Leutnant Gustl (im Original: Lieutenant Gustl) ist eine Novelle von Arthur Schnitzler. Sie wurde 1900 in der Weihnachtsbeilage der Neuen Freien Presse erstmals veröffentlicht und erschien 1901 mit Illustrationen von M. Coschell im Verlag S. Fischer (Berlin).
Der Text ist gänzlich als innerer Monolog gestaltet, was als Neuheit in der deutschsprachigen Literaturgeschichte gewürdigt wird; er stellt die Ängste, Obsessionen und Neurosen eines jungen Leutnants der k.u.k. Armee aus der Innenperspektive des Protagonisten dar.
Schnitzlers Novelle wurde 1962 verfilmt, unter anderem mit Hans Moser.
Inhalt
Im Anschluss an ein abendliches Konzert, das er gelangweilt verfolgt hat, gerät Gustl an der Garderobe des Konzerthauses in einen Streit mit Habetswallner, einem ihm bekannten Bäckermeister. Gustl will seinen Säbel ziehen, wird aber durch seinen Kontrahenten, der ihm körperlich überlegen ist, gehindert. Im Zuge dessen nennt ihn der Bäckermeister einen „dummen Bub“. Die Schmach, von einem gesellschaftlich tiefer stehenden Bäckermeister beleidigt zu werden, vermag Gustl nicht zu verwinden. Dem militärischen Ehrenkodex verhaftet, beschließt er, am nächsten Morgen um sieben Uhr Suizid zu begehen, unabhängig davon, ob der Bäckermeister den Vorfall publik machen wird.
Auf seinem Weg nach Hause durchquert Gustl den Wiener Prater. Der Duft der ersten Frühlingsblumen lässt ihn in seinem Entschluss wanken, Selbstmord zu begehen. Das Wissen, von den Dingen des Lebens Abschied nehmen zu müssen, entfacht in ihm eine neue Lebensgier. Die Erinnerung an seine Familie, insbesondere an seine Mutter und seine Schwester, sowie an diverse, aktuelle und verflossene Geliebte versetzt ihn in tiefe Betrübnis, die er mit der Feststellung, als österreichischer Offizier zum Suizid verpflichtet zu sein, zu betäuben versucht.
Gustl schläft auf einer Parkbank ein und erwacht erst am frühen Morgen. Bevor er nach Hause gelangt, wo er seinen Revolver gegen sich zu richten beabsichtigt, kehrt er in einem Kaffeehaus ein. Der dort arbeitende Kellner Rudolf berichtet Gustl, sein Beleidiger Habetswallner sei in der Nacht an einem Schlaganfall gestorben. Gustl, über alle Maßen erleichtert, nimmt freudig von seinen Suizidplänen Abstand und ergeht sich in Betrachtungen anstehender Unternehmungen. So wird er sich am Nachmittag desselben Tages mit einem Kontrahenten duellieren (Dich hau' ich zu Krenfleisch!).
Deutung
Leutnant Gustl ist ein Paradebeispiel für die Erzähltechnik des ununterbrochenen Inneren Monologs. Der Schauplatz der Handlung ist ausschließlich Gustls Denken. Daher wird der Akzent nicht von einem Erzähler auf bestimmte Aspekte der Handlung gelegt, sondern der Leser muss Gustls Gedanken werten. Gustl zieht sein Selbstwertgefühl allein aus seiner Uniform; er bedauert es, keinen Krieg erlebt zu haben und verachtet Nichtmilitärs, wie man an seiner groben Behandlung des Bäckers sieht. Als diese Autorität erschüttert wird, scheint Gustl konsequent zu seinen Ehrbegriffen zu stehen; doch als er vom Tod Habetswallners erfährt, vergisst er seinen Vorsatz sofort. Der Ehrbegriff des K.u.k.-Militärs wird als hohl und selbstgerecht entlarvt. Dass manche bürgerliche Zivilisten schon längst gefahrlos den Respekt vor einem jungen vorlauten Leutnant verlieren können, zeigt die Fassadenhaftigkeit seines Selbstbildes. Viele seiner Gedanken drehen sich um Frauen, mit denen er Affären hatte. Gustl ist überzeugt, ungemein attraktiv auf diese Frauen gewirkt zu haben, hat längerfristige Bindungen aber immer abgelehnt, da diese Mädchen („Menscherl“) nicht gesellschaftsfähig waren. Gleichzeitig findet sich beim Leutnant ein rüder Antisemitismus, der sich immer wieder gegen die jüdische Bevölkerung in Wien und in der Armee richtet. Als Bezugspunkt gilt hier auch die Dreyfus-Affäre, die sich zur selben Zeit in Frankreich abspielte.
