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anderer geschichtlicher Landschaften Sudosteuropas ermitteln wir bereits im 15. Jahrhundert uber die knappen oder umfassenderen Turkendarstel-lungen innerhalb der ersten sachsischen Chroniken. Daneben gibt es auch noch den „ungenannten Muhlbacher“ oder den „Student aus Rumes“ mit seincm Tractatus de moribus, condicionibus et neąuitia Turcorum, diesem ersten Bestseller der europaischen Turcica, dessen Author unlangst mit dem Dominikaner Georgius de Hungaria gleichgesetzt wurde 45. Aber : Dieses Werk und dieser Yerfasser blieben ohne jedwelche Einwirkungen auf die siebenburgisch-sachsische Geschichtsschreibung der Zeit.
In der Folgę weiten sich die turkischen Beziige der sachsischen Chronistik aus, wenn sie auch nicht uber das unmittelbare militarische Kriegsgeschehen reichen. Einen ersten Durchbruch dieses schon tradi-tionellen Tiirkenbildes der siebenburgisch-sachsischen Chronisten unter-nimmt in der zweiten Halfte des 17. Jahrhunderts der Mediascher Lorenz Tóppelt mit seinen Turcarum artes et arma, guibus universam Transyl-vaniam et omnem pene Hungariam subegei'e (o.J., o.O.). Rund 50 Jahre spater schreibt dann Georg Soterius seine unveroffentlicht gebliebene stattliche Geschichte des antiosmanischen Kampfes, den Siebenburgen, die Moldau und Walachei im 14. —17. Jahrhundert gefiihrt hatten 46.
Der erste Siebenbiirger Sachse, der Siidosteuropa und dessen Geschichte mehr ais Rumanen und Osmanen empfindet, ist der geburtige Meschendorfer Martin Bertleff (1666—1712), der ais Rektor am entfern-ten Thorner Gymnasium mehrere Dissertationen veróffentlicht, in denen er Siidosteuropa erstmals ais eine eigenstandige historische Landschaft erfafit, in der nicht nur Rumanen und Osmanen agieren47. Der Ausló-sungsfaktor dieser neuen Sicht eines Siebenbiirger Sachsen iiber Siidost-europa ist ebenfalls das politische Tagesgeschehen, namlich der aktive Eingriff Habsburgs in den Balkanraum. Diese Tatsache steht wohl unein-gestanden auch am Anfang der siidosteuropaischen Geschichtsschreibung des Kronstiidter Rektors Johann Filstich. In all seinen Werken empfindet er die rumanische YergangenheitundGegenwart ais einen Teil der siidost-europaischen Geschichte, auf die allerdings die Osmanen den entschei-denden EinfluB nehmen; ais neu hinzugekommenen Machtfaktoren laBt er mit Recht Habsburg gelten und irgendwie iiberraschend die Griechen, sowohl ais Kulturtrager mit politischer Valenz ais auch ais osmanische Wurdentrager, dereń Wirkungskreis sich mit Vorliebe in die rumanischen Lander verlagert. Insbesondere im Tentnmen ermitteln wir diese Ansich-ten Filstichs sowie dessen ablehnende Grundhaltung gegenuber jedwel-cher Fremdherrschaft in den rumanischen Landem. Eine vollkommen entgegengesetzte Haltung bezieht er im Hinblick auf die griechische Kul-
45 Vgl. Bernhard Capesius, Sie forderlen den Lauf der Dinge Deutsche Uumanisten auf dem Boclen Siebenburgens, Bukarest, 1967, S. 41 — 63; ]*Vancisc Pall, ldenlificarea Im ,,Cap/z-vus Septemcastrensisf\ in ,,Revista de istorie”, XXVII (1974), 1, S. 97 — 105 ; Theobald Streit-feld, Wer war der Autor des „Traciaius de ntu et moribus Turcorum”?, in „Forschungen zur VoIks- und Landeskunde”, XVI (1973), 2, S 21 — 36; Carl GoIIner, Zum ,,Tractatus” des ,,Un-genannlen Muhlbachers”, ebenda, XVII (1974), 2, S. 98 — 102.
46 Georg boterius (gest. 1728), Historia bellorum Transylnano-Turcicorum, Stadtbi-bliothek ,,Samuel 'leleki*1, 1 irgu Murcs, Hs. 87, Teleki 1076 b/2 Folio.
47 Vgl. Stanisław Salmonowicz, Toruńskie Gimnazjum Akademickie a Ziemie Korony Węgierskiej w XVJ — XVIII wieku (Das Thorner akadeinische Gymnasium und die Lander der ungarischen Kronc im 16. — 18. Jli.), Toruń, 1972, S. 18 — 24.