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Dekoratiyen hat auch die Ubernahme der schon fertigentwickel-ten italischen Flechtbandornamentik erleichtert, die noch dann weiterangewendet wurde, ais sie in Italien selbst schon abgestor-ben war. Ihr Wesen ist in Dalmatien rein formal und schnnickend und der dekoratiyen Auffassung der Architektur untergeordnet.
Die Abhangigkeit der altbulgarischen Kunst von fremden Vorbildern ist von anderer Art und kann nicht ausschliesslich ais Folgę anderer ausseren Umstande erklart werden. Es ist das die Kunst eines Volkes bzw. einer Gesellschaftsschicht mit alten Kulturtraditionen, welche monumentale fremde Vorbilder einfach fertig ubernimmt, wobei es von keiner wesentlichen Be-deutung ist, ob es sich um nichtchristliche oder um christliche Kunst handelt. Es werden keine Versuche unternommen neue Aus-druckformen zu schaffen.
Ais Schlussergebnis der Untersuchungen wird Folgendes aus-
gefiihrt. Die friihmittelalterliche Proyinzkunst auf dem Bałkan
ergibt das Bild zweier Welten, von denen die eine aus fremden,
ubernommenen Einzelheiten aus eigenen Kraften eine eigene
ktinstlerische Auffassung zu yerwirklichen yersucht, wahrend die
zweite schon bestehende Auffassungen in fertiger Form iiber-
nimmt, wiederholt und sie mit Abwandlungen in den Schmuck-
motiyen bereichert. Die Bedeutung der ersten Welt ist in ihr
selbst begrundet, weshalb die Kriterien, die angesichts ihrer z war
einfachen, aber jedenfalls schópferischen Kunst anzuwenden sind,
sich nicht auf die Fragen ihrer Abhangigkeit von fremden Zen-
tren beschranken durfen, sondern auf dem Verstandnis der G-rund-
lagen ihrer ganzen geistigen Kultur aufgebaut werden mussen,
Die Bedeutung der zweiten Welt beruht dagegen nicht so sehr
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auf ihr selbst, ais auf der Art der Ubernahme der fremden For-men, weshalb ihre Kriterien vor allem formaler Art sein mussen. In beiden Fallen aber sind die Vorbedingungen fiir die Eigenart der Proyinzkunst durch die ganze Gesellschaftskultur der Schichten bedingt gewesen, die ihre Tr&ger waren.