Das Militär um die Jahrhundertwende in Österreich-Ungarn pflegte einen Ehrenkodex, der zeittypische Besonderheiten aufwies: So bestand noch bis 1911 (danach nur noch bei Ehebruch und wenigen weiteren Ausnahmen) die „Pflicht“ für jeden Offizier, einer Duellierforderung unbedingt nachzugehen. Schnitzler traf mit der Novelle Leutnant Gustl die Schwachstelle dieses Ehrenkodexes, denn „satisfaktionsfähig“, also mit der Waffe zur Rechenschaft zu ziehen, waren nur Adelige, Militärs und Akademiker. Gustl, der sich von einem einfachen Bäckermeister bedroht fühlte, konnte seine Ehre also nicht mittels eines Duells verteidigen oder zurückerlangen, was ihn schließlich zum Suizid für die verlorene Würde treiben musste.
Rezeption
Als offene Anklage des Militarismus und des Gesellschaftsbildes vom kaiserlichen Offizier erfuhr die Erzählung schon kurz nach ihrer Veröffentlichung harsche Kritik, vor allem von Seiten des Militärs. Schnitzler, der selbst das Offiziersdiplom der Doppelmonarchie besaß, wurde infolge dessen des Offiziersstandes enthoben und galt fortan nur noch als gewöhnlicher Militär.
Literaturgeschichtliche Bedeutung
Die literaturgeschichtliche Besonderheit und Leistung der Erzählung begründet Hartmut Scheible in seiner Schnitzler-Monographie in der durch die erzähltechnische Ausweitung des inneren Monologs ermöglichten kritischen Darstellung der Einheit von Seelen- und Gesellschaftsleben: Schnitzler, der diese Technik in die deutschsprachige Literatur einführt, steigert sie im Leutnant Gustl zugleich zu einem Gipfel ihrer Leistungsfähigkeit: „Drei Dutzend Seiten genügen, um ein erstaunlich vollständiges Bild der österreichischen Republik zu entwerfen…“
Miejsce Akcji:WiedeńCzas Akcji: Wieczór i noc 4/5 kwietniaGłównym bohaterem książki jest podporucznik Gustl. Siedzi w operze i ogląda bardzo nudne oratorium. W tym czasie prowadzi w myślach prowadzi pewien rodzaj monologu z sobą samym. Można się z niego dowiedzieć na przykład, że Kopetzky podarował podpułkownikowi bilet do opery. Tutaj Gustl dostrzega majora- swojego przełożonego.Gustl myśli także o siostrze Kopetzky'ego, którą widział po raz ostatni w kasynie oficerskim. Ona jest wiedeńską śpiewającą tancerką. Potem idzie Gustl do garderoby. Tam dochodzi do drobnych utarczek słownych z innymi osobami. Po tym zdarzeniu zauważa podpułkownik, że ktoś wyjął mu z pochwy szablę i złamał ją. Gustl podejrzewa o to mistrza piekarskiego. Martwi się. To dla niego wielki skandal. Myśli, co na to powie jego przełożony. Biegnie przed siebie. Nocą trafia do prater'u. W czasie biegu zastanawia się, co powinien zrobić. Najlepszym rozwiązaniem w tej sytuacji wydaje mu się samobójstwo. Chciałby się zastrzelić. Myśli także o tym, jak po jego śmierci będą rozpaczać jego matka oraz siostra Klara. Gustl myśli, że lepszym rozwiązaniem byłby wyjazd do Ameryki, gdzie nikt go nie zna. W końcu jednak decyduje się zastrzelić o godzinie siódmej. Potem idzie do kawiarni i tam dowiaduje się o śmierci mistrza piekarskiego. Jest szczęśliwy i rezygnuje z samobójstwa. W książce występuje narrator pierwszoosobowy. Czas toku i czas, o którym jest mowa w książce są równe. Niedokończone zdania i wulgarne słownictwo, jak na przykład: do cholery sprawiają wrażenie, że język dzieła nie jest sztuczny, lecz prawdziwy.
