Rebecca Lindholm
Über dieses Buch
UNTIL WE BURN - FÜREINANDER
ENTFLAMMT ist eine Kurzgeschichte
und Teil der New-Adult-Serie
»Beautifully Broken« von Courtney
Cole. Die Novelle erzählt eine
Geschichte aus dem Leben von Dominic
Kinkaide, dem Protagonisten aus
BEFORE WE FALL - VOLLKOMMEN
VERZAUBERT (Buch 3).
Dem vierundzwanzigjährigen
Schauspieler Dominic Kinkaide liegen
die Welt und die Frauen zu Füßen. In
einem Leben, in dem es das Wort »Nein«
nicht gibt, testet Dominic die Grenzen
zwischen richtig, falsch und schlicht und
ergreifend lasterhaft. Düster und tief
verletzt, will Dominic alles, aber keine
Bindungen.
Stattdessen versucht er verzweifelt, im
Verbotenen zu verschwinden und einen
Ort zu finden, an dem er endlich etwas
fühlt. Egal, was.
Der brennende Wunsch, sich in der
Dunkelheit zu verlieren, ist das Einzige,
was ihm noch geblieben ist, und so gerät
Dominic ins Straucheln. In einer leeren
Welt, die er mit sexuellen Eskapaden zu
füllen versucht, gibt es für ihn kein
Licht, kein Grund zum Atmen mehr. Er
glaubt, dass ihn nichts mehr retten kann.
Und so trifft er eine Entscheidung.
Wenn er schon zur Hölle fährt, dann
wird er den Weg dorthin wenigstens
genießen.
Kapitel 1
F
ester«, flüstert die Kleine. Ich
versetze ihr bereitwillig einen weiteren
Schlag auf den Hintern. Härter dieses
Mal.
Das klatschende Geräusch hallt durch
die Nacht, durchbricht die Stille von
Mount Lee. Ungefähr dreißig Meter unter
uns schimmern in der Dunkelheit die
riesigen Buchstaben des Hollywood-
Schriftzugs in einem gespenstischen
Weiß.
Ich lächele an ihrem bleichen Nacken
und beiße zu. Fest.
Meine Zähne graben sich in ihr
weiches Fleisch, aber es gefällt ihr. Sie
stöhnt und dreht sich um, damit sie sich
an meiner Brust festklammern kann,
krallt sich mit den Fingern in meinen
Smoking.
»Dominic Kinkaide.« Sie seufzt. »Ich
kann es gar nicht glauben, dass ich hier
bin. Mit dir. Und dass du mir den
Hintern versohlst.«
»Dominic Kinkaide stellt noch ein
bisschen mehr mit deinem Hintern an«,
erwidere ich. Schließlich habe ich erst
vor einer Minute meinen Schwanz
herausgezogen, das Kondom abgerollt
und es weggeworfen.
Die süße Kleine, die mir beim
Verlassen der Gala in der Garderobe
den Mantel gereicht hatte, hätte sich
wohl nie träumen lassen, dass ihr Abend
auf diese Weise zu Ende gehen würde:
mit schnellem, hartem Analsex. In der
Öffentlichkeit. Mit mir.
Obwohl es zwei Uhr nachts ist und
sehr unwahrscheinlich, dass jemand um
diese Zeit den Hollywood Ridge Trail
heraufmarschiert kommt, reichte das
Wissen, dass Fremde zufällig über uns
stolpern und uns in diesem intimen
Augenblick erwischen könnten, um mich
schneller anzutörnen als alles andere.
Ich beendete, was ich vor wenigen
Minuten begonnen hatte, und nun weiche
ich zurück und bringe meine Kleidung in
Ordnung, während die Kleine an ihrer
eigenen herumzupft.
Ich habe keine Ahnung, wie sie heißt.
Aber das spielt auch keine Rolle.
Die Kleine blickt zu mir auf, klimpert
mit ihren Wimpern. »Das war toll. Wenn
du … ähm … also, wenn du mal richtig
mit mir schlafen willst, dann ruf mich
doch an, ja? Ich gebe dir meine
Telefonnummer.«
Ich blicke sie amüsiert an. »Richtig
mit dir schlafen?«
Sie wirkt verlegen. »Ich meinte nicht
… über Nacht in meinem Bett schlafen.
Ich meinte richtigen Sex. Nicht nur …
was wir da gerade getan haben.«
»Analverkehr?« Ich ziehe eine
Augenbraue in die Höhe. Wir sind
schließlich beide erwachsen. Man kann
doch die Dinge beim Namen nennen.
»Ja«, bringt sie errötend hervor.
»Analverkehr. Habe ich übrigens heute
zum ersten Mal gemacht.«
Das sagen sie alle, und es fällt mir
schwer, das zu glauben. Schließlich
leben wir im 21. Jahrhundert. Ich lächele
sie dennoch an, spiele mit.
»Und? Wie fandest duʼs?«
Sie klimpert wieder mit den
Wimpern, gibt sich kokett, legt ihre Hand
auf meine Brust. »Meinetwegen kannst
du mit mir machen, was du willst«,
säuselt sie.
Ich verkneife mir, angesichts ihres
klebrig-süßen Tonfalls die Augen zu
verdrehen. Sie ist zu gefällig, zu
bedürftig, zu sehr bereit, alles zu tun,
was ich von ihr verlange. Wieso zum
Teufel sind sie nur immer so? Sind sie
wirklich so versessen darauf, mit
irgendeinem berühmten Kerl zu vögeln
— auch wennʼs nur ein einziges Mal ist
—, dass sie bereit sind, alles dafür zu
tun?
In neun von zehn Fällen lautet die
Antwort »ja«.
Und in neun von zehn Fällen nutze ich
es aus. Ich wäre ja bescheuert, es nicht
zu tun.
Aber ehrlich gesagt wird mir die
ganze Sache allmählich lästig. Ich bin es
einfach leid. Bin die oberflächlichen
Leute leid. Bin es leid, dass Leute
andere Leute benutzen. Bin die leicht zu
habenden Frauen leid, die sich ständig
an mich ranmachen.
Sie möchten herumerzählen können:
»Ich bin mit Dominic Kinkaide
zusammen gewesen.« Sie wollen ein
kleines Stück von mir, egal, wie
klitzeklein dieses Stück oder der
Moment auch gewesen sein mag.
In diesem Fall wird die Kleine aus
der Garderobe in der Lage sein, zu
erzählen, dass sie zehn Minuten meiner
Zeit für sich gehabt haben. Doch ihrem
Blick nach zu urteilen, dem eindeutigen
Gesichtsausdruck, haben diese zehn
Minuten ausgereicht.
»Wird Amy nicht sauer auf dich
sein?«, fragt sie, als sie sich im Dunkeln
mit den Fingern durch ihr wirres Haar
fährt. Sie klingt nicht sonderlich
beunruhigt, als sie die Frau erwähnt, von
der die meisten Leute annehmen, dass
sie meine Freundin ist.
Ich schüttele den Kopf bei dem
Gedanken an Amy Ashby, einer Frau, die
so berühmt ist wie ich und noch
abgestumpfter und übersättigter. Sie ist
wunderschön, erfolgreich und clever.
Aber auch ein kaltherziges Miststück.
Was einer der Gründe ist, warum ich
sie mag.
»Erstens treffen wir uns auch mit
anderen«, erwidere ich und wende mich
ab, um zu meinem Wagen zurückzugehen.
»Und zweitens geht dich das nichts an.«
Meine Stimme klingt jetzt kühl. Ich
bin nicht unhöflich, nur geradeheraus.
Das gehört zu meinem Leben. Ich bin
ständig damit beschäftigt, mir die Leute
vom Leib zu halten und zu verhindern,
dass sie ihre Nase in meine
Angelegenheiten stecken — und das ist
ein Fulltime-Job. Genau genommen ist
es für mehrere Menschen ein Fulltime-
Job, denn ich beschäftige aus diesem
Grund einen Haufen von PR-Leuten.
»Sollen wir dann?«, frage ich höflich
und biete der Kleinen meinen Arm an.
Ich bin jetzt ganz der Gentleman, etwas,
das Frauen an mir lieben.
Ich bin Schauspieler und kann alles
sein, was ich für sie sein soll. Ich
verwandele mich in jede Person, die ich
spiele, ob auf der Leinwand oder im
wirklichen Leben. Auf der Leinwand bin
ich schon Serienkiller, Vergewaltiger,
romantischer Liebhaber, verkanntes
Genie, Vampir und Dichter gewesen.
Im wirklichen Leben liegt mir die
Rolle des Arschlochs am besten.
Die Kleine lächelt zu mir auf, und ich
sehe, dass diese schlichte Geste meiner
Aufforderung, sie solle sich um ihren
eigenen Kram kümmern, die Spitze
genommen hat.
»Rufst du mich an?«, fragt sie
zögernd, als ich ihr in meinen
dunkelgrauen Porsche hineinhelfe.
»Vermutlich nicht«, erwidere ich
ehrlich, als ich, immer noch ganz der
Gentleman, ihre Tür schließe. Ein
Gentleman ist höflich. Ein Gentleman
weiß sich zu benehmen. Und am
wichtigsten von allem: Ein Gentleman
ist ehrlich. Ich bin immer ehrlich.
»Ist das dein Ernst?« Sie starrt mich
an, als ich mich in den Fahrersitz fallen
lasse.
»Das ist mein Ernst«, erwidere ich
und nicke. »Nicht etwa, weil ich es nicht
will, sondern weil das hier nicht die Art
von Leben ist, die gut für dich wäre.
Wenn du auf irgendeine Weise mit mir in
Verbindung gebracht werden würdest,
würde dich die Presse jagen, dich
stalken, dich fotografieren und dich so
ziemlich in den Wahnsinn treiben. Glaub
mir, es ist zu deinem Besten. Ich werde
dich nicht anrufen, weil ich dich vor all
dem bewahren will.«
Das ist gelogen.
Also schön. Ich bin nicht immer
ehrlich.
Und ich bin nicht immer ein
Gentleman.
Ich starre auf die Straße vor mir. In
jeder Kurve liegen die Reifen meines
911ers satt auf dem Asphalt, und der
Motor heult auf.
»Verstehe. Das macht Sinn«, sagt die
Kleine, kauft mir jedes Wort meines
dämlichen Spruchs ab. »Dann rufe ich
dich wohl besser an?«
»Das wäre sicherlich auch keine so
gute Idee«, entgegne ich unverblümt.
»Aber es war doch schön, heute Nacht
zusammen zu sein, oder? Mir hatʼs Spaß
gemacht.«
Aus dem Augenwinkel heraus sehe
ich, wie ihre Schultern nach vorn
sacken, als ihr klar wird, was das zu
bedeuten hat. Aber was zum Henker hat
sie denn erwartet? Sie hat mir meinen
Mantel gereicht und sich mir auf dem
Silbertablett präsentiert. Hat sie etwa
geglaubt, das würde zu einer
langfristigen Beziehung führen?
»Ach ja«, sagt sie mit gezwungener
Heiterkeit, »du hast ja recht. Es hat Spaß
gemacht. Darf ich denn wenigstens ein
Autogramm haben?«
»Klar«, erwidere ich, »wäre mir ein
Vergnügen.«
Als wir ein paar Minuten später vor
dem Shangri-La Hotel halten, in dem sie
arbeitet, kritzele ich meinen Namen auf
ein Blatt Papier und reiche es ihr.
»Danke, Dominic«, murmelt sie und
schaut mir dabei in die Augen. »Solltest
du es dir anders überlegen, dann weißt
du ja, wo du mich findest.«
Ich nicke, und sie steigt aus. Ich
werfe ihr nur noch einen flüchtigen Blick
zu, bevor ich davonfahre, obwohl ich
weiß, dass sie auf dem Gehsteig steht
und zusieht, wie ich im Verkehr
verschwinde. Das tun sie immer.
Tief in mir drin sollte ich mich
schuldig fühlen. Schlecht. Und ab und zu,
alle Jubeljahre ein Mal, tue ich das auch.
Doch dann verdränge ich dieses Gefühl
wieder und vergesse das Ganze.
Diese Frauen schmeißen sich an mich
ran, nicht umgekehrt.
Ich gebe ihnen nur, was sie wollen.
Ist im Grunde ein Dienst an der
Öffentlichkeit.
Aber keine von ihnen, nicht eine
Einzige, wird jemals den echten
Dominic Kinkaide zu Gesicht
bekommen. Ehrlich gesagt bin ich mir
nicht sicher, dass er überhaupt noch
existiert.
Möglicherweise habe ich es
geschafft, ihn mit Hilfe unzähliger
Frauen, Sex der anderen Art und
Whiskey auszulöschen.
Während ich zu meinem Haus fahre,
von dem aus man einen Blick auf die
Hollywood Hills hat, brummt das
Smartphone in meiner Tasche. Als ich es
herausziehe, erblicke ich Amy Ashbys
Namen auf dem Display.
Ich seufze, bin mir nicht sicher, ob
ich drangehen soll.
Ja, sie versteht mich … oder
zumindest den Teil von mir, der so ist
wie sie. Der Teil, der sich vor der
Öffentlichkeit schützen muss. Und ja, ich
mag es, dass sie zickig und taff ist. Aber
manchmal bin ich – so wie heute –
einfach nicht in der Stimmung dafür.
Ich gehe trotzdem dran.
»Wieso bist du so schnell von der
Gala verschwunden?«, beschwert sich
Amy, die gern mal auf eine Begrüßung
verzichtet. »Ich wollte mit dir nach
Hause fahren. Mein Bruder hat mich
ziemlich angeödet.«
Amys älterer Bruder, Sam, war der
Gastgeber der heutigen Veranstaltung
gewesen, die das Ziel hatte, Geld zu
sammeln, das von Autismus Betroffenen
zugutekommen soll. Er ist völlig anders
als Amy: nett, freundlich, normal. Und
deshalb ist er auch nicht im
Showbusiness gelandet.
Ich schüttele den Kopf, obwohl sie es
nicht sehen kann. »Weil ich die ganze
Sache leid war«, erwidere ich, ohne die
Kleine aus der Garderobe zu erwähnen.
»Du hättest ja mitkommen können.«
Das war gelogen. Amys Vorlieben im
Bett bewegen sich zwar jenseits des
Standardprogramms, aber es hätte ihr
keinen Spaß gemacht, mit der Kleinen
zusammen zu sein. Sie glaubt, gewisse
Ansprüche zu haben.
Sie stößt ein Schnauben aus. »Egal.
Komm vorbei. Ich will dich sehen.«
Ich öffne mein Garagentor mit der
Fernbedienung. »Heute nicht. Ich bin
gerade nach Hause gekommen und habe
keine Lust mehr, rauszugehen. Du kannst
ja zu mir kommen, wenn du willst.«
Für einen Moment herrscht Stille, als
sie darüber nachdenkt. Dann seufzt sie.
