Was ist ein Aphorismus?
Unter einem Aphorismus versteht man eine kurzgefasste Aussage, die schlagkräftig und prägnant einen bestimmten Gedanken erhellt oder eine Sache genau auf den Punkt bringt. Eine Aphorismusdefinition gelingt aber besser aphoristisch:
"Ein Aphorismus ist das letzte Glied einer langen Gedankenkette".
(Marie v. Ebner-Eschenbach)
Weitere bekannte deutschsprachige Aphoristiker sind Georg Christoph Lichtenberg, Heinrich Heine, Karl Kraus, Kurt Tucholsky, Friedrich Schlegel, Jean Paul.
Im folgenden möchte ich eigene Aphorismusdefinitionen aus meinen Büchern vorstellen:
• "Der Aphorismus ist elementar. Die kleinste unteilbare Halbwahrheit."
(Klaus D. Koch aus "Hiergeblieben" Seite 6)
• "Aphorismen sind Geistesblitze , die wider den schönen Schein leuchten."
(aus "Hiergeblieben" Seite 110)
In meinen Büchern findet man noch weitere typische Charakteristika für einen Aphorismus.
• "Ein Aphorismus ist immer unvollständig. Jeder kann sich seinen Teil dazu denken."
(aus "Hiergeblieben" Seite 124)
• "Aphorismen sind Stossgebete, die man den Engeln erklären muss.
(aus "Hellwache Träume" Seite 76)
• "Der Aphorismus: das komplett abgespeckte, schaurig schöne Skelett eines Gedankens."
(aus "Der neue deutsche Nasführer" Seite 24)
• "Ein Aphorismus beweist, daß die Sprache noch nicht leergequatscht ist."
(aus "U-Boote im Ehehafen" Seite 23)
Ein Aphorismus ist ein philosophischer Gedankensplitter, der üblicherweise als kurzer, rhetorisch reizvoller Sinnspruch (Sentenz, Aperçu, Bonmot) formuliert und als Einzeltext konzipiert wurde. So genannte geflügelte Worte und pointierte Zitate gelten aus literaturwissenschaftlicher Sicht nicht als Aphorismus. Erst seit dem frühen 20. Jahrhundert als eigenständige Prosagattung anerkannt und erforscht, sind Aphorismen nach wie vor eine widersprüchliche Textform:
In der Tendenz eher nichtfiktional, sind sie weder der Literatur noch der Philosophie eindeutig zuzuordnen.
Die Tragweite ihrer Aussage kontrastiert mit ihrer Lakonik. Oft bestehen sie aus nur einem - mitunter elliptischen - Satz, können aber durchaus mehrere Sätze umfassen. Eine klar definierte „Obergrenze“ wird von Literaturwissenschaftlern mehrheitlich abgelehnt. Der Übergang zum „großen Bruder des Aphorismus“, dem Essay, ist fließend.
Typischerweise formulieren Aphorismen einen geistreichen, betont subjektiven Gedanken. Beispielsweise enthalten sie ein originelles Werturteil, eine persönliche Erkenntnis oder Lebensweisheit, erheben aber schon durch ihre bevorzugten Sujets (Moral, Philosophie, Psychologie, Ästhetik, Politik, Sprache u. a.) den Anspruch auf Allgemeingültigkeit.
Durch ihre Kürze wirken sie auf manche Leser apodiktisch. Demgegenüber steht die häufig (selbst)ironische und paradoxe Form der aphoristischen Aussage. Nicht selten sind Aphorismen, die dem spontanen Widerspruch ihrer Rezipienten bereits zuvorkommen, indem sie ihn zum Thema machen (Selbstreferenz).
Begriffsherkunft
Das Wort „Aphorismus“ stammt aus dem Griechischen. aphorismόs kann folgende Bedeutungen haben:
Abgrenzung, Definition
medizinischer Lehrsatz
Sentenz als Wahrheitsspruch
kurzer prägnanter Stil.
Das zugehörige Verb aph-orίzein (αφοριζειν) lässt sich mit „genau bestimmen, abgrenzen“ übersetzen. Beide sind in etymologischer Hinsicht mit dem Wort Horizont verwandt.