Leutnant Gustl, als Offizier der Armee im k.u.k. Österreich Symbol für Ehrempfinden und Standesbewusstsein, fühlt sich während eines Konzerts vom örtlichen Bäckermeister tödlich beleidigt. In einem inneren Monolog, der dem Hörer die Hohlheit und Dekadenz eines dem Untergang geweihten Systems aufzeigt, kommt Gustl zu dem Schluß, daß er mit dieser Schande nicht weiterleben kann. Sein falsch verstandener Ehrenkodex scheint ihm nur einen Ausweg zu lassen: Am nächsten Morgen muß er Selbstmord begehen...
Für seine schonungslose Darstellung wurde Schnitzler 1900 von einem militärischen Ehrengericht der Rang des Oberarztes aberkannt - weil er als Mitglied des Offiziersstandes die Ehre und das Ansehen der österreichisch-ungarischen Armee geschädigt habe...
Entstehung:
Die Monolognovelle - es handelt sich hier um den ersten konsequent durchgeführten monologue intérieur der
deutschen Literatur - wurde im Sommer 1900 im Kurhaus von Reichenau (Niederösterreich) geschrieben. Schnitzler
las sie zunächst in einem Privatzirkel vor, dann trug er sie noch vor der Veröffentlichung vor einer literarischen
Vereinigung in Breslau vor, wo die Novelle mit Beifall aufgenommen wurde. Gedruckt erschien die Novelle dann
erstmalig in der Weihnachtsnummer der Wiener „Neuen Freien Presse“ 1900. In Wien freilich fand die Novelle nicht
die ungeteilte Zustimmung wie in Breslau; vor allem in Militärkreisen erregte sie erheblichen Anstoß.
Form, Gattung:
Novelle von Arthur Schnitzler, erschienen 1901.
Schnitzler verwendet hier zum erstenmal den „inneren Monolog“: Gedanken und Gefühle des erlebenden Ichs
werden sprachlich so wiedergegeben wie sie im Bewußtseinsstrom auftauchen. Das Verb steht im Präsens.
Inhalt:
Ein österreichischer Leutnant in Wien ist glücklich einem langweiligen Konzert entronnen. Bei der Garderobe
angekommen, verlangt er seinen Mantel, doch bekommt er ihn nicht gleich, da ein dicker Mann den Weg verstellt.