»Geht nicht. Ich muss morgen früh
raus. Und ich habe keine Lust, am Set
mal wieder das Luder zu sein.«
»Ach, ehrlich?«, frage ich mit
gespielter Überraschung. »Amy Ashby
will kein Luder sein?« Ihr heiseres
Lachen hat etwas Gekünsteltes an sich.
»Weißt du was? Ich habe es mir
anders überlegt. Ich komme doch vorbei
und spiele heute Nacht das Luder für
dich. Ich weiß ja, wie du es gern hast.
Welche Reitgerte soll ich mitbringen?
Die lederne oder die mit dem roten
Samt?«
Bei dem Gedanken daran, gefesselt
zu sein und von Amy Ashby
ausgepeitscht zu werden, kurz bevor sie
mir einen bläst, spüre ich, wie mich
Erregung durchfährt.
Das ist unser Lieblingsspielchen
beim Sex.
»Die mit dem roten Samt«, erwidere
ich barsch. »Wir sehen uns in zwanzig
Minuten. Verspäte dich nicht.«
»Bin schon unterwegs«, schnurrt sie.
Ich betrete mein luxuriöses Haus,
stelle die Alarmanlage ab und gieße mir
einen Whiskey ein, den ich mit auf die
hintere Veranda nehme.
Während ich so dastehe und auf
Hollywood hinabblicke, denke ich über
mein Leben nach.
Es ist nicht so, wie es sein sollte.
Ganz und gar nicht das, was ich mir für
mich vorgestellt hatte, als ich noch in
der Highschool war. Aber hier bin ich
nun im reifen Alter von vierundzwanzig
Jahren und fühle mich um hundert Jahre
gealtert. Als ob alles, was mir
möglicherweise im Leben hätte zustoßen
können, mir auch tatsächlich zugestoßen
war.
Und es hat alles seine Spuren
hinterlassen. Unter der Oberfläche
verbergen sich bei mir so viele Male
und Narben, dass ich sie nicht alle
aufzuzählen vermag.
Aber das ist schon in Ordnung, denn
ich muss sie ja nicht aufzählen, ich muss
jeglichen Gedanken an sie
beiseiteschieben, muss sie vergessen,
wie ich es mit allem tue. Und dabei hilft
mir eine wilde Nacht mit Sadomaso und
Hollywoods Lieblings-Starlet.
Und am Morgen werden wir wieder
unsere Leben führen und beide
vorgeben, etwas zu sein, was wir nicht
sind: normale, facettenreiche Menschen.
Und weil es uns gelingt, diesen
Anschein zu wahren, vermögen wir zu
überleben.
Kapitel 2
I
ch betrete mein Lieblingsrestaurant,
das Providence, durch die Hintertür und
steuere auf meinen Stammtisch zu, der
sich im hinteren Teil befindet, wo es
düster ist, so wie ich es gern mag.
Ich unterscheide mich von den
anderen Prominenten, die hier essen. Die
meisten Stars bevorzugen die Vordertür,
weil sie sich gern in Szene setzen und es
genießen, wenn die Fans auf sie
zugestürmt kommen und sich mit
Autogramm- und Fotowünschen um sie
scharen.
Bei mir ist das anders.
Schon immer gewesen.
Kaum bin ich in meine Nische
geschlüpft, da kommt auch bereits eine
Kellnerin auf mich zu. Ihre hellgrünen
Augen leuchten auf, als sie mich
erblickt.
»Dominic«, ruft sie, legt mir einen
Arm um die Schultern und drückt mich.
Ich grinse zu ihr auf, freue mich
aufrichtig, sie zu sehen. Da sie eine der
wenigen Frauen ist, die mir jemals einen
Korb gegeben haben, sollte ich ihr
eigentlich weniger zugetan sein.
Aber das ist nicht der Fall. Ich mag
sie wirklich.
»Hallo, Alex.«
Sie blickt sich um. »Wo ist Miss
Ashby? Kommt sie auch noch?«
Ich schüttele den Kopf, erinnere mich
daran, wie ich den größten Teil der
Nacht in Seidenfesseln verbracht und sie
mir den Hintern versohlt hatte. Sie hatte
das Haus kurz vor neun Uhr morgens
verlassen.
»Nein. Sie muss heute arbeiten. Ich
bin allein hier.«
»So mag ich es am liebsten«,
verkündet Alex grinsend. Sie nimmt
gegenüber von mir am Tisch Platz und
verhält sich nun, da sie weiß, dass Amy
nicht kommt, viel ungezwungener. »Wie
läuftʼs denn so bei dir? Hab dich länger
nicht gesehen.«
Ich zucke mit den Schultern. »Hatte
viel zu tun. Habe gerade einen Film
abgedreht und jetzt ein paar Wochen frei,
bevor es mit dem nächsten losgeht. Ich
werde vielleicht übers Wochenende zu
meinem Bruder fliegen. Wäre schön, mal
wieder ein paar Tage in der alten Heimat
zu verbringen.«
Alex schüttelt den Kopf. »Du weißt
hoffentlich, dass deine Familie von den
Göttern gesegnet ist, Dominic. Nein,
ernsthaft! Du bist umwerfend, verdammt
sexy, und die Welt liegt dir zu Füßen.
Deine Brüder spielen in der
berühmtesten Band auf diesem Planeten,
und damit hast du sogar einen
eingebauten Soundtrack in deinem
Leben, wenn du es willst.«
Darüber muss ich lachen. »Ach
wirklich? Glaubst du allen Ernstes, dass
The Devilʼs Own alles stehen und liegen
lassen, um Songs für mich zu schreiben?
Von wegen! Ich liebe meine Brüder, aber
Sin und Duncan werden wohl kaum nur
für mich eine Tour unterbrechen. Aber
du hast recht. Ich habe wirklich Glück,
und das sollte ich auch nie vergessen.«
Ich greife nach der Speisekarte,
obwohl ich genau weiß, was draufsteht.
Während ich sie studiere, starrt mich
Alex mit gerunzelter Stirn an.
»Was ist los mit dir? Du bist nicht du
selbst. Du kommst mir irgendwie so
anders vor.«
Ich lache wieder. »Keine Sorge, alles
in Ordnung. Ich bin nur etwas müde. Ich
glaube, es würde mir guttun, eine
Stippvisite zu Hause in Chicago zu
machen. Um meine Batterien
aufzuladen.«
Alex fährt fort, mich mit zur Seite
geneigtem Kopf forschend anzusehen.
»Okay. Wenn du es sagst. Aber falls du
mal jemanden zum Reden brauchst, der
dir nicht nur das erzählt, was du hören
willst, dann kannst du zu mir kommen,
das weißt du ja hoffentlich. Ich werde
immer ehrlich zu dir sein, denn ich war
nie darauf aus, mit dir ins Bett zu
steigen.«
»Das stimmt allerdings«, entgegne
ich trocken. »Darauf hast du es leider
nie angelegt.«
Sie tippt mit dem Finger auf ihren
Ehering. »Tut mir leid, Mann. Du bist
wirklich heiß, aber ich gehöre zu den
wenigen in dieser Stadt, die glauben,
dass die Ehe heilig ist. Nun ja, vielleicht
gibt es davon nur wenige hier in Los
Angeles. Aber ich bin mir sicher, es gibt
noch sehr viel mehr da draußen in der
richtigen Welt. Aber wir Angelinos sind
nun mal ein ganz eigenes Völkchen.«
»Wie wahr«, stimme ich ihr zu. »Ich
nehme die Fisch-Tacos.« Ich klappe die
Karte wieder zu und reiche sie ihr.
»Danke, Alex.«
Und mit danke meine ich, dass sie
mir angeboten hat, mir zuzuhören. Ich
weiß das wirklich zu schätzen. Sie ist
einer der wenigen anständigen
Menschen, die ich hier kennengelernt
habe.
»Jederzeit, Dominic.«
Sie macht sich auf den Weg zur
Küche, und ich bin wieder allein.
Aber nur für ein paar Minuten.
Die Empfangsdame des Restaurants,
eine hellblond gefärbte Tussi, Typ
»Barbie«, die nur wenig mit einer Dame
gemein hat, kommt kurze Zeit später auf
mich zu und versucht, ungezwungen zu
tun. Doch ich bin mir sicher, dass sie
wieder mal etwas von mir will und
schnurstracks auf mich zugesteuert ist,
als sie mich gesehen hat. Das macht sie
immer.
»Dominic«, säuselt sie und schlingt
ihren dünnen Arm um meine Schultern.
Aber im Gegensatz zu Alexʼ Umarmung
mag ich die Berührung dieser Frau nicht,
und ich schüttele ihren Arm ab.
»Hallo«, sage ich kühl.
Ich will nicht unhöflich sein, aber sie
nervt. Sie ist eine Opportunistin. Will
groß rauskommen. Und ich weiß, dass
sie ihre eigene Großmutter verkaufen
würde, um es in der Filmbranche zu
etwas zu bringen. Aber in Anbetracht
des bescheidenen Schauspieltalents, das
sie an den Tag legt, wenn sie in meiner
Gegenwart versucht, sich ungezwungen
zu geben, glaube ich nicht, dass sie ihren
Brotberuf an den Nagel hängen sollte.
»Bist du allein hier?«, fragt sie
unverblümt, und dabei streifen ihre
Lippen beinahe mein Ohr. »Denn ich
muss was ganz Wichtiges mit dir
besprechen.«
Ich ziehe eine Augenbraue hoch.
»Ach ja? Und das wäre?«
Sie flüstert mir ins Ohr: »Eigentlich
sollte ich das nicht hier tun, aber es geht
da um eine spezielle Frage bezüglich der
Branche.«
Und mit Branche meint sie natürlich
die Filmbranche.
Ich seufze.
»Okay, raus damit«, fordere ich sie
auf.
»Was muss ich anstellen, um deinen
Agenten zu bekommen?«, fragt sie ernst,
und ihr Blick bohrt sich in meine Augen.
»Tally?«, erwidere ich überrascht.
»Der hat eine ellenlange Warteliste. Der
einzige Grund, warum er mich vor ein
paar Jahren genommen hat, ist der, dass
er mit meinem Vater befreundet war.«
Sie blickt mich zweifelnd an. »Also
gibt es keine Möglichkeit, dass du ein
gutes Wort für mich einlegen würdest?«
Da ist jetzt ein Leuchten in ihren
Augen, ein ganz spezielles Leuchten, das
ich schon unzählige Male in Frauenaugen
gesehen habe und das mir sagt, dass sie
an Sex denkt. Ich erwidere
unbeeindruckt ihren Blick.
»Wahrscheinlich nicht.«
»Nichts, was ich tun könnte?«, fragt
sie wieder, und ihre Hände gleiten von
meinen Schultern über meinen Rücken
nach unten zu meinem Schoß. »Darf ich
es wenigstens versuchen?«
Ich verdrehe die Augen.
»Meinetwegen.«
Barbie blickt sich um. Da niemand in
der Nähe ist, sinkt sie auf die Knie und
kriecht unter den Tisch. Im ersten
Moment bin ich überrascht, doch als ihre
Hände geschickt meine Hose öffnen und
meinen Schwanz zu streicheln beginnen,
setzt bei mir das kognitive Denken aus.
Und als ihr Mund ihre Hände ersetzt,
verabschiedet sich auch das logische
Denken, und ich schließe die Augen.
Ihre Hände, die meine Eier umfassen,
sind kalt, aber ihre Lippen sind warm.
Und ihr Atem ist heiß.
Ihre Zunge spielt mit meiner
Schwanzspitze.
Ich unterdrücke ein Stöhnen. Da sie
unter dem Tischtuch verborgen ist, wäre
es wohl komisch, wenn irgendjemand
bemerken würde, wie ich mitten in
einem Restaurant vor mich hin stöhne.
Großer Gott. Ich verachte solche
Frauen, vermag dabei aber nicht
abzustreiten, dass sie durchaus etwas für
sich haben. Es ist nett, mitten am Tag,
mitten im Providence einen geblasen zu
kriegen.
Manchmal zahlt es sich aus, Dominic
Kinkaide zu sein.
»Hey, ich hoffe, Melanie hat dich
bisher verschont«, sagt mit einem Mal
Alex, die wie aus dem Nichts auftaucht.
Meine Augen öffnen sich, und ich
versuche, mich ganz normal zu
benehmen, was gar nicht so leicht ist, da
ein entscheidender Teil von mir in
diesem Augenblick tief in Melanies
Mund steckt.
Melanies Griff um meine Eier wird
fester, da sie imstande ist, jedes Wort zu
hören, das Alex sagt.
»Das dumme Huhn hat wieder mal
einen Überfall auf dich vor … will dich
dazu bringen, ihr zu helfen. Ignoriere sie
einfach, Dominic. Sie macht sich nur
lächerlich. Ich besitze mehr
Schauspieltalent als sie. Und ich bin
nicht mal Schauspielerin.«
Melanies Griff verstärkt sich weiter,
und ich verziehe das Gesicht.
»Keine Sorge, habe sie bisher noch
nicht gesehen«, lüge ich Alex an und
schicke ein Stoßgebet zum Himmel,
damit sie sich nicht noch einmal hinsetzt,
um mit mir zu reden.
»Gut«, erwidert sie zufrieden, »ich
habe ihr gesagt, dass sie dich in Ruhe
lassen soll. Vielleicht hat sie
ausnahmsweise mal auf mich gehört.
Wenn sie dir zur Last fallen sollte, lass
es mich wissen.«
»Tut sie nicht«, versichere ich Alex.
Denn das tut sie wirklich nicht …
zumindest im Moment. Alex nickt.
»Dein Essen ist gleich fertig«,
verkündet sie, bevor sie verschwindet.
Nachdem sie gegangen ist, erledigt
Melanie ihren Job unter dem Tisch in
Rekordzeit, kriecht wieder darunter
hervor und wischt sich anmutig den
Mund ab.
»Blöde Tussi. Ein echtes Miststück«,
knurrt sie. »Die hat doch gar keine
Ahnung, was ich für ein Talent besitze.
Aber du weißt es jetzt. Könntest du also
bitte ein gutes Wort bei Tally für mich
einlegen?«
Frauen wie sie werden gefressen und
wieder ausgespuckt.
»Klar«, versichere ich ihr, »ich
werde mit ihm reden.«
Was eine Lüge ist.
Aber Melanie nimmt mich beim Wort,
beugt sich vor, um mir ein weiteres Mal
die Schultern zu drücken, ehe sie sich
davonmacht und ich ihr zusehe, wie sie
dabei die Hüften schwingt.
Sie ist kaum außer Sichtweite, als
auch schon Alex mit meinem Essen
zurückkommt und somit eine
Dienstleistung – Melanies Blowjob –
auf die andere folgt: mein Mittagessen.
So funktioniert mein Leben.
