gen in einbiegenden und ausbiegenden Kurven. Die Bildhauerkunst zeigte Ge= stal ten in gewaltsam bewegten Arrangements, demHochrelief mufite das Flach= relief weichen.
Zum erstenmal seit der Friihgotik fiihrte Frankreich auf dem Gebiet der Kunst und der Kleidung. Ais fiinfjahriger Knabe hatte Ludwig XIV. 1643 den fran= zosischen Thron bestiegen; zweiundsiebzig Jahre lang, bis zu seinem Tod, re= gierte er. Unter seiner Herrschaft wurden Kunst und Kunsthandwerk geradezu organisiert. Eine Kunstakademie entstand, spater eine Architekturakademie und eine Manufacture des meubles. Auch die Modę und ihre Verbreitung lenk= ten der Hof des Sonnenkónigs und Paris, das zum erstenmal in der Geschichte ein Modezentrum nach unserem Begriff genannt werden konnte. Vorher hatten verschiedene Liinder und Stadte die Modę bestimmt. Aber sie waren sich ihrer Schópfung und ihrer fiihrenden Stellung gar nicht bewufit geworden. Jetzt anderte sich das. Nach der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts schickte Paris allmonatlich zwei lebensgrofie Puppen iiber den Kanał nach London und spater auch in andere europaische Hauptstadte. ,Les fameuses poupees', wie sie hiefien, fiihrten die neuen Kleider vor, die ,groSe Pandora' die Grand Toilette,
4.16) Modenarr. 1670.
die ,kleine Pandora' das sogenannte Neglige, das heifit Reisekleider, Hauskleider, kurz alles, was nicht zur vollen Gala gehorte. Wie sich wahrend des spanischen Erbfolgekrieges zeigte, konnte auch kein Kriegszustand die Reise der Puppen verhindern. Selbstverstandlich war es die fran= zosische Industrie, die alle Modestoffe und Mo= deartikel herstellte. Sogar das Wort Modę und der Begriff, modern sein'stammen aus dieserZeit.