a) Wachsen der StempelgrOfien: Das geschieht zunfichst iiber die Ausweitung durch den Prageschlag. Die Folgę ist, dafl der Nacbschnitt bcreits einer erweiterten und verlangcrten Linienfuhrung folgen mufi. Bei mehrmaligem Nachschnitt ist beim Letztprodukt die direkte physische Abstammung vom Urstempel in der Regel kaum mehr kenntlich, sondem kann nur uber die Kette nachgewiesen werden.
b) WOlbung der Stempel und Entstehung der Scyphaten: Der Pragevorgang wolbt auf die Dauer den Stempel allmfihlich. Die ersten Nachweise liefern, wenn vorhanden, gebogene und gebrochene (aus ursprunglich ganz geraden) Standlinien der Pferde auf den Reversen. Gute Bcispiele etwa bei 80/81-3,221-2,348/50-4,436/39-4 und 6, femer sehr hiibsch bei den Thasos-Imitationen passim, wo das urspriingliche Karree der Legende allseits in Bogenformen umgeschlagen wird (Klassen IV und V).
Es ist eine unabweisbare Beobachtung, daS die Schiisselmiinzen an mehreren Orten der alten Welt auf die Wdlbung von Stempeln durch iibermaBigen Gebrauch und natiirlich auch oft auf zu weiches Stempelmetall zuriickgehen. Die dakischen Scyphaten sind auf diese Weise entstanden, weil man im Nachschnitt die Metallmasse des verbeulten Stempels tunlichst geschont und nicht eingeebnet, ałso die Flachen nicht abgesenkt, sondem nur das eigentliche Relief nachgescharft hat. Fur Gold ist der vdllig gleiche Vorgang bei den spatkDSanischen Schiisseldinaren nachweisbar, wo die Entwicklung unter einem einzigen Herrscher (Vasudeva II.) im Miinzamt von Kabul erfolgt, wfihrend die parallelen Geprage etwa im Miinzamt von Peshawar bei der Flachform bleiben. Es handelt sich bei den Scyphaten also um das reine Nach-geben gegenuber einer spontanen technischen Entwicklung, die man hernach natiir-lich auch intentionell gefOrdert hat. Der Vorteil der Scyphaten im Geldverkehr liegt darin, dafi sie auf ebenen FISchen dank ihrer WOlbung leichter aufgenommen werden kOnnen. Die gleiche Absicht liegt im iibrigen offenbar auch der Modę der sog. »DickschrOtlinge« zugrunde, also dem geraden Gegenteil. Die ostkeltische Pragung ist von handfester und rustikaler Art, wozu vergleichsweise die zahlreichen Einhiebc mit Priifungszweck recht gut passen.
c) Zur Entstehung der Buckelaverse. Die Buckelaverse sind ein fast ausschlieBliches Typikum der keltischen Munzpragung. Sie entstehen, teilweise wohl sogar von-einander unabhangig, an mehreren Stellen, vermutlich a ber ungefahr zur gleichen Zeit und ais Folgę eines zunfichst rein technischen Phfinomens: die Oberbeanspruchung des Kopfstempels ebnet unter dem fortwfihrenden Gebrauch alle feineren Bild-elementc und Schattierungen des Reliefs ein, bis vom Kopf nur mehr ein mehr oder minder formloser Buckel bleibt. Das ist gleichermaBen beim Stempel von 144, der
geradcwegs zum Buckelavers der Cotini fuhrt, bei der Stempelverschlechterung aus 244, bei den Alexander/Philipp III.-Typen ab 581 und anderen zu sehen. Im Nori-schen sind es die Magdalensberger Kleinmunzen (vormals Gurina-Typ), bei den Boiern die Muschelstatere und andere Typen, im Westkeltischen z. B. die Statere der Morini, die Parallelen liefern.
An einem bestimmten Moment des technischen Prozesses mufi sich der Graveur ent-scheiden, ob er wieder ein Gesicht daraus machen will. In den Fallen der Buckel-averse habcn die Stempelschneider dann eben die zwar auBerst simple, aber doch neue Idee gehabt, auch neue Stempel mit einem Buckelavers zu schneiden. DaB die Auftraggeber diesen Vorgang der auBersten Simplifizierung, also im Grunde eine Beąuemlichkeit, hingchen lieBen, kann seinen Grund nur in der starken typologi-schen Wirkung dieses wohl einfachsten Munzbildes in der Welt haben, die eine sehr beliebte Modę auf den Plan rief. DaB sich langst nicht alle, ja wohl bestenfalls nur ein Teil der Buckelaversstempel auf die guten Originalstempel zuruckfuhren lassen wird, ist wahrscheinlich, ebenso wie es sicher ist, daB ein - allerdings vermut-lich nur sehr begrenzter - Bestand sich ais echte Erststempel nachweisen lassen wird.
d) Stempelschaden (Risse, Bruche): DaB Stempel reifien, ist im Ostkeltischen keine Seltenheit, hangt aber von vielen Faktoren ab, darunter vom Metali der Stempel, vom Beanspruchungsgrad und naturlich auch vom Durchmesser. Derlei beschadigte Stempel wurden gewiB in einen Ring gefaBt, jedenfalls hat man den Schaden durch Nachschnitt zu beheben getrachtet. Gelegentiich bleibt ein Rest stehen wie jener, der die Aufstellung der Reihe auf Tf. 52 (Supplement) ermóglichte, gelegentiich auch kommt ein notdiirftig beseitigter Schaden beharrlich wieder.
e) Entstehung neuer Bildideen (einschlieBlich ech ter »Neuschopfungen«). Zunachst bewirkt grober Nachschnitt, der meist auch simplifizierend ist, einen anderen Bild-eindruck. Bei 108 etwa ist ersichtlich, dafi handfester Nachschnitt in groben Linicn nach einem Stempel vorliegt, der etwa in der Gegend von 78/9 oder 82 gelegen haben wird. Hingegen ist 111 wohl ein neuer Stempel auf Grund dieser Bildveranderung. Der Helmschweif, der hemach zum Vogel wird (z. B. 336 ff.), dieser wiederum zur Fahne (342/2), bietet ein gutes Beispiel fur das Reversbild. Geradezu ein Muster-beispiel ist der Eberkopf 24/42, also ein echt keltischer Typus, der sich aus einem der einst zu 239/40 gehdrigen Stempel entwickelt hat: der Bart des Zeuskopfes ver-deckt erst das Kinn, verkurzt es spater und macht bei 244 einen Kopf ohne Unter-kiefer, bei 241/3 dann den Eberschadel, wobei aus dem Bart die Zotteln der Backe werden.
Bei den Norikern, die hier nicht betrachtet sind, kommt es so zur Scitenumkehr des Gesichtes und durch direkten Stempelumbau, wie ich nachweisen konnte, zur Entstehung des Wuschelkopftyps (OTA/K; POK 524). Ebenso liegt der Fali bei der Munze POK 523, die ich allerdings gleichfalls weglassen muBte, da sie durch Stempelverbindung ais ostnorische Pragung erwiesen ist und nicht in den ostkeltischen Verband gehdrt. Die technische Entwicklung lenkt also nicht nur die Idee, sie formt sie auch.
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