Alles ist einfach. Jeder versucht,
mich zufriedenzustellen. Alles läuft so
verdammt glatt. Aber das war nicht
immer so. Doch was vorbei ist, ist
vorbei. Ich befasse mich nicht ständig
mit der Vergangenheit. Vielmehr
versuche ich, sie zu vergessen.
Für einen Moment schließen sich
meine Finger um die Halskette in meiner
Tasche. Das Einzige, was ich aus
meinem früheren Leben behalten habe.
Sie dient mir als stete Mahnung.
Niemals wieder irgendjemandem zu
vertrauen.
Ich lasse den Anhänger los und greife
stattdessen nach der Gabel, kaue tüchtig
auf jedem Bissen meines Essens herum,
ehe ich es schlucke, und verwandele
mich wieder in den Dominic Kinkaide,
den die Welt kennt und liebt.
Den mysteriösen, distanzierten, sexy
Dominic.
Dies sind die Worte, die oft benutzt
werden, um mich zu beschreiben. Doch
das eine Wort, das am besten zu mir
passt, ist noch niemals geäußert worden,
nicht einmal in Andeutungen verpackt …
denn niemand weiß davon.
Dieses Wort lautet gebrochen.
Kapitel 3
K
ommt nicht in Frage, Tally«, brumme
ich ins Telefon. »Ich fliege auf keinen
Fall nach London. Ich habe nur ein paar
Wochen frei bis zum nächsten Film und
möchte mich ausruhen.«
»Na ja, du kannst dich ja in London
ausruhen, während sie die Promo-Fotos
von dir schießen. Außerdem habe ich
dich noch einen Tag für einen TAG-
Heuer-Spot verplant, wenn du schon mal
dort bist. Du liebst doch deren teure
Uhren.«
»Ich trage doch überhaupt keine
Armbanduhr«, maule ich und gieße mir
mit einer Hand einen Kaffee ein,
während ich splitterfasernackt mitten in
meiner Küche stehe.
»Für zwei Millionen Dollar wirst du
eine tragen«, verkündet Tally vergnügt.
»Ist leicht verdientes Geld für dich. Der
Marketingleiter ist ein guter Freund von
mir, und ich war ihm einen Gefallen
schuldig. Tuʼs für mich, ja?«
»Also schön. Aber du weißt, wie ich
es hasse, für irgendeinen Scheiß zu
werben«, knurre ich. »Also, wennʼs
nicht gerade um Porsche geht, bitte keine
Werbung mehr. Das ist mein Ernst!«
»Abgemacht«, entgegnet Tally. »Dein
Flugzeug wird heute Abend um sieben
parat stehen. Amy fliegt nicht mit, weil
sie es bis dahin nicht schafft, sie wird
aber vor Ort zu dir stoßen. Sie bauen sie
mit in die Promos ein, damit sie das
Ganze in zwei Tagen unter Dach und
Fach bekommen.«
Ich werfe einen Blick auf die Uhr:
elf. Das bedeutet, dass ich bis zum Flug
noch acht Stunden Zeit habe. Ich nehme
einen Schluck von meinem Kaffee.
»Von wegen Urlaub«, seufze ich
resigniert.
Ich kann meinen Agenten förmlich
durchs Telefon lächeln hören. »Deine
Brüder treten in Amsterdam auf. Ich
werde es so organisieren, dass du auf
dem Rückweg dort vorbeischauen
kannst. Ich kann nicht versprechen, dass
du es zum Konzert schaffst, aber du
könntest sie für einen Tag oder auch
zwei besuchen. Ich weiß, dass ihr euch
schon eine ganze Weile nicht mehr
gesehen habt.«
Das ist wohl wahr. Ich habe sie seit
Monaten nicht mehr zu Gesicht
bekommen, weil sie sich auf einer
Welttournee befinden. Ich hatte mich
wirklich darauf gefreut, mir nächsten
Monat in Chicago ihr Konzert
reinzuziehen, bloß um sie endlich mal
wiederzusehen. Wir standen uns immer
nah, aber unsere vollgestopften
Terminkalender verhindern, dass wir uns
so oft sehen, wie wir es gern tun
würden.
»Gut«, sage ich, »ich werde um
sieben im Flieger sein. Kommst du mit?«
»Allerdings. Ich muss doch dafür
sorgen, dass du dich da drüben aus
Schwierigkeiten raushältst.«
Er lacht, aber ich bin mir nicht sicher,
ob das wirklich als Scherz gemeint war.
»Ach, übrigens«, fügt er hinzu. »Ich
habe dir ein Geschenk geschickt. Müsste
eigentlich jeden Moment bei dir
eintreffen. Ich dachte mir, dein Haus
sollte vor deiner Abreise noch mal
wieder richtig sauber gemacht werden.«
»Ich habe eine Haushälterin«, rufe
ich ihm in Erinnerung.
»Aber nicht so eine, mein Freund«,
lautet seine kryptische Antwort, ehe er
auflegt.
Mir bleibt kaum genug Zeit, um
meinen Kaffee auszutrinken, als es auch
schon an der Tür klingelt.
Ich ziehe mir nur rasch eine Hose an
und tappe über den Marmorboden zur
Haustür.
Als ich sie – mit nacktem Oberkörper
– öffne, stehen dort draußen zwei
hinreißende Mädchen im College-Alter.
Blond, wohl geformt, große Titten.
Genau wie ich es mag.
Ein Grinsen breitet sich langsam auf
meinem Gesicht aus, so wie es das
Publikum von mir kennt und liebt.
Beide Mädchen grinsen zurück.
»Wen haben wir denn da?«, frage ich,
die Augenbrauen hochgezogen. Die
beiden kichern.
»Wir sind von ›Naked Maids‹«,
erklärt mir die eine. »Wir sind hier, um
das Haus zu putzen … nackt.«
Bei dem Gedanken daran wird mein
Grinsen breiter. Tally. Wenn einer auf so
was kommt, dann er. Er kümmert sich
immer um mich. Und das in jeder
Hinsicht.
»Wunderbar«, sage ich und bedeute
ihnen, einzutreten. »Es ist nur so, dass
mein Haus bereits sauber ist. Aber
vielleicht fällt uns ja noch etwas anderes
ein.«
Sie schauen einander verstohlen an.
»Eigentlich dürfen wir nichts anderes
tun«, sagt die Größere von den beiden.
»Aber für Dominic Kinkaide machen
wir schon mal ʼne Ausnahme.«
Mein Grinsen wird noch breiter.
»Perfekt«, erwidere ich, »denn ich
habe eine großartige Idee. Ich finde,
dass deine Kollegin hier eine gründliche
Körperreinigung gebrauchen könnte«,
sage ich und deute auf das andere
Mädchen. »Mit deiner Zunge.«
Das bringt sie nicht im Mindesten aus
der Fassung. Die Größere von den
beiden nickt mit einem verschmitzten
Ausdruck in den Augen, und sie begeben
sich in die Mitte des Raumes und lassen
sich auf den Plüschteppich sinken.
Ich setze mich mit gespreizten Beinen
auf das Sofa und sehe ihnen zu.
Gott, ich liebe es, zuzuschauen.
Hände, Lippen, Zungen und Finger
bewegen sich gemeinsam, reiben,
streicheln, saugen. Mein Schwanz wird
härter, und ich hole ihn hervor und
streiche mit den Fingern an ihm entlang.
Die Mädchen blicken auf.
»Willst du etwas Hilfe dabei?«, fragt
die Kleinere mit glänzenden Lippen.
Ich schüttele den Kopf. »Nein. Ich
will zuschauen. Macht weiter.«
Sie gehorchen, stecken einander die
Zungen in den Mund, während sich ihre
Hände überallhin bewegen. Ihre Finger
schlüpfen hinein und hinaus, werden
dabei immer feuchter. Sie stöhnen leise,
während sie einander die Nippel lecken
und daran saugen und immer wieder
über ihre Schultern blicken, um zu sehen,
ob mir die Show gefällt.
Das tut sie.
Ich bin innerhalb von ein paar
Minuten fertig und liege befriedigt auf
dem Sofa, während auch sie beenden,
was sie begonnen haben.
Sie blicken auf, als ich aufstehe.
»Gibt es sonst noch etwas, was wir
für dich tun können?«, säuselt eine.
Ich schüttele den Kopf. »Aber ihr
könntet noch die Küche in Ordnung
bringen, bevor ihr geht.«
Sie blicken erstaunt drein, als ich
mich auf den Weg zur Dusche mache,
ohne mich noch einmal umzudrehen. Ich
schätze, so einen Wunsch bekommen sie
nicht oft zu hören.
Während ich mir das Wasser über
das Gesicht und den Körper laufen lasse,
denke ich über mein Leben nach. Es ist
voller Frauen, die durch meine Tage und
Nächte ziehen wie Wolken über den
Himmel. Keine von ihnen bedeutet mir
etwas. Keine von ihnen wird mir jemals
etwas bedeuten. Nichts bedeutet mir
irgendetwas.
Ich dusche ausgiebig, atme den
Dampf ein, bevor ich irgendwann aus
der Dusche hinaustrete und mich
anziehe. Als ich wieder nach unten
komme, sind die nackten Hausmädchen
verschwunden. In der Küche ist mein
Kaffeebecher verschwunden und die
Kaffeemaschine wurde sauber
abgewischt. Offenbar wissen sie
wirklich, wie man putzt, was mich schon
ein wenig erstaunt.
Ich hole mir ein Buch und setze mich
damit draußen an den Pool, tanke Sonne.
Ich sollte sie genießen, solange ich noch
die Gelegenheit dazu habe. In London ist
es bekanntermaßen grau und regnerisch.
Der Nachmittag ist schnell vorüber,
und ehe ich mich versehe, habe ich nur
noch eine Stunde Zeit, bevor ich mich
auf den Weg zum Flughafen machen
muss. Ich lege das Buch zur Seite und
packe meine Reisetasche.
Ich öffne gerade die Tür meines
Porsches, als ein großer schwarzer
Wagen vor mir hält.
Eine echte Sexbombe in Form einer
kurvenreichen Blondine mit einer
Chauffeursmütze auf dem Kopf steigt auf
der Fahrerseite aus. Sie trägt kurze
Boyshorts, Stöckelschuhe und ist stark
geschminkt wie eine Stripperin.
»Ihr Wagen, Sir«, verkündet sie und
mustert mich von oben bis unten.
Im ersten Moment bin ich überrascht,
doch dann muss ich grinsen.
Tally.
»Ich gehe davon aus, dass Sie auch
oben ohne fahren«, bemerke ich trocken,
als ich meine Tasche in den geöffneten
Kofferraum stelle. Sie lächelt kokett.
»Das nicht, Sir. Aber Abbi, Ihre
Flugbegleiterin, bedient Sie gern auf
jede von Ihnen gewünschte Weise.«
Ich werfe einen Blick über ihre
Schulter und entdecke eine schlanke
Brünette in einem knappen
Stewardessen-Outfit, die bereits hinten
in der Limousine sitzt und ein Glas
Champagner eingießt. Sie streckt mir das
Glas lächelnd entgegen.
»Abbi?«, frage ich, und meine Finger
streifen die ihren, als ich nach dem Glas
greife. Sie nickt und legt ihre Hand auf
meinen Oberschenkel, als ich neben ihr
Platz nehme.
»Ich werde mich auf dem Flug gut um
Sie kümmern«, versichert sie mir mit
sanfter Stimme.
Es ist wunderbar, Dominic Kinkaide
zu sein.
Kapitel 4
J
etlag ist zum Kotzen.
Ich rolle mich im Bett herum und
starre wütend auf die Weckuhr. Ich habe
im Flieger nicht viel geschlafen. Ich
schlafe da oben über den Wolken nie gut,
aber die größte Schuld trägt Abbi. Sie
hat sich wirklich Mühe gegeben, mich zu
beglücken. Und das immer und immer
wieder.
Tally tat so, als würde er es nicht
bemerken, als Abbi vor mir kniete. Und
das während des elfstündigen Fluges
nicht nur ein Mal, nicht nur zwei Mal,
sondern drei Mal. Zu der Zeit war es
natürlich nett gewesen, aber nachdem
ich die ganze Nacht kein Auge
zugemacht hatte, entschied ich mich,
sofort in mein Hotel einzuchecken und
mich für ein paar Stunden aufs Ohr zu
hauen, als wir um sechs Uhr in der Früh
in Heathrow ankamen.
Aber jetzt, nach drei Stunden, ist es
natürlich Zeit, aufzustehen, und ich fühle
mich schlimmer als zuvor. Vermutlich
hätte ich mich am besten gar nicht erst
hingelegt.
Ich rufe sogleich Tally an.
»Ich kann nicht aufstehen, Alter«,
stöhne ich. »Verschiebe das Shooting,
ja? Ich muss unbedingt noch schlafen.«
Tally seufzt. »Hör auf, dich wie dein
Bruder aufzuführen. Sin versucht auch
immer, diesen Scheiß bei mir
abzuziehen. Schwing deinen Hintern aus
dem Bett, nimm ’ne kalte Dusche und
komm her. Du bist schon fünf Minuten zu
spät dran.«
Er legt auf, und ich werfe mein
Smartphone an die Wand. Es fällt zu
Boden, ist aber offenbar nicht kaputt
gegangen. Ich hätte fester werfen sollen.
So eine verfickte Scheiße!
Auf dem Weg unter die Dusche mache
ich beim Zimmertelefon halt und rufe an
der Rezeption an.
»Schicken Sie mir eine Bloody Mary
rauf«, knurre ich ohne einleitende Worte.
»Nein, warten Sie, machen Sie zwei
draus.« Ich warte gar nicht erst auf eine
Antwort, sondern lege gleich wieder auf.
Als ich zehn Minuten später aus der
Dusche komme, warten zwei eiskalte
Bloody Marys auf dem Tisch in meinem
Wohnzimmer auf mich. Das kalte Wasser
hat mich ein wenig belebt, aber durch
die Bloody Marys fühle ich mich fast
wieder wie ein Mensch.
Allerdings nicht wie einer, der bereit
ist, sich zu dieser frühen Stunde schon
mit Amy und ihren Allüren
auseinanderzusetzen. Ihr Name erscheint
auf dem Display meines Smartphones,
und ich frage mich, ob sie schon
eingetroffen ist. Ich erinnere mich dunkel
daran, dass Tally mir gesagt hatte, dass
sie einen Tag später kommen würde.
Soll sie mir doch auf die Mailbox
sprechen.
Sie ruft gleich wieder an.
Ich überlasse es erneut der Mailbox,
das Gespräch entgegenzunehmen.
Sie muss lernen, dass ich nicht immer
alles für sie stehen und liegen lasse. Das
werde ich niemals tun. Scheißegal, wer
sie ist.
Unterwegs im Auto auf der Fahrt zum
Set höre ich die Mailbox ab. In ihrer
ersten Nachricht klingt Amy gereizt.
