Obraz9 (4)

Obraz9 (4)



hatte, war mir schon hcift und schwindlig, ich warf mich in den nachsten Stuhl, zwischen lauter Fremden, lieC mir Wein geben Und fand, das Mitmachen solcher larmiger Fe-ste sei nichts fur einen alten Mann wie mich. Rcsigniert trank ich meią Glas Wein, starrte auf die nackten Arme und Riicken der Weiber, sah die vielen grotesken Maskenfigu-ren vorbeiwehen, liefi mich puffen und schickte die paar Madchen sch\veigend wciter, die auf meinem Schofl sitzen oder mit mir tanzen wollten. „Alter Brummbar", rief eine und hatte recht. Ich beschloB, mir etwas Mut und Laune an-zutrinken, abtjr auch der Wein schmecktc mir nicht, ich brachte kaum das zweite Glas hinunter. (Jnd allmahlich spiirte ich, wie der Steppenwolf hinter mir stand und die Zunge heraus^treckte. Es war nichts los mit mir, ich war hier am falschen Ort. Ich war ja in bester Absicht gekom-men, aber kotmte hier nicht froh werden, und die kute brausende Freude, das Gelachter und die ganzc Tollerei ringsum erschien mir dumm und erzwungen.

So kam es, da{$ ich um ein Uhr enttauscht und bose mich wieder zur Garderobę zuruckpirschte, um den Mantel anzu-ziehen und zu gehen. Es war eine Niederlage, ein Ruckfall in den Steppet}W0lf, und Hermine wiirde es mir kaum ver-zeihen. Aber ich konnte nicht anders. Ich hatte auf dem miihsamcn Weg durchs Gedrange bis zur Garderobę noch-mals sorgfaltig um mich geschaut, ob ich keinc der Freun-dinnen sahe. Vergebens. fsfun stand ich am Schalter, der hófliche Mann hinter der Schranke hielt schon die Hand nach meiner Nummer ausgestreckt, ich griff in die Westen-tasche - die N ummer war nicht mehr da! Teufel, das hatte noch gefehlt. Mehrmals wahrend meiner traurigen Wande-rungen durch <3ic Sale, wahrend meines Sitzcns beim faden Wein hatte ich jn die Tasche gegriffen, mit dem Entschlufi zum Wiederfortgehen kampfend, und hatte stets die rundę flachę Markę a*j ihrem Ort gefiihlt. Und jetzt war sie fort Alles war gegeri mich.

„Nummer verlQren?“ fragte ein kleiner rot und gelber Teu fel neben mir rnit schriller Stimme. „Da, Kamerad, kannst die meine hab^n“, und streckte sie mir auch schon dar. Wahrend ich si e mechanisch annahm und in den Fingern drchte, war der flinke kleine Kerl schon wieder verschwun-den.

Ais ich aber die kleine rundę Kanonmiinze ans Auge hob, um nach der Numraer zu sehen, stand gar keine Nummt i darauf, sondern ein Gekritzel in kleiner Schrift. Ich bat den Garderobenmann zu warten, ging unter den nachsten Leuchter und las. Da stand in kleinen taumelndcn Buchsta ben, schwer zu lesen, etwas gekritzelt:

Heute nacht von vier Uhr an magisches Thcater

- nur fur Verriickte -

Eintritt kostet den Verstand.

Nicht fur jedermann. Hermine ist in der Hólle.

Wie eine Marionette, dereń Draht dem Spielcr einen Augenblick entglitten war, nach kurzem, steifem Tod und Stumpfsinn wieder auflebt, wieder ins Spici gehórt, tanzt und agiert, so lief ich, am magischen Draht gerissen, in das Getummel, dem ich soeben miide, lustlos und alt entflohcn war, elastisch, jung und eifrig wieder zuriick. Nie hat ein Siinder es eiliger gehabt, in die Hólle zu kommen. Eben noch hatten mich die Lackschuhe gedriickt, hatte mich die dicke parfiimierte Luft angewidert, die Hitze mich er-schlafft; jetzt lief ich hurtig auf federnden FiiGen im One-steptakt durch alle Sale, der Hólle entgegen, fuhlte die Luft voller Zauber, wurde gewiegt und getragen von der Warme, von all der brausenden Musik, vom Taumel der Farben, vom Duft der Frauenschultern, vom Rausch der Hunderte, vom Lachen, vom Tanztakt, vom Glanz all der entziindeten Augen. Eine spanische Tanzerin flog mir in die Arme: „Tanz mit mir!“ - „Geht nicht", sagte ich, „ich muG in die Hólle. Aber einen KuG von dir nehm ich gerne mit." Der rotę Mund unter der Maskę kam mir entgegen, und erst im KuG erkannte ich Maria. Fest schloG ich sie in die Arme, wie eine reife Sommerrose bliihte ihr voller Mund. Und nun tanzten wir auch schon. die Lippen noch aufeinander, und tanzten an Pablo vorbei, der hing verliebt uber seiner zartlich heulenden Tonróhre, strahlend und halb abwesend umfing uns sein schóner Tierblick. Aber eh wir zwanzig Tanzschritte getan hatten, brach die Musik ab. ungern lieG ich Maria aus rneinen Handen.

„Gern hatte ich noch einmal mit dir getanzt", sagte ich. be-rauscht von ihrer Warme, „komm ein paar Schrittc mit, Ma-

133


Wyszukiwarka

Podobne podstrony:
33132 Obraz@6 Sie war ein sehr weites und faltenreiches Gewand, das mit und ohne vorderen Verschlu8
Obraz4 (6) die Harry sich schon lange wiinscht, von der er schon lange getraumt hat. Es ist cin wen
81889 Obraz 9 (5) Erbstinde war auGerdem noch da. Alles dieses also war ab-zubuGen, cndloscs Fegefeu
51360 Obraz0 (28) Hatte ich in diesem Augenblick uber einen Wunschzaubei verfiigt, so hatte sich mi
Obraz4 (18) Ais ich z u Ende gelesen hatte, fiel mir ein, daB ich vor eini-gen Wochcn einmal in der
38856 Obraz&0 (5) immer noch die erste Stelle und hatte in seinem Schnitt ^ seiner Herstellungsweise
111 Die Angaben SpaNCL s tiber den taglichen Temperaturgang des Wassers (Kurve C und D), welche ich
79096 Obraz0 (14) ben. Zugleich dachte ich: so, wie ich jetzt mich anziehe und ausgehe, den Profess

więcej podobnych podstron