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378 COMPTES RENDUS 6

Der ottomanische Faktor wirkte auf das mittelalterlich-neuzeitliche Europa so pene-trant, daB er nicht nur wichtige Neuerungen innerhalb der internationalen Beziehungen hervornef, sondern auch tiefgreifende Nachwirkungen auf das innerliche Staatsleben jedes der von der Pforte bedrohten Lander ausubte.1

Die Turkenfrage loste somit eine Neugruppierung sowohl der auBen- ais aucli der innen-politischen Krafte aus. Diese beiden Teilaspekte der Turkenfrage uberschneiden sich des ofteren, aber trotzdem kann mit Klarheit an der jeweihgen Stellungnahme eines Landes, bzw. einer politischen Partei zum Turkenproblem der Standpunkt dieser politischen Krafte gegenuber ihren auBeren bzw. inneren Widersachern abgelesen werden. Daruber hinaus entsteht, nachdem die Turken in das pohtische BewuBtsein Europas eingetreten waren, ein Kollektivempfinden und Masseneinstellung, die mitunter trennende Positionen uberbrucken konnen.

In der Klarung und Fcstsetzung all dieser Fragen erzielte die jungste Geschichtsfor-schung bcachtliche Ergebnisse dank einiger wertvoller Handbuclier und einiger scharfsinniger Untersuchungen. All dieses sind Vorarbeiten zu einem groBeren noch ausstehenden Werk uber das Turkenproblem, ohne dessen Kenntms das Verstandnis des europaischen 16. Jahrhunderts nicht vollwertig sein kann.

Barbara von Palombini hat das unbestreitbare Verdienst, eine der schwiengsten dieser Teilfragen behandelt zu haben. Tatsachlich knupft sich ein politischer Aspekt der Turkenfrage des 15. und des 16. Jh. an die Stellungnahme der abendlandischen Machte gegenuber den auBcreuropaischen Feinden der Turken, unter denen Persien bei weitem den ersten Rang einnahm und die europaischen Machte somit am meisten und am langsten beschaftigt hat. Vor dem nemico communc ergab sich fur die christlichen Machte zwangslaufig eine Annaherung und ein Koordinieren der Aktionen mit den Persem. Der Entwicklungsgang dieser Beziehungen im 15. und 16. Jh. aus abendlandischer Sicht bildet das Hauptanhegen der Arbeit Barbaras von Palombini.2 Dabei leistet sie Pionierarbeit, da vorhergehendc ahnliche Unternehmen eben nichts anders' blicben ais Versuche.

Die Verfasserin eroffnet ihre Arbeit mit einer Einleitung, worin sie allgemeine Betrach-tungen, die an einem Persieubundnis interessierten Machte Europas, die Frage der konfessio-nellen Aufspaltung des Islams in Sunna (Sunniten) und Ścina (Schiiten) und ihre Ruckwirkung auf den persisch-osmanischen Gegensatz, allgemeine Bibhographie, Quellengrundlage und eigene Arbeitsmethode darlegt.

Die eigenthche Untersuchung wird von der Verfasserin in vier Kapitel geghedert, jedes einzelne davon behandelt jeweils eine Etappe innerhalb der europaisch-persischen Beziehungen und entspncht im groBen den vier bedeutendsten Herrschem des Perserreiclies aus dieser Zeit.

Ais Einfuhrung zum ersten Kapitel unternimmt die Yerfasserin einen Ruckblick auf abendlandische Versuche in der asiatischen Welt Stutzpunkte gegen den Halbmond zu suchen, beginnend mit den Kreuzzuglern und den Versuchen der Kurie, die Mongolen fur das Christen-tum zu gswinnen, bis zum Vorabend des Unterganges von Konstantinopel. Leider ubergeht die Verfasserin dabei mit zu groBer Eile das Hauptmoment dieser Annaherungsversuche, nam-lich die engen Beziehungen und Verhandlungen mit Tamerlan, dessen Sieg uber Bajezid I. dem abendlandischen Europa die ungeheure Bedeutung der persischen Diversion in bezug auf die werdende Maclit der Osmanen offenbarte. Tatsachlich hatte die Verfasserin ihre Untersuchung hier ansetzen mussen, oder aber dem Tamerlan-Augenblick in der Einleitung groBere Aufmerksamkeit einraumen mussen, da das Jahr 1453, mit dem Barbara von Palombini ihre

1

   Ais Beispiel zitieren wir Hins Sturmberger, Turkcngcfahr und osterreichischc Staatlich-kcit, in „Sudostdeutsches Archiv”, X (1967), S. 132 — 145.

2

   Ais eine Erganzung lhrer Arbeit muBte das gleiche Thema aus persischer Sicht behandelt werden. Erwunschenswert erscheint uns auch eine Untersuchung der Beziehungen mittel-, ost- und slldosteuropaischer Lander mit Persien zwecks gemeinsamer Schritte gegen die Osmanen.



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