Bogumiła Brocka-Palacz
Die polnische Wirtschaftspolitik während der Transformation und der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008-2009
Abstract
The transformation of the political system in Poland brought about fundamental changes in the economic policy of the country, with respect to both, doctrine and practice. The academic discussion on the Polish transition process is characterised by contrary assessments, and so are the views on economic policy during this process. Analysing the 20 years of transition period a number of distinct successes can be noticed: a significant reduction of Poland's development gap; fast progress in the creation of a market economy; balancing of the demand and supply; an increase of available goods and services for consumers; achieving convertibility of the Polish zloty. In the same time several severe economic and social disorders occurred: high unemployment, irregularities in the privatisation process, and fast growing income inequality. During the 2008-09 crisis Poland was the only country in Europe unaffected by recession, whereas the Polish government rejected to enact Keynesian anti-crisis programmes. The main factors that helped to avoid recession included: a high level of consumer and producer confidence; considerable financial transfers of EU funds; unabated investment of foreign capital in Poland; remittances of almost 2 million Polish migrant workers; and finally, increased budgetary spending.
1 Die Wirtschaftspolitik während der Transformation
1.1 Das Programm der wirtschaftlichen Transformation Polens
Die Transformation bedeutete eine fundamentale Wende in der bisherigen Wirtschaftspolitik Polens, sowohl hinsichtlich ihre theoretischen Grundlagen als auch der Wirtschaftspraxis. Anfang Oktober 1989 wurde der Programmentwurf zur wirtschaftlichen Transformation der ersten nichtkommunistischen Regierung Mazowiecki bekannt gegeben, der in der Folge unter dem Namen Balcerowicz-Plan bekannt geworden ist. Seine Umsetzung leitete die wirtschaftspolitische Wende in Polen ein. Dieses Programm war zuvor mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank abgesprochen worden, da es, um umgesetzt werden zu können, von diesen Institutionen als Anpassungsprogramm gebilligt werden musste. Polen litt zu diesem Zeitpunkt unter einer Hyperinflation, die das hoch verschuldete Land zugleich in eine akute Schuldenkrise gestürzt hatte. Beide Institutionen, IWF und Weltbank, auf die Polen zur Bewältigung der Schuldenkrise angewiesen war, hatten daher einen entscheidenden Einfluss auf die Ausprägung der neuen Wirtschaftspolitik Polens. Da bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Programme für Länder existierten, die von der zentralen Planwirtschaft zur Marktwirtschaft übergehen wollten, schlugen IWF und Weltbank die Annahme eines Programms vor, das sie zuvor bereits in zahlreichen schwach entwickelten Ländern eingesetzt hatten und das mit dem Begriff des Washington Consensus bezeichnet wird.
Nach dem Washington Consensus müssen alle verschuldeten Länder ungeachtet ihres Entwicklungsniveaus und der Struktur ihrer Wirtschaft dieselben Maßnahmen in der Wirtschaftspolitik ergreifen, nämlich Stabilisierungsmaßnahmen, die das innere und äußere Gleichgewicht wiederherstellen sollen, einen Umbau der Institutionen und Instrumente vornehmen, der darauf abzielt, das Verhalten der Rechtssubjekte und der öffentlichen Träger effizienzorientiert auszurichten, sowie Aktivitäten, die das Wirtschaftswachstum stimulieren - u.a. durch den Zustrom von Auslandsinvestitionen. Bis Ende 1989 dauerten die Vorbereitungen, um das Balcerowicz-Programm ab 1.01.1990 in Kraft setzen zu können. Wichtigste Voraussetzung war die Schaffung neuer gesetzlicher Rahmenbedingungen, die für die Einführung der Marktwirtschaft notwendig waren. Gleichzeitig waren eine Reihe neuer Institutionen zu schaffen, so musste die Trennung der Staatsbank in eine Zentralbank und Geschäftsbanken erfolgen, eine Börse geschaffen, Finanzämter eingerichtet werden u.a. mehr.
Die Hauptziele der Wirtschaftspolitik in der Frühphase der Transformation waren die Stabilisierung der Wirtschaft, insbesondere durch Stabilisierung der Währung, und die Umgestaltung des bisherigen Wirtschaftssystems in Richtung Marktwirtschaft. Die Umsetzung des Stabilisierungsprogramms beinhaltete die Freigabe der Preise und ihre Anhebung bis auf ein Niveau, das Angebot und Nachfrage ausglich, die Abwertung der polnischen Währung im Verhältnis zu ausländischen Währungen, die Anhebung des Zinssatzes auf ein Gleichgewichtsniveau und die Begrenzung des Wachstums der Nominallöhne, was zu einer erheblichen Senkung der Reallöhne führte. Das Balcerowicz-Programm verlangte weiterhin, die Wirtschaft zu öffnen, die Importbeschränkungen aufzuheben, die Konvertierbarkeit der Währung einzuführen und die Subventionierung von Produktion und Export zu begrenzen bzw. zu beseitigen. Die Rolle des Staates sollte eingeschränkt und die Autonomie der Unternehmen erhöht werden. Schließlich sollte das öffentliche Eigentum in privates umgewandelt und die Funktion des Staates als Sozialstaat eingeschränkt werden.
Derartige Stabilisierungsprogramme werden in der einschlägigen Literatur auch als „Schocktherapie“ bezeichnet. Tatsächlich gelang es binnen kürzester Zeit, Wirtschaft und Währung Polens zu stabilisieren. Unter den Bedingungen des inneren Ungleichgewichts, der dreistelligen Inflation und des Defizits der Zahlungsbilanz musste das allerdings zu beträchtlichen Preiserhöhungen, einer starken Abwertung des Zloty und einem Rückgang der Realeinkommen der Bevölkerung um ca. 30% führen. Die Autoren des Stabilisierungsprogramms hatten diese Anpassungsreaktionen vorausgesehen, deren Ausmaß war allerdings wesentlich größer als sie angenommen hatten. Der Rückgang des BIP (um 14,7% in den Jahren 1990-1991) und der Industrieprodukten war um ein Mehrfaches größer, die Zunahme der Arbeitslosigkeit übertraf die pessimistischsten Schätzungen, außerdem gingen einige hundert Staatsbetriebe in Konkurs.
