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Meinung in allen Ehren! Wenn die Ratę es aber einsehen sollten, dass dem Parlament die gesetz-geberischen Zustandigkeiten gegeben werden miissen, warum sind sie dann nicht schon jetzt bereit, dafiir zu wirken, dass durch eine Ande-rung des Vertrages die gesetzgeberischen Zustandigkeiten in andere Hande, namlich in die Hande des Parlaments, gelegt werden? Warum muss man damit warten, bis die direkten Wah-len durchgefiihrt sind?

Ich bin genau gegensatzlicher Meinung. Die Erfahrung lehrt, dass, wenn die Wahlen statt-gefunden haben, eine gewisse Beruhigung ein-tritt. Die Ministerrate werden sich sagen: Warum sollen wir die so beąuemen Zustandigkeiten — es ist ja fur uns alles viel leichter, wenn wir gesetzgeberisch entscheiden kónnen! — aufgeben? Warum sollen wir ohne eine wirk-liche Notigung dem Parlament diese Zustandigkeiten tibertragen?

Und dann gibt es noch andere — die halte ich nun wirklich fur die Romantiker —, die sagen: Die Ministerrate werden schon durch das Volk gezwungen werden. — In welcher Weise sollen sie durch das Volk gezwungen werden? Glaubt man im Ernst, dass in Rom, in Paris, in Bonn, in Brussel oder sonstwo Aufstande nur deswe-gen kommen, damit die Ministerrate gezwungen werden, ihre gesetzgeberischen oder sonstigen Zustandigkeiten dem Parlament, dem sie zuste-hen, abzugeben? Das wird im Ernst doch nie-mand glauben.

Wir wissen es doch, wie erstens auch in den Demokratien die óffentliche Meinungsausserung entsprechend beeinflusst werden kann und wie man zweitens auch mit entsprechenden Grtinden iiber solche Meiungsausserungen hinweggehen kann.

Ich glaube also nicht, dass die Móglichkeit be-steht, durch Volkausserungen die Kompetenzen zu andern, abgcsehen davon, dass, wenn das moglich ware, fur die Bevolkerung auch jetzt schon die Móglichkeit bestiinde, in dieser Rich-tung etwas zu tun. Aber davon ist doch gar nicht die Rede.

Die Zustandigkeiten konnten geandert werden, wenn ein verfassunggebendes Parlament gewahlt wiirde. Dariiber, dass das nicht moglich ist, gibt es keinen Zweifel. Der Vertrag gibt uns dazu keine Móglichkeiten. Wir wiirden damit nicht durchdringen. Dann kónntc man auch die Verfassung, das heisst den Vertrag, sofort andern.

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Oder aber es ware die Móglichkeit, dass der Vertrag im Wege der Verhandlung mit den Ministerraten und dann mit den nationalen Re-gierungcn geandert wird. Aber, wie gesagt, wenn das moglich ist, ist es ebensogut jetzt moglich wie spater.

Ich bin sogar der Meinung, dass unter dem Druck der Tatsache, dass das Parlament bereit ist, allgemeine Wahlen durchzufiihren, wenn die Zustandigkeiten geandert sind, sehr viel mehr Móglichkeiten bestehen, etwas zu erreichen, ais vorher.

Mein Freund Dehousse sagt: Wenn man alles will, bekommt man iiberhaupt nichts, und wenn man nicht fur die allgemeinen demokratischen Wahlen ist, hat man weder die Wahlen noch die Zustandigkeiten. Das heisst doch, dass man bereit ist, dass man mindestens den dolus even-tualis hat, Wahlen in Kauf zu nehmen, fiir Wahlen zu sorgen, auch wenn es uns nicht gelingen sollte, die Zustandigkeiten zu andern.

Meine sehr verehrten Freunde, ich glaube, dass das ausserordentlich gefahrlich ist. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass das in der Bevólkerung unvermeidlich einen Riickschlag geben muss. Es muss auch fiir den demokratischen Gedanken schadlich sein.

Die Tatsache, dass jetzt schon so lange soge-nannte Europaische Parlamente bestehen, die im Grunde nichts zu sagen haben, muss auf die Demokratie und auf die demokratische innere Verfassung korrumpierend wirken. Es kann auf die Dauer nicht gutgehen, dass Hunderte von Mannern und Frauen mit politischem Verstand und Willen zusammenkommen und nur Reden halten, aber im iibrigen nichts zu entscheiden haben. Das wird der Demokratie notwendiger-wcise schaden. Ich bitte, sich iiber diese Frage eingehend Gedanken zu machen.

Wenn ich diese Einwendungen hier vortrage, so deswegen, weil ich der Meinung bin, dass wir der europaischen und dariiber hinaus der demokratischen Sache Schaden zufiigen.

Es kommt noch eine weitere tlberlegung hin-zu. Ich komme aus der Bundesrepublik, aus Deutschland. Wir kampfen mit dem Osten darum, dass freie demokratische Wahlen fiir ganz Deutschland stattfinden kónnen. Wenn wir dem Osten zeigen, dass man freie, allgemeine, demokratische Wahlen fiir eine Sache machen kann, die im Grunde genommen keine grosse Bedeutung hat, dann geben wir damit das schlechteste Beispiel.

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