Das erregt den Leutnant ziemlich. In dem anschließenden Wortgefecht rutscht dem Leutnant "Sie, halten Sie das
Maul" heraus, worauf der Herr zornig wird und sich umdreht. Nun erkennt Gustl, daß er den Bäckermeister
Habetswallner vor sich hat, den er aus dem Kaffeehaus kennt. Dieser hält den Säbel des Leutnants fest und droht
Gustl, jenen zu zerbrechen und beide Teile dem Regimentskommando zuzuschicken. Schließlich heißt er ihn (allerdings
ziemlich leise) auch noch einen dummen "Bub". Gustl weiß dieses Vorkommnis nicht mit seiner "Ehre" zu
vereinbaren und beschließt deshalb, sich am nächsten Morgen "gleich eine Kugel vor den Kopf" zu schießen. Er
verbringt die Nacht im Prater. Bevor er seinem Tod ins Auge sieht, will er dem Obersten aus dem
Regimentskommando einen Brief schreiben, wo die ganze Geschichte niedergeschrieben ist. Er kann jedoch seine
Angst nicht überwinden und zögert den Zeitpunkt des Erschießens immer weiter hinaus. Da der Bäckermeister auch
öfters in das Kaffeehaus geht, in dem sich Gustl immer aufhält, findet er es als Zeichen seiner Kaltblütigkeit, gerade
jetzt dort aufzutauchen. Während er auf dem Weg zum Kaffeehaus ist, überlegt er auch, statt sich zu erschießen,
nach Amerika auszuwandern. Gustl denkt auch daran, seinen Eltern und seiner Schwester vor seinem Tod einen
Abschiedsbrief zu schreiben. Er geht ins Kaffeehaus, setzt sich an seinen gewohnten Tisch und bestellt beim Kellner
eine Melange mit Haut. Da auf dem Tisch schon Zeitungen liegen, sieht er nach, ob von der Geschichte schon etwas
in der Zeitung steht. Plötzlich kommt der Kellner zum Tisch und sagt zum Leutnant, daß der Bäckermeister heute
nacht vom Schlag tödlich getroffen wurde. Durch dieses "Mordsglück" sieht sich der Leutnant von Schmach und
Schande befreit - und kann weiter in den Tag hineinleben.
Aussage, Sprache:
Mit dieser Novelle hat Schnitzler die epische Technik des sogenannten "inneren Monologs" als erster in die deutsche
Literatur eingeführt. In vorausgegangenen Erzählungen hatte Schnitzler den inneren Monolog nur passagenweise
verwendet, im "Lieutenant Gustl" hingegen wird er zum übergreifenden Erzählprinzip; die äußere Handlung ergibt
sich nur aus dem unwillkürlichen, motorischen Reflexionsstrom der Hauptfigur:
In einer nervös flackernden Sprache erscheinen diese wenigen Vorgänge nur als Spiegelungen von sich
durchkreuzenden Erinnerungsfetzen, gebrochenen Stimmungsmomenten, sensorischen Reizen, fragmentarischen
Redensarten und eingedrillten Phrasen. Der Erzähler tritt scheinbar zurück und läßt die Figur objektiv, ohne
Vermittlung hervortreten. Die willkürlich anmutende Folge von disparaten Assoziationen ist durchsetzt mit
leitmotivisch wiederkehrenden Schlagworten, die das aggressive Kastendenken des von der "Angst" um seine gesellschaftlichen Position umgetriebenen, unheldischen Helden verraten. Es entsteht eine Satire, die, ohne zu
kommentieren oder Wertmaßstäbe zu setzen, allein durch das sich selbst darstellende Bewußtsein des Leutnants,
Gustl und seine Welt der Lächerlichkeit preisgibt.
Der innere Monolog ermöglicht Schnitzler die vertiefte Darstellung der menschlichen Psyche. Gleichzeitig mit
Schnitzlers Erzählung erschien S. Freuds epochemachende Schrift "Traumdeutung" (1900). Persönliche Erfahrungen
des Autors als Nervenarzt kamen hinzu. Der innere Monolog wurde von Schnitzler später, vor allem in der Novelle
"Fräulein Else" (1924), noch weiter verfeinert. Weitergeführt wurde dieser Erzählstil weniger in der deutschen
(Alfred Döblin) als in der angelsächsischen Literatur (James Joyce, Virginia Woolf).
Diese ätzende Satire auf den Ehrenkodex des k. und k. Offizierskorps, den er als "naive Heuchelei" bezeichnete,
brachte ihrem Autor den Verlust der Offizierscharge ein.
Leutnant Gustl (Suchi)
Es ist Mittwoch vor der Karwoche 1900 und Lt. Gustl sitzt im Musikvereinssaal in Wien und hört das Oratorium
„PAULUS“ von Felix Mendelsson-Bartholdy. Die Karte hat er von einem Offizierskameraden geschenkt bekommen
und wie seine Gedanken zu erkennen geben, fühlt er sich gelangweilt und hofft auf ein baldiges Ende. Er überbrückt
die Zeit mit diversen Gedanken an vergangene Ereignisse, zum Beispiel ein ihm bevorstehendes Duell, Ärger mit
seiner Freundin, und so weiter. Beim Verlassen des Musikvereins, vielmehr beim Abholen der Garderobe, gerät er in
die übliche Drängelei und es kommt zu einer Auseinandersetzung mit dem Bäckermeister der das Kaffeehaus
beliefert in dem Gustl oft verweilt.