Auch das Programm der Systemtransformation innerhalb des Balcerowicz-Programms war als eine Art Schocktherapie konzipiert, wobei im Vordergrund die schnelle und umfassende Privatisierung des öffentlichen Vermögens stand. Eine noch konsequenter der Idee der Schocktherapie verpflichtete Privatisierung war lediglich in Ostdeutschland unternommen worden. In Polen wurden den meisten staatlichen Unternehmen nicht nur umgehend die Subventionen entzogen, sondern sie wurden im Transformationsprozess zeitweise steuerlich auch deutlich stärker belastet als die privaten. Die zahlreichen Staatsgüter in der Landwirtschaft wurden aufgelöst. Nach den ersten Unternehmensschließungen und nach der Wahl der neuen, auf einen gemäßigteren gesellschaftlichen Umbau rientierten Regierung Pawlak erfolgte zwar eine vorübergehende Verlangsamung der Privatisierung, ab Mitte der 1990er Jahre legte der Privatisierungsprozess aber wieder an Tempo zu, aber er ist immer noch nicht abgeschlossen.Eine Reihe eintraeglicher Unternehmen bleibt noch in Staasbesitz.
Allein in den Jahren 1990 bis 1996 wurden in Polen 5.592 Staatsunternehmen - das waren über 60% aller 1990 existierenden Unternehmen - privatisiert (nach Anzahl der Unternehmen) Eine relativ rasche und erfolgreiche Privatisierung gelang Polen auch im schwierigen Bankensektor. So waren bereits in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre 87% der polnischen Banken an ausländische Investoren verkauft. Gleichzeitig sind viele, neue private Firmen enstanden. Im Ergebnis dominierte der Privatsektor bereits Mitte 1990er Jahre bei der Erwirtschaftung des polnischen BIP.
1.2. Das Wirtschaftswachstum in den Jahren 1990-2010
Die Ergebnisse des Transformationsprozesses in Polen werden unterschiedlich bewertet, was sich in der Folge auch auf die Bewertung der Wirtschaftspolitik auswirkt. Im Rückblick auf das in den vergangenen 20 Jahren Erreichte muss man es zweifellos als eines der wichtigsten wirtschaftlichen Ergebnisse betrachten, dass der Entwicklungsabstand Polens sowohl zu den EU-15 (mit Ausnahme Irlands) als auch zu den ehemaligen sozialistischen Ländern entschieden geringer geworden ist. Wie aus Eurostat-Daten hervorgeht, hat Polen zwischen 1989 und 2009 ganze 18 Prozentpunkte des Entwicklungsabstands zu den EU 15-Ländern aufgeholt, 13 Punkte davon nach dem EU-Beitritt.
Zu Beginn der gesellschaftspolitischen Transformation war Polen wirtschaftlich erheblich schwächer entwickelt als die westlichen Länder, aber auch schwächer als die Hälfte der ehemaligen sozialistischen Länder. In den letzten zwei Jahrzehnten schmolz der Entwicklungsabstand zu den EU-Ländern wie auch zu den Transformationsländern rasch. Polen konnte in der Gruppe der 28 Transformationsländer das schnellste Wachstum verzeichnen: Das durchschnittliche jährliche Wachstumstempo in den Jahren 1990 bis 2010 betrug 3%, inbegriffen die Zeit des drastischen Produktionsrückgangs während der Transformationsrezession 1990-1992. Der im Vergleich zu anderen Transformationsländern schwächere Rückgang des BIP in der Anfangsphase der Transformation wie auch das dynamischste Wachstum in der gesamten Gruppe in den 1990er Jahren haben dazu geführt, dass Polens BIP sich 2010 verdoppelte (1990=100) (von welcher Basis aus? Bitte auch Quelle, wahrscheinlich GUS 2011?).
Polens Wirtschaft entwickelte sich demnach nach 1990 zunächst schneller als die der EU-Länder und auch als die der ehemaligen sozialistischen Länder. In den Jahren 2001-2008 verlor Polen jedoch die Stellung der dynamischsten Wirtschaft unter den Transformationsländern, da es von den baltischen Staaten sowie der Slowakei und Rumänien im Wachstumstempo überholt wurde. Das änderte sich grundlegend mit dem Ausbruch der Wirtschaftskrise in den Jahren 2008-2009, als das BIP in den baltischen Staaten zurückging, nämlich um 15,3% in Litauen und sogar 23% in Lettland, wo die Rezession noch 2010 fortdauerte, ebenso in Rumänien und Bulgarien. In den übrigen Ländern konnte die Rezession überwunden werden, doch in keinem davon, mit Ausnahme Polens, erreichte das BIP bereits wieder das Vorkrisenniveau. Vor diesem Hintergrund sind die makroökonomischen Ergebnisse Polens günstig, die polnische Wirtschaft wies als einzige in der EU 2009 eine Zunahme des BIP aus (1,7%), und 2010 befand es sich in der Spitzengruppe der sich am schnellsten entwickelnden EU-Mitgliedsländer (und aller europäischer Staaten). Diese Ergebnisse scheinen auf eine große Widerstandsfähigkeit gegenüber den mit der Weltfinanzkrise verbundenen negativen äußere Schocks hinzuweisen. In den folgenden Abschnitten des Beitrags soll erörtert werden, welche Faktoren dieses Phänomen bewirkt haben.