»Wo zum Teufel steckst du, Dom? Ich
weiß, dass du am Set bist, also hast du
auch dein Smartphone dabei. Geh
gefälligst ran!«
Als ich mir ihre zweite Nachricht
anhöre, verdrehe ich die Augen.
»Tut mir leid, Süßer. Ich war gemein.
Ich bin nun mal gemein, wenn ich müde
bin.« Und wenn ich hungrig bin,
ungeduldig, gelangweilt, entspannt
oder auch sonst eigentlich immer, füge
ich in Gedanken hinzu. »Jedenfalls
wollte ich dich nur wissen lassen, dass
ich es kaum erwarten kann, dich zu
sehen. Ich komme im Laufe des späteren
Abends an. Lass uns doch noch was
zusammen essen, ja? Wir sprechen uns
bald. Küsschen.«
Ich seufze, als ich das Smartphone
wieder in meine Jackentasche gleiten
lasse.
Sie wird langsam anhänglich. So ist
das immer. Und ich hatte eigentlich
gedacht, dass das bei Amy angesichts
ihrer kratzbürstigen Art nicht passieren
würde. Aber so geht es los. Immer das
gleiche Lied. Ich weiß, wie es endet,
und das wird nicht schön werden. Aber
noch ist es nicht so weit. Ich werde
herausholen, was geht, solange die
Sache läuft.
Ich schließe für ein paar Sekunden
die Augen, bis der Wagen anhält. Ein
Blick aus dem Fenster, und ich seufze.
Die Fans stehen bereits parat. Ich habe
keine Ahnung, woher sie wissen, dass
ich hier sein werde. Es ist doch nur ein
Promo-Shooting, Herrgott noch mal.
Aber ich setze ein Lächeln auf, als
ich aus dem Wagen steige, und die Fans
schreien und fallen in Ohnmacht und
versuchen, mich anzufassen.
UnterschreibaufmeinemTShirtDominicUnterschreibaufmeinenMöpsenDominicDarfichdichküssenBitteDominicMacheinFotovonunsbeidenDominic!
Dominic! Dominic! Ich liebe dich,
Dominic!
Ihre Stimmen fließen ineinander,
während die Sicherheitsleute sie
zurückdrängen und mich durch die
Menge geleiten, durch Schweiß- und
Parfumgeruch, und ins Gebäude hinein.
Ich hole tief Luft, als wir in die Stille
treten, und blicke mich nicht mehr um.
Ich weiß, was ich sehen würde.
Drängelnde Menschen, die sich
darum reißen, noch einen Blick auf mich
zu erhaschen, und die darauf hoffen, dass
ich wieder nach draußen komme. Sie
kennen mich nicht, aber sie glauben es,
weil sie mich schon so oft auf der
Leinwand gesehen haben.
Meine Fans sind der Grund dafür,
dass ich so erfolgreich bin. Das ist mir
bewusst. Und dafür bin ich ihnen auch
wirklich dankbar. Aber ich bin nun mal
eher ein verschlossener Mensch, der
seine Privatsphäre liebt, und wenn Leute
an meinen Klamotten herumreißen, dann
geht mir das in einer Weise auf die
Nerven, wie ich es niemals für möglich
gehalten hätte.
Um nicht undankbar zu wirken, grinse
ich und tue so, als würde es mir nichts
ausmachen. Ich setze mein sexy Lächeln
auf, das zu meinem Markenzeichen
geworden ist.
Niemand muss erfahren, dass es nur
eine Maske ist, alles nur gespielt.
Aber ich bin Schauspieler. Sie
sollten damit rechnen.
»Dieses Mal möchte ich aber den Tower
sehen«, fordert Amy, bevor sie in den
dick mit Kaviar beschmierten Cracker
beißt.
Ich starre sie an. »Hast du keine
Angst, dass sie dich dabehalten könnten?
Sie haben früher durchaus Hexen dort
eingesperrt.«
Amy hört für einen Augenblick auf zu
kauen, und ihre blauen Augen blicken
mich erstaunt an. Dann beginnt sie zu
lachen.
»Du kannst manchmal ein richtiges
Arschloch sein, Dominic«, kichert sie
und beugt sich über die Lehne des Sofas,
um mir mit den Fingern über die Wange
zu streichen. »Aber genau deshalb bin
ich so verrückt nach dir. Egal, was du
mir an den Kopf wirfst.«
»Ich sage nur, wie es ist.« Ich zucke
mit den Schultern. »Du bist ein
Miststück, und es ist dir gleichgültig.
Das gehört zu den Dingen, die ich an dir
mag.«
Sie blickt mich an, und ihre Miene
verdüstert sich ein wenig. »Die du an
mir magst? Ich rede davon, dass ich
verrückt nach dir bin, und du erzählst
mir, dass du mich magst? Was soll der
Scheiß, Dom? Ich fühle mich in letzter
Zeit nicht gerade von dir geliebt.«
Los geht’s. Ich wusste, dass das
kommen würde.
Ich setze mein Whiskeyglas ab und
blicke sie an.
»Amy, du wusstest, worauf du dich
einlässt … wie ich bin. Ich will keine
Beziehung. Punkt. Aus. Ende. Ich mag
dich. Ich respektiere dich. Ich habe Spaß
mit dir im Bett. Aber Liebe? Das ist
nicht mein Ding, Amy.«
Sie lehnt sich zurück, kneift die
Augen zusammen, doch da ist ein
Ausdruck von Amüsiertheit in ihnen.
»Das glaubst du jetzt«, erwidert sie
in einem wissenden Tonfall. »Warte nur
ab.«
»Worauf soll ich warten?« Ich ziehe
eine Augenbraue hoch. »Dass die Hölle
zufriert? Denn so lange kannst du
warten, wenn du mehr von mir willst als
das, was wir zurzeit haben.«
Sie schüttelt den Kopf.
»Meinetwegen.« Sie gestikuliert, so dass
die Diamantringe an ihren Fingern im
gedämpften Licht meines Wohnzimmers
funkeln. »Ich spüre langsam den Jetlag.
Also sollte ich eine Schlaftablette
nehmen und schlafen. Aber zuerst sollten
wir beide dein Bett noch für etwas
anderes nutzen.«
Sie sieht mich an, und ihr Blick wird
finster und sexy, als sie aufsteht und sich
langsam ihrer Kleidung entledigt.
Ich lehne mich zurück und genieße
die Show.
An Amys Körper ist sehr vieles nicht
echt … er wurde von
Schönheitschirurgen verbessert. Aber
genau aus diesem Grund ist er perfekt.
Ihre Titten sind groß und rund, und ihre
Nippel zeigen zum Himmel. Ihr Bauch
ist flach, ihre Hüften sind vollkommen
gerundet. Dank Fettabsaugung hat sie
nirgendwo mehr ein Pölsterchen.
Eine solche Perfektion ist
unnatürlich. Ich persönlich bevorzuge
echte Kurven, Unvollkommenheiten
eingeschlossen.
Doch das spreche ich nicht laut aus.
Stattdessen genieße ich die Show.
Sie beugt sich vor mir nach unten,
schlüpft aus ihrem Slip und wirft ihn mir
in den Schoß. Ich hebe die luftige Spitze
mit einem Finger in die Höhe, halte sie
an meine Nase und nehme einen tiefen
Atemzug.
»Du riechst gut«, bemerke ich.
Sie lächelt.
»Das weißt du doch«, schnurrt sie,
gleitet an meine Seite und lässt sich auf
meinen Schoß sinken. Dann greift sie
nach ihrer in der Nähe befindlichen
Handtasche und zieht ein paar
gepolsterte Handschellen daraus hervor.
»Leg dich aufs Bett, Dom«, befiehlt
sie. »Ich bestimme, was heute Nacht
passiert.«
Nur gut, dass ich dazu in Stimmung
bin. Einfach hinlegen und wegdriften …
zulassen, wie diese intensiven Gefühle
von Schmerz und Lust ineinander
übergehen, bis ich das eine nicht mehr
von dem anderen zu unterscheiden
vermag.
»In Ordnung«, sage ich grinsend und
stehe auf, um mich auf den Weg ins
Schlafzimmer zu machen. »Aber lass
bloß die Finger von meinen Nippeln!
Wenn du diese Nippelklemmen aus
deiner Tasche holst, dann verschwinde
ich auf der Stelle.«
»Das hier ist dein Zimmer«, ruft sie
mir in Erinnerung.
»Na schön, dann verschwindest du
eben. Und du wirst nicht mehr genug Zeit
haben, um deine Klamotten anzuziehen!«
Sie kichert unbekümmert.
»Das könnte dir so gefallen, du
Freak! Mir dabei zuzusehen, wie ich
nackt den Flur entlangstolziere, während
mir alle zuschauen? Ich weiß doch, dass
das genau dein Ding wäre!«
Das stimmt. Es würde mir gefallen.
Und, ja, zusehen macht Spaß.
»Verbinde mir aber nicht die Augen»,
weise ich sie an, als sie ihren Körper an
den meinen schmiegt und mit geübten
Fingern beginnt, mein Hemd
aufzuknöpfen. »Ich möchte deine Titten
sehen, während ich dich lecke.«
Sie seufzt in meinen Mund, und ihre
Zunge umschlingt die meine. Sie
schmeckt nach Wodka und Kaviar.
»Leck mich von hinten nach vorn und
überall dazwischen«, weist sie mich an.
»Und dann«, sie verstummt für einen
Moment, während sie erneut in ihre
Tasche hineingreift. Sie zieht einen
gepiercten Dildo daraus hervor,
fünfundzwanzig Zentimeter lang und
mehrfach im Prinz-Albert-Stil gepierct.
»Und dann fick mich hiermit, nachdem
ich deine Handschellen gelöst habe.«
»Wird erledigt«, murmele ich heiser,
während sie mir die Handschellen
anlegt. »Und du bist selbst ein Freak.«
»Das ist es doch, was du an mir
magst«, flüstert sie, als sie über mich
hinwegkriecht und ihre Hüften vor meine
Lippen schiebt.
Das ist allerdings wahr.
Amy senkt sich auf mein Gesicht, und
ich nehme ihren Geschmack, ihren
Geruch in mich auf. Sie biegt sich nach
hinten und gräbt ihre Fingernägel in
meine Oberschenkel. Ich bin mir sicher,
dass es blutet, aber das ist mir egal. Ich
befinde mich bereits an dem Punkt, an
dem die Grenzen zwischen Schmerz und
Lust verschwimmen.
Ich weiß, dass ich die heutige Nacht
an einem Ort verbringen werde, der in
Grautöne getaucht und frei von Schuld
und Sorgen ist. Erinnerungen aus der
Vergangenheit werden ebenso
verschwunden sein wie die
Schuldgefühle aus meinem früheren
Leben.
Nur für diese eine Nacht. Morgen
wird wieder alles so sein wie immer,
aber heute Nacht werde ich diese ganz
speziellen Stunden des Vergessens
genießen.
Es wird kein Schwarz, kein Weiß,
kein Richtig und kein Falsch geben.
Ich werde das tun, was sich gut
anfühlt, ohne mich darum zu scheren,
was die Gesellschaft denken könnte.
Denn ich bin Dominic Kinkaide …
und so mache ich es nun mal.
Kapitel 5
W
ieso willst du mich nicht vögeln«,
fragt mich Amy aus heiterem Himmel.
Ich blicke überrascht auf.
Nachdem sie mitten in der Nacht aus
meinem Hotelzimmer geschlüpft war,
hatten wir uns am Set zum Frühstück
getroffen und machten es uns nun in
meinem Wohnwagen gemütlich, während
wir darauf warten, in die Maske gerufen
zu werden. Amy las in einer Zeitschrift,
über die hinweg sie mich nun mit einem
anklagenden Blick anstarrt.
»Wie bitte?«, frage ich, obwohl ich
genau weiß, was sie gesagt hat.
»Wieso willst du mich nicht
vögeln?«, wiederholt sie. »Die ganze
Welt will mich vögeln, und ich biete
mich dir auf dem Silbertablett an, aber
du willst es nicht tun. Nicht wirklich. Es
macht dir nichts aus, mich in den Arsch
zu ficken oder dir von mir einen blasen
zu lassen, aber du weigerst dich, mich
richtig zu vögeln. Und ich möchte
wissen, warum. Ich weiß, dass du kein
Problem damit hast, einen
hochzukriegen. Also, wo genau liegt das
Problem?«
Ein eisiger Schmerz schießt durch
mein Herz, und ich versuche, ihn zu
ignorieren, ihn dahin zurückzudrängen,
wo er hingehört. Ich wusste, dass das
passieren würde.
Ich wusste, dass das passieren
würde, ermahne ich mich. Eine
Auseinandersetzung darüber, was mit
mir nicht stimmt. Ich wusste es.
Aber das macht es kein bisschen
leichter.
»Ich habe kein Problem«, entgegne
ich kühl, erwidere ihren starren Blick
und versuche, sie zum Wegsehen zu
zwingen. »Nur weil ich dich nicht
vögeln will, glaubst du, dass ich ein
Problem habe?«
Sie zuckt mit ihren schmalen
Schultern. »Musst du wohl. Jeder will
mich vögeln.«
Ich sehe ihr die Anspannung an, wie
sie da so steif auf der Kante der
Sitzfläche hockt, auf meine Antwort
wartet und mit einer Zurückweisung
rechnet. Ich kenne sie. Ich weiß, was sie
denkt, was sie fühlt. Und wie die
meisten Künstler ist auch sie insgeheim
unsicher. Sie hat Angst, dass etwas mit
ihr nicht stimmt und dass das der Grund
ist, warum ich sie nicht vögeln will.
Diese Angst nehme ich ihr nicht. Ich
bin nun mal kein guter Mensch. Sie
zögert schließlich auch keine Sekunde
damit, Leute herunterzuputzen, bloß weil
ihr danach ist. Daher habe ich kein
schlechtes Gewissen, dass ich ihr Ego
nicht streichele.
»Kann sein, dass es jeder will», sage
ich so gleichgültig wie möglich, »aber
ich willʼs nicht. Jedenfalls jetzt nicht.«
Sie setzt sich aufrechter hin, die
Schultern gestrafft, das Kinn vorgereckt.
»Ach, wirklich? Und warum genau ist
das so?«
Ich mustere sie kühl. »Weil mir nicht
danach ist. Zu viel Drama. Du würdest
dich nur in mich verlieben.«
Ich versuche, die Sache damit
abzutun, als sei ich arrogant und kalt und
würde tatsächlich meine eigenen Worte
glauben. Doch es ist alles nur Theater.
Und das hier ist Teil meiner Rolle. Ich
bin das arrogante Arschloch.
Es ist nur so, dass ich natürlich
wirklich eines bin. Denn an diesem
Punkt in meinem Leben ist aus
Schauspielerei Realität geworden.
