ist, tragt, wenn sie in sich die eigenen Gedanken und die geschicht-łiche Richtung nicht tragt, dann kónnen alle Hindernisse, Verneinun-gen und Schwierigkeiten oft nur zum wohlfeilen Alibi zur Deckung des eigenen geistigen Vakuums, der Unfahigkeit, Ausweglosikeit wer-den. Dies bedutet nicht, dafi fast jede ehrliche Anstrengung nicht auf Hindernisse stofien wird: aber sie wird den Grund ihrer Konstituie-rung, ihres Bestehens und ihrer Begeisterung nicht in etwas anderem, sondern in sich selbst suchen, in ihren Prinzipien, in der Eigenheit ihres Weges und ihre existentiellen Streben zum Neuen, Zukiinftigen.
Zunachst muli also vor allem die Philosophie verteidigt werden, die etwas behauptet, und die sich selbst nicht in der polemischen Kon-frontation mit der bedeutungslosen Pragmatik der Pseudophilosophie findet. Die Philosophie hat, auch wenn sie irrt und fehlt, ihre Wurde in dem, dafi sie kein Denken im Chor ist und keine »Errichtung der unbedingten Gemcinsamkeit«. Unlangst hat mich óffentlich der be-kannte Korryphae des Stalinismus Jovćuk gefragt, wie ich denn iiber-haupt noch Philosoph sein konne, wenn hinter mir nicht einmal meine politische Fiihrung steht, weder mein Land, noch die Partei, noch das Volk, ja nicht einmal alle Philosophen. Ich habe ihm geantwortet, dafi hinter mir nicht nur jene nicht stehen, die er genannt hat, sondern auch meine besten Freunde aus der »Praxis«-Redaktion nicht; »hinter« mir gibt es niemand, »hinter« meiner Philosophie stehe nur ich und niemand anderer. Dies konnte naturlich niemals in diesen Kopf gehen, und er begann laut zu lachen, wiederholte triumphierend mein »Gestandnis«. Miifiten mit ihm gemeinsam nicht die frischge-backenen Vertreter des philosophischen Monolithismus und der »Er-richtung der unbedingten Gemeinsamkeit« lachen?
Weshalb aber ist jetzt diese Gemeinsamkeit so unbedingt, warum miissen alle Unterschiede iibergangen werden, und in wessen Namen sollen alle Krafte geeint werden, der, der sich dem widersetzt, un-barmherzig unmóglich gemacht, beseitigt, begraben werden? Welches ist das neue Leitmotiv des Rufs zu einem solchen Einklang, wenn die friiheren schon etwas abgeniitzt und fast komisch geworden sind' (im Namen der einheitlichen Prinzipien des Marxismus-Leninismus, im Namen des Sozialistischen Realismus, im Namen fur alle marxisti-schen Philosophen der gemeinsamen Abbildtheorie usw usw). Was wird jetzt zum Tabu, das man nicht beriihren darf, was wird zum hóchsten Gesetz, zur gemeinsamen Kappe, unter der wir alle stehen miissen (in Habt-acht-Stellung), wenn wir nicht definitiv ais Verrater abgestempelt werden wollen?
Dies ist, wie uns allen bekannt ist, das Nationale.
Ein grofier, unangenehmer und nicht ganz ungefahrlicher8 Begriff, bei dem schon der Versuch, rational und niichtern iiber ihn zu spre* chen, bei denen Hafi hervorruft, die (oft auch ganz offen) behaupten, dafi man iiber diesen Begriff iiberhaupt nicht diskutieren kann, da die
s Dies sagę ich im iibrigcn aus cigcner Erfahrung, die ich am eigenen Leib ver-spurt habe. Ais ich im Juni 19G8 vor den Studenten der Akademie der Bildenden Kiinste sprach und sagte, dafi sie es nicht zulassen sollten, dafi sie mit Hilfe des Nationalen manipuliert wiirden, wurde ich - wie der Dekan óffentlich in der Prcs-
498