1.3 Die Bewertung der Wirtschaftspolitik während der Transformation
Zum Hauptziel der polnischen Wirtschaftspolitik während der Transformation wurde die Drosselung der Inflation, der die anderen Ziele untergeordnet wurden. Die makroökonomischen Parameter, insbesondere die Politik des Währungskurses, des Zinssatzes sowie die Haushalts- und Finanzpolitik, wurden zu den grundlegenden Instrumenten. Die Realisierung des fundamentalen Ziels, also der Senkung der Inflation, ging jedoch nicht mit einer stabil aufwärts gerichteten Wirtschaftsentwicklung einher. Polens Wirtschaft war immer wieder Konjunkturschwankungen, ausgesetzt, die aus anderen Bereichen und Ländern übertragen wurden. Dabei handelte es sich zum einen um Schwankungen, die durch den Mechanismus des internationalen Handels übertragen wurden, zum anderen um solche, die sich durch die Zu- und Abflüsse ausländischen Kapitals ergaben. Polen hat seit Beginn der Transformation auf eine Entwicklungsstrategie gesetzt, die auf der intensiven Nutzung von Auslandskapital beruht. Eine derartige Strategie, die zeitweise äußerst erfolgreich sein kann, impliziert allerdings stets die Gefahr eines raschen Kapitalabflusses in Krisenzeiten. So drohte auch während der globalen Krise aus diesem Grund Kapitalflucht. Im Untersuchungszeitraum gab es mehrere Phasen eines verlangsamten Wirtschaftswachstums, die mit einer Verstärkung der Ungleichgewichte des Staatshaushalts, der Ungleichgewichte in der Bilanz der laufenden Umsätze und einer Zunahme der Auslandsverschuldung einher gingen.
Zu den Erfolgen des wirtschaftlichen Transformationsprozesses gehören zweifellos die schnellen Fortschritte bei der Errichtung der Marktwirtschaft, beispielsweise der frühzeitige und rasche Ausgleich der Nachfrage und der Angebot, die Erweiterung des Angebots an Gütern und Dienstleistungen für die Verbraucher und die frühzeitige Einführung der Konvertierbarkeit des Złoty (im Jahr 2000).
Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass es in der ersten Phase der Transformation mit erheblichen sozialen Kosten verbunden war, die Wirtschaft zu stabilisieren und den Marktmechanismus einzuführen. Ein besonders schwerwiegendes und bedrohliches Problem, das während der Transformation entstand, ist die Arbeitslosigkeit. Sie explodierte in den Jahren 1990-1994 geradezu und stieg bis August 1994 auf 16,9% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Ende der 90er Jahre verringerte sie sich und war bereits ein wenig niedriger als der EU-Durchschnitt. Die Arbeitslosigkeit zieht beträchtliche Belastungen für den Staatshaushalt nach sich. Sie geht außerdem mit schwer messbaren sozialen Kosten einher wie der Marginalisierung bestimmter sozialer Gruppen und ganzer Regionen sowie der Zunahme von Sozialpathologien und Spannungen in der Gesellschaft.
Neben der anhaltenden Arbeitslosigkeit war und ist das nach wie vor größte Problem Polens die rasch und immer mehr auseinander klaffende Schere der Bevölkerungseinkommen, die weiter geöffnet ist als in vielen westlichen Ländern.
Diese hohen sozialen Kosten der Eigentumsumgestaltung waren und sind der Hauptpunkt der Kritik der Wirtschaftspolitik. Bereits in der frühen Phase der Transformation wiesen Autoren wie P. Bożyk, H. Chołaj, J. Główczyk, G. Kołodko darauf hin, dass die restriktive Lohn-, Geld- und Fiskalpolitik die Vertiefung der Transformationsrezession fördere, dass sie eine einseitige Politik sei, da sie sich auf die Eindämmung der Nachfrage konzentriere, aber die Seite des Angebots und die Sphäre der realen Prozesse in der Wirtschaft vernachlässige.
Besonders ungünstige Folgen zog das Fehlen einer zielgerichteten Strukturpolitik in der Industrie nach sich. So wurden weder Fördermaßnahmen für strategisch bedeutsame Bereiche aufgelegt noch Maßnahmen für den Schutz des polnischen Marktes und der polnischen Produktion ergriffen, die entsprechend den internationalen Handelsabkommen möglich gewesen wären. Auf diese Weise wurde die bestehende Produktions- und Exportstruktur des Landes für mehrere Jahre konserviert. Auch bei der Privatisierung von Staatsunternehmen wurden Strukturfragen kaum berücksichtigt, ganz abgesehen von diversen Ungereimtheiten in der Umsetzung.
In der Frage der Bekämpfung negativer Entwicklungen in der Wirtschaft existieren verschiedene Sichtweisen Die Anhänger der vom IWF vorgeschlagenen Strategie sind der Auffassung, dass negative wirtschaftliche Entwicklungen ein Ergebnis der inkonsequenten Anwendung der von ihnen erarbeiteten Regeln sind. Für sie ist ein ausgeglichener Haushalt die Grundvoraussetzung für eine niedrige Inflation und in der Konsequenz einen niedrigen Zinssatz und ein hohes Tempo des Wirtschaftswachstums. Die Kritiker dieses Ansatzes legen Nachdruck auf eine Differenzierung der Dosis des Liberalismus, von ihnen wird die Anwendung der Regel „so viel Liberalismus wie möglich, soviel Interventionismus des Staates wie nötig“ empfohlen. Folgt man dieser Auffassung, so ergibt sich Raum für eine deutlich flexiblere Gestaltung der polnischen Wirtschaftspolitik, ohne dabei die Regeln der freien Marktwirtschaft und des acquis der EU-Wirtschaftpolitik anzutasten.
2. Die polnische Wirtschaftspolitik während der Krise 2008-2009
Nach vier Jahren positiver Entwicklung mit einem hohen Wachstumstempo wurde Polens Wirtschaft ab 2008 genau wie andere Staaten von der internationalen Finanzkrise und einer Verschlechterung der Weltkonjunktur betroffen. Allerdings wurden die Auswirkungen in Polen langsamer spürbar. Noch in der ersten Hälfte 2008 lag die Wachstumsdynamik des polnischen BIP bei über 6%. Dies könnte zumindest teilweise ein Erfolg der polnischen Wirtschaftspolitik sein, denn seit Mitte 2008 und 2009 während der Unruhen auf den internationalen Finanzmärkten und der dadurch ausgelösten Rezession wurde in Polen eine völlig andere Wirtschaftspolitik betrieben als in den meisten westlichen Ländern.