Doch ungeachtet meiner Worte
befürchte ich nicht, dass sie sich in mich
verlieben könnte. Das ist nicht der
Grund, warum ich sie bisher nicht
gevögelt habe … oder dass ich seit
sechs Jahren keine Frau mehr richtig
gevögelt habe. Sechs. Beschissene.
Jahre.
Sechs Jahre, seit es passiert ist.
Bei dem bloßen Gedanken daran, an
sie, schnürt es mir das Herz in der Brust
zusammen, als ob sich eine verdammte
Schraubzwinge darum gelegt hätte und es
zusammenpresst.
Emma.
Mit einem Mal sehe ich wieder ihre
großen blauen Augen vor mir, die mich
strahlend ansehen, und ich presse meine
Lider zusammen, um das Bild zum
Verschwinden zu bringen. Ich greife in
meine Tasche, lege meine Finger um ihre
Halskette, streiche über den kühlen
Aquamarin. Das ist das Einzige, was
hilft, das Einzige, was mich zu beruhigen
vermag. Das mich daran erinnert.
Und das mich vergessen lässt.
»Dominic?«, sagt Amy scharf und
holt mich damit wieder in die
Gegenwart zurück, weg von Emmas
funkelnden Augen.
Ich schaue sie an.
»Was denn?«
»Was ist nur los mit dir?«, fragt sie
neugierig, und ein sanfterer Ausdruck
schleicht sich in ihre Augen, als sie mich
anstarrt. Mir wird bewusst, dass mein
Körper mit feucht-kaltem Schweiß
bedeckt ist und ich friere. Furcht
verspüre. Gereizt bin.
Emma hat auch heute immer noch
diese Wirkung auf mich.
Ich verbanne sie aus meinen
Gedanken und wende meine
Aufmerksamkeit wieder der Frau vor
mir zu.
Ich zwinge mich zu einem Grinsen.
»Gar nichts. Überhaupt nichts.«
Amy starrt mich an. »Dann beweise
es mir. Wenn wir hier fertig sind, dann
verabreden wir uns zu einem Date. Zeig
mir den Tower, und dann fahren wir
zurück in dein Hotelzimmer, und du
bringst mich dazu, heute Nacht deinen
Namen zu schreien.«
»Du schreist doch andauernd meinen
Namen«, erwidere ich trocken. Sie
verdreht die Augen.
»Du weißt genau, was ich damit
meine. Dieses Mal will ich deinen
Schwanz an der richtigen Stelle in mir
spüren, während ich schreie.«
Ich schüttele den Kopf, lasse meinen
Finger über die Rundung ihrer
bekleideten Hüfte gleiten.
»Geht nicht. Nicht heute Nacht. Ich
kann dir den Tower zeigen, aber
anschließend fliege ich nach Amsterdam,
um meine Brüder zu sehen. Das müssen
wir auf ein andermal verschieben.«
Das weckt Amys Interesse. »Du
triffst dich mit Sin und Duncan? Da
möchte ich mit. Du weißt doch, wie gern
ich mir Devilʼs Own anhöre. Vielleicht
kannst du mich ja stattdessen in
Amsterdam dazu bringen, deinen Namen
zu schreien. Warum schließen wir nicht
eine Wette ab? Ich wette, dass ich dich
dazu bringen werde, mich richtig vögeln
zu wollen, bevor wir Amsterdam
verlassen.«
Das wird niemals geschehen.
Aber das sage ich nicht laut.
Stattdessen lächele ich.
»Und falls du gewinnen solltest?«
Sie erwidert mein Lächeln. »Dann
darfst du mich richtig vögeln. Das ist
dein Preis.«
»Und falls ich gewinnen sollte?«
Amy zieht ein finsteres Gesicht. Der
bloße Gedanke, dass ich sie nicht
begehren könnte, macht sie wütend.
»Falls du gewinnen solltest, dann besteht
dein Preis darin, dass ich mich nie
wieder über dieses Thema auslassen
werde, weil wir dann nämlich fertig
miteinander sind und getrennte Wege
gehen.«
»Interessant«, erwidere ich gelassen.
»Das heißt also mit anderen Worten,
sollte ich dich bis zu unserem Abflug in
Amsterdam morgen Abend nicht
gevögelt haben, dann ist es zwischen uns
aus, richtig?«
Sie nickt, scheint zufrieden mit dem,
was sie für ein Ultimatum hält. Dabei
begreift sie allerdings nicht, dass ich
darauf scheiße, ob ich sie jemals
wiedersehe – zumindest als
Privatperson. Sie glaubt, alle Macht und
Kontrolle bei dieser Sache zu haben,
aber da irrt sie.
Ich werde mir ganz genau ansehen,
was sie zu tun bereit ist, um mich dazu
zu bringen, sie zu vögeln … und dann
werde ich sie verlassen, ohne mich noch
mal umzusehen.
Ich lächele. »Okay. Ich nehme die
Herausforderung an.«
Sie lächelt ebenfalls und umfasst
meine Weichteile mit ihren dünnen
Fingern.
»Es wird dir gefallen.«
»Da bin ich mir sicher«, erwidere
ich, denn ich weiß, dass es so sein wird,
auch wenn es bei Amy letztlich nicht der
Fall sein dürfte. Aber ich lasse mich
nicht herumschubsen und auch nicht
manipulieren.
Das geht nie gut für denjenigen aus,
der das mit mir versucht.
»Alter«, schreit mein Bruder Sin ins
Telefon, »was zum Henker soll das? Hab
wochenlang nichts von dir gehört, und
dann rufst du ausgerechnet in dem
Moment an, wenn ich auf die Bühne
muss!«
Das erklärt die Lautstärke und die
Geräusche im Hintergrund. Das
Publikum wartet darauf, dass mein
Bruder, der Rockstar, auftritt.
»Sorry«, erwidere ich unbekümmert,
»ich wollte nur Bescheid sagen, dass ich
im Laufe des Abends bei euch eintrudeln
werde. Zum Konzert schaffe ichʼs nicht,
aber Tally ist es immerhin gelungen,
einen Besuch in meinem vollen
Terminplan unterzubringen.«
Das scheint ihn gleich aufzuheitern,
und er brüllt unserem anderen Bruder,
Duncan, zu: »Hey, Little D., Dom kommt
zu unserer Party heute Abend. Bestelle
mehr Nutten.«
Er gackert ins Telefon, und ich muss
lachen – und das aus verschiedenen
Gründen. Zum einen, weil er Duncan als
klein bezeichnet. Duncan ist wie Sin und
ich über eins neunzig groß, hat breite
Schultern und schmale Hüften. Ist also
alles andere als klein. Und zum anderen,
dass er Nutten in Amsterdam bestellt,
was nicht einer gewissen Ironie entbehrt,
da er ständig von Groupies umringt ist,
die alles für ihn tun würden … und das
umsonst.
»Nutten?«, frage ich zweifelnd. Sin
schnaubt ins Telefon.
»Das hier ist Amsterdam«, sagt er als
Erklärung. »Wir können doch nicht nach
Amsterdam kommen, ohne uns das
Rotlichtviertel anzusehen. Das wäre ein
Sakrileg.«
Nun ist es an mir, zu schnauben.
»Das Rotlichtviertel?« Ich lache in
mich hinein. »Und wie genau wollen du
und unser kleiner Bruder Duncan da
hinkommen, ohne von den Paparazzi
gesehen zu werden?«
Ich sehe es förmlich vor mir, wie Sin
jetzt mit den Schultern zuckt. Denn das
kümmert ihn einen Scheißdreck.
»Ist mir so was von egal, ob die das
mitkriegen oder nicht«, erwidert er
flapsig. »Ich richte mein Leben nicht
danach aus, was die für akzeptabel
halten. Und wo wir gerade davon reden,
ich muss los. Wirst du jetzt zu meiner
Party kommen oder nicht?«
»Ja, werde ich.«
Er legt, ohne ein weiteres Wort zu
verlieren, auf, und ich schaue zu meinem
Agenten hinüber. »Das wird eine lange
Nacht.«
Tally grinst, ohne von seinem
Smartphone aufzublicken. »Dann würde
ich an deiner Stelle mal ein paar Dosen
Red Bull trinken, alter Mann.«
»Hast du denn welche?«, gebe ich
zurück.
Tally blickt auf. »Ich hab die Vorräte
im Flugzeug aufstocken lassen. Wird
auch genug für Amy da sein. Sie kannʼs
brauchen, wenn sie mit dir mithalten
will.« Er verstummt, fixiert mich. »Sei
vorsichtig, wie du sie behandelst. Das
Publikum will euch gemeinsam vor der
Kamera sehen. Du musst zuallererst an
dein Image denken.«
»Ich steh kurz davor, sie
abzuservieren«, erkläre ich ruhig. »Ich
werde nicht mit ihr zusammenbleiben,
nur um den Wünschen irgendwelcher
Fans nachzukommen.«
Tally sieht mich immer noch an. »Und
das würde ich auch nie von dir
verlangen. Ich rate dir nur, ihr
respektvoll den Laufpass zu geben.
Behandele sie nicht wie eine Nutte.
Beende es wie ein normaler Mensch.«
Ich denke einen Moment darüber
nach. »Und wenn sie sich wie eine Nutte
aufführt?«
Tally schüttelt den Kopf. »Das ist
egal. Sei ein Gentleman. Dein Publikum
liebt das an dir.«
»Ist Amy schon unterwegs zum
Flugzeug?«, frage ich und nehme einen
Schluck von Tallys Drink.
»Soweit ich weiß, ja«, antwortet er,
steht auf und bringt sein Jackett in
Ordnung. »Es gab allerdings einen Streit
in der Lobby mit ein paar Fans. Ein
kleines Mädchen wollte ein Autogramm
von ihr haben, und Amy ist explodiert,
weil die Kleine ihr zu nahe gekommen
ist. Sie braucht, verdammt noch mal,
eine Lektion in Sachen PR. Sie ist ein
Alptraum. Bist du so weit?«
Ich nicke, und wir gehen vom Hotel
zu dem wartenden Auto.
Die Fahrt zum Flughafen dauert nicht
lange, und nach kurzer Zeit steige ich die
Treppe hinauf und betrete den Flieger.
Dort habe ich so etwas wie eine Vision,
denn ich sehe Amy vor mir, die mit zwei
jungen Blondinen auf einem Ledersofa
sitzt.
Die beiden Blondinen sind barbusig,
und Amy, die zwischen ihnen sitzt, trägt
lediglich ein rotes Lederkorsett.
Ich spüre, wie sich mein Schwanz in
meiner Hose rührt.
Da ich wie angewurzelt im Gang
stehen geblieben bin, läuft Tally von
hinten gegen mich und späht an mir
vorbei, um zu sehen, was los ist. Ich
höre, wie er vernehmlich die Luft
einzieht, und da weiß ich, dass es keine
Vision ist.
»Du hast wirklich Glück, du
Mistkerl«, murmelt er. »Ich bleibe dann
mal lieber hier drüben.«
Ich gebe ihm keine Antwort, gehe
stattdessen langsam weiter.
»Was soll das?«, frage ich und blicke
Amy an. Sie streckt die Hand aus und
lässt ihre Finger an meinem
Oberschenkel herabgleiten.
»Ach, das?«, fragt sie mit gespielter
Unschuld und schaut kurz zu ihren beiden
Freundinnen hinüber. »Das hier sind
meine Assistentinnen für den heutigen
Abend, und ich stelle sie dir gern zur
Verfügung. Was du auch brauchst, du
musst nur fragen. Sie kümmern sich um
dich. Das werde ich heute Abend
übrigens auch tun. Wonach auch immer
dir der Sinn steht, dein Wunsch ist mir
Befehl …«
Das amüsiert mich jetzt doch. Amy
Ashby lässt sich zu so etwas herab?
Weshalb? Nur um mich zu vögeln? Mich
beschleicht langsam der Verdacht, dass
sie dabei weniger das Verlangen nach
mir antreibt, sondern vielmehr das
Bedürfnis, ihr angeschlagenes Ego zu
pflegen, weil ich anscheinend nicht den
Wunsch hege, sie richtig zu vögeln. Und
das Ego dieser Frau ist riesig.
»Tja«, sage ich lächelnd, »das könnte
ja ein interessanter Abend werden.«
Amy erwidert mein Lächeln und
macht ihren Platz auf dem Sofa für mich
frei. Nachdem ich mich gesetzt habe,
legen die beiden Blondinen jeweils ein
Bein über eines von meinen Beinen und
halten mich damit praktisch fest. Amy
betrachtet das Ganze von einem Platz in
der Nähe.
»Hättest du gern einen Drink?«,
flüstert mir die eine Blondine zu, die
vollen Lippen nur wenige Zentimeter
von meinem Ohr entfernt.
»Ja«, erwidere ich, »Whiskey. Pur.«
»Kommt sofort«, sagt sie und eilt
davon. Während sie fort ist, massiert
ihre blonde Freundin meinen
Oberschenkel und lässt ihre Finger dann
zu meinem Rücken gleiten, um sich den
müden Muskeln dort zu widmen.
Innerhalb kurzer Zeit kehrt die andere
Blondine mit einem Glas Whiskey auf
einem Tablett und einer schwarzen
samtenen Augenbinde zurück.
»Amy möchte, dass du die hier
trägst«, sagt sie mit sanfter Stimme.
»Hier, lass mich dir damit helfen.« Als
sie sich vorbeugt, um mir die
Augenbinde anzulegen, umschließen ihre
weichen Titten mein Gesicht. Ich atme
ihren weiblichen Duft ein, der zart und
blumig ist.
»Und was jetzt?«, frage ich, als ich
nichts mehr sehe und mich zurücklehne.
»Jetzt genieße den Flug«, sagt sie
fröhlich.
Aber als die vier Hände über meine
Oberschenkel, meine Brust, mein
Gesicht streichen, da haben ihre
wohltuenden Berührungen den
gegenteiligen Effekt von dem, was sie
beabsichtigen. Denn ich war heute zehn
Stunden auf den Beinen und am Set und
bin völlig erledigt.
Anstatt mich anzutörnen, haben sie
eine einschläfernde Wirkung auf mich.
Als ich wach werde, sind wir bereits
in Amsterdam gelandet, und Amy starrt
mich wütend an.
»Das kann ja wohl nicht dein Ernst
sein«, sagt sie. »Da gebe ich mir solche
Mühe, um den perfekten Abend für dich
zu planen, habe alles, was du dir nur
wünschen könntest, an Bord dieses
Fliegers, und du … schläfst einfach ein?
Was zum Henker sollte das, Dominic?«
Ich kann mir ein Grinsen nicht
verkneifen. Ein kleines zumindest. Denn
sie ist sauer.
»Tut mir leid«, sage ich so
besänftigend wie nur irgend möglich.
»Ich bin einfach platt und leide unter
Jetlag. Das hat nichts mit dir zu tun.
