88966 Obraz3 (10)

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Wichtig war nur, daG dies weiterging, daG ich mich dieser Anziehung iiberlieG, diesem Stern folgte.

UnvergeGlichcr Augenblick, ais ich sie wiedersah! Ich saG an einem kleinen Tisch des alten behaglichen Restaurants, den ich unnótigerweise vorher telephonisch bestellt hatte, studierte die Speisekarte und hatte im Wasserglas zwei schóne Orchideen stehen. die ich fur meine Freundin ge-kauft hatte. Ich muGte eine ganze Weile auf sie warten, fuhlte mich abcr ihres Kommens sicher und war nicht mehr erregt. Und nun kam sie, blieb vor der Garderobę stehen und griiGte mich nur durch einen aufmerksamen, etwas prijfenden Blick aus ihren hcllgrauen Augen. MiGtrauisch kontrolliene ich, wie sich der Kellner gegen sie benehme. Nein, Gott sei Dank, keinc Vertraulichkeit, kein Mangel an Distanz, er war tadeilos hóflich. Und doch kannten sie sich, sie nannte ihn Emil.

Ais ich ihr die Orchideen gab, war sie erfreut und lachte. „Das ist hiibsch von dir, Harry. Du wolltest mir ein Ge-schenk machen, nicht wahr, und wuGtest nicht recht, was wahlen, du wuGtest nicht so ganz, wieweit du eigentlich be-rechtigt seiest, mich zu beschenken, ob ich nicht beleidigt sein werde, und da hast du denn Orchideen gekauft, das sind bloG Blumen und sind doch hiibsch teuer. Also danke schón. Ubrigens will ich dir gleich sagen: ich will nicht von dir beschenkt werden. Ich lebe yon den Mannern, aber von dir will ich nicht leben. Aber wie du dich verandert hastl Man kennt dich nicht wiedcr. Neulich hast du ausgesehen, ais hatte man dich grade vom Strick abgeschnitten, und jetzM bist du schon bcinah wieder ein Mensch. Hast du ubrigens: meinen Befehl ausgefuhrt?"

„Welchen Befehl?"

„So verge61ich? Ich meine, ob du jctzt Foxtrott tanzen kannst? Du hast mir gesagt, daG du dir nichts Bcsseres wiin-schest, ais Befehle von mir zu erhalten, dir sei nichts lieber, ais mir zu gehorchen. Erinnerst du dich?"

„O ja, und dabei soli es bleiben! Es war mir Ernst!"

„Und doch hast du noch nicht tanzen gelernt?"

„Kann man denn das so schnell, bloG in ein paar Tagen?" „Natiirlich. Fox kannst du in einer Stunde lernen, Boston in zwei. Tango geht langer, aber den brauchst du gar nicht." „Aber jetzt muG ich endlich deinen Namen wissen!"

Sie biickte mich eijne Weile schweigend an.

„Du kannst ihn vielleicht erraten. Es ware mir sehr lieb, wenn du ihn erraten wiirdest. PaG einmal auf und sieh mich gut an! Ist dir noch nicht aufgefallen, daG ich manchmal ein Knabengesicht habe? Zum Beispiel jetzt?"

Ja, indem ich jetzt ihr Gcsicht genau betrachtete, muGte ich ihr recht geben, es war ein Knabengesicht. Und ais ich mir eine Minutę Zeit lieG, begann das Gesicht zu mir zu spre-chen und erinnerte mich an meine eigene Knabenzeit und an meinen damaligen Freund, der hatte Hermann geheiGen. liinen Augenblick schien sie ganz in diesen Hermann ver-wandelt.

„Wenn du ein Knabe warst“, sagte ich staunend, „miiGtest ilu Hermann heiGen."

„Wer weiG, vielleicht bin ich einer und bloG verkleidet“, sagte sie spielerisch.

„HeiGt du Hermine?"

Sie nickte strahlend, froh iiber mein Erraten. Eben kam die Suppe, wir begannen zu essen, und sie wurde kindlich ver-gniigt. Von allem, was mir an ihr gefiel und mich bezau-berte, war dies das hiibscheste und eigenartigste, daG sie ganz plótzlich vom tiefsten Ernst zur drolligsten Lustigkeit ubergehen konnte und umgekehrt und sich dabei gar nicht .inderte und verzerrte, es war wie bei einem begabten Kinde. Jetzt war sie eine Weile lustig, neckte mich mit dem l;oxtrott, stieG mich sogar mit den FiiGen an, lobte das Essen mit Eifer, bemerkte, daG ich mir mit dem Anziehen Miihe gegeben habe, hatte aber noch eine Menge an mei-ncm AuGeren auszusetzen.

Zwischenein fragte ich sie: „Wie hast du das gemacht. daG ilu plótzlich wie ein Knabe aussahest und daG ich deinen Namen erraten konnte?"

„Oh, das hast alles du seiber gemacht. Begreifst du das nicht, du gelehrter Herr: daG ich dir darum gefalle und fiir ilich wichtig bin, weil ich wie eine Art Spiegel fiir dich bin, weil in mir innen etwas ist, was dir Antwort gibt und dich versteht? Eigentlich sollten alle Menschen fiireinander sol-i be Spiegel sein und einander so antworten und entspre-i hen, aber solche Kauze wie du sind eben wunderlich und rrlaufen sich leicht in eine Verzauberung, daG sie in den \ugen andrer Menschen nichts mehr sehen und lesen kón-

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