: z. B. Er will das Auto gewaschen haben. (≈ Er sagt von sich selbst, dass er das Auto gewaschen hat.)

Bei der Vermutung lässt sich folgender Gültigkeitsgrad der Aussage ermitteln:

100 %

Er hat das Auto gewaschen.

Es ist hundertprozentig wahr, dass er das Auto gewaschen hat.

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Er muss das Auto gewaschen haben.

Es ist sicher / bestimmt so, dass er das Auto gewaschen hat. (Gewissheit, Überzeugung)

Er müsste das Auto gewaschen haben.

Er dürfte das Auto gewaschen haben.

Es ist wahrscheinlich, dass er das Auto gewaschen hat. (Wahrscheinlichkeit)

Er mag das Auto gewaschen haben.

Es ist wohl / vermutlich so, dass er das Auto gewaschen hat. (einräumende Vermutung)

Er möge das Auto gewaschen haben.

Er kann das Auto gewaschen haben.

Vielleicht hat er das Auto gewaschen. (Ungewissheit)

Er könnte das Auto gewaschen haben.

0%

Er hat das Auto nicht gewaschen.

In der objektiven Modalität haben die MV folgende Bedeutungsvarianten:

dürfen

  1. Erlaubnis: Darf ich Sie um etwas bitten? Erlauben Sie, dass ich Sie um etwas bitte?

  2. Berechtigung: Du darfst dich wehren, wenn du unter Verdacht stehst. Du bist berechtigt, dich zu wehren, wenn du unter Verdacht stehst.

  3. Verbot: Das Kind darf nicht allein über die Straße gehen. Dem Kind ist es verboten, allein über die Straße zu gehen.

können

  1. Möglichkeit: Man konnte keine Arbeit finden. Es war nicht möglich, eine Arbeit zu finden.

  2. Fähigkeit: Fische können schwimmen. Fische besitzen die Fähigkeit / sind fähig zu schwimmen.

  3. Erlaubnis: Kann / Könnte ich Sie um etwas bitten? Erlauben Sie, dass ich Sie um etwas bitte?

mögen

  1. Wunsch, Lust: Sie möchte einen Wagen zum Geburtstag bekommen. Sie wünscht sich einen Wagen zum Geburtstag.

  2. Höflichkeit: Ich möchte betonen, dass … Ich betone, dass …

  3. Bestimmung (im Konjuktiv Präsens): Der Buchstabe A möge die erste Gruppe bezeichnen. Der Buchstabe A hat die Bestimmung, die erste Gruppe zu bezeichnen.

  4. Einräumung, Konzessivbedeutung (nur Indikativ): Mag es auch regnen, er geht spazieren. Obwohl es auch regnet, geht er so wie so spazieren.

  5. indirekte Aufforderung als Ersatzform des Imperativs in der indirekten Rede (im Konjunktiv Präsens): Sie hat mir gesagt, ich möge pünktlich sein. Sie hat mir gesagt: „Sei pünktlich!“.

müssen

  1. Notwendigkeit: Dem Gesetz nach muss jeder Bürger die Grundschule absolvieren. Dem Gesetz nach ist es für jeden Bürger notwendig, die Grundschule zu absolvieren.

  2. Aufforderung als Ersatzform des Imperativs: Du musst brav sein. Sei brav!

sollen

  1. Auftrag, Pflicht, Aufgabe: Jeder Schüler soll sich gut benehmen. Jeder Schüler ist verpfilchtet, sich gut zu benehmen.

  2. (schwächere) Aufforderung als Ersatzform des Imperativs: Du sollst brav sein. Sei brav!

  3. Ratschlag, Empfehlung: Ihr solltet vielleicht in eine andere Wohnung umziehen. Zieht vielleicht in eine andere Wohnung um!

  4. Zukunft in der Vergangenheit (Indikativ Präteritum): Über zwei Jahre hat er seine Frau betrogen. Das sollte später schlimme Folgen haben. Über zwei Jahre hat er seine Frau betrogen. Das hatte später schlimme Folgen.

  5. Konditionalbedeutung: Solltest du ein Bisschen Zeit haben, ruf mich an. Wenn du ein Bisschen Zeit hast, ruf mich an.

  6. Aufforderung in der indirekten Rede (Konjunktiv Präteritum): Sie hat mir gesagt, ich solle pünktlich sein. Sie hat mir gesagt: „Sei pünktlich!“.

wollen

  1. Wille, Absicht, Wunsch: Er will das Studium aufnehmen. Er beabsichtigt, das Studium aufzunehmen.

  2. Notwendigkeit (mit nichtpersonalem Subjekt - stilistische Variante von müssen): Die Pflanzen wollen viel begossen werden. Es ist notwendig für die Pflanzen, dass man sie viel begießt.

  3. Bestimmung (mit nichtpersonalem Subjekt - stilistische Variante von sollen): Die Vorlesung will eine Einführung in die Grammatik präsentieren. Die Bestimmung der Vorlesung ist, eine Einführung in die Grammatik zu präsentieren.

  4. Zukunft: Er will auf das Kind aufpassen, bis es einschläft. Er wird auf das Kind aufpassen, bis es einschläft.

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