Oder deinen sexy Assistentinnen.« Ich
schaue mich nach ihnen um und stelle
fest, dass sie nun vollständig bekleidet
sind. »Es tut mir leid«, sage ich, an sie
gewandt, »ich wollte niemanden
beleidigen.«
Sie schenken mir beide ein
freundliches Lächeln. »Kein Problem«,
sagt eine von ihnen. »Wir können ja
später weitermachen, wo wir aufgehört
haben.«
Ich blicke mit hochgezogener
Augenbraue zu Amy. »Später?«
Sie nickt zufrieden.
»Ich habe dir ja gesagt … wenn diese
Nacht vorbei ist, wirst du mich gevögelt
haben. Wir gehen alle zu Sins Party. Und
wir wissen ja, wenn etwas Abgedrehtes
passiert, dann auf einer seiner Partys!«
Da muss ich ihr recht geben. Die
Partys meines Bruders sind alles andere
als normal … sprengen alle bekannten
Maßstäbe.
Ich nicke, verpflichte mich zu nichts,
verweigere mich aber auch nicht.
Als wir den Flieger verlassen,
schießt mir eine Erinnerung an diesen
Augenblick durch den Kopf vor vielen
Jahren, als ich auf einer Party gewesen
war und den schlimmsten Anruf meines
Lebens erhielt. Jene Nacht hat mein
Leben verändert. Jene Nacht hat mein
Herz in Asche verwandelt.
Ich greife in meine Tasche und drehe
den Anhänger in meinen Fingern.
Ich kann nichts mehr empfinden. Also
tue ich so als ob. Und wenn das
bedeutet, irgendwelchen verrückten,
abartigen Sexkram zu machen, nur um
irgendetwas zu fühlen, dann soll es mir
recht sein.
Denn ganz ehrlich gesagt weiß ich
nicht, was schlimmer ist: Nicht imstande
zu sein, etwas zu empfinden, oder so im
Schmerz der Vergangenheit
festzustecken, dass man davon gelähmt
ist. Seit sechs Jahren hoffe ich darauf,
die Kurve zu bekommen. Dass der
Schmerz aufhört. Ich auf wundersame
Weise wieder normal werde.
Doch ich finde mich langsam damit
ab, dass es niemals geschehen wird.
Ich bin nicht normal.
Es macht keinen Sinn, so zu tun als
ob.
Und falls ich für all den Scheiß, den
ich anstelle, ohnehin in der Hölle landen
werde, dann sollte ich wenigstens dafür
sorgen, dass die Verbrechen der Strafe
angemessen sind, dass es sich, verdammt
noch mal, lohnt, dafür im Höllenfeuer zu
schmoren.
Und ich beabsichtige, gleich heute
Nacht damit anzufangen.
Kapitel 6
S
ins Penthouse-Suite nimmt das
gesamte oberste Stockwerk eines
glamourösen Hotels im Zentrum der
Stadt ein. Understatement ist nun mal
nicht sein Ding. Er steht immer gern im
Mittelpunkt, und das mit großer
Begeisterung.
Ich bahne mir mit Amy und ihren
beiden »Assistentinnen« einen Weg
durch die Horde von Leuten, die in
diesen Räumen herumlungert, tanzt und
plaudert. Es sind leicht bekleidete Leute,
halb nackte Leute. Alle möglichen Leute.
Die eines verbindet: Entweder sind sie
betrunken oder high oder beides.
»Wo ist dein Bruder?«, ruft mir Amy
über die Schulter zu. Ich blicke mich um.
Sehe ihn aber nirgendwo.
»Lasst uns im Schlafzimmer
nachsehen. Da darf kein anderer rein …
ausgenommen bestimmte Frauen.«
Und damit meine ich die Frauen, die
er sich bei seinen Konzerten aus der
Menge herauspickt. Die Rausschmeißer,
die für ihn arbeiten, holen die Mädchen
aus dem Gedränge, geben ihnen
Backstage-Pässe und begleiten sie
anschließend zu Sins After-Show-Party.
So macht erʼs immer. Und er kann nicht
genug davon bekommen.
Als wir an seine Tür klopfen und er,
nur mit einer Jeans bekleidet, öffnet,
erblicke ich über seine Schulter hinweg
zwei nackte Frauen in seinem Bett. Und
ich weiß, dass ich mich nicht geirrt
habe.
»Alter«, knurrt er. »Schlechtes
Timing!«
»Störe ich?«, erwidere ich mit einem
unschuldigen Grinsen. Sin sieht mich
böse an.
»Also echt, erst verpasst du mein
Konzert, und dann spielst du auch noch
die Bumsbremse. Danke, Bruderherz!«
Ich lache in mich hinein, als Sin die
Tür weit öffnet und uns bedeutet,
einzutreten. »Dann kannst du auch
reinkommen«, brummt er. Doch sobald
er Amy und ihre beiden Freundinnen
hinter mir erblickt, schiebt er mich zur
Seite, und sein Benehmen verändert sich.
Er verwandelt sich sogleich in den
charmanten Sin Kinkaide, auf den die
Frauen fliegen.
»Hallo, meine Damen«, sagt er
gedehnt. Amy lächelt ihn an, ist völlig
unbeeindruckt von seinem Promistatus
und der von ihm ausgehenden sexuellen
Energie. Bei ihren Freundinnen ist dies
allerdings anders. Sie erröten und
werden sofort nervös. Sin grinst.
»Ich habe hier drin eine kleine
Privatparty laufen«, erklärt er den
beiden, immer noch grinsend. Und
immer noch mit nacktem Oberkörper.
»Eine sehr exklusive Party. Nur die
schönsten Frauen der Stadt sind dazu
eingeladen. Habt ihr Lust, mir
Gesellschaft zu leisten?«
Ehrfürchtig und geschmeichelt und
ohne sich noch einmal umzusehen,
betreten sie sein Zimmer. Bevor Sin
Amy und mir die Tür vor der Nase
zuschlägt, sehe ich noch, wie die beiden
Mädchen im Bett zur Seite rutschen, um
Platz für die Neuankömmlinge zu
machen.
Ich wende mich kopfschüttelnd Amy
zu.
»Damit dürftest du deine
Komplizinnen verloren haben.«
Sie verdreht die Augen und nimmt
sich ein Glas Champagner vom Tablett
eines Kellners, leckt mit ihrer Zunge
langsam am Glasrand entlang und sieht
mich dabei an.
»Die brauchen wir nicht. Du brauchst
nur mich, Dom. Wenn der heutige Abend
vorbei ist, wird dir das klar sein.«
Bevor ich die Gelegenheit zu einer
passenden Entgegnung habe, hat sie
jemanden über meine Schulter hinweg
auf der anderen Seite des Raumes
entdeckt.
»Oh, da ist Tara Linwood. Bin in
einer Minute wieder da. Denk an mich,
während ich fort bin.«
Als sie an mir vorbeieilt, um mit dem
jungen Nachwuchstalent zu plaudern,
drückt sie mir etwas in die Hand. Als
ich hinabblicke, sehe ich, dass es ihr
Slip ist, ein winziges Stückchen Seide
und Spitze, was mich antörnen soll.
Doch das tut es nicht. Mir ist es
lieber, wenn Frauen keine Unterwäsche
tragen – oder rote Seide. Ich lege den
Slip auf einen in der Nähe stehenden
Tisch neben eine Schale mit
Minzbonbons. Vielleicht kann ich ja
damit jemand eine Freude machen.
Komischerweise törnt es mich auch nicht
im Mindesten an, dass Amy jetzt ohne
Höschen herumläuft. Was bedeutet, dass
es wahrscheinlich an der Zeit ist, die
Sache mit ihr zu beenden.
Unter diesen Umständen ist es gar
nicht mal so schlecht, dass sie mir
dieses Ultimatum gestellt hat.
Ich langweile mich schnell, und ganz
offenbar vermögen auch gehässige A-
Promis wie sie meine Aufmerksamkeit
nicht lange zu fesseln.
Als ich auf den offenen Balkon
zugehe, erblicke ich eine junge
Kellnerin, deren Augen aufleuchten, als
sie mich erkennt. Sie versucht, ihre
Aufregung zu verbergen und sich wie ein
Profi zu benehmen, als sie mir ein
Getränk von ihrem Tablett anbietet, doch
es ist zu spät. Ich habe es bereits
bemerkt.
Und ich habe es für später
gespeichert.
Ich werde vermutlich einige Stunden
hier verbringen. Vielleicht wird mir
irgendwann langweilig sein.
Fürs Erste setze ich mich in einen
Sessel in der Ecke der dunklen Veranda
und schaue auf die hellen Lichter der
Stadt hinab.
Von dieser Stelle aus kann ich all das
sehen, was ich sehen möchte. Ich kann
die betrunkenen Partygäste beobachten,
auf die Stadt hinabblicken und für mich
bleiben, muss mich mit niemandem
abgeben.
Es ist für alle Seiten ein Gewinn.
Und dort bleibe ich auch und trinke
Whiskey, bis Tally eintrifft. Er weiß
ganz genau, wo er mich suchen muss,
und sein Blick wandert über die Gäste
der Party, als er die Suite betritt.
Er weiß, dass er mich immer im
Dunkel finden wird.
»Wo ist Amy?«, fragt er, lässt sich in
einen Sessel gegenüber von mir fallen
und bedeutet einem Kellner, ihm einen
Drink zu bringen.
»Irgendwo mit Tara Linwood«,
antworte ich, blicke mich um, sehe sie
aber nicht.
Tally schüttelt den Kopf. »Das wird
dir jetzt nicht gefallen, aber das Studio
will nicht, dass du mit ihr Schluss
machst. Es ist gut für den Film, wenn die
Leute glauben, dass ihr zusammen seid.
Sie möchten ein Paar auf der Leinwand
sehen, das auch im wirklichen Leben
eines ist. Falls du immer noch darüber
nachdenken solltest, eure Beziehung zu
beenden, dann lass es sein.«
Ich mustere ihn mit einem eisigen
Blick.
»Ich mache, was ich will. Ich lasse
mir nicht von einem Studio
vorschreiben, mit wem ich zusammen
sein darf und mit wem nicht. So war ich
noch nie, und so werde ich auch niemals
sein.«
Tally seufzt. »Ich wusste, dass du das
sagen würdest. Du und deine Brüder, ihr
seid die stursten Hurensöhne, die ich
kenne.«
Meine Mundwinkel zucken kurz.
»Wunderbar. Dann weißt du ja,
woran du bei mir bist.«
»Aber du musst trotzdem so tun, als
ob ihr noch zusammen wärt«, erklärt
Tally mir mit fester Stimme und drückt
mir einen weiteren Drink in die Hand.
»Und falls du das nicht ertragen kannst,
dann wirst du einen Weg finden müssen,
damit sie mit dir Schluss macht. Soll sie
sich doch den Zorn der Studiobosse
zuziehen. Nicht du.«
Nun muss ich doch lachen. »Ich bin
mir sicher, dass ich eine Möglichkeit
finden werde, sie auf mich sauer zu
machen.«
Tally richtet seinen Blick auf mich.
»Aber es darf nicht zu offensichtlich
sein. Du darfst auf keinen Fall als
Arschloch rüberkommen. Denke immer
an dein Image in der Öffentlichkeit! Du
bist geheimnisvoll. Du bist sexy. Du bist
ein Gentleman. Du bist verschlossen. All
das ist wunderbar. Dieses Image gilt es,
zu bewahren. Also steh nicht wie ein
Arschloch da. Kapiert?«
Ich nicke. »Kein Problem. Außerdem
hat sie mir schon ein Ultimatum gesetzt.
Wenn ich heute Nacht nicht endlich mit
ihr schlafe, dann ist es aus.«
Tally zog ungläubig eine Augenbraue
in die Höhe. »Du hast noch nicht mir ihr
geschlafen? Was zum Henker …? Bist du
aus Stein?«
Bevor ich antworten kann, blicken
wir beide auf, als Amy und Tara
zusammen aus dem Badezimmer
getorkelt kommen. Amys Nase ist
gerötet, ein sicheres Zeichen dafür, dass
sie Koks geschnupft hat. Ich weiß aus
erster Hand, dass dies einer ihrer Tricks
ist, um schlank zu bleiben. Und da sie
beide torkeln, ist das ein sicheres
Zeichen dafür, dass sie auch noch
betrunken sind.
Eine Idee schießt mir durch den
Kopf.
Eine brillante Idee.
Niemand drängt Dominic Kinkaide in
eine Ecke. Niemand stellt mir ein
Ultimatum und erwartet, zu gewinnen.
Ich lasse mich nicht kontrollieren.
Weder jetzt noch in Zukunft.
Aber eines nach dem anderen.
Ich sehe zu, wie Amy und Sara sich
in einen großen Sessel fallen lassen und
sich kichernd und plaudernd verstohlen
im Raum umsehen. Vermutlich ziehen sie
gerade wieder einmal über alle
Anwesenden her. Beide Frauen sind
stutenbissige Miststücke.
Sie langweilen mich.
Also gebe ich der jungen Kellnerin,
die vorhin so beeindruckt von mir war,
ein Zeichen.
»Entschuldigen Sie«, sage ich zu ihr
und lege meine Hand auf ihren Arm, als
sie herüberkommt. Sie starrt mit großen,
grünen Augen auf mich herab.
»Ja-a?«, stottert sie.
»Wo ist das Badezimmer?«,
erkundige ich mich höflich, obwohl ich
ganz genau weiß, wo es sich befindet.
Sie deutet in die Richtung. »Dort
drüben.«
»Könnten Sie mir den Weg zeigen?«,
bitte ich sie mit honigsüßer Stimme. »Ich
habe Angst, mich zu verlaufen.«
Ihre Augen werden größer, als ihr
klar wird, was vermutlich meine
Absichten sind, und ein breites Lächeln
erscheint auf ihrem Gesicht.
Sie stellt das Tablett auf den Tisch
vor mir, denn sie weiß, dass sie es nicht
brauchen wird.
Und dann führe ich sie zum
Badezimmer. Amy schaut mir von ihrem
Platz aus amüsiert zu, steht aber nicht auf
und reagiert auch sonst auf keine Weise.
Sie kennt mich. Sie sieht mir ohnehin
gern zu, wenn ich mit anderen Frauen
zusammen bin.
Und tatsächlich wird ein paar
Minuten später, als die Kellnerin vor mir
kniet, am Türgriff gerüttelt, und ich höre
Amys Stimme.
»Dom? Ich will rein.«
Natürlich will sie das.
Sie will uns zusehen, weil sie
genauso abgedrehte Sachen mag wie ich.
Doch anstatt die Tür aufzuschließen,
greife ich der Kellnerin ins Haar und
veranlasse sie, meinen Schwanz noch
tiefer in ihren Mund zu nehmen. Ihre
Lippen formen ein perfektes feuchtes
Vakuum darum.
»Nicht jetzt, Amy. Bin gerade
beschäftigt«, rufe ich zur Tür hinüber.
