81889 Obraz 9 (5)

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Erbstinde war auGerdem noch da. Alles dieses also war ab-zubuGen, cndloscs Fegefeuer, und crst dann wiirde die Frage entstehen, ob hinter alledem auch noch etwas Persón-liches, etwas Ełgenes vorhanden oder ob all mein Tun und seine Folgen bloG lcerer Schaum auf dem Meere, bloG sinn-loses Spiel im FluG des Geschchens war!

Mozart begann laut zu lachen, ais er mein langcs Gesicht sah. Vor Lachen iiberschlug er sich in der Luft und schlug Triller mit den Beinen. Dazu schrie er mich an: „He, mein Jungę, beiGt dich die Zunge, zwickt dich die Lunge? Denkst an deine Leser, die Ascr, die armen GefraGer, und an deine Setzer, die Ketzer, die verfluchten Hetzer, die Sabelwetzer? Das ist ja zum Lachen, du Drachen, zum lauten Lachen, zum Verkrachen, zum In-die-Hosen-Machen! O du glaubi-ges Herze, mit deiner Druckerschwarze, mit deinem See-lenschmerze, ich stifte dir eine Kerze, nur so zum Scherze. Gcschnickelt, gcschnackelt. spektakelt, schabernackelt, mit dem Schwanz gewackelt, nicht lang gcfackelt. Gott befoh-len, der Teufel wird dich holen, verhauen und versohlen fiir dein Schreiben und Kohlen, hast ja alles zusammengestoh-len.“

Dies hingegcn war mir zu stark, der Zorn lieG mir keine Zeit mehr, der Wehmut nachzuhangen. Ich packte Mozart am Zopf, er flog davon, der Zopf wurde langer und langer, wie ein Komctenschweif, an dessen Ende ich hing und durch die Welt gewirbelt wurde. Teufel. war es kalt in die-ser Welt! Diese Unsterblichen vertrugen eine scheuGlich diinne Eisluft. Aher sie machte vergniigt, diese eisige Luft, das spiirte ich noch in dem kurzeń Augenblick, eh mir die Sinne vergingen. Es durchdrang mich eine bitterscharfe, stahlblanke, eisige Heitcrkeit, eine Lust, ebenso heli, wild und auGerirdisch zu lachen, wie Mozart es getan hatte. Aber da waren Atem und BewuGtsein zu Ende.

Verwirrt und zerschlagen fand ich mich wieder, das weiGe Licht des Korridors spiegelte im blanken Boden. Ich war nicht bei den Unsterblichen, noch nicht. Ich war noch im-mer im Diesseits der Ratsel, der Leiden, der Steppenwólfe, der qualvollen Verwicklungcn. Kein guter On, kein emag-licher Aufenthalt. Dem muGte ein Ende gemacht werden.

Im groGen Wandspiegel stand Harry mir gegeniiber. Er sah nięht gut aus, er sah nicht viel anders aus, ais er in jener Nacht nach dem Professorenbesuch und dem Bali im Schwarzen Adler ausgesehen hatte. Aber das lag weit zu riick, Jahre, Jahrhunderte; Harry war alter geworden, er hatte tanzen gelernt, hatte magische Theater besuchi, er hatte Mozart lachen gehort, er hatte vor Tanzen, vor Frauen, vor Mcssem keinc Angst mehr. Auch der malJig Be gabte, wcnn er ein paar Jahrhunderte durchrannt hat, wird reif. Lange sah ich Harry im Spiegcl an: noch kannte ich ihn wohl, noch immer glich er cin ganz klcin wenig dem Harry von fiinfzchn Jahren, der an einem Marzsonntag in den Fel-sen der Rosa begegnet war und seinen Konfirmandenhut vor ihr gezogen hatte. Und doch war er seithcr einige hundert Jahrchen alter geworden, hatte Musik und Philosophie getrieben und satt gekriegt, hatte im „Stahlhelm" Elsasser gesoffen und mit biederen Gelehrten iiber Krischna dispu-tiert, hatte Erika und Maria geliebt, war Herminens Freund geworden, hatte Automobile abgcschossen und mit der glat-ten Chinesin geschlafen, hatte Goethe und Mozart angetrof-fen und verschiedene Lócher in das Netz der Zeit und der Scheinwirklichkeit gerissen, in dem er noch gefangen war. Hatte er auch seine hubschen Schachfigurcn wieder verlo-ren, so hatte er doch ein braves Messer in der Tasche. Vor-warts, alter Harry, alter muder Kerl!

Pfui Teufel, wie schmeckt das Leben bitter! Ich spuckte den Harry im Spiegcl an, ich trat mit dem FuC gegen ihn und trat ihn in Scherben. Langsam ging ich durch den hallenden Gang, aufmerksam betrachtete ich die Tiiren, die so viel Hubsches versprochen hatten: an keiner mehr stand eine Inschrift. Langsam schritt ich alle die hundert Tiiren des magischen Theaters ab. War ich nicht heute an einem Mas-kenball gewesen? Hundert Jahre waren seithcr vergangen. Bald wird es keine Jahre mehr geben. Etwas war noch zu lun, Hermine wartetc noch. Eine sonderbare Hochzeit wurde das sein. In einer triiben Welle schwamm ich dahin, triib gezogen, Sklave, Steppenwolf. Pfui Teufel.

An der letzten Tur blieb ich stehen. Dorthin hatte die triibe Welle mich gezogen. O Rosa, o ferne Jugend, o Goethe und Mozart!

Ich óffnete. Was ich hinter der Turę fand, war ein einfaches und schónes Bild. Auf Teppichen am Boden fand ich zwei

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