Hierzu eine Leseprobe:
Der Dicke da verstellt einem schier die ganze Garderobe...
„Bitte sehr!“...
„Geduld, Geduld!“
Was sagt der Kerl?
„Nur ein bisserl Geduld!“
Dem muß ich doch antworten... „Machen Sie doch Platz!“ „Na, Sie werden's auch nicht versäumen!“
Was sagt er da? Sagt er das zu mir? Das ist doch stark! Das kann ich mir nicht gefallen lassen!“ „Ruhig!“
„Was meinen Sie?“
Ah so ein Ton! Da hört sich doch alles auf!
„Stoßen Sie nicht!“
„Sie, halten Sie das Maul!“ Das hätte' ich nicht sagen sollen, ich war zu grob... Na, jetzt ist's schon g'scheh'n!
„Wie meinen?“
Jetzt dreht er sich um... Den kenn' ich ja! - Donnerwetter, das ist ja der Bäckermeister, der immer ins Kaffeehaus
kommt... Was macht denn der da? Hat sicher auch eine Tochter oder so was bei der Singakademie... Ja. was ist
denn das? Ja; was macht er denn? Mir scheint gar... ja, meiner Seel', er hat den Griff von meinem Säbel in der
Hand... Ja, ist der Kerl verrückt?... „Sie, Herr...“
„Sie, Herr Leutnant, sein' S' jetzt ganz stad“
Was sagt er da? Um Gottes willen, es hat's doch keiner gehört? Nein, er red't ganz leise... Ja, warum laßt er denn
meinen Säbel net aus?... Herrgott noch einmal... Ah, da heißt's rabiat sein... ich bring' seine Hand vom Griff nicht
weg... nur keinen Skandal jetzt!... Ist nicht am End' der Major hinter mir?... Bemerkt's nur niemand, daß er den
Griff von meinem Säbel hält? Er red't ja zu mir! Was red't er denn?
„Herr Leutnant, wenn Sie das geringste Aufsehen machen, so zieh ich den Säbel aus der Scheide, zerbrech' ihn und
schick' die Stück' an Ihr Regimentskommando. Versteh'n Sie mich, Sie dummer Bub?“
Was hat er g'sagt? Mir scheint, ich träum! Red't er wirklich zu mir? Ich sollt' was antworten... aber der Kerl macht
ja Ernst - der zieht wirklich den Säbel heraus. Herrgott - er tut's!... Ich spür's, er reißt schon d'ran! Was red't er
denn?... Um Gottes willen, nur kein' Skandal -- Was red't er denn noch immer?
„Aber ich will Ihnen die Karriere nicht verderben... Also, schön brav sein! So, hab'n S' keine Angst, `s hat niemand
was gehört... es ist schon alles gut... so! Und damit keiner glaubt, daß wir uns gestritten haben, werd' ich jetzt sehr
freundlich mit Ihnen sein! Habe die Ehre, Herr Leutnant, hat mich sehr gefreut - habe die Ehre!“
Der Wortlaut "dummer Bub" geht dem Leutnant nicht mehr aus dem Sinn. Auch das Problem, daß der Bäckermeister
Habetswallner über den Vorfall prahlen und Gustl lächerlich machen könnte quält ihn. Eigentlich sollte er sich mit
dem Bäckermeister duellieren, allerdings ist das unmöglich, weil ein Leutnant sich mit einem bürgerlichen nicht
duellieren darf. Die nun für ihn einzig logische Konsequenz liegt im Selbstmord, der ihn bei einem Spaziergang
durch Wien in der nun folgenden Nacht beschäftigt. Es kommen in seinen Gedanken immer wieder Personen vor, die
in seinem Leben eine große Bedeutung einnehmen, wie zum Beispiel seine Eltern, die Steffi, eine Freundin, die
allerdings verheiratet ist, der Oberst und sein bester Freund der Kopetzky. Er versucht sich auszumahlen wie sie nach
seinem Tod reagieren werden. Er setzt sich nach langem Herumirren auf einer Bank im Prater nieder und schläft
anschließend ein. Nach einigen Stunden Schlaf erwacht er durch Vogelgezwitscher und überlegt, ob dies alles nicht
ein Traum gewesen sein könnte. Die Tatsache, daß er allerdings auf einer Parkbank schlief, macht ihm jedoch wieder
klar, wie aussichtslos die Lage für ihn ist. Er definiert den genauen Zeitpunkt des Selbstmordes " morgen um acht ist
Zeit genug zum Totsein..." und daß der Tod durch Erschießen eintreten soll. Als er dann nach Hause unterwegs ist,
packt ihn jedoch dermaßen der Hunger, daß er beschließt noch in sein Kaffeehaus zu gehen, um dort zu frühstücken.