2.1 Makroökonomische Politik
Gleich zu Beginn der Finanzkrise lehnte die Regierung eine offene Intervention des Staates und Direkthilfen für den Bankensektor ab. In Polen wurden also im Gegensatz zu anderen Ländern nach dem Ausbruch der Krise keine keynesianischen Maßnahmen getroffen, d.h. durch erhebliche finanzielle Mittel geförderte antizyklische Programme aufgelegt. Der Finanzminister vertrat den Standpunkt, dass die polnische Finanzpolitik stattdessen das Haushaltsdefizit und die Verschuldung voll unter Kontrolle behalten solle. Interessanterweise entspricht dieser Ansatz vollständig der liberalen Auffassung, dass der Marktmechanismus effizienter ist als jedwede Regulierung oder Politik durch die Regierung.
Die Geldpolitik, der Zinssatz und der Währungskurs werden von der polnischen Nationalbank (Narodowy Bank Polski, NBP), der die Verfassung volle Autonome garantiert, überwacht. Das bedeutet nicht, dass die Tätigkeit der NBP in den Jahren 2008-2010 neutral gewesen wäre. In der Zeit direkt vor der Krise hatten die sich dynamisch entwickelnde Wirtschaft und der Inflationsdruck zu einer Erhöhung der Zinssätze der NBP auf 5% im Dezember 2007 geführt. Auch die Inflation stieg, Mitte 2008 betrug sie 4,8%. Daher auch wurden die Zinssätze der NBP 2008 auf 6% erhöht, um sie ab November 2008 wieder zu senken. Ende Juni 2009 betrug der Zinssatz 3,5%. 2011 wurden die Zinssätze viermal erhöht und derzeit beläuft der Zinssatz sich auf 4,5%. In der Zeit von August 2008 bis September 2009 stieg das Geldangebot (M3) von 616 Mrd. auf 720 Mrd. PLN. Im Mai 2009 senkte die NBP die Pflichtrücklagen, um die Liquidität des Bankensektors zu erhöhen, was bedeutete, dass die Wirtschaft mit über 3 Mrd. PLN kredidiert werden konnte. Sie begann auch Transaktionen auf dem offenen Markt und kaufte ihre Obligationen und Bonds an, um den Bargeldfluss in die kommerziellen Banken zu erhöhen.
Die relativ gute Performance der polnischen Staatsfinanzen(?) ergab sich jedoch nicht quasi automatisch aus der beschriebenen Geld- und Währungspolitik, sondern war auch das Ergebnis bestimmter weiterer wirtschafts- bzw. finanzpolitischer Entscheidungen. Dazu gehörte die Anhebung des Niveaus der garantierten Bankeinlagen 2008. Als stabilisierend erwies sich auch die Entscheidung über den Verkauf von Mitteln aus den EU-Fonds auf dem Währungsmarkt, als Anfang 2009 eine gefährliche Kursschwankung eintrat. Eine unterstützende Rolle spielte weiterhin die Annahme einer flexiblen Kreditlinie des IWF im Jahr 2010, wie auch die Aufstockung ihres Wertes bei der Erneuerung des Vertrags. Wichtig war schließlich auch die Beschleunigung des Privatisierungsprozesses, denn die daraus fließenden Einkünfte verringerten den Darlehensbedarf des Staates. Die Privatisierung 2010 erbrachte 28 Mrd. PLN. Von Bedeutung war auch, dass die Regierung sich dem Druck der Opposition widersetzte, das Haushaltsdefizit in den Jahren 2009-2010 zu erhöhen.
Seit April 2000 wird der Kurs des Złoty durch den Markt bestimmt und unterliegt keinerlei Beschränkungen. Im August 2008 begann der polnische Złoty nach einer langen Zeit der Wertsteigerung im Ergebnis von Spekulationen großer ausländischer Banken im Wert zu sinken. Die NBP reagierte darauf mit einer Erhöhung des Zinssatzes. Es sei daran erinnert, dass zur selben Zeit in vielen hoch entwickelten Ländern die Zinssätze gesenkt wurden, um den Banken zu helfen, ihre finanzielle Liquidität zu wahren. In der zweiten Hälfte 2009 und im gesamten Jahr 2010 wies der Złoty-Kurs eine Wertsteigerungstendenz auf. Während der Wertminderung verringerten sich die Währungsreserven Polens um ca. 10 Mrd. Euro. Im darauf folgenden Zeitraum wurden sie wieder aufgestockt und betrugen Ende 2010 über 60 Mrd. Euro.
Der Złoty zeichnet sich bis September 2011 gegenüber dem Euro durch eine große Stabilität aus. Der mittlere Kurs des Złoty gegenüber dem Euro zwischen 2003 und September 2011 3,92 Złoty für 1 Euro. Erst im Herbst 2011 hat sich unstabil erweist und bis Ende des Jahres hat 13% von Wert gegenueber dem Euro verloren. (!)
Neben einer klugen Politik der Nationalbank hängt es auch von der Qualität der Finanzaufsicht ab, ob das Finanzsystem effizient und reibungslos funktioniert. Im September 2008 wurde in Polen der Ausschuss für Finanzstabilisierung (Komitet Stabilizacji Finansowej KSF) berufen, der mit dem Präsidenten der NBP, dem Vorsitzenden der Kommission für Finanzüberwachung (Komisja Nadzoru Finansowego KNF) und dem Finanzminister besetzt ist. Dem KSF obliegt es, die Entwicklung der Situation auf dem polnischen und internationalen Finanzmarkt zu überwachen, Gesetzesänderungen vorzuschlagen und regulative Entscheidungen zu treffen, um die Finanzstabilität des Landes zu gewährleisten.