Ich höre, wie sie schimpfend
davongeht.
Aber das ist mir egal. Das Einzige,
was zählt, ist dieser Blowjob.
Um Amy werde ich mich später
kümmern.
Definitiv.
Kapitel 7
H
at ja lange genug gedauert«, nörgelt
Amy, als ich endlich aus dem
Badezimmer gekommen bin. Sie sitzt mit
Tara in der dunklen Ecke auf der
Veranda, wo ich zuvor gesessen habe.
Tara blickt zu mir auf. Ihre Augen
sind glasig, sie ist ganz benebelt von den
Drogen, die sie genommen hat. Ich
seufze. Was für eine Verschwendung.
Wieder einmal ein Talent, das vor die
Hunde gehen wird. Ich habe es schon
hundert Mal erlebt. Vielversprechende
Schauspielerinnen schaffen es in die
Traumfabrik und richten sich dann auf
dem Weg nach oben selbst zugrunde. In
diesem Augenblick erkenne ich, dass es
mit Tara Linwoods Karriere bald zu
Ende sein wird.
Ich zucke mit den Schultern. »Ich
hatte keine Eile«, sage ich. »Aber jetzt
können wir los.«
Amy zieht eine Augenbraue in die
Höhe. »Ach, wirklich? Und wohin?«
Ich grinse. »Dahin, wo das Licht rot
ist.«
Amys Augen weiten sich, als ihr klar
wird, wovon ich rede. Das berühmt-
berüchtigte Rotlichtviertel von
Amsterdam, wo die Prostitution legal
ist: ein Schlaraffenland der käuflichen
Liebe jeglicher Couleur.
Sie grinst. »Du überraschst mich,
Dom. Ich hätte nicht gedacht, dass du es
riskieren würdest, an so einem Ort
gesehen zu werden. Du weißt doch, dass
die Paparazzi überall sind.«
Ich zucke mit den Schultern. »Wir
werden vorsichtig sein. Bist du dabei?«
Sie nickt. »Klar. Wir nehmen Tara
mit.«
Ich werfe einen Blick auf Amys
Freundin, die an deren Schulter lehnt.
»Kann sie überhaupt laufen?«, frage
ich zweifelnd. Amy sieht Tara düster an,
bevor sie sie wegschubst.
»Das werden wir ja sehen.«
Sie zerrt sie auf die Beine, und sie
wanken gemeinsam zur Tür. Ich sehe es
mir nur für eine Sekunde an, ehe ich den
Kopf schüttele.
Das wird ein Kinderspiel werden.
Einen Augenblick lang habe ich fast
ein schlechtes Gewissen, doch dann
unterdrücke ich dieses Gefühl. Amy hat
kein Mitleid verdient. Ich habe mit
angesehen, wie sie irgendwelche
bedauernswerten Assistentinnen so
niedergemacht hat, dass sie in Tränen
aufgelöst waren, und das nur, weil das
Wasser, das sie ihr gebracht hatten, nicht
kalt genug gewesen war. Sie hat ein
böses Herz, und sie hat alles verdient,
was ich ihr antun werde … vor allem,
weil sie geglaubt hat, mich kontrollieren
zu können.
Das wird nicht passieren.
Ich folge ihnen zu einem Wagen, und
innerhalb weniger Minuten befinden wir
uns im Rotlichtviertel von Amsterdam.
Wir machen uns zu Fuß auf den Weg
und blicken in die Fenster, die die
nassen, dunklen Straßen säumen. Frauen
sitzen in den Zimmern und warten auf
Kundschaft, während die roten Lichter
über ihren Köpfen flackern.
Ich begegne dem Blick einer
hübschen dunkelhaarigen Frau. Ihre
Augen leuchten auf, als sie mich sieht,
und sie grinst, wobei sie ihre gelben
Zähne entblößt. Ich zucke zusammen.
Vielen Dank, aber ohne mich!
»Das ist ja widerlich«, sagt Amy mit
finsterem Blick. »Sieht so aus, als wäre
der ganze Schrott der Stadt hier
gelandet. Lass uns woandershin gehen.«
Sie wendet sich ab, doch ich
erhasche einen Blick auf ein anderes
Fenster weiter unten an der Straße,
eines, in dem zwei Frauen zu sehen sind,
und ich lege meine Hand auf Amys Arm.
»Warte.«
Wir gehen ein Stück darauf zu, dann
noch ein Stück, während Amy die ganze
Zeit über Tara praktisch halten muss.
Die beiden Nutten sehen aus wie
Schwestern: das gleiche schulterlange
blonde Haar, große grüne Augen,
schlanke Hüften. Sie tragen die gleichen
Dessous und sitzen in der gleichen Pose
auf zwei hohen Barhockern.
»Zwillinge«, haucht Amy und dreht
sich mit leuchtenden Augen zu mir um.
»Oh, ja!«
Ich grinse in Anbetracht der
Möglichkeiten.
»Wo sind wir?«, murmelt Tara, deren
Kopf wie bei einer kaputten Wackelfigur
hin- und herrollt. Ich sehe Amy mit
hochgezogener Augenbraue an.
Sie zieht ein mürrisches Gesicht und
schlägt Tara erst leicht, dann immer
fester ins Gesicht. »Verdammt, wach auf,
Tara«, blafft sie. »Werde erwachsen und
lerne endlich, ein bisschen Alkohol zu
vertragen!«
Ich werfe Amy einen Blick zu. »Ich
möchte bezweifeln, dass der Alkohol ihr
Problem ist.«
Amy ignoriert den Sinngehalt meiner
Worte geflissentlich und schüttelt Tara,
nachdem sie die Klingel neben dem
Fenster gedrückt hat. Eine der Nutten
kommt nach vorn und sagt durch die
Gegensprechanlage: »Ja?«
»Wir wollen eure Dienste in
Anspruch nehmen«, erklärt Amy
bestimmt. »Lasst uns rein.«
»Zuerst wird bezahlt«, erwidert die
Nutte mit ebensolchem Nachdruck und
hält dabei Amys Blick stand. Amy
runzelt die Stirn, aber wir gehorchen und
schieben die Bezahlung durch ein
kleines Fenster. Nachdem die
geschäftliche Seite abgewickelt ist,
ertönt ein Summer, und wir treten ein.
Ich blicke mich in dem schmuddeligen
Flur um, als wir auf die Tür zugehen.
Sie wird umgehend geöffnet.
»Willkommen«, schnurrt die blonde
Nutte nun und bedeutet uns, einzutreten.
Ihre Schwester liegt auf dem Bett, die
Vorhänge sind zugezogen.
»Ich bin Anika«, sagt die Nutte, die
vor uns steht. »Und das da ist Anna. Wir
sind hier, um eure Bedürfnisse zu
befriedigen. Was hättet ihr denn gern?«
Amy schubst Tara auf das Bett und
zieht dann an meinem Arm, aber ich
halte an meinem Vorhaben fest.
»Ich werde zusehen«, teile ich Anika
mit. »Und ich will, dass ihr vier mir eine
interessante Vorstellung liefert.«
Anika wirft einen skeptischen Blick
auf Tara. »Tja, also drei von uns können
das machen«, sagt sie schließlich. Aber
Amy funkelt mich schon wieder böse an.
»Was soll der Scheiß, Dom?«,
herrscht sie mich an. »Du wirst nicht
zusehen. Du bist hier, um mitzumachen.«
Sie steht, die Hände in die Hüften
gestemmt, da, und ihre Augen sprühen
Feuer. Aber ich bin ganz ruhig.
»Amy, willst du wirklich, dass unser
erstes Mal hier stattfindet? In diesem
schäbigen Zimmer mit drei anderen
Leuten?«
Sie zögert für einen Moment,
entspannt sich ein wenig.
»Mach mich scharf«, schlage ich vor,
»dann gehen wir in mein Hotelzimmer
zurück und machen da weiter.«
Sie zögert. Aber nur für den Bruchteil
einer Sekunde.
»Okay.« Sie hebt ihr Kinn. »Was
würdest du denn gern sehen? Was macht
dich scharf, Dominic?«
Ich setze mich auf einen der
Barhocker und verschränke die Beine
vor mir.
»Lecke sie«, sage ich und zeige auf
Anika, »und dann sie«, und zeige auf
Anna. »Danach können sie dich
gemeinsam lecken. Hast du dein
gepierctes Spielzeug dabei?«
Amy schüttelt den Kopf, aber Anika
schaltet sich ein. »Wir haben einen
ganzen Schrank voller Spielzeuge.«
»Perfekt«, sage ich lächelnd, »ich
werde euch ein Spielzeug geben, wenn
der Zeitpunkt gekommen ist.«
Sie nicken, und Worte werden
überflüssig, als sie ins Bett klettern, sich
ihrer Klamotten entledigen und das
Zimmer bald schon erfüllt ist von
Geräuschen, wie sie beim Sex entstehen:
Schmatzlaute, Stöhnen, Saugen.
Wimmern. Seufzen.
Ich sehe, dass Amy sich gut amüsiert
und Tara weggetreten an der Wand liegt.
Aber das ist egal. Ich bin nicht wegen
Tara hier.
Nachdem jede ausreichend geleckt
wurde, suche ich ein Spielzeug im
Schrank aus, einen doppelköpfigen
Dildo. Einen für vorn und einen für
hinten.
Ich reiche ihn Anika. »Benutz den
hier für sie. Sie mag es gern, wenn man
sie in den Arsch fickt.«
Amy starrt blicklos vor sich hin, als
die drei Frauen weitermachen. Hände
sind überall, auf weichen
Frauenschenkeln und prallen
Frauenlippen. Das reicht aus, dass sich
mein Schwanz rührt, doch ich
konzentriere mich nicht darauf.
Stattdessen frage ich mich, wie ich an
diesen Punkt gelangen konnte. Da ist ein
stechender Schmerz in meinem Bauch,
wenn ich an ein blaues, unschuldig
dreinblickendes Augenpaar denke.
Augen, die mich geliebt haben. Augen,
die mich schwach werden ließen.
Emma wäre entsetzt, wenn sie
wüsste, dass ich hier bin, wenn sie
wüsste, wie tief ins Dunkel ich
abgerutscht bin. Ich schlucke
vernehmlich, greife in meine Tasche,
befingere die Halskette und stähle mein
Herz.
Sie ist nicht hier.
Sie wird niemals hier sein.
Die Galle kommt mir hoch, wenn ich
daran denke, was mit ihr geschehen ist.
Was ich verursacht habe. Ich schlucke
den üblen Geschmack hinunter und
schlucke ein weiteres Mal schwer.
Verdränge die Erinnerungen und wende
meine Aufmerksamkeit wieder der
Gegenwart und der kleinen Sexorgie vor
mir zu.
Dominic Kinkaide lässt sich von
niemandem kontrollieren. Die Zeiten
sind vorbei. Ich habe kein Herz mehr,
das man kontrollieren könnte.
Da die Frauen alle miteinander
beschäftigt sind, ziehe ich mein
Smartphone hervor und mache einige
Fotos. Und als ich damit fertig bin, drehe
ich noch ein kleines Filmchen.
Es dauert nur wenige Minuten, bis ich
das habe, was ich brauche.
Und Amy bekommt auch, was sie
braucht. Sie stöhnt und windet sich auf
dem Bett, als Anika ihr einen Orgasmus
verschafft, und ihre Hände krallen sich
neben ihr in das Bettlaken. Ihr Gesicht
ist verschwitzt, ihr Make-up
verschmiert.
Als sie kommt, stößt sie einen Schrei
aus und blickt mich dabei an. Dann liegt
sie für einen Moment kraftlos da,
während die Zwillinge keine Minute
verschenken, sogleich aufstehen, ihre
Haare in Ordnung bringen, in ihre
Dessous schlüpfen und sich für den
nächsten Freier herrichten.
Amy ist ziemlich erledigt, als wir
zum Wagen gehen, und Tara muss ich fast
tragen.
Die Fahrt zum Hotel verläuft ruhig.
Amy lehnt sich an mich. Der Sex mit den
Nutten hat sie offenbar erschöpft.
Sie legt eine Hand auf meinen
Oberschenkel, als wir vor dem Hotel
halten.
»Komm mit auf mein Zimmer«,
fordert sie mich mit rauher Stimme auf.
Ihre Hände riechen nach Sex.
Ich ziehe eine Augenbraue hoch.
»Weshalb? Du bist doch heute Abend
schon gekommen und scheinst ziemlich
fertig zu sein.«
Sie kneift die Augen zusammen und
packt mein Bein fester. »Dominic, ich
habe dir schon gesagt, was passieren
wird, wenn du mich heute Nacht nicht
vögelst. Das willst du nicht riskieren,
glaub mir. Denn es war mir ernst damit.«
Ich richte unnachgiebig meinen Blick
auf sie, als ich ihre Finger von meinem
Oberschenkel nehme und sie in meiner
Hand zusammendrücke. Nicht fest genug,
um ihr weh zu tun, aber fest genug, um
meinen Standpunkt deutlich zu machen.
»Amy, du bist ein Miststück. Und es
ist mir scheißegal, wenn wir heute
Schluss machen.«
Sie stößt ein Knurren aus, und ihr
Gesicht verzieht sich zu einer Fratze.
»Hast du es denn noch nicht kapiert? Ich
bekomme immer, was ich will. Und
eines kannst du mir glauben, wenn du
dich heute von mir trennst, dann schwöre
ich dir, dass ich irgendeine
abenteuerliche Geschichte für die
Studiobosse erfinden werde, wie du mir
den Laufpass gegeben hast. Und die
werden so stinksauer auf dich sein, dass
sie dich möglicherweise feuern. Willst
du das etwa?«
Ich ziehe lächelnd mein Smartphone
aus der Tasche, suche rasch das Video
mit ihr und den Nutten. Sie stößt ein
Keuchen aus, als sie sieht, wie Anika sie
mit dem Dildo vögelt.
»Ich möchte bezweifeln, dass sie
sauer auf mich sein werden, wenn sie
hören, dass ich mit dir Schluss gemacht
habe, weil dieses Video im Internet
aufgetaucht ist. Sie werden sicherlich
Verständnis dafür haben, dass ich mit so
einem Skandal nicht in Verbindung
gebracht werden darf. Und sie würden
auch nicht mit dir in Verbindung gebracht
werden wollen. Du wärst diejenige, die
gefeuert wird, Amy. Nicht ich. Also
mach mal halblang.«
Ich halte für einen Moment inne, und
meine Finger verharren über dem Knopf,
der das Video mit YouTube verlinken
würde.
»Ich werde jetzt aus dem Wagen
steigen, und du wirst nie wieder
versuchen, mich in eine Ecke zu drängen.
