ten ein oder strebten auseinander. Das Hemd wurde mit einer Uberfiille schmaler Seidenbander und ganzer Biindel von Schlingen zur Hauptsache. Gleichzeitigverschwanden die Lederstiefel, an dereń Stelle schleifengeschmiickte Schuhe mit langen viereckigen Kappen traten.
Die kurz gewordene, offenstehende Jacke reichte gerade noch iiber die Brust. Unter den zu Halbarmeln verkiirzten Armeln kamen die weifien Hemden zum Vorschein, dereń Armel unten mit Spitzen besaumt und an mehreren Stellen mit Seidenband umwunden waren (413). Stiefelstriimpfe gab es nicht mehr, aber ihre Spitzenmanschetten behielt man ais breite Besatze unter dem Knie bei (410,413,413). Die oben mit Schleifenbiindeln verzierten Hosen safien ein Stiick unterhalb der Hiiften und liefien in der Taille das Hemd sehen (401). Gleichzeitig anderten sie die Form, denn sie wurden unten offen und so weit, dafi sie eher einem kurzeń Rock glichen (401,410). Der Rheingraf von Salm hatte diese Hosen in Paris eingefiihrt, nach ihm wurden sie Rheingrafenhosen genannt (401,410,413,413,417,418). In England hiefien diese von 1650 bis 1680 gebrauchlichen Rockhosen Petticoat=Breeches. Der iibermafiige Besatz mit Seidenbandschlingen, den sogenannten Galants, wirkte unruhig und iiber= laden. Eine sachsische Polizeiverordnung von 1661 stellt fest, daS zu einem Manneranzug gewohnlich zweihundert Ellen Seidenband gehoren. In dieser Fiille von Riischen, Bandchen und Streifen, in all dem ,Ganseklein' an Spitzen und Quasten mufite ja die Kontur des Korpers und der Kleidung verschwinden. Der rundgeschnittene, auf beiden Schultern getragene Mantel konnte die Auf= losung, in der die Mannerkleidung begriffen war, nicht verdecken.
Der reiche Spitzenschmuck hatte das Hemd zu einem dekorativen Kleidungs= stiick erhoben. Die kostbare Ausstattung des Hemdes war aber nicht gleichbe= deutend mit dem Begriff ,bliitenweifie Wasche'. Von der Reinlichkeit des Kór= pers und von der Sauberkeit der Wasche hatte man eine recht eigenwillige Vor= stellung. Sich selbst oder die Bekleidung haufig zu waschen und zu reinigen,
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