Die Aufsicht der KNF während der globalen Krise hatte eindeutig positiven Einfluss auf die Stabilität des polnischen Bankensektors. Die KNF wies die Banken u.a. an, den Neuen Baseler Kapitalvertrag schnellstmöglich einzuführen, verlangte von ihnen, die Kapitalbasis zu stärken, also die hohen Gewinne einzubehalten und keine Dividenden auszuschütten. Während amerikanische, britische und auch andere europäische Banken in vielen Fällen gezwungen waren, den Staat um Kapitalhilfe zu ersuchen, waren im Bankensektor in Polen hohe Gewinne zu verzeichnen. Als Indiz für den guten Zustand des polnischen Bankensektors kann angesehen werden, dass im Krisenjahr 2009 zwei große international tätige Bankgruppen, nämlich Santander und Alior, ihre Tätigkeit in Polen aufnahmen.
Auf erheblich größere Schwierigkeiten stieß die Haushaltspolitik. Das Haushaltsdefizit und die öffentliche Verschuldung in Polen sind nicht ausschließlich ein Ergebnis der globalen Finanzkrise und der Rezession, sondern haben auch strukturelle Ursachen: Bereits seit Mitte der 1990er Jahre oszilliert das Haushaltsdefizit um 4% des BIP. Die zeitweilige (?)voruebergehende Verbesserung des Haushaltsgleichgewichts wurde nicht durch Reformen erreicht, sondern durch eine Verbesserung der Wirtschaftskonjunktur. Selbst in Zeiten einer hohen Wachstumsdynamik des BIP wiesen die öffentlichen Finanzen in Polen am Ende des Haushaltsjahrs ein Defizit auf. Das bestätigt die These, dass das Ungleichgewicht der öffentlichen Finanzen Strukturcharakter hat. Die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen und der Abbau der öffentlichen Verschuldung machen den Einsatz eines ganzen Pakets von Maßnahmen erforderlich; dazu gehören der Fortschritt bei der Reform der Sozialversicherungen, die Erweiterung der Steuerbasis und die weitere Privatisierung.
Die globale Finanzkrise und das verlangsamte Wirtschaftswachstum wirkten sich auf das ökonomische Gleichgewicht, besonders auf das Fiskalgleichgewicht, erwartungsgemäß negativ aus. Die Erstellung des Haushalts für das Jahr 2009 war eine große Herausforderung. Die ursprünglichen Einschätzungen des Stands der öffentlichen Finanzen hatten sich als unrealistisch erwiesen. Als Folge des langsameren Wachstums des BIP verringerten sich bis Mitte 2009 die Haushaltseinnahmen um 20% und der Haushalt musste revidiert werden.
Polen steht ohnehin vor der Aufgabe, das System der öffentlichen Finanzen zu reformieren und die öffentliche Verschuldung zu reduzieren. Gemäß dem EU-Beitrittsvertrag ist das Land verpflichtet, die Kriterien von Maastricht schnellstmöglich zu erfüllen und das Verfahren des Wechselkursmechanismus II einzuleiten. Im August 2009 eröffnete der ECOFIN gegen Polen das Verfahren wegen übermäßigen Defizits und das Land erhielt die Auflage, einen Konvergenzplan zu liefern. Dieser Plan wurde Anfang Februar 2010 geliefert. Zur selben Zeit wandten sich Polen und acht andere EU-Staaten mit einer Petition an die Europäische Kommission, die forderte, die Berechnung der öffentlichen Verschuldung zu ändern. Danach sollten künftig die Kosten der Rentenreformen berücksichtigt werden, weil diese die öffentliche Verschuldung zwar kurzfristig erhöhen, aber längerfristig begrenzen. Diese Forderungen wurden teilweise berücksichtigt. Der Vorschlag, dass die Länder, welche die Rentenversicherung reformiert hatten, ein Haushaltsdefizit von 4% der BIP statt der derzeit verlangten 3% ausweisen können, wurde allerdings nicht unterstützt. Daher war die polnische Regierung gezwungen, andere Wege zum Abbau der öffentlichen Verschuldung zu suchen. Einer davon ist die Senkung der Transfers in die Offenen Rentenfonds (Otwarte Fundusze Emerytalne OFE) von 7% auf 2,3%, um diese Beiträge auf das Konto der staatlichen Sozialversicherungsanstalt (ZUS) zu überweisen. Nach Angaben des Finanzministeriums trägt dies dazu bei, das allgemeine Finanzgleichgewicht 2011 um 0,7% des BIP und 2012 um 1,1-1,2 % des BIP zu verbessern.
2010 belief sich das Defizit des öffentlichen Finanzsektors auf 7,4% des BIP - seit Beginn der 1990er Jahre das höchste Niveau überhaupt. Die öffentliche Verschuldung betrug 55% des BIP, während der Durchschnitt für die 27 EU-Länder bei 80% des BIP liegt. Die Ursache für die Zunahme des Haushaltsdefizits 2010 war vor allem die Verschlechterung der Steuereinnahmen infolge des langsameren Wirtschaftswachstums. Das hohe Niveau des Haushaltdefizits ist aber auch ein Ergebnis des Zeitplans für die Absorption von EU-Mitteln und der Ausgaben für Infrastrukturinvestitionen. (Dieser Satz bedarf der Erklärung. Handelt es sich um reguläre EU-Mittel aus den Struktur-Fonds? Die dürften ja gleichzeitig auch entlastend für den Haushalt wirken, z.B. entlastet ESF den Sozialhaushalt. Waren die Infrastrukturinvestitionen als Krisenintervention gedacht?) Ohne diese Investitionen wäre das Defizit 2012 um ca. 0,5% niedriger ausgefallen.
Für die kommenden drei Jahre sind mehrere Maßnahmen geplant, um das Defizit zu verringern. So werden die Vergütungen in den meisten Einheiten der öffentlichen Verwaltung eingefroren, die Mehrwertsteuer auf 23% erhöht und die Banderolensteuern angehoben.
