Obraz8 (4)

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und zu welchem am Nachmittag sogar Schiller von ihren Religionslehrern gefiihrt wurden. Es wurde da die Ge-schichte des Moses und der Israeliten in Agypten gespielt, mit einem gewaltigen Aufgebot an Mcnschen, Pferden, Ka melen, Palasten, Pharaonenglanz und Judenmiihsal im hei-Gen Wiistensand. Ich sah den Moses, der ein wenig nach dem Vorbilde von Walt Whitman frisiert war, einen prachtvollen Theatermoses, am langen Stab mit Wotans-schritten feurig und diister durch die Wiiste wandern, den Juden voraus. Ich sah ihn am Roten Meer zu Gott beten und sah das Rotę Meer auseinandergehen und eine StraGe freigeben, einen Hohlweg zwischen gestauten Wasserber-gen (auf welche Weise dies von den Kinoleuten bewerk stelligt worden war, dariiber konnten sich die vom Pfarrer in diesen Religionsfilm gefiihrten Konfirmanden lange streiten), ich sah den Propheten und das furchtsame Volk hindurchschreiten, sah hinter ihnen die Streitwtagen des Pharao auftauchen, sah die Agypter am Meeresufer stutzen und scheuen, sich dann mutig hineinwagen, und sah iiber dem prachtigen, goldgeharnischten Pharao und all seinen Wagen und Mannen die Wasserberge zusammenschlagen, nicht ohne mich eines wundervollen Duetts fur zwei Basse von Handel zu erinnern, worin dies Ereignis herrlich be-sungen wird. Ich sah weiterhin den Moses auf den Sinai steigen, einen diistren Helden in diistrer Felsenwildnis, und sah zu, wie ihm dort Jehova vermittelst Sturm, Gewit-ter und Lichtsignalen die Zehn Gebote mitteilte, wahrend unterdessen sein nichtswiirdiges Volk am FuG des Berges das Goldene Kalb aufrichtete und sich ziemlich heftigen Belustigungen hingab. Es war mir so wunderlich und un glaublich, dies alles mit anzusehen, und die heiligen Gc schichten, ihre Helden und Wunder, die iiber unsre Kintl heit einst die erste dammerndc Ahnung einer andcrn Welt, eines Ubermenschlichen ergehen lieGen, hier voi dankbarem Publikum, welches still seine mitgebrachtcn Brotchen aG, gegen Eintrittsgeld vorgespielt zu sehen, ein hiibsches klcines Einzelbild aus dem riesigcn Ramsch uml Kulturausvcrkauf dieser Zeit. Mein Gott, um diese Schwei nerei zu verhiiten, hatten damals, auGer den Agyptern, auch die Juden und alle andern Menschen lieber gleich un-tergehen sollen. eines gewaltsamen und anstandigen Todes, statt dieses grausigen Schein- und Halbundhalbtodes, den wir heute starben. Na ja!

Meine heimlichen Hemmungen, meine uneingestandcnc Scheu vor dem Maskenball war durch das Kino und dessen Anregungen nicht kleiner geworden, sondern unangcnehm angewachsen, und ich muGte mir, in Gedanken an Her minę, einen Ruck geben, um nun endlich zu den Globussa len zu fahren und don einzutreten. Es war spat geworden und der Bali langst in vollem Gang, nuchtern und schiich tern geriet ich sogleich, noch eh ich abgelegt hatte, in ein heftiges Maskengewuhl, wurde vertraulich angepufft, von Madchen zum Besuch der Champagnerstuben aufgcfordcrt, von Clowns auf die Schulter gehauen und mit du angcredet. Ich ging auf nichts ein, driickte mich in den uberfulltcn Raumen miihselig zur Garderobę durch, und ais ich meine Garderobennummer bekam, steckte ich sie mit groGer Sotg falt in die Tasche, im Gedanken, sie vielleicht schon hałd wieder zu brauchen, wenn ich genug von dem Tnibel hatte.

In allen Raumen des groGen Gebaudes war Festbetrieb, in allen Salen wurde getanzt, auch im KellergeschoG, allc Kor-ridore und Treppen waren von Masken, Tanz, Musik, Gc-lachter und Gejage iiberflutet. Beklommen schiich ich durch das Gewiihl, von der Negerkapelle zur Bauernmusik, vom groGen strahlenden Hauptsaal in die Gange, Sticgen, in die Bars, zu den Bufetts, in die Sektstuben. Die Wandę waren zumeist mit wilden lustigen Malereien der jiingstcn Kiinstler behangen. Alles war da, Kunstler, Journalisten. Gelehrte, Geschaftsleute, dazu natiirlich die ganze Lebe welt der Stadt. In einem der Orchester saG Mister Pablo und blies begeisten in sein geschweiftes Rohr; ais er mich er-kannte, sang er mir laut seinen GruG entgegen. Von der Menge geschoben, gelangte ich in diesen und jenen Raum. Treppen hinauf, Treppen hinunter; ein Gang im KellergeschoG war von den Kunstlern ais Hóllc ausgestattet, und eine Musikbande von Teufeln paukte darin wie rasend. All-mahlich begann ich nach Hermine, nach Maria auszuspa-hen, begab mich auf die Suche, bemuhte mich mehrmals, in tlen Hauptsaal zu dringen, lief aber jedesmal fehl oder hatte den Strom der Menge gegen mich. Um Mitternacht hatte ich noch niemand gefunden; obwohl ich noch nicht getanzt


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