Ich mag es nicht, wenn man mir ein
Ultimatum stellt. Hier trennen sich
unsere privaten Wege. Wir werden
weiter zusammenarbeiten. Ich werde
nichts Schlechtes über dich sagen, und
du wirst nichts Schlechtes über mich
sagen. Und dieses Video bleibt auf
meinem Smartphone. Doch sollte ich
auch nur den kleinsten Hinweis
bekommen, dass du den Studiobossen
irgendeinen Mist über mich erzählst,
dann wird dieses Video innerhalb von
wenigen Minuten an jede nur
erdenkliche Klatsch-Website gehen.
Kapiert?«
Amy starrt mich wütend an. »Du bist
ein verdammtes Arschloch, Dominic.
Und du hast dich mit der falschen Frau
angelegt. Eines Tages werde ich dich
fertigmachen, du Scheißkerl. Ich werde
dich in den Arsch ficken, dass es blutet!
Warte nur ab!«
Ich verdrehe die Augen, öffne die
Autotür und steige aus.
»Bis dahin dann«, sage ich ruhig und
schließe die Tür wieder.
Ich spüre ihren erstaunten Blick, der
sich in meine Schulterblätter brennt, als
ich davongehe und sie mit Tara, der
Alkoholleiche auf dem Sitz neben ihr, im
Wagen zurücklasse.
Ich fühle mich nicht bestätigt. Ich
fühle mich nicht gut. Ich fühle mich leer
— so wie immer. Aber wenigstens habe
ich mir Amy vom Hals geschafft und
muss mich nicht mehr mit ihr abgeben.
Als ich mich auf den Weg in mein
Hotelzimmer mache, sind überall in der
Lobby und auch in den Aufzügen
Polizisten. Ich wende mich an einen.
»Was ist denn passiert?«, frage ich
ihn.
Er sieht mich an, schüttelt müde den
Kopf und antwortet mit einem starken
Akzent: »Eine amerikanische Rockband
feiert eine wilde Party mit
minderjährigen Mädchen«, knurrt er.
»Verdammte Promis. Glauben immer, für
sie gelten andere Regeln.«
Ich starre ihn an, ohne etwas darauf
zu erwidern, denn ich weiß aus erster
Hand, dass es so ist. Für uns gelten
tatsächlich andere Regeln. Ich steige auf
meinem Stockwerk aus, und sobald ich
den Aufzug verlassen habe, greife ich
nach meinem Smartphone und rufe Tally
an. Er ist nach dem ersten Läuten dran.
»Du musst hier was in Ordnung
bringen«, sage ich zu ihm. »Ist aber
ausnahmsweise mal nicht auf meinem
Mist gewachsen.«
Kapitel 8
D
as Shooting für die Promo-Fotos ist
alles andere als angenehm. Amy
durchbohrt mich von der
gegenüberliegenden Seite des Raumes
aus mit ihren Blicken, und als wir uns
für eine Aufnahme küssen sollen, da
beißt sie mir in die Lippe.
Aber ich reagiere nicht darauf. Will
ihr die Genugtuung nicht geben.
Doch als sie auf einem Liegesessel
an der Wand Platz genommen hat, habe
ich Telefonsex mit meiner guten
Freundin Kira aus der alten Heimat,
woraufhin mich Amy einen Moment lang
zornig anstarrt, ehe sie zu ihrem
Wohnwagen stolziert. Ich grinse in mein
Smartphone.
»Ja, ich komme bald mal wieder nach
Hause, Kira. Nein, ich kann dich nicht
herfliegen lassen. Ich werde nicht lange
genug hier sein. Ich komme bald nach
Chicago. Vielleicht sogar schon nächstes
Wochenende.«
Kiras vertrautes Lachen erklingt. Wir
kennen uns schon seit der Kindheit.
Außerdem war sie Emmas beste
Freundin. Sie weiß, was Emma mit mir
angerichtet hat. Und sie war in all den
Jahren immer für mich da und hat mich
getröstet.
»Habe gehört, dass sich Sin wieder
mal eine Dummheit geleistet hat«,
bemerkt sie. »Fiona hat mich heute
Morgen angerufen und sich darüber
ausgelassen.«
Ich grinse, stelle mir vor, wie sauer
meine kleine Schwester Fiona gewesen
sein muss. Seit sie Sins Managerin ist,
hat er sie ziemlich durch die Mangel
gedreht.
»Stimmt. Was das Alter der Mädchen
angeht, verschätzt er sich leider immer
noch. Vielleicht wäre es hilfreich, wenn
er mal anfangen würde, sich für sie zu
interessieren. Bislang schert er sich ja
einen Scheißdreck um sie.«
Kira lachte. »Na ja, wenigstens ist er
nicht im Gefängnis gelandet. Nur gut,
dass sie die Sache dort etwas lockerer
sehen als hier.«
»Ja«, stimme ich ihr zu, »das hat ihn
vor dem Knast bewahrt. Ist es denn bei
uns schon in den Nachrichten?«
»Ein paar Klatsch-Websites berichten
darüber«, erwidert Kira. »Aber keine
Sorge, das ist bald wieder vergessen.«
»Da hast du recht«, stimme ich ihr zu.
»Sin gibt übrigens nächstes Wochenende
eine Party in seinem Haus. Kommst du
vorbei?«
»Wenn du auch kommst«, schnurrt
sie. »Ich vermisse dich.«
Ich grinse. »Ich werde dort sein.«
Wir beenden unser Gespräch, und ich
gehe nach draußen. Das Sonnenlicht
strömt durch das Glas der Türen, und ich
sehe Menschen davor stehen, ein
Großteil davon Frauen, die darauf
warten, einen Blick auf Amy oder mich
zu erhaschen.
Als ich hinaustrete, beginnt die
Menge zu schreien und sich in meine
Richtung zu drängen. Die
Sicherheitsleute bringen mich zügig
durch das Gewühl und haben mich
innerhalb von einer Minute in den
wartenden Wagen verfrachtet.
Als mich die Dunkelheit umfängt,
schließe ich die Augen. Im Wegfahren
vermag ich immer noch die
Frauenstimmen zu hören, die meinen
Namen rufen. Um Fotos, Autogramme,
Küsse und Umarmungen bitten.
Sie kennen mich nicht.
Sie wissen nicht, was ich getan habe
oder wozu ich fähig bin.
Sie haben keine Ahnung.
Ich schließe meine Augen fester.
»Du musst am Montag wieder zu Hause
sein«, sagt Tally mit Nachdruck. »Du
weißt ja, wann der Dreh losgeht. Ich
scheiß drauf, was mit Amy gewesen ist.
Du wirst am ersten Drehtag am Set
antanzen und freundlich zu ihr sein. Also
hab Spaß mit deinem Bruder und mach
dich bereit für die Arbeit.«
Ich seufze ins Telefon. »Zerbrich dir
mal nicht den Kopf«, sage ich. »Es wird
schon alles funktionieren. Amy ist kein
Problem. Und der Dreh wird wie
geschmiert laufen.«
»Wehe, wenn nicht«, knurrt er und
legt auf. Ich verdrehe die Augen und
werfe mein Handy aufs Bett. Tally
versucht immer, wie ein Arsch zu
klingen, aber Hunde, die bellen, beißen
ja bekanntlich nicht. Das trifft zumindest
zu, wenn meine Brüder und ich mit ihm
zu tun haben.
Als ich mit dem Packen fertig bin,
mache ich mich auf den Weg ins
Providence, um zu Mittag zu essen,
bevor ich nach Hause fliege. Ich schaffe
es, unauffällig durchs Restaurant zu
meinem Lieblingstisch zu gelangen.
Bleibe sogar von Melanie, der
Empfangsdame, unbemerkt. Leider sieht
sie mich, als sie einen anderen Gast an
seinen Tisch begleitet hat.
Und sie bleibt bei mir stehen.
»Hast du schon mit Tally über mich
gesprochen?«, fragt sie, eine Hand auf
meine Schulter gelegt.
Ich schüttele den Kopf. »Noch nicht.
Tut mir leid. Hatte noch nicht die
Gelegenheit dazu. Mach ich aber bald.
Und ich werde ihm deine
Telefonnummer geben.«
Und vielleicht mache ich das sogar.
Tally kann ja damit anfangen, was er
will. Melanie nickt zufrieden.
»Danke. Und falls ich noch
irgendetwas für dich tun kann, lass es
mich wissen«, sagt sie anzüglich. Ich
lächele.
»Danke, werde ich. Arbeitet Alex
heute?«
Melanie nickt im Weggehen. »Ja. Sie
wird gleich bei dir sein.«
Während ich warte, entscheide ich
mich, rasch noch einmal die Toilette
aufzusuchen. Als ich den langen Flur
entlanggehe, komme ich an einer
angelehnten Bürotür vorbei. Ich werfe
im Vorbeigehen einen Blick hinein und
sehe zu meinem Entsetzen Alex, die auf
einem Schreibtisch sitzt und ihre Beine
fest um die Taille des Managers
geschlungen hat.
Ich bleibe abrupt stehen und starre
die beiden an.
Alex hat ihre Arme um den Hals des
Mannes gelegt, und ihre Zunge steckt tief
in seinem Hals. Mir wird das Herz
schwer, als ich an ihre Worte denke.
Tut mir leid, Mann. Du bist wirklich
heiß, aber ich gehöre zu den wenigen in
dieser Stadt, die glauben, dass die Ehe
heilig ist.
So heilig dann wohl doch nicht.
Sie muss wohl spüren, dass jemand
sie beobachtet, denn sie öffnet die
Augen, sieht mich und lässt erschrocken
von dem Mann ab. Ich bleibe nicht
stehen. Ich gehe auf die Toilette, wasche
meine Hände und begebe mich dann zu
meinem Tisch zurück.
Innerhalb weniger Sekunden taucht
Alex auf.
»Dominic, es ist nicht das, wonach es
aussieht.«
»Wirklich?«, frage ich mit
hochgezogenen Augenbrauen. »Ich bin
mir ziemlich sicher, dass es genau das
ist.«
Sie kommt mir mit Beteuerungen und
faulen Ausreden, dass sie das Geld, das
sie hier verdient, unbedingt braucht und
der Manager ihre Arbeitszeit kürzen
will, aber ich halte abwehrend eine
Hand in die Höhe.
»Das ist nicht mein Bier«, erkläre ich
ihr kühl. »Und außerdem ist mir der
Appetit vergangen.«
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren,
stehe ich auf und gehe, ignoriere die
protestierenden Worte in meinem
Rücken.
Als ich davonfahre, überlege ich,
warum ich so sauer bin. Stinksauer,
ehrlich gesagt. Und dabei geht mich das
Ganze doch wirklich nichts an.
Worauf es hinausläuft, ist Folgendes:
Ich hatte geglaubt, dass Alex ein
anständiger Mensch ist. So ziemlich der
einzige anständige Mensch, den ich in L.
A. getroffen habe. Und die Tatsache,
dass sie offenbar doch ist wie alle
anderen, deprimiert mich.
Jeder benutzt jeden. Jeder will etwas,
braucht etwas. Jeder ist bereit, alles zu
tun, um das zu bekommen, was er will.
Die Leute brechen ihre Ehegelübde,
überschreiten die Grenzen des Anstands
und Anständigkeit ist ihnen völlig
abhandengekommen.
Wo soll das enden? Und gibt es
überhaupt da draußen in der Welt noch
einen wirklich anständigen Menschen?
Einen, der einen guten Charakter besitzt?
Ich glaube langsam, dass es nicht so
ist. Genau genommen bin ich davon
überzeugt.
Ich seufze auf meinem Weg zum
Flughafen, und steige in meinen Flieger.
Bald schon werde ich für ein
Wochenende wieder in meiner alten
Heimat sein. Kann mich entspannen, das
Treiben auf Sins wilder Party
beobachten und ins Dunkel
verschwinden.
Kann vergessen, dass die Menschen
böse und gierig sind und einander nur
benutzen.
Als das Flugzeug abhebt, schließe ich
die Augen. Ich habe die Welt satt. Die
hässliche Seite des Lebens, die Schuld,
die auf mir lastet.
Manchmal ist das alles einfach zu
viel, um es ertragen zu können, also
versuche ich, das Ganze auf die einzige
Weise zu bewältigen, die ich kenne.
Das Einzige, was ich kann.
»Mr. Kinkaide, gibt es noch
irgendetwas, was ich für Sie tun kann?«
Ich öffne die Augen, als ich die höfliche
Stimme vernehme, und sehe eine
Flugbegleiterin vor mir, eine üppige
Blondine, die sich zu mir herabgebeugt
hat und deren Uniformknöpfe unter der
Macht ihrer Oberweite abzuspringen
drohen.
Ich sehe ihr in die Augen und setze
dabei das charmante Grinsen auf, für das
ich berühmt bin.
»Tja, da gäbe es schon etwas.«
Ich lasse meine Finger an der
Innenseite ihres Schenkels hinaufgleiten,
und sie lächelt.
ENDE
Before We Fall -
Vollkommen
verzaubert
Jetzt überall, wo es eBooks
gibt
Before We Fall - Vollkommen
verzaubert
Roman
ISBN: 978-3-426-42717-0
Mehr über Dominic erfährst du im
dritten Band der „Beautifully Broken“-
Reihe.
Nach außen hin führt Dominic ein
beneidenswertes Leben: Dem gefeierten
Jungschauspieler liegt die Frauenwelt zu
Füßen. Doch innerlich ist er gelähmt,
tiefe Gefühle lässt er nicht zu. Das
ändert sich, als er Jacey kennenlernt,
deren Kraft ihn schwer beeindruckt.
Aber auch sie hat Narben auf der Seele.
Werden die beiden einander heilen
können?
Über Courtney Cole
Courtney Cole wuchs im ländlichen
Kansas auf. Nach einem Abschluss in
Betriebswirtschaftslehre arbeitete sie
zunächst in der Marketingabteilung einer
großen amerikanischen Firma, bevor ihr
erster New-Adult-Roman IF YOU STAY
– FÜREINANDER BESTIMMT die
amerikanischen E-Book-Charts eroberte.
Courtney Cole lebt mit ihrem Mann und
drei Kindern am Lake Michigan und
arbeitet bereits an ihrem nächsten
Roman.
Impressum
Copyright © 2013 by Courtney Cole
Copyright © 2014 der deutschsprachigen
Ausgabe by Knaur eBook
Ein Unternehmen der Droemerschen
Verlagsanstalt
Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München
Alle Rechte vorbehalten.
Das Werk darf – auch teilweise –
nur mit Genehmigung des Verlags
wiedergegeben werden.
Redaktion: Ilse Wagner
Cover: ZERO Werbeagentur, München
Coverabbildung: FinePic®, München
ISBN 978-3-426-42716-3
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feelings – emotional eBooks: DIE
Adresse, wenn es um gefühlvolles
Lesevergnügen geht.
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geht auch richtig zur Sache: zarte
Annäherung und ungezügelte
Leidenschaft. Von heiter-gefühlvoll bis
erotisch, historisch bis zeitgenössisch,
sinnlich und übersinnlich.
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