Obraz8 (19)

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er sicb Idngst iiber das im Burgerlicben mógliche Mafi hinaus indiui-dualisiert und sicb vom In bałt burgerlicben Ideals und Glaubens Idngst befreit batte.

Das „Biirgerlicbe“ nun, ais ein stets vorbandener Zustand des Menschlicben, ist nichts andres ais der Versucb eines Ausgleiches, ais das Streben nacb einer ausgeglicbenen Mitte zwiscben den zahllosen Extremen und Gegensatzpaaren menschlicben Verhaltens. Nebmen wir irgendeines dieser Gegensatzpaare ais Beispiel, etwa das des Heiligen und des Wustlings, so wird unser Gleichnis alsbald ver-stdndlich werden. Der Mensch bat die Móglicbkeit, sicb ganz und gar dem Geistigen, dem Anndherungsversuch ans GSttliche, hinzuge-hen, dem Ideał des Heiligen. Er bat umgekehrt aucb die Móglicbkeit, sicb ganz und gar dem Triebleben, dem Verlangen seiner Sinne hin-zugeben und sein ganzes Streben auf den Gewinn von augenblickli-cber Lust zu ricbten. Der eine W eg fiibrt zum Heiligen, zum Marty -rer des Geistes, zur Selbstaufgabe an Gott. Der andre Weg fiibrt zum Wustling, zum Mdrtyrer der Triebe, zur Selbstaufgabe an die Verwesung. Zwiscben beiden nun nersucht in temperierter Mitte der Burger zu leben. Nie wird er sicb aufgeben, sicb bingeben, weder dem Rauscb nocb der Askese, nie wird er Mdrtyrer sein, nie in seine Vemichtung willigen - im Gegenteil, sein Ideał ist nicbt Hingabe, sondem Erbaltung des Icbs, sein Streben gilt weder der Heiligkeit nocb dereń Gegenteil, Unbedingtbeit ist ibm unertrdglicb, er will z war Gott dienen, aber aucb dem Rausche, will z war tugendbaft sein, es aber aucb ein biflcben gut und bequem auf Erden haben. Kurz, er tersucbt es, in der'Mitte zwiscben den Extremen sicb anzu-siedeln, in einer gemafligten und bekómmlichen Zonę ohne beftige Sturme und Gewitter, und dies gelingt ibm aucb, jedoch auf Kos ten jener Lebens- und Gefiiblsintensitdt, die ein aufs Unbedingte und Extreme gericbtetes Leben nerleibt. Intensiv leben kann man nur auf Kosten des Icbs. Der Burger nun schatzt nichts bober ais das Ich (ein nur rudimentdr entwickeltes Ich allerdings). Auf Kosten der Inie nsitat also erreicbt er Erbaltung und Sicberbeit, statt Gottbesessen-heit emtet er Gewissensrube, statt Lust Behagen, statt Freibeit Be-ąuemlicbkeit, statt tódlicher Glut eine angenehme Temperatur. Der Burger ist desbalb seinem Wesen nacb ein Gescbópf von scbwacbem Lebensantrieb, angstlich, jede Preisgabe seiner selbst furchtend, łeicht zu regieren. Er bat darum an Stelle der Macht die Majoritdt gesetzt, an Stelle der Gewalt das Gesetz, an Stelle der Yerantwortung das A bstimmungsrerfab ren.

Es ist klar, daj! dies scbwache und dngstlicbe Wesen, existierte es

.ii/ib in noch so grofier Anzahl, sicb nicht halten kann, dafi es ver-rnnge seiner Eigenschaften in der Welt keine andre Kolie spielen i minie ais die einer Ldmmerberde zwiscben freiscbweifenden Wól-/. n Dennocb sehen wir, dafi z war in Zeiten des Regiments sehr star-i n Naluren der Burger sofort an die Wand gedruckt wird, dafi er .iber niemals untergebt, zuzeiten sogar anscheinend die Weil be-brrrscht. Wie ist das moglich? Weder die grafie Zabl seiner Herde, nmb die Tagend, nocb der common sense, nocb die Organisation wami stark genug ihn vor dem Untergang zu retten. Wessen Lebensin-lensitdt von 1’omberein so sehr geschwdcht ist, den kann keine Medi-tłn der Weil am Leben erhalten. Und dennocb lebt das Burgertum, ni stark und gedeiht. - Warum?

I )ic Antwort laulet: Wegen der Steppenwólfe. In der Tat beruht die i n, de Kraft des Burgertums keineswegs auf den Eigenschaften seiner mn malen Mitglieder, sondem auf denen der aufierordentlicb zahl-uichen outsiders, die es infolge der Yerschwommenheit und Debn-h.irkeit seiner Ideale mit zu umschliefien rermag. Es lebt im Burger-mm stets eine grafie Menge von starkęn und wilden Naturen mit.

I In ter Steppenwolf Harry ist ein charakleristiscbes Beispiel. Er, der mit iiber das dem Burger mógliche Ma fi hinaus zum lndividuum , ntwick.ell ist, er, der die Wonne der Meditation ebenso wie die du-i tern Ereuden des Hasses und Selbsthasses kennt, er, der das Gesetz, die Tugend und den common sense oerachtet. ist dennocb ein /nangshdftling des Burgertums und kann ibm nicbt entrinnen. Und i a lagem um die eigentliche Waffe des echlen Burgertums weite \thicblen der Menschbeit, viele Tausende von Leben und Intelligen-eo. dereń jede dem Burgertum z war enlwachsen und fur ein Leben nu Unbedingten berufen wdre, dereń jede aber, durch infantile Ge-iiible der Burgerlicbkeit anbdngend und von ibrer Schwdchung der I ebensintensitat ein Sliick weit angesteckt, dennocb irgendwie im Burgertum lerharrt, ibm irgendwie hórig oerpflichtet und dienstbar bleibt. Denn dem Burgertum gilt der umgekebrte Grundsatz der (irofien: Wer nicbt wider mich ist, der ist fur mich!

I 'rufen wir daraufhin die Seele des Sleppenwolfes, so stellt er sicb dar .//i Menscb, den scbon sein bober Grad von Indwiduation zum Nicbtburger bestimmt - denn alle hochgetriebene Indwiduation i cbrt sicb gegen das Icb und neigt wieder zu dessen Zerstórung. Wir n ben. dafi er sowohl nacb dem Heiligen wie nacb dem Wustling bin itarke Antriebe in sicb bat, jedoch aus irgendeiner Schwdchung oder 1’rdgbeit heraus den Scbwung in den freien wilden Weltraum nicht nebmen konnte und an das schwere mutterliche Gestirn des Burger-

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