Schwarze Löcher So sieht ein Schwarzes Loch wirklich aus  ZEIT ONLINE

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Schwarze Löcher

So sieht ein Schwarzes Loch wirklich aus

Sie dachten, das wisse man? Falsch. Dies ist das erste Bild eines Schwarzen
Lochs. 200 Forscher brauchte es dazu und ein virtuelles Riesenteleskop, so
groß wie die Erde.

Von Alina Schadwinkel

10. April 2019, 15:14 Uhr

/

Da ist es! Der erste direkte visuelle Nachweis für ein supermassereiches
Schwarzes Loch stammt aus dem Zentrum der gewaltigen Galaxie
Messier 87.

© EHT-Kollaboration

Man nehme eine gleißende Spirale aus Licht, innen gelb, nach außen rötlicher,
die eine schwarze Kugel umwabert, aus der wiederum ein gleißender
Lichtstrahl hervorschießt – fertig ist das Schwarze Loch. Zumindest am
Computer. Denn wie Schwarze Löcher aussehen, haben Forscher bislang bloß
simuliert. Gesehen hatte solch ein galaktisches Massemonster des Universums
bis vor wenigen Monaten niemand.

Nun aber gibt es Gewissheit: Ein internationales Forscherteam hat ein
Schwarzes Loch aufgenommen, genau genommen seine direkte Umgebung.
Das Bild zeigt erstmals authentisch das, was der Physiker Albert Einstein nur
mit den komplizierten Formeln seiner Allgemeinen Relativitätstheorie
ausdrücken konnte.

Es ist das Porträt des superschweren Giganten im Zentrum der Galaxie Messier
87. Und so zeigt dieser erste Blick auf ein Schwarzes Loch auch erneut:
Einsteins mehr als ein Jahrhundert alte Theorien sind noch immer für

691 Kommentare

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ALINA

SCHADWINKEL

Redakteurin im
Ressort Wissen,
ZEIT ONLINE

ZUR AUTORENSEITE

[HTTPS://WWW.ZEIT.DE/AUTOREN/S/ALINA_SCHADWINKEL/INDEX]

Entdeckungen gut. Und für große Errungenschaften braucht es bei aller
Technologie, die der Menschheit zur Verfügung steht, noch immer enorme
Anstrengungen.

Heute um 15:07 mitteleuropäischer Zeit hat das
Team des Event-Horizon-Teleskop-Projekts (EHT) die
Aufnahme vorgestellt. Deutlich zeigt sie den
intensiven Lichtkreis, der das Schwarze Loch im
Zentrum von M87 umgibt und damit auch ein klar
umrissenes Loch.


Minutiös war die Präsentation geplant und im großen
Stil inszeniert. "Bahnbrechendes" war von der
Europäischen Südsternwarte angekündigt worden.

Seit einigen Monaten hatte die Fachwelt das Abbild bereits erwartet.
Schließlich war bekannt, dass die Forscherinnen und Forscher anstrebten,

die

erste echte Aufnahme mit Schwarzem Loch zu liefern und sie zwischenzeitlich
von erfolgreichen Messungen berichtet haben
[https://www.zeit.de/wissen/2018-02/astronomie-schwarzes-loch-bild-
teleskop-universum-galaxie-milchstrasse-weltall-galaxie-albert-einstein]

.

Schwarze Löcher - Erste Aufnahme eines Schwarzen Lochs

Das Bild zeigt, was der Physiker Albert Einstein in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie beschrieben hatte. An dem
Projekt arbeiteten 200 internationale Forscher.

© Foto: Event Horizon Telescope (EHT)

Die Präsentation fand gleichzeitig auf sechs Pressekonferenzen in Brüssel,
Washington, Santiago de Chile, Tokio, Taipeh und Shanghai statt. Die
Veröffentlichung von mehreren begleitenden Studien in der Fachzeitschrift
Astrophysical Journal Letters zur selben Zeit. Darin beschreiben die Autorinnen
und Autoren ausführlich das Projekt, die Instrumente, Kalibration, Bildgebung,
ergänzende Simulationen und liefern eine Deutung der Ergebnisse. "Die
Wissenschaftsgeschichte wird sich in die Zeit bevor und nach dem Bild teilen",
hieß es auf der Pressekonferenz. 