Ein leichtes Unbehagen lastet auf ihn, weil möglicherweise der Bäckermeister schon etwas ausgeplaudert haben
könnte, doch der Kellner erzählt ihm, daß der Bäckermeister, als er von der Oper heimkehrte, plötzlich im
Stiegenhaus durch einen Schlaganfall zusammenbrach und starb. Er konnte also niemandem etwas erzählt haben,
nicht einmal seiner Frau, da diese zu Hause auf ihn wartete. Gustl nimmt dies trocken zur Kenntnis, ohne sich seine
Freude anmerken zu lassen: " Tot ist er - tot ist er! Keiner weiß was, und nichts ist g´scheh´n! - Und das
Mordsglück, daß ich in das Kaffeehaus gegangen bin...sonst hätt´ ich mich ja ganz umsonst erschossen - es ist doch wie eine Fügung des Schicksals... Wo ist denn der Rudolf? - Ah, mit dem Feuerburschen red´t er... - Also, tot ist er -
tot ist er - ich kann´s noch gar nicht glauben! Am liebsten möcht´ ich hingeh´n, um´s zu seh´n. - - Am End´ hat ihn
der Schlag getroffen aus Wut, aus verhaltenem Zorn... Ah, warum ist mir ganz egal! Die Hauptsach´ ist: er ist tot,
und ich darf leben, und alles g´hört wieder mein!... Komisch, wie ich mir da immerfort die Semmel einbrock´, die
mir der Herr Habetswallner gebacken hat! Schmeckt mir ganz gut, Herr von Habetswallner! Famos! - So, jetzt
möcht´ ich noch ein Zigarrl rauchen...
Inhaltsangabe:
Wie lange wird denn das noch dauern? Ich muss auf die Uhr schauen ... schickt sich wahrscheinlich nicht in einem so ernsten Konzert. Aber wer sieht's denn? Wenn's einer sieht, so passt er gerade so wenig auf, wie ich, und vor dem brauch' ich mich nicht zu genieren ... Erst viertel auf zehn? ... Mir kommt vor, ich sitz' schon drei Stunden in dem Konzert. Ich bin's halt nicht gewohnt ... Was ist es denn eigentlich? Ich muss das Programm anschauen ... Ja, richtig: Oratorium? Ich hab' gemeint: Messe. Solche Sachen gehören doch nur in die Kirche. Die Kirche hat auch das Gute, dass man jeden Augenblick fortgehen kann. -- Wenn ich wenigstens einen Ecksitz hätt'! -- Also Geduld, Geduld! Auch Oratorien nehmen ein End'!
So beginnt die Novelle.
Der 23 oder 24 Jahre alte Leutnant Gustl hat eine Eintrittskarte für ein Oratorium geschenkt bekommen, und zwar von einem Bekannten, dessen Schwester im Chor singt. Hin und wieder gefällt dem Leutnant die Musik: "Orgel auch? ... Orgel hab' ich sehr gern ... So, das lass' ich mir g'fall'n -- sehr schön! Es ist wirklich wahr, man sollt' öfter in Konzerte gehen." Aber die meiste Zeit ist er mit seinen Gedanken anderswo, etwa bei der Kurtisane Steffi, die ihm schrieb, dass sie heute Abend mit einem anderen ausgehen müsse. Es ist also ihre Schuld, dass er still in diesem Konzertsaal sitzen muss.