Viele polnische Wirtschaftswissenschaftler und Politiker halten die vorgeschlagenen Reformen der öffentlichen Finanzen für ungenügend. Sie fordern eine Begrenzung der Sozialausgaben, die Verlängerung der Arbeitszeit für Frauen und Männer, die Verringerung der Militär- und Verwaltungsausgaben, darunter der Versicherungsprivilegien für die Armee, die Polizei und andere Dienste. Ministerpräsident Tusk legte die Gründe dafür dar, warum er dem starken Druck einiger Wirtschaftswissenschaftler, die radikale Kürzungen und tiefgreifende Reformen in den öffentlichen Finanzen verlangten, nicht nachgegeben hat. Er erklärte, dass einerseits allzu hohen soziale Kosten eine mögliche Bedrohung des sozialen Friedens (?) seien, andererseits bestehe bei hohen Ausgabenkürzungen die Gefahr einer Rezession und in der Konsequenz des Ausbleibens realer Fortschritte bei der Modernisierung Polens. Das Dilemma der Regierung bestehe darin, einerseits das Defizit in den öffentlichen Finanzen in den Griff zu bekommen ohne die sozialen Probleme zu vergrößern, und andererseits, das nachhaltige Wirtschaftswachstum aufrecht zu erhalten. (Ist es so richtig interpretiert?)
Um das zu erreichen, soll das Defizit bereits im Jahr 2011 um 2,44% gesenkt werden (die Ergebnisse für das erste Halbjahr 2011 deuten darauf hin, dass es möglich ist, es sogar stärker zu senken). Für 2012 ist geplant, das Haushaltsdefizit auf eine Höhe von 3% des BIP zu begrenzen.
2.2 Stabilisierungsmaßnahmen während der Krise 2008-2009
Die Vertiefung der Weltfinanzkrise und ihrer Folgewirkungen (?) veranlasste die polnische Regierung zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um die Wirtschaft des Landes zu stärken und den Bankensektor zu stabilisieren. Das Charakteristikum dieser Maßnahmen war, dass sie auf Marktmechanismen basieren. Sie wurden in zwei Dokumenten niedergelegt:
- dem im November 2008 verabschiedeten Stabilisierungs- und Entwicklungsplan,
- dem im Juni 2009 beschlossenen Dreiseitigen Antikrisenpakt.
Der Stabilisierungsplan basiert auf folgenden Prämissen und Festlegungen:
- Die Situation im polnischen Bankensektor erfordert keine Rettungsmaßnahmen.
- Ein Element der Stabilisierung besteht darin, dass der Ausschuss für Finanzstabilisierung (KFS) gegründet wurde und die Bankaufsicht eine umsichtige Politik betreibt.
- Das Ziel der Haushaltspolitik ist die Verringerung des Haushaltsdefizits und der öffentlichen Verschuldung.
- Die Steuern werden nicht erhöht.
- Die öffentlichen Finanzen und die Sozialversicherungen erfordern Strukturreformen.
- Die Reformen des Arbeitsgesetzbuches erfordern den Abschluss eines Sozialpakts.
- Die Infrastrukturinvestitionen werden fortgesetzt.
Der Stabilisierungsplan kann als eine Sammlung von wirtschaftspolitischen Leitlinien und Empfehlungen angesichts der sich verschlechternden Wirtschaftskonjunktur in der Welt beschrieben werden. Er besaß nicht den Charakter von staatlich finanzierten Antikrisenprogrammen. Eine seiner Empfehlungen betraf den Abschluss eines Sozialpakts, der später im Dreiseitigen Antikrisenpakt, konkretisiert wurde.
Diese Stabilisierungsmaßnahmen konnten nur dann voll und ganz greifen, wenn sich die Vertreter der Arbeitgeber, der Gewerkschaften und der Staatsverwaltung verständigten. Eine solche Verständigung war beispielsweise notwendig, um das Arbeitsgesetzbuch flexibler zu gestalten und zusätzliche Reformen der Sozialversicherungen einzuführen. Im Ergebnis dieses Verständigungsprozesses entstand der Dreiseitige Antikrisenpakt.
Der Dreiseitige Antikrisenpakt trat im August 2009 in Kraft. Er ermöglichte es, zeitweilige Änderungen in das Arbeitsgesetzbuch einzuführen. Auf diese Weise wurde die Flexibilität der Unternehmen vergrößert, sich raschen Marktänderungen anzupassen. Im Arbeitsgesetzbuch sind u.a. folgende Regelungen vorgesehen:
- die Einführung flexibler Arbeitszeiten, die es den Arbeitgebern ermöglichen, die Arbeitszeit den jeweiligen Bedürfnissen des Unternehmens anzupassen;
- die Unternehmen erhalten das Recht, Zuschüsse zu Löhnen und Vergütungen aus dem Fonds der Garantierten Arbeitnehmerleistungen zu beantragen, wenn die Einkünfte der Arbeitnehmer infolge Begrenzung der Arbeitszeit verringert werden;
- bei Stillstandzeiten werden Schulungszuschüsse gewährt, die es den Unternehmen ermöglichen, Rückerstattung für die Schulung von Arbeitnehmern zu beantragen;
- die Laufzeit von befristeten Arbeitsverträgen wird auf 24 Monate verlängert;
- die Agentur für Industrieentwicklung erhielt zusätzliche 5 Mrd. PLN zur Förderung innovativer Projekte, zur Förderung der Modernisierung der Eisenbahn und der Unternehmen des Verteidigungssektors.
Die Meinungen in der Bewertung des Dreiseitigen Antikrisenpakts gehen auseinander. Im Frühjahr 2011 wurde er in einem Beitrag der renommierten polnischen Tageszeitung Rzeczpospolita als belanglose Regelung bewertet. Danach beantragten während der Krise knapp 190 Firmen Unterstützung. Bis Mitte 2011 nahmen weniger als 10.000 Arbeitnehmer Mittel aus dem Fonds der Garantierten Arbeitnehmerleistungen in Anspruch. Der Fonds zahlte 6.600 Arbeitnehmern Gelder für erzwungene Stillstandzeiten, und 3.000 erhielten eine Leistung aufgrund von Kurzarbeit. Es wurde nur ein kleiner Teil der für die Hilfe vorgesehenen Finanzmittel genutzt. Größere Bedeutung hatten die außerordentlichen Vorschriften des Arbeitsrechts, insbesondere diejenigen, die die Arbeitszeit betrafen. Diese verlieren ihre Gültigkeit Ende 2011, derzeit wird im Dreiseitigen Ausschuss verhandelt, welche davon für ständig in das Arbeitsgesetzbuch aufgenommen werden sollen.