Was für ein Aufriss! Allerdings, so viel Verständnis sollte sein, ist den
Forscherinnen und Forschern gelungen, an dem die Menschheit bisher
gescheitert ist: ein Bild von etwas, das irgendwie nichts ist und doch so
gigantisch viel.

Der Glanz des Unsichtbaren

Schwarze Löcher haben keine Oberfläche wie ein Planet. Vielmehr ist jedes
Loch eine Region im Weltraum, in dem die Materie in sich selbst
zusammengefallen ist. Dort konzentriert sich enorm viel Masse auf winzig

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kleinem Raum, der deshalb stark gekrümmt ist. Weil er so stark gekrümmt ist
wiederum, besitzt er eine enorme Anziehungskraft. Nichts kann entrinnen –
aus einem Schwarzen Loch dringt kein Teilchen Licht, kein Photon, zur Erde. Ab
und an jedoch entweicht von den Polen des Lochs ein senkrecht zur Scheibe
stehender Strahlungskegel, darauf lassen Messungen schließen. Solch ein Jet
könnte etwa die Quelle von Radiostrahlung sein, wie sie aus dem Loch im
Zentrum unserer Galaxie hervorgeht (

Astrophysical Journal: Issaoun et al., 2019

[https://iopscience.iop.org/article/10.3847/1538-4357/aaf732]

).

.

Terabyte

Daten haben die Forscher gesammelt.

Den Punkt ohne Wiederkehr für Lichtteilchen nennen Astrophysiker den
Ereignishorizont. Ab hier schluckt ein Schwarzes Loch alles. Was sich hinter
ihm abspielt, entzieht sich jeglicher direkten Beobachtung. Doch bis dorthin ist
etwas zu erkennen. Denn die große Masse Schwarzer Löcher führt nicht nur
dazu, dass Licht abgelenkt wird, sondern sie saugt auch Gas und Staub, die es
umgeben, auf Spiralbahnen an. Das Material verschwindet zwar letztlich
ebenfalls im Loch, sorgt auf dem Weg dorthin jedoch für einen hell strahlenden
Lichtkreis. Genau diesen hat das EHT-Team nun aufgenommen. Eine
historische Leistung.

Der direkte Blick auf den Ereignishorizont ermöglicht es, Albert Einsteins
Relativitätstheorie sowie alternative Gravitationstheorien unter den
extremsten Bedingungen grundlegend zu testen. Zwar hatten Forscher mithilfe
des

Laser-Interferometers LIGO [https://www.ligo.caltech.edu/]

bereits

Einsteins vermutete Gravitationswellen nachgewiesen –

dafür gab es 2017 den

Nobelpreis in Physik [https://www.zeit.de/wissen/2017-10/gravitationswellen-
nobelpreis-physik-albert-einstein-rainer-weiss-barry-barish-kip-thorne]

– und

Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik war es
vergangenes Jahr gelungen,

die von Einstein vorhergesagte

Gravitationsrotverschiebung zu beobachten [https://www.zeit.de/wissen/2018-
07/relativitaetstheorie-schwarzes-loch-beweis-albert-einstein]

(

Astronomy &

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Astrophysics: Genzel et al., 2018
[https://www.aanda.org/articles/aa/abs/2018/07/aa33718-18/aa33718-
18.html]

). Und nicht zuletzt simulierten Forscherinnen und Forscher des

Projekts BlackHoleCam erstmals realistische Bilder eines Schwarzen Lochs
nach Einsteins Theorien und verglichen sie mit anderen Simulationen, die
mithilfe weiterer Schwerkrafttheorien errechnet worden waren –
interessanterweise lassen sie sich kaum unterscheiden (

Nature Astronomy:

[https://www.nature.com/articles/s41550-018-0449-5] Mizuno et al., 2018
[https://www.nature.com/articles/s41550-018-0449-5]

). Der letzte Beweis

aber, die direkte Beobachtung eines Schwarzen Lochs, stand noch aus.

