43093 Obraz3 (5)

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vom flehcnden Taumel der letzten Tanzer nochmals ent-flammt, spielten nochmals, spielten schneller, spielten Wilder. Dann - wir standen noch verschlungen und schwer at-mend vom letzten gierigen Tanz - schlug mit einem Knall der Klavierdeckel zu, fielen unsre Arme miide herab wie die der Blaser und Geiger, und der Flótist packte blinzelnd seine Flotę ins Futteral, Tiiren gingen auf, kalte Luft strómte herein, Diener erschienen rtiit Manteln, und der Barkellner drehte das Licht ab. Gespenstisch und schauer-lich floh alles auseinander, fróstelnd drangten sich die Tanzer, die eben noch hellauf gegluht, in ihre Mantel und schlugen die Kragen hoch. Hermine stand bleich, aber Ia-chelnd. Langsam hob sie die Arme und strich sich das Haar zuruck, ihre Achselhohle glanzte im Lichte auf, ein diinner, uncndlich zarter Schatten lief von da zur verdeckten Brust, und die kleine schwebende Schattenlinie schien mir all ih-ren Reiz, alle Spiele und Móglichkeiten ihres schónen Lei-bes zusammenzufassen, wie ein Lacheln.

Wir standen und blickten einander an, die letzten im Saal, die letzten im Haus. Irgendwo unten hórte ich eine Tur schlagen, ein Glas zerschellen, ein Gekicher sich verlieren, vermischt mit dem bósen, eiligen Larm ankurbelnder Automobile. Irgendwo, in ciner unbestimmbaren Ferne und Hóhe, hórte ich ein Gelachter klingen, ein ungemein helles und frohes, dennoch schauerliches und fremdes Gelachter, ein Lachen wie aus Kristall und Eis, heli und strahlend, aber kalt und unerbittlich. Woher doch klang dies wunderliche Lachen mir bekannt? Ich fand es nicht.

Wir beide standen und blickten einander an. Einen Augen-blick lang wurde ich wach und niichtern. fiihlte die durch-schwitzten Kleider widerlich feucht und lau um mich han-gen, sah meine Hiinde rot und dickgeadert aus zerdruckten und verschwitzten Manschetten hervorkommen. Aber so fort war dies wieder vorbei, ein Blick Herminens lóschte es aus. Vor ihrem Blick, aus dem meine eigene Seele mich an-zuschaucn schien, sank alle Wirklichkeit zusammen, auch die Wirklichkeit meines sinnlichen Verlangens nach ihr. Verzaubert blickten wir einander an, blickte meine arme kleine Seele mich an.

„Du bist bereit?" fragte fdermine, und ihr Lacheln verflog, wie der Schatten iiber ihrer Brust verflogen war. Fern und hoch verklang jenes fremde Lachen in unbekannten R;iu men.

Ich nickte. O ja, ich war hereit.

Jetzt erschien in der Tur Pablo, der Musikant, und leuchieie uns aus den frohen Augen an, welche cigentlich Tieraugcn waren, aber Tieraugen sind immer ernst, und seine lachtcn immer, und ihr Lachen machte sie zu Menschenaugcn. Mit all seiner herzlichen Freundlichkeit winkte er uns zu. lir hatte eine buntseidenc Hausjacke angctan, iiber dereń ro-ren Aufschlagen sein durchweichter Hemdkragen und sein ubermiidetes bleiches Gesicht mcrkwurdig welk und tahI erschien, aber die strahlenden schwarzen Augen ldschtcu das aus. Auch sie lóschten die Wirklichkeit aus, auch sic zauberten.

Wir folgten seinem Wink, und unter der Tur sagte er leise zu mir: „Bruder Harry, ich ladę Sie zu ciner kleinen Umer haltung ein. Eintritt nur fur Verriickte, kostet den Verstand. Sind Sie bereit?“ Wieder nickte ich.

Lieber Kerl! Żart und sorglich nahm er uns am Arm, Her-mine rcchts, mich links, und fiihrte uns iiber eine Treppe hinan in ein kleines rundes Zimmer, das war von oben bliitt lich crleuchtet und beinahe ganz leer. es war nichts darin ais ein kleiner runder Tisch und drei Sessel, in die wir uns setzten.

Wo waren wir? Schlief ich? War ich zu Hause? Safi ich in ei-nem Auto und fuhr? Nein, ich safi im blau erleuchteten runden Raum, in einer verdunnten Luft, in einer Schicłu von sehr undicht gewordener Wirklichkeit. Warum war denn Hermine so bleich? Warum sprach Pablo so viel? War nicht vielleicht ich es, der ihn sprechen machte, der aus ihm sprach? Blicktc nicht auch aus seinen schwarzen Augen nur meine eigenc Seele mich an, der verlorne bange Vogel, ebenso wie aus den grauen Augen Herminens?

Mit all seiner guten und etwas zeremoniósen Freundlichkeit blickte Frcund Pablo uns an und sprach, sprach viel und lang. Er, den ich nie zusammenhangęnd hatte rcden horen, den kcin Disput, keine Formulicrung interessierte, dem ich kaum ein Denken zugetraut hatte, er sprach nun, er redete mit seiner guten warmen Stimme fliefiend und fehlerlos.

..Freunde, ich habe cuch zu einer Unterhaltung eingeladen, 141


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