2.3 Faktoren, die zur Krisenresistenz beitrugen
2009 war Polen das einzige Land in Europa, in dem keine Rezession eintrat. Dies, obwohl keinerlei Antikrisenprogramme aufgelegt, sondern lediglich eine Reihe von Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft getroffen wurden, u.a. durch die Verbesserung der Arbeitsqualität von Institutionen. In einem Fall war das die Gründung einer neuen Institution, nämlich des Ausschusses für Finanzstabilisierung KFS, dessen Tätigkeit sich als sehr hilfreich und wirksam erwies. Auch erfolgten während der Finanz- und Wirtschaftskrise in der bis dahin verfolgten Strategie der Wirtschaftspolitik keine wesentlichen Änderungen. Die polnische Wirtschaftspolitik blieb während der Krise im Vergleich zu anderen Ländern eher passiv, wie die oben präsentierten Antikrisenmaßnahmen der Regierung belegen. Die Maßnahmen hatten keinen großen finanziellen? Umfang, die meisten hatten auch keine große Bedeutung für die Wirtschaft.
Es drängt sich daher die Frage auf, welche Faktoren dafür ausschlaggebend waren, dass Polen eine Rezession vermeiden konnte. Unter den verschiedenen günstigen inneren und äußeren Bedingungen sind insbesondere zu nennen: Es entstand keine Kapitalflucht aus Polen, Verbraucher und Produzenten blieben unbeirrt optimistisch. Die eher passive Haltung der Regierung, die dem Grundsatz des Nichteingreifens folgte, wirkte beruhigend und vermied zusätzliche Verschuldung. Wichtige Faktoren, die halfen die Rezession zu vermeiden, waren außerdem folgende:
hohes Wirtschaftswachstum zu Beginn der Finanzkrise
Das hohe Wirtschaftswachstum zu Beginn der Finanzkrise (BIP-Wachstum 2008: 5,1%) war die Grundlage für eine hohe Rentabilität der polnischen der polnischen Unternehmen. Dies galt besonders auch für den polnischen Bankensektor mit einer hohen Netto-Rentabilität. (Die Kredit- und Investitionsportefeuilles der Banken in Polen waren im Vergleich zu den amerikanischen und westeuropäischen beachtlich.)
Polen blieb auch während der Krise attraktiv für ausländische Direktinvestitionen
Ausländische Direktinvestitionen flossen auch während der Krise weiterhin ins Land. Der Zufluss fiel zwar geringer aus, doch war ihr Rückgang schwächer als in anderen EU-Ländern. Im Vorkrisenjahr 2007 betrugen die ausländischen Direktinvestitionen in Polen 17,2 Mio. Euro, 2008 10,1 Mio. Euro, 2009 9,9 Mio. Euro. Dies ist Ausdruck des wachsenden Vertrauens der ausländischen Investoren und der Verringerung des Investitionsrisikos in Polen.
Große und zunehmende Transfers aus europäischen Fonds
Zweifellos verdankt Polen den EU-Mitteln einen Teil seines Wirtschaftswachstums. Polen ist der größte Empfänger von EU-Mitteln. Sie werden für die Infrastruktur, den Umweltschutz, das Bildungswesen und die Förderung von Innovationen sowie die Förderung der Entwicklung von Unternehmen eingesetzt. Viele der geförderten Unternehmen vermochten ihre Entwicklung zu beschleunigen und neue Märkte zu erobern. Die polnischen Erfahrungen mit den EU-Transfers während der Krise belegen, dass die Kohäsionspolitik nachhaltige positive Effekte hatte.
Es ist nicht zuletzt der geschickte Einsatz der EU-Gelder, der dazu beigetragen hat, dass es in Polen während der Krise nicht zu einer Rezession gekommen ist. Die 68 Mrd. Euro, die die Europäischen Kommission Polen für die Jahre 2007-2013 zuerkannt hatte, waren bereits Mitte 2011 vollständig verplant. Von der Kommission waren zu diesem Zeitpunkt außerdem bereits 20 Mrd. Euro für umgesetzte Projekte rückerstattet worden. (so richtig interpretiert?) Die EU-Kommission hat also für einen sehr raschen Rückfluss der verausgabten Gelder gesorgt.
Die EU-Transfers halfen, das makroökonomische Gleichgewicht zu wahren, dynamisierten das Wirtschaftswachstum und stabilisierten die Beschäftigung in der Phase rückläufiger Konjunktur. Dank der Realisierung langfristiger Entwicklungsprojekte konnte die Kohäsionspolitik dem sprunghaften Rückgang der Investitionen und der Zunahme der Arbeitslosigkeit entgegen wirken. Die im Rahmen der Kohäsionspolitik ergriffenen Maßnahmen trugen zugleich zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft bei, da aus dem Kohäsionsfonds zahlreiche Projekte unterstützt wurden bzw. werden, die auf die Verbesserung der Innovationsfähigkeit, die Förderung wirtschaftlicher Initiative sowie die Steigerung von Qualität und Mobilität des Humankapitals ausgerichtet sind. Weiterhin gingen von der Umsetzung der zahlreichen EU-geförderten Infrastrukturprojekte Wachstumsimpulse für die Wirtschaft aus. Auch bei der weiteren Überwindung der Krisenfolgen werden die EU-Transfers von hohem Nutzen sein. So verabschiedete die polnische Regierung 2010 die Nationale Strategie für Regionalentwicklung, die den Ausbau der größten Wachstumszentren (die Hauptstädte der 18 Woiwodschaften und das mit ihnen verbundene Umland) fördert, wovon Impulse für die Entwicklung der Region erwartet werden können. Gefördert werden darüber hinaus auch zurückbleibende Gebiete und Kommunen, beispielsweise bestimmte ländliche Gebiete und Grenzgebiete. Unternehmen, die sich im Umstrukturierungsprozess befinden, wurden nicht rückzahlbare Zuwendungen (Grants) und Anleihen angeboten.