Schwarze Löcher sind zwar gewaltig, doch eben auch ziemlich weit von der
Erde entfernt, verdeckt von interstellarem Staub. Obwohl Astronominnen und
Astrophysiker mehrere der galaktischen Massemonster im Universum ziemlich
genau verorten können und ihre Teleskope nach ihnen ausrichten, hielt das
EHT-Team nur zwei für potenziell porträttauglich: Sagittarius A*, kurz Sgr A*
sowie Virgo A – die jeweils hellsten Radioquellen in den Sternbildern des
Schützen und der Jungfrau.

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SCHWARZE LÖCHER – ES BEGANN MIT EINSTEIN

+

Die Entstehungsgeschichte des ersten Bildes eines
Schwarzen Lochs beginnt vor mehr als einem
Jahrhundert. 1915 stellt Albert Einstein seine
Allgemeine Relativitätstheorie vor. Demnach sind
Raum und Zeit formbar. Einstein führte aus, dass
Materie die Raumzeit eindellen könne. Dabei gilt: Je
schwerer und dichter eine Materie, desto tiefer die
Delle. Demnach kann eine extrem dichte Masse die
Raumzeit so stark krümmen, dass eine Region
entsteht, in der alles verschwindet.

Ein Jahr später veröffentlicht der deutsche
Astronom Karl Schwarzschild die Lösung der
Einsteinschen Feldgleichungen. Er beschrieb damals
bereits alle wesentlichen Eigenschaften Schwarzer
Löcher, inklusive Ereignishorizont. In seinem Papier
geht es um das Gravitationsfeld einer homogenen,
nicht geladenen und nicht rotierenden Kugel. Erst
Ende der Sechzigerjahre führt der Relativist und
Astronom John Archibald Wheeler den Begriff
"Schwarzes Loch" ein.

JAMES BARDEEN PRÄGTE DIE SIEBZIGERJAHRE

+

NEUES COMPUTERMODELL ZUR JAHRTAUSENDWENDE

+

2017: ENTSCHEIDENDE AUFNAHMEN DES EHT

+

Sagittarius A* ist das nächstgelegenste Schwarze Loch im Zentrum unserer
Milchstraße, etwa 26.500 Lichtjahre von der Erde entfernt. Es misst rund vier
Millionen Sonnenmassen, eine schier unvorstellbare Zahl (

Nature: Eckart &

Genzel, 1996 [https://www.nature.com/articles/383415a0]

). Zum Vergleich:

Allein unsere Sonne hat eine Masse, die etwa dem 333.000-fachen der Erde
entspricht. Virgo A in der Galaxie M87 ist rund 55 Millionen Lichtjahre
entfernt, mit seinen lange Zeit auf zwischen 3,5 und 6,4 Milliarden geschätzten
Sonnenmassen aber noch einmal deutlich umfassender (

Astrophysical Journal:

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Walsh et al., 2013 [https://iopscience.iop.org/article/10.1088/0004-
637X/770/2/86/meta]

&

Astrophysical Journal: Gebhardt & Thomas, 2009

[http://doi.org/10.1088/0004-637X/700/2/1690]

).

Von der Erde aus betrachtet sind beide damit in etwa gleich winzig. Die
scheinbare Ausdehnung von beiden beträgt am Himmel etwas weniger als ein
100 Millionstel Winkelgrad – das entspricht der Größe eines Tennisballs auf
dem Mond. Mit einem einzelnen Teleskop lässt sich da nichts Brauchbares
erkennen. Mehrere zusammengeschaltet jedoch sehen scharf genug.


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