3.
Die »Biirokratie« wird auch verschiedenartig aufgefafit, am hfiu-figsten ais die Schicht der Burokraten. Und unter »Biirokraten« wer-den oft alle »Biiroleute« verstanden, alle diejenigen, die im Biiro sitzen und in ihrem Biiro ihre Aufgaben erfiillen. Eine solche Auf-fassung finden wir z. B. bei Max Weber. Das Beamtentum oder die Biirokratie, was fur ihn dasselbe ist, versteht Weber ais eine soziale Schicht, die der herrschenden Macht ais Mittel dient. Ihre Mitglieder, die Beamten, werden vom Herrscher ausgewahlt und ernannt und von ihm mit gewissen Aufgaben beauftragt, die sie gemafi den vom Herr-scjier vorgeschriebenen Gesetzen und Regeln ausiiben.
"Weber selbst sieht, dafi im Beamtentum eine Tendenz besteht, sich aus dem Mittel der Herrschaft in den Herrscher zu verwandeln und dafi diese Tendenz sich auch im hohen Mafie realisieren kann. Wenn es aber so ist, dann miissen wir fragen, ob wir nicht diese zwei prinzi-piell verschiedenen Sachen, das Beamtentum, das ais Mittel der Herrschaft dem Herrn dient, und das Beamtentum, das sich selbst zur Herrschaft erhoben hat, begrifflich und terminologisch unterscheiden sollten.
Wenn der Beamte einer mit einem óffentlichen Amt beamtete ist, und das Amt ein fester, dauernder Aufgabenkreis im Dienste anderer, ist es dann nicht berechtigt, den Namen »Beamtentum« ausschliefilich fur die Schicht der Beamten zu reservieren, insoweit sie nicht eine herrschende Schicht, sondern ein Instrument der wirklichen Macht-haber darstellt? Und ist es dann nicht berechtigt, den Namen »Biiro-kratie« fur die Schicht der Biiroleute nur insofern zu reservieren ais sie zur herrschenden Schicht geworden sind?
4.
Eine solche Bestimmung der Biirokratie ware vielleicht nicht ganz eindeutig. Wir kónnen sie aber so prazisieren, dafi unter Biirokratie ein solches Beamtentum zu verstehen ist, das (1) ohne einen entschei-denden Einflufi von »unten« oder von »oben« sich selbst konstituiert und organisiert, seine Reihen erneuert und »reinigt« und seine Orga-nisation andert, um dadurch (2) in allen wichtigen Gebieten des ge-sellschaftlichen Lebens eine regulierende Funktion ausiiben zu kon-nen, und zwar (3) nach den Regeln und Gesetzen, die es sich selbst im Einklang mit seinen Interessen gibt.
Zum Unterschied vom Beamtentum, das entweder von »oben« oder von »unten«, jedenfalls aber von aufien her konstituiert wird, ist die Biirokratie eine sich selbst konstituierende und organisierende Schicht. Die Burokraten kónnen zwar auch formell »gewahlt« werden, in der Tat werden sie in die heilige Reihe der Burokraten »aufgenommen«. Die Schein»wahlen«, wo alles schon vorentschieden ist, sind ein be-
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