Obraz2 (6)

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len sah, mich, den er immer ais einen sehr beklagenswerten armen Teufel angesehen hatte, da blitzten seine Augen mich gliickselig an, er stand begeistert von seinem Orche-sterstuhl auf, stiefl heftig in sein Horn, stieg auf den Stuhl, stand oben und blies mit vollen Backen und wiegte sich und sein Instrument dazu wild und selig im Takt des Yearning, und ich und meine Tanzerin warfen ihm Kufihande zu und sangen laut mit. Ach, dache ich zwischenein, mag mit mir geschehen, was da wolle, einmal bin doch auch ich gliick-lich gewesen, strahlend, meiner selbst entbunden, ein Bru-der Pablos, ein Kind.

Das Zeitgefuhl war mir verlorengegangen, ich weifi nicht, wieviel Stunden oder Augenblicke dies Rauschgliick dau-erte. Auch bemerkte ich es nicht, dafi das Fest, je gliihender es wurde, sich auf desto engeren Raum zusammenzog. Die meisten waren schon fortgegangen, in den Korridoren war es still £eworden, und viele der Lichter waren erloschen, das Treppenhaus lag ausgestorben, in den oberen Salen war eine Musikkapelle um die andere verstummt und wegge-gangen; nur im Hauptsaal und in der Hólle unten tobte noch, bestandig an Glut sich steigernd, der bunte Fest-rausch. Da ich mit Hermine, dem Jiingling, nicht tanzen durfte, hatten wir uns immer nur in Tanzpausen fliichtig wieder getroffen und begrufit, und zuletzt war sie mir ganz und gar entschwunden, nicht dem Auge nur, sogar den Ge-danken. Es gab keine Gedanken mehr. Aufgelóst schwamm ich im trunkenen Tanzgewiihl, von Diiften, Tónen, Seuf-zern, Worten beriihn, von fremden Augen begriiBt, be-feuert, von fremden Gesichtern. Lippen, Wangen, Armen, Briisten, Knien umgeben, von der Musik wie eine Welle im Takt hin und wider geworfen.

Nun sah ich plótzlich, einen Augenblick halb erwachend, unter den letzten noch gebliebenen Gasten, die jetzt einen der kleinen Sale uberfiillten, den letzten, in dem noch Musik erklang - nun sah ich plótzlich eine schwarze Pierrettc mit weifigemaltem Gesicht, ein schónes frisches Madchen, ais einzige mit einer Gesichtsmaske bedeckt, eine entziik kende Figur, die ich in dicser ganzen Nacht noch nie gesc hen hatte. Wahrend allen andern die spate Stunde anzuse hen war. den roten erhitzten Gesichtern, den zerdruckten Kostumen, den verwelkten Kragen und Krausen, stand die schwarze Pierrette frisch und neu mit dcm weifien Gesicht hinter der Maskę, in faltenlosem Kostiim mit unberiihrter Krause, blanken Spitzenmanschetten und frischer Frisur. Es zog mich zu ihr, ich umfafite śie, zog sie in den Tanz, dul tend kitzelte ihre Krause mein Kinn, streifte ihr Haar meinc Wange, zarter und inniger ais jede andre Tanzerin diescr Nacht kam ihr straffer junger Leib meinen Bewegungcn cntgegen, wich ihnen aus, zwang und lockte sie spielend zu immer neucn Beruhrungen. Und plótzlich, wahrend ich mich im Tanzen niederbeugte und ihren Mund mit meincm suchte, lachelte dieser Mund iiberlegen und altvertraut, icli crkannte das feste Kinn, erkannte gliicklich die Schulicrn, die Ellbogen, die Hande. Es war Hermine, nicht mehr Her mann, umgekleidet, frisch, leicht parfiimiert und gepudcri Gliihend trafen unsere Lippen zusammen, einen Augen blick schmiegte ihr ganzer Leib, bis hinab zu den Knien, sich verlangend und hingebend an mich an, dann entzog sic mir ihren Mund und tanzte zuruckhaltend und fliehend. Ais die Musik abbrach, blieben wir umschlungcn stehen, alle die entziindeten Paare rings um uns klatschten, stampf ten, schrien, peitschten die erschópfte Kapelle zur Wieder-holung des Yearning auf. Und nun fuhlten wir alle plótzlich den Morgen, sahen das fahle Licht hinter den Vorhangen. spiirten das nahe Ende der Lust, ahnten die kommende Mudigkeit und stiirzten uns blind, auflachend und verzwei-felt nochmals in den Tanz, in die Musik, in die Lichtflut, schritten tobend im Takt, Paar an Paar geprefit, fuhlten noch einmal selig die gro Be Woge iiber uns zusammen-schlagen. In dicsem Tanz liefi Hermine ihre Uberlegenheit, ihren Spott, ihre Kuhle fahren - sie wufite, dafi sie nichts mehr zu tun brau^he, um mich verliebt zu machen. Ich ge-hóne ihr. Und sie gab sich hin, im Tanz, im Blick, im Kufi, im Lacheln. Alle Frauen dieser fiebernden Nacht, alle, die mich entziiodet hatten, alle, um die ich geworben, alle, de-nen ich mit Liebessehnsucht nachgeblickt hatte, waren zu-sammengeschmolzen und eine einzige geworden, die in meinen Armen bliihte.

Lange dauenc dieser Hochzeitstanz. Zweimal, dreimal er-lahmte die Musik, liefien die Blaser ihre Instrumente sin-ken, stand der Klavierspielcr vom Fliigel auf, schuttelte der 1'rimgeiger versagend den Kopf, und jedesmal wurden sie

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