Ja, was ist denn? Jetzt muss es doch bald aus sein? ... "Ihr, seine Engel, lobet den Herrn" ... -- Freilich, das ist der Schlusschor ... Wunderschön, da kann man gar nichts sagen. Wunderschön!
In dem Gedränge an der Garderobe ärgert sich Leutnant Gustl, weil es ihm nicht schnell genug geht. "Sie, zweihundertvierundzwanzig! Da hängt er! Na, hab'n Sie keine Augen? Da hängt er!" Ein korpulenter Herr vor ihm mahnt: "Geduld, Geduld!" Aber da kommt er bei dem schneidigen Leutnant an den Rechten: "Sie, halten Sie das Maul!" Der andere dreht sich um. Leutnant Gustl kennt ihn aus dem Kaffeehaus. Es ist der Bäckermeister Habetswallner. "Was macht denn der da? Hat sicher auch eine Tochter oder so was bei der Singakademie." Der kräftige Bäcker packt den Säbel des Offiziers und sagt leise, aber bestimmt: "Sie, Herr Leutnant, sein S' jetzt ganz stad. ... Herr Leutnant, wenn Sie das geringste Aufsehen machen, so zieh' ich den Säbel aus der Scheide, zerbrech' ihn und schick' die Stücke an Ihr Regimentskommando. Versteh'n Sie mich, Sie dummer Bub?" Dann verabschiedet sich der Bäckermeister freundlich und geht.
Leutnant Gustl ist verwirrt. Wieso hat er den Kerl nicht auf der Stelle erschlagen? Soll er ihm nachlaufen und ihn töten? Nein, jetzt ist es zu spät. "Wo ist denn mein Mantel? ... Ich hab' ihn ja schon angezogen ... Ich hab's gar nicht gemerkt." Er geht hinaus auf die Straße und läuft ziellos durch Wien.
Außer den beiden Kontrahenden hat niemand etwas von dem Vorfall gemerkt. Aber könnte es nicht sein, dass Habetswallner seiner Frau oder seiner Tochter davon erzählt? Und selbst, wenn er es nicht tut: Leutnant Gustls Ehre wurde verletzt. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich zu töten. Seine Pistole hat er nicht bei sich, aber morgen früh um 7 Uhr wird er sich zu Hause erschießen. Auf einer Bank im Prater schläft er ein. Im Morgengrauen kehrt er zurück. Seiner Schwester Klara sollte er wohl einen Abschiedsbrief schreiben. Oder besser doch nicht. Weil er Hunger hat, geht er auf einen Sprung ins Kaffeehaus. Während der Kellner Kaffee und frische Semmeln serviert, erzählt er dem Leutnant, dass Bäckermeister Habetswallner in der Nacht vom Schlag getroffen wurde und tot ist.
Ich glaub', so froh bin ich in meinem ganzen Leben nicht gewesen ... Tot ist er -- tot ist er! Keiner weiß was, und nichts ist g'scheh'n! -- Und das Mordsglück, dass ich in das Kaffeehaus gegangen bin ... sonst hätt' ich mich ja ganz umsonst erschossen ...
Jetzt ist Leutnant Gustl wieder guter Dinge. Er wird jetzt gleich in die Kaserne gehen und sich von seinem Burschen kalt abreiben lassen. Dann wird exerziert. Steffi wird er schreiben, dass sie sich auf jeden Fall heute Abend für ihn frei machen soll. Am Nachmittag ist er noch mit einem Doktor der Jurisprudenz zum Duell verabredet, der zu ihm sagte: "Herr Leutnant, Sie werden mir doch zugeben, dass nicht alle Ihre Kameraden zum Militär gegangen sind, ausschließlich um das Vaterland zu verteidigen!"