Free Rider-Effekte aus Stimulierungspaketen anderer Regierungen und Zentralbanken
Der polnischen Volkswirtschaft kamen weiterhin Effekte aus Stimulierungspaketen anderer Regierungen und Zentralbanken zugute, d.h. sie konnte als Free Rider von diesen Paketen profitieren. Dazu es gibt keine Zahlenangaben.(Gibt es dazu Zahlenangaben oder Quellen?)
Remittances
Schließlich stärkten private Transfers, so genannte Remittances, von fast 2 Mio. im Ausland, vor allem in Großbritannien, Irland und Deutschland arbeitenden Polen die Finanzgrundlagen der Wirtschaft und schufen einen Puffer, der vor dem äußeren Finanzschock schützte.
Vor der Krise, im Jahr 2007, betrug diese Transfers nach Polen ca. 5,3 Mrd. Euro. Bedingt durch den Rückgang der EU-Einnahmen und -Ausgaben während der Krisenjahre gingen auch die Transfers an Polen zurück; sie lagen 2008-2010 um 15-20% niedriger. Das Land, aus dem die Transfers nach Polen am stärksten gesunken sind, war Irland.
Increased budgetary spending
Im Jahre 2010 das Haushaltdefizit hat das hoechste Niveau seit Beginn der 90er Jahre erreicht. Es betrug 7,4% BIP.
3 Fazit und Ausblick
Das Zusammentreffen der im Kapitel 2 beschriebenen Faktoren trug dazu bei, die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft Polens während der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise zu erhöhen. Die polnische Wirtschaftspolitik hatte daran insofern Anteil, als sich ihre Verfolgung des Grundsatzes, dass der Marktmechanismus in der Regel effizienter ist als Regierungshandeln, während der Krise als vorteilhaft erwies. (Habe ich so Ihren Beitrag richtig verstanden?)
Die größten Probleme während der Krise und direkt danach bereitete der Staatshaushalt. Das Defizit der öffentlichen Finanzen Polens erreichte das höchste Niveau seit Beginn der 1990er Jahre. Wie in vielen anderen Volkswirtschaften der EU ist der Ausgleich der öffentlichen Finanzen derzeit die wichtigste Herausforderung für die polnische Wirtschaftspolitik, eine umso schwierigere, da sie gleichzeitig stetiges Wirtschaftswachstum garantieren soll. Die Wirtschaftspolitik befindet sich dabei in einem Dilemma: Aufgrund der Haushaltseinsparungen geht die nationale Nachfrage zurück, die Einnahmen des Staates sinken und das Wirtschaftswachstum könnte sich in der Folge weiter verlangsamen.
Zu berücksichtigen ist ferner, dass auch der Hauptwirtschaftspartner Polens, also Deutschland, eine so genannte Verschuldungsbremse eingelegt hat. Diese ist wesentlich radikaler als die geltenden Kriterien von Maastricht bezüglich der oberen Grenze des Haushaltsdefizits und der öffentlichen Verschuldung. Die deutsche Regierung hat vor, bis 2015 die Ausgaben so zu senken, dass das Defizit des Bundeshaushalts ab diesem Zeitpunkt 0,35% des BIP nicht überschreitet. Für die polnische Wirtschaft wird das Erschwernisse beim Export auf den deutschen Markt nach sich ziehen.
Es besteht die Gefahr, dass die beschriebenen Maßnahmen einen starken Rezessionsimpuls auslösen. International anerkannte Wirtschaftswissenschaftler wie Paul Krugman, Joseph Stiglitz, J-P. Fitoussi und Nouriel Roubini schlagen vor, die Steuerprogression, die in den letzten Jahren in vielen Ländern reduziert worden ist, wieder zu steigern, um eine mögliche Rezession abzuwehren. In der polnischen Wirtschaftswissenschaft wird dieses Thema bisher nicht diskutiert. Auch die Wirtschaftspolitik hat sich bisher nicht zu diesen Vorschlägen positioniert.
Die polnische Wirtschaftspolitik steht weiterhin vor großen Herausforderungen. Neben der Bewältigung der durch die Krise aufgeworfenen Haushaltsprobleme gilt es vor allem die nationalen Ausgaben für die verschiedenen Entwicklungsziele zu bestimmen, die EU-Mittel mit maximaler Effizienz einzusetzen, die Innovationsfähigkeit der polnischen Volkswirtschaft durch eine verstärkte Förderung der F&E-Ausgaben zu erhöhen sowie das Problem der niedrigen Erwerbstätigkeit und der hohen Arbeitslosigkeit zu lösen.
Bibliographie
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Zum Problem der Arbeitslosigkeit im polnischen Transformationsprozess existiert eine umfang reiche Literatur. Vgl. u.a. Budnikowski (2008),
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Vgl. Bożyk, (2004), S. 56. (Wenn möglich eine weitere Quelle, da im Text von einer Gruppe von Kritikern die Rede ist. ? Stiglitz?)
Vgl. Ministrium der Finanzen, (2008) Program Konwergencji. Aktualizacja 2008,Warszawa.
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Vgl. www.mf.gov. pl/-files/dlug-publiczny/zadłuzenie/publikacje
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Ebenda
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Ebenda
www. paiz.gov.pl
Vgl. Krugman P, (2008) Nach Bush- Das Ende der Neokonsevativen und die Stunde der Demokraten, Frankfurt/M 2008, Fitoussi J-P, Stiglitz J.(2009) The Ways Out oft he Crisis and the Building of a More Cohesive World, OFCE Document de travail, Nr 17;. Roubini N., Mihn S. (2010) das